Skabies: Fakten, Diagnostik, Therapie
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In den letzten Jahren nimmt die Häufigkeit der Skabies in Österreich zu. Die Erkrankung ist nicht immer leicht zu diagnostizieren. Ihre Behandlung ist eigentlich einfach – allerdings müssen gleichzeitig auch alle engen Kontaktpersonen behandelt werden, was in der Praxis oft auf Schwierigkeiten stößt, wie Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Alessandra Handisurya, MedUni Wien, bei einem „Giftigen Dienstag“ erläuterte.
Skabies wird durch Infestation mit Sarcoptes scabiei variatio hominis (Abb. 1) ausgelöst und ist eine stark juckende parasitäre Dermatose, die weltweit mehr als 130 Millionen Menschen betrifft. Die Prävalenz beträgt in Europa und den USA 2–4%, in Entwicklungsländern ist sie mit 13–46% erheblich höher. Aber auch hierzulande steigt die Prävalenz der Skabies seit einigen Jahren an, und zwar keineswegs, wie von mancher Seite behauptet wird, lediglich bei Flüchtlingen, sondern quer durch alle Bevölkerungsschichten.
Erreger und Lebenszyklus
Der Skabies-Erreger Sarcoptes scabiei variatio hominis gehört zu den Krätzmilben und seine Größe beträgt 0,2–0,5mm. Die Begattung erfolgt an der Hautoberfläche. Anschließend bohrt sich das Weibchen in die Epidermis und dringt dabei ins Stratum corneum, maximal jedoch bis ins Stratum granulosum vor. Der Grund für die relativ geringe Eindringtiefe besteht darin, dass die Milbe Sauerstoff braucht und diesen über die Hautoberfläche erhält. Im Milbengang legt die Milbe ihre Eier, etwa vier bis fünf pro Tag und ca. 60 über einen Lebenszyklus, der etwa vier bis fünf Wochen dauert. Die Eier werden zu Larven, die wiederum an die Hautoberfläche gelangen und dort über mehrere Nymphenstadien zu erwachsenen Tieren werden, die sich neuerlich vermehren.
Übertragung und natürlicher Verlauf
Die Übertragung erfolgt zumeist über direkten Hautkontakt, es ist jedoch auch eine Übertragung auf dem Weg über unbelebte Gegenstände möglich. Die Übertragung eines einzigen begatteten Milbenweibchens oder mehrerer geschlechtlich unterschiedlich determinierter Larven reicht aus. Wie lang der Hautkontakt dauern muss, damit eine Übertragung stattfinden kann, ist nicht eindeutig zu sagen – laut Literatur sind es zwischen fünf und 20 Minuten. Eine Übertragung durch kurze Kontakte wie Händeschütteln und dergleichen ist jedoch sehr unwahrscheinlich.
Die Zeit bis zum Auftreten von Symptomen hängt davon ab, ob es sich um eine Erstinfestation oder eine Reinfestation handelt. Bei Erstinfestation kommt es zunächst zu einer Milbenvermehrung, die dann zeitverzögert zu einer zellulären Immunantwort führt. Erste Symptome, wie vor allem Juckreiz, sind erst nach zwei bis fünf Wochen zu erwarten. Der Peak der Milbenvermehrung wird nach etwa 16 Wochen erreicht – es können zwischen 50 und 300 Tiere vorhanden sein. Durch die Immunreaktion und das Kratzen nimmt danach die Zahl der Milben wieder ab. Ein immunkompetenter Skabies-Patient beherbergt nach der Initialphase meist etwa fünf bis zehn Milben am Körper.
Bei der Reinfestation setzen Immunreaktion und Juckreiz bereits nach ein bis vier Tagen ein, die Milbenanzahl steigt wesentlich langsamer an und geht meist über zehn nicht hinaus.
