©
Getty Images/iStockphoto
Bakterielle Überlebensstrategien
Jatros
30
Min. Lesezeit
05.06.2019
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Sowohl Resistenzmechanismen als auch die Kommunikation im Biofilm sind evolutionäre Überlebensmechanismen von Bakterien. Manche Spezies sind intrinsisch resistent gegen bestimmte Antibiotika. Und die Kommunikation von Erregern im Biofilm ist komplex und vielfältig.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Was sicher nicht wirkt</h2> <p>„Von Bakterien entwickelte Resistenzen gegen Antibiotika sind in aller Munde – von der EU bis zur WHO sprechen alle darüber“, sagte Priv.-Doz. Dr. Rainer Gattringer, Leiter des Instituts für Hygiene und Mikrobiologie, Infektiologie und Tropenmedizin, Klinikum Wels/Grieskirchen. Allerdings muss man zwischen sekundärer, also erworbener, und primärer oder intrinsischer Resistenz unterscheiden. Während erworbene Resistenzmechanismen zumeist nur bei einem bestimmten Anteil einer Spezies zu finden sind und häufig – z. B. durch Plasmide – weitergegeben werden, zeichnen sich primäre Resistenzen dadurch aus, dass sie von allen Organismen einer Gattung oder Art getragen werden. Eine Weitergabe solcher Resistenzmechanismen ist selten.</p> <p>„An der primären Resistenz erkennen wir, dass Resistenz ein natürliches, evolutionäres Phänomen ist, das zum Überleben der Mikroorganismen beiträgt. Bakterien und Pilze produzieren antimikrobielle Substanzen, die sich gegen eine andere Spezies richten; Resistenz dient der Zerstörung oder Neutralisierung solcher antimikrobiellen Substanzen“, erklärte Gattringer.</p> <p>Intrinsische Resistenzen können auf unterschiedlichen Mechanismen beruhen, zum Beispiel darauf, dass die Zielmoleküle gar nicht erreicht werden. Ein Beispiel dafür ist die Hemmung des Aufbaus der Zellwand durch Vancomycin. Dies wirkt bei grampositiven, nicht aber bei gramnegativen Erregern, weil diese zusätzlich eine äußere Zellmembran besitzen, die das Antibiotikum nicht durchdringen kann. Ein anderer möglicher Mechanismus für primäre (und für sekundäre) Resistenz sind Effluxpumpen.</p> <p>Ein gutes Beispiel für intrinsische Resistenz sind Enterokokken, die gegen Cephalosporine, Aminoglykoside und einige Penicilline resistent sind – man spricht hier von der „Enterokokkenlücke“.</p> <h2>Sprechen Bakterien miteinander?</h2> <p>„Dass Bakterien, insbesondere im Biofilm, miteinander kommunizieren, ist eine Tatsache“, stellte OA Dr. Rainer Hartl, stellvertretender Leiter des Instituts für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin, Ordensklinikum Elisabethinen, Linz, klar.</p> <p>Es handelt sich hier um das sogenannte „quorum sensing“, eine Kommunikation über chemische Signale. Diese Kommunikation erlaubt es den Bakterien, abgestimmt auf Umweltreize zu reagieren und in begrenztem Umfang wie ein multizellulärer Organismus zu agieren. Quorum-Sensing-Signale sind sehr komplex und beruhen auf unterschiedlichen chemischen Signalsystemen, die sich auch z. B. zwischen grampositiven und gramnegativen Spezies unterscheiden.</p> <p>Geregelt werden dadurch u. a. Virulenzfaktoren, Toxinproduktion, Beweglichkeit, Chemotaxis, die Produktion weiteren Biofilms und Kompetition zwischen den Organismen. Und es gibt auch das Gegenteil von Quorum-Sensing: Quorum-Quenching, also die Unterbrechung von Signalpfaden durch Enzyme oder Inhibitoren.</p> <p>„Natürlich versucht man, diese Mechanismen therapeutisch nutzbar zu machen“, so Hartl. Eine solche Anwendung ist wahrscheinlich die langfristige Gabe von Makroliden bei zystischer Fibrose. Die Wirkung beruht dabei nicht auf dem konventionellen antibiotischen Effekt, sondern auf anderen Mechanismen. So wurde z. B. für Pseudomonas aeruginosa gezeigt, dass Azithromycin in einer Konzentration weit unter der MHK zu einer starken Inhibition von Quorum-Sensing-Signalmolekülen führt.</p> <p>„Allerdings haben solche Eingriffe in das Quorum Sensing auch potenzielle Risiken. So befürchtet man etwa negative Einflüsse auf die Funktionalität des Mikrobioms im menschlichen Körper“, erläuterte Hartl abschließend.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: „Natürliche Resistenzen – Therapien, die sicher wirkungslos sind“, Vortrag von Priv.-Doz. Dr. Rainer Gattringer, Wels-Grieskirchen<br><br>
„Kommunikation zwischen Erregern – ein Märchen?“, Vortrag von OA Dr. Rainer Hartl, Linz<br><br>
Beide im Rahmen von Symposium 5 des 13. ÖIK, 29. März 2019, Saalfelden
</p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p>bei den Vortragenden</p>
</div>
</p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Parenterale Antibiotikatherapie: Es muss nicht immer das Krankenhaus sein
Parenterale antiinfektive Therapien können in vielen Fällen auch ambulant durchgeführt werden. Dies betrifft in der Mehrzahl der Fälle Antibiotikatherapien, ist jedoch auch bei der ...
Zytomegalievirus: an die Risiken der Reaktivierung denken!
Infektionen mit dem Zytomegalievirus (CMV) verlaufen bei Gesunden zumeist asymptomatisch, führen jedoch zur Persistenz des Virus im Organismus. Problematisch kann CMV werden, wenn es ...
Medikamenteninteraktionen: hochrelevant im klinischen Alltag
Bei gleichzeitiger Einnahme mehrerer Medikamente ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese einander beeinflussen. Diese Wechselwirkungen können zum kompletten Wirkungsverlust oder auch ...