Tagung der Paul-Ehrlich-Gesellschaft

Autoinflammation: periodische Fiebersyndrome

<p class="article-intro">Die meist zuerst im Kindesalter auftretenden periodischen Fiebersyndrome sind ätiologisch geklärt: Es handelt sich um monogenetische Veränderungen, die das angeborene Immunsystem betreffen. Man spricht von „Autoinflammation“, die nicht mit Autoimmunität verwechselt werden darf.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Periodische Fiebersyndrome beruhen auf dem Prinzip der Autoinflammation, einer genetisch bedingten Fehlregulation des angeborenen Immunsystems.</li> <li>Da Interleukin 1 bei der Autoinflammation eine zentrale Rolle spielt, k&ouml;nnen IL-1-Rezeptorantagonisten als Therapie periodischer Fiebersyndrome eingesetzt werden.</li> </ul> </div> <p>Fieber kann ein Zeichen f&uuml;r eine Infektion sein. Daneben gibt es aber eine Vielzahl anderer Fieberursachen, zum Beispiel die periodischen Fiebersyndrome; aber auch chronisch-entz&uuml;ndliche Erkrankungen oder Neoplasien k&ouml;nnen Fieber verursachen. F&uuml;r den klinischen Infektiologen sind diese Fieberursachen differenzialdiagnostisch von Bedeutung.<br /> Zun&auml;chst liegt meistens ein Fieber unklarer Genese (&bdquo;fever of unknown origin&ldquo; &ndash; FUO) vor. Dieses ist definiert durch Bestehen seit mindestens drei Wochen. In dieser Zeit m&uuml;ssen mehrfach Temperaturen &uuml;ber 38,3&deg;C aufgetreten sein und es darf &ndash; trotz intensiver Untersuchung &ndash; keine Diagnose vorliegen.</p> <h2>Pathogenese: Autoinflammation vs. Autoimmunit&auml;t</h2> <p>Das angeborene Immunsystem hat die F&auml;higkeit, auf bestimmte Gefahrensignale zu reagieren. Diese Stimulation f&uuml;hrt zur Aktivierung des Inflammasoms. Dieser Proteinkomplex verst&auml;rkt die Synthese und Sekretion unter anderem der Interleukine 1 und 18. <br />Bestimmte genetische Ver&auml;nderungen, etwa im NLRP3-Gen, k&ouml;nnen nun dazu f&uuml;hren, dass der Inflammasom-Komplex auch ohne entsprechende Stimulation aktiviert bleibt &ndash; man spricht hier von &bdquo;Autoinflammation&ldquo;. Dieser pathophysiologische Prozess muss von der Autoimmunit&auml;t unterschieden werden. Bei Autoimmunprozessen sind spezifische Antik&ouml;rper gegen k&ouml;rpereigene Strukturen und autoreaktive T-Lymphozyten vorhanden &ndash; es handelt sich also um eine Fehlaktivierung des adaptiven Immunsystems. Bei durch Autoinflammation charakterisierten Erkrankungen, zu denen auch die periodischen Fiebersyndrome z&auml;hlen, fehlen spezifische Antik&ouml;rper und autoreaktive T-Zellen. <br />Allerdings gibt es eine ganze Reihe weiterer Erkrankungen, bei denen Autoinflammation (zum Teil auch gleichzeitig mit Autoimmunit&auml;t) eine Rolle spielt. Autoinflammation findet sich beispielsweise bei multifaktoriellen entz&uuml;ndlichen Erkrankungen (nicht bakterielle Osteomyelitis), aber auch bei Unterformen von klassischen Autoimmunerkrankungen (zum Beispiel systemischer Lupus erythematodes) und kardiovaskul&auml;ren Erkrankungen. Von manchen Autoren wurde als Modell ein Kontinuum immunologischer Erkrankungen vorgeschlagen, wobei die in erster Linie autoinflammatorisch bedingten Erkrankungen am einen, die prim&auml;r autoimmun bedingten St&ouml;rungen am anderen Ende lokalisiert w&auml;ren. Dazwischen w&uuml;rden Krankheiten liegen, bei denen beide pathophysiologischen Vorg&auml;nge eine Rolle spielen (Abb. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Infekt_1804_Weblinks_s9_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="936" /></p> <h2>Periodische Fiebersyndrome</h2> <p>Der Begriff der Autoinflammation wurde Ende des 20. Jahrhunderts anhand einer Gruppe von monogenetisch bedingten, Zytokin-getriebenen Erkrankungen &ndash; eben der periodischen Fiebersyndrome &ndash; definiert. Die wichtigsten davon werden hier ganz kurz erw&auml;hnt. <br /><br /><strong>Famili&auml;res Mittelmeerfieber</strong> <br />Das famili&auml;re Mittelmeerfieber (FMF) entsteht durch eine rezessiv vererbte Mutation im MEFV-Gen, das Pyrin kodiert. Pyrin ist ein negativer Regulator des NLRP3-Inflammasoms. Das FMF ist charakterisiert durch relativ kurze, meist ein bis drei Tage dauernde Fieberepisoden, die mit Serositis (abdominelle sowie pleuritische Schmerzen), Arthritis und erysipeloidem Exanthem einhergehen. <br /><br /><strong>TRAPS</strong> <br />Autosomal-dominante Ver&auml;nderungen in jenem Gen, das den TNF-alpha-Rezeptor kodiert (TNFRSF1A), f&uuml;hren zum sogenannten TNF-Rezeptor-assoziierten periodischen Syndrom (TRAPS). <br />TRAPS manifestiert sich als dramatische, meist etwa eine Woche dauernde Episoden von Fieber, Serositis, Periostitis, Myalgie und Arthritis. Ein passageres Exanthem, Photophobie, Konjunktivitis und periorbitale &Ouml;deme kommen ebenfalls vor.<br /><br /><strong>CAPS</strong> <br />Die Cryopyrin-assoziierten periodischen Syndrome (CAPS) werden durch Mutationen im NLRP3-Gen verursacht. Diese f&uuml;hren dazu, dass sich das Inflammasom spontan bildet und deshalb das proinflammatorische IL-1-beta vermehrt sezerniert wird. <br />CAPS bilden ein Spektrum von Erkrankungen, das vom eher milden &bdquo;familial cold autoinflammatory syndrome&ldquo; (FCAS) bis zu schwereren Manifestationen wie dem Muckle-Wells-Syndrom (MWS; Taubheit und Amyloidose) und der schwersten Manifestation, der &bdquo;neonatalonset multisystem inflammatory disease&ldquo; (NOMID bzw. CINCA; Letzteres steht f&uuml;r &bdquo;chronic infantile neurological cutaneous and articular syndrome&ldquo;; ZNS-Komplikationen, Papillen&ouml;dem, aseptische Meningitis, Fieber, Retardierung, muskuloskelettale Symptome, vorzeitige Verkn&ouml;cherung etc.), reicht. <br />Daneben existieren weitere, auf verschiedenen Mutationen beruhende, autoinflammatorische Erkrankungen.</p> <h2>Therapiem&ouml;glichkeiten</h2> <p>Da Interleukin 1 im Zentrum der pathologischen Vorg&auml;nge bei periodischen Fiebersyndromen steht, sind IL-1-Antagonisten eine sinnvolle Therapieoption. Hier ist an erster Stelle der IL-1-Rezeptorantagonist Canakinumab zu nennen, der als Therapie bei FMF, TRAPS, CAPS und anderen periodischen Fiebersyndromen zugelassen ist. Bei CAPS kann auch der IL-1-Rezeptorantagonist Anakinra (ab einem Lebensalter von acht Monaten) verwendet werden.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: „Periodische Fiebersyndrome“, Vortrag von Priv.-Doz. Mag. Dr. med. univ. Jürgen Brunner, Universitätsklinik für Pädiatrie I, MedUni Innsbruck, 26. Jahrestagung der Paul- Ehrlich-Gesellschaft (PEG), 5. Oktober 2018, Wien, Symposium unterstützt von Novartis </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Vortragenden</p> </div> </p>
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