Bei einem Befall mit Scabies crustosa (früher: norvegica) liegt hingegen zumeist eine Immunsuppression vor. Dies hat zur Folge, dass sich die Milben stark vermehren können – oft beherbergt ein Patient Millionen von Milben. Diese Patienten sind daher auch hochkontagiös. In Relation zu diesem massiven Befall ist der Juckreiz bei Scabies crustosa – gerade wegen der mangelnden Immunreaktion – oft nicht sehr ausgeprägt oder fehlt sogar ganz.
Klinik und Diagnostik
Das Hauptsymptom der Skabies ist starker, generalisierter Juckreiz, der vor allem bei Wärme, also z.B. nachts unter der Bettdecke, auftritt. Die Prädilektionsstellen für Milbenbefall sind Areale mit verhältnismäßig hoher Temperatur und dünner Hornschicht, wie die Interdigitalfalten der Hände und Füße, die Handgelenksbeuge- und Ellenbogenstreckseiten, die Axillae, die Perimammär- und -umbilikalregion, der Genitalbereich, die Knöchelregionen und die medialen Fußränder. Bei Erwachsenen sind Kopf, Hals, Handflächen und Fußsohlen meist ausgespart. Es kommt zum Auftreten eines Ekzems mit disseminierten, erythematösen und zum Teil krustösen Papeln, Vesikeln und Papulovesikeln sowie Kratzexkoriationen.
Im Gegensatz zum Erwachsenen können bei Säuglingen und Kleinkindern, auch Gesicht, Kopfhaut sowie Hand- und Fußflächenbetroffen sein und müssen daher mitbehandelt werden. Läsionen am Kopf können aberauch bei Patienten im hohen Alter auftreten.
Zu erwähnen ist auch die „gepflegte Skabies“, die bei guter Hygiene auftritt und schwer zu diagnostizieren ist, weil oft nur ein bis zwei Milben vorhanden sind.
Eine Verdachtsdiagnose kann aufgrund von Anamnese und Klinik oft gestellt werden. Die Diagnosesicherung erfolgt mithilfe des mikroskopischen Milbennachweises oder mittels Dermatoskopie, bei
der sich die luftgefüllten Gangstrukturen und auch die Milben selbst gut erkennen lassen.
Therapie
Das Therapieziel besteht in der Abtötung der Milben, Larven und Eier und ihrer Eradikation aus dem Umfeld des Betroffenen. Damit sollen die Transmission an nicht befallene Personen und die Reinfestation verhindert werden. Gleichzeitig muss eine symptomatische Therapie des Juckreizes und allfälliger Komplikationen durchgeführt werden.
Tab. 1: Antiskabiöse Therapieoptionen
Um diese Therapieziele zu erreichen, ist die gleichzeitige Behandlung aller engen Kontaktpersonen (wie Mitglieder einer Familie oder Wohngemeinschaft, Sexualpartner, eng vertraute Personen) des Patienten unbedingt erforderlich, auch wenn diese keinen Pruritus oder Hautveränderungen aufweisen. Dies stößt in der Praxis jedoch oft auf Unverständnis bei den Betroffenen und bringt Schwierigkeiten.
Derzeit stehen als Antiskabiosa drei topische und eine systemische Substanz zur Verfügung (Tab. 1). Die aktuellen Therapieempfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (ÖGDV) sind in Tabelle 2 dargestellt.
Als begleitende Hygienemaßnahmen sollten Kleidung und andere Gegenstände mit längerem Körperkontakt gewechselt und bei ≥60°C gewaschen werden.
Tab. 2: Aktuelle Therapieempfehlungen
Fazit
Da eine Skabiesinfestation jeden unabhängig von Alter, Herkunft und sozioökonomischem Status betreffen kann, sollte den Betroffenen unmissverständlich klar gemacht werden, dass die Skabies nicht mit mangelnder Hygiene assoziiert ist, um eine Stigmatisierung zu vermeiden.
Bericht:
Dr. Norbert Hasenöhrl
Quelle:
Giftiger Dienstag „Skabies & Co“, Vortrag von Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Alessandra Handisurya, 29. Oktober 2019, Wien
Literatur:
bei der Vortragenden
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