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Hohe Suizidrate unter Ärztinnen schockiert

Das Suizidrisiko für Ärztinnen ist immer noch überdurchschnittlich hoch, wie eine österreichische Metastudie zeigt. Die Swiss Medical Association FMH stellt Forderungen.

Eine aktuell im «British Medical Journal» veröffentlichte Metaanalyse – unter anderem mit Daten aus der Schweiz – durch die Medizinische Universität Wien (MedUni Wien) zeigt, dass die Suizidrate von Ärztinnen weit über jener der Allgemeinbevölkerung liegt. Genauer gesagt zeigen Daten aus 20 Ländern und 39 Studien, dass das Suizidrisiko für Ärztinnen ganze 76 Prozent über jenem der Allgemeinbevölkerung liegt, während jenes der Ärzte nicht erhöht ist. Aus der Schweiz gibt es dazu laut der Swiss Medical Association FMH keine aktuellen Daten. Überraschend ist das Ergebnis der Metastudie für Yvonne Gilli, Präsidentin FMH, aber nicht: «Es ist dringend notwendig, dass die Gesundheit der Ärztinnen und Ärzte mehr Beachtung findet. Faktoren, die zur Suizidrate beitragen, sind unter anderem die anhaltend sehr hohe Arbeitsbelastung, Rollenbilder und entsprechend tabuisierte Erkrankungsrisiken sowie der erleichterte Zugang und vorhandenes Wissen zu Medikamenten, welche in suizidaler Absicht eingenommen werden können», meint Gilli. Die FMH fordert deshalb «zeitgemässe Arbeitsbedingungen» sowie eine «erhöhte Sensibilisierung für psychiatrische Erkrankungen, verbunden mit geeigneten Hilfsangeboten». Gilli verweist dabei auf das Unterstützungsnetzwerk «ReMed» der Vereinigung.

Auch das Forschungsteam der Studie um Studienleiterin Eva Schernhammer, Leiterin der Abteilung für Epidemiologie, und ihre Kollegin und Erstautorin Claudia Zimmermann fordert weitere Anstrengungen bei der Erforschung und Verhütung des ärztlichen Suizides, insbesondere bei Ärztinnen, und weist darauf hin, dass künftig Forschungsarbeiten erforderlich sind, um etwaige Auswirkungen von Covid-19 auf die Suizidrate bei Ärzt:innen in aller Welt zu bewerten. Eine gute Nachricht gibt es allerdings: Die Wissenschaftler:innen untersuchten zwei Beobachtungszeiträume (1935–2020 und 1960–2020) – die Analyse der zehn neuesten Studien im Vergleich zu älteren Studien ergab, dass die Suizidrate sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Ärzt:innen im Laufe der Zeit zurückgegangen ist, obwohl die Rate bei Medizinerinnen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung weiterhin signifikant erhöht war (24 Prozent höher). Die genauen Ursachen für diesen Rückgang sind nicht bekannt, aber eine stärkere Sensibilisierung für psychische Gesundheit und die Unterstützung von Ärzt:innen am Arbeitsplatz in den vergangenen Jahren könnten eine Rolle gespielt haben, vermuten die Autor:innen.

Aufgrund verschiedener Ausbildungen und Arbeitsumfelder in den untersuchten Gesundheitssystemen sowie wegen unterschiedlicher Einstellungen und Stigmatisierungen in Bezug auf psychische Gesundheit und Suizid variiert die Suizidrate von Land zu Land stark, fügten die Forscher:innen hinzu. Eine zusätzliche Analyse ergab zudem eine signifikant höhere Suizidrate (81 Prozent) bei Ärzten im Vergleich zu anderen Berufsgruppen mit ähnlichem sozioökonomischem Status. Bei Ärztinnen sah das Verhältnis ähnlich aus, aber die Zahl der infrage kommenden Studien war zu gering für eine separate Analyse. Die Autor:innen räumen mehrere Einschränkungen ein, wie den Mangel an Studien aus Ländern außerhalb Europas, der USA und Australiens und die wahrscheinlich zu geringe Zahl der Suizidfälle als Todesursache aufgrund von Stigmatisierung. Dennoch basierte die Analyse auf einer vollständigen Bewertung der verfügbaren Daten und untersuchte eine Reihe von Faktoren als mögliche Ursachen für die Unterschiede. (kagr)

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Quelle: Medienmitteilung der MedUni Wien

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