Diagnostik und Therapie der akuten Lungenembolie
Autoren:
PD Dr. med. Gregor Leibundgut
Dr. med. Cyrill Meuwly
Klinik für Kardiologie
Kantonsspital Baselland
Rheinstrasse 26
4410 Liestal
E-Mail: gregor.leibundgut@ksbl.ch
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Die Lungenembolie ist weltweit das dritthäufigste akute kardiovaskuläre Syndrom, und die Inzidenz sowie die Mortalität werden häufig unterschätzt. Mit der raschen Verfügbarkeit der Computertomografie hat sich die Diagnostik in den letzten Jahren deutlich vereinfacht. Eine Schlüsselstelle für das Outcome ist die korrekte Wahl der Therapie, bei der sich mit der lokalen Lysetherapie neue Möglichkeiten ergeben. Diese findet erstmalig auch in den 2019 gemeinsam veröffentlichten Richtlinien der Fachgesellschaften für Kardiologie und Pneumologie eine bedeutende Erwähnung.
Keypoints
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Stärkste Risikofaktoren für eine Lungenembolie sind Frakturen der unteren Extremität, Wirbelsäulenverletzungen sowie grosse chirurgische Eingriffe.
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Die hämodynamische Veränderung und Instabilität mit Rechtsherzversagen sind für die hohe Mortalität der akuten Lungenembolie verantwortlich.
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In High-Risk- und Intermediate-High-Risk-Situationen wird eine systemische bzw. die kathetergestützte Lyse empfohlen.
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Bei der Wahl der Therapie können klinische Scores behilflich sein; ein interdisziplinärer, fallbezogener Therapieentscheid wird klar empfohlen.
Risikofaktoren für das Auftreten der Lungenembolie
Das Auftreten einer Lungenembolie (LE) wird durch eine Vielfalt von Risikofaktoren begünstigt, welche patienten- oder situationsbezogen sein können. Traumata wie Frakturen der unteren Extremität, Gelenkersatz, Rückenmarksschädigungen sowie ein kürzlich stattgehabter Myokardinfarkt oder eine Hospitalisation aufgrund von Vorhofflimmern/-flattern sind mit einem mehr als zehnfach erhöhten Risiko für eine LE assoziiert. Besonders prädisponierend für eine LE sind auch Karzinome des Pankreas, der Lunge, des Magens, des Gehirns sowie maligne hämatologische Erkrankungen. Bei den kombinierten östrogenhaltigen oralen Kontrazeptiva sind besonders diejenigen der 3. Generation mit einem erhöhten Risiko behaftet. Eine lange Reise in sitzender Position, erhöhtes Alter sowie die klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren wie Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie und Nikotinkonsum sind mit einem zweifach erhöhten Risiko verhältnismässig weniger ausgeprägte Risikofaktoren. Tabelle 1 zeigt die Risikofaktoren für eine LE in Abhängigkeit ihrer Wahrscheinlichkeit.1
Tab. 1: Risikofaktoren für eine venöse Thromboembolie (nach Anderson et al.)1
Pathophysiologische Veränderungen
Beim akuten Auftreten einer LE kommt es zu hämodynamischen Veränderungen, wobei in erster Linie die Druckbelastung des rechten Ventrikels (RV) für das Kreislaufversagen verantwortlich ist. Durch die Thromboembolie kommt es zu einem erhöhten pulmonalarteriellen Druck (PAP), was zu einer erhöhten Wandspannung und zu einer Myokarddehnung im rechten Ventrikel führt. Dieser ist physiologischerweise nicht für hohe Drücke angelegt. Durch den erhöhten PAP werden neurohumorale Prozesse aktiviert, welche initial positiv chronotrop und inotrop wirken. Zusammen mit der systemischen Vasokonstriktion erhöhen diese Kompensationsmechanismen den pulmonalen Druck noch weiter und die Kontraktionszeit des RV verlängert sich, weshalb es zu einer spätsystolischen linksseitigen Deviation des interventrikulären Septums kommt. Diese Dyssynchronisation zwischen linkem und rechtem Ventrikel kann durch einen ggf. neu aufgetretenen Rechtsschenkelblock noch verstärkt werden.2 Der erhöhte PAP (mean PAP >40mmHg) führt zu einer Dilatation des RV mit Abnahme der Kontraktilität und Funktion, anders als beim linken Ventrikel, wo der Frank-Starling-Mechanismus greift. Die Reduktion der RV-Funktion führt dann zu einer verminderten diastolischen Füllung des linken Ventrikels und somit zu einem verminderten Herzzeitvolumen (HZW). Dies manifestiert sich klinisch durch Hypotension und hämodynamische Instabilität.
Aus Sicht der Oxygenierung führt die LE zu einem Ventilations-/Perfusions-Ungleichgewicht mit Zunahme der Totraumventilation aufgrund der nicht perfundierten Anteile. Beim Vorliegen eines persistierenden Foramen ovale und eines erhöhten rechtsatrialen Druckes kann dieser Rechts-Links-Shunt noch verstärkt werden. Zusammen mit dem reduzierten HZW kommt es zu einem Sättigungsabfall.3
Die exzessive Aktivierung der neurohumoralen Antwort und der inflammatorischen Prozesse können nach 24–48h zu einer LE-induzierten «Myokarditis» mit sekundärer Verschlechterung der Hämodynamik führen.4
Die Verminderung der Koronarperfusion mit schlechter oxygeniertem Blut bei erhöhter Nachlast des RV leitet schliesslich die Abwärtsspirale ein und führt ohne Resolution der Ursache unweigerlich zu einem hämodynamischen Kollaps, einem kardiogenen Schock und schliesslich zum Tod des Patienten. Abbildung 1 zeigt die pathophysiologischen Mechanismen, die zum hämodynamischen Kollaps des RV bei einer akuten LE führen.
Abb. 1: Pathophysiologische Mechanismen und hämodynamischer Kollaps des rechten Ventrikels bei einer akuten Lungenembolie
Diagnostik der Lungenembolie
Bei der Diagnose einer akuten LE geben die Klinik, die laborchemische Untersuchung, das EKG und auch die Echokardiografie indirekte Hinweise für eine Rechtsherzbelastung.
Tab. 2: Vergleich von Geneva-Score und Wells-Score
Klinisch präsentieren sich die Patienten oft mit Dyspnoe, (atemvariablem) Brustschmerz, (Prä)Synkope oder Hämoptyse. Eine akute LE ist eine häufige Ursache einer Synkope (bis 17%), selbst beim Vorhandensein alternativer Ursachen.5 Pathognomonische Symptome oder Befunde für die LE gibt es jedoch keine. Zur Abschätzung der Vortestwahrscheinlichkeit wird die Anwendung des (vereinfachten) Geneva-Scores bzw. des Wells-Scores empfohlen (Tab. 2).6,7
In der Blutgasuntersuchung kann eine Hypoxämie hinweisend sein, wobei bei ca.40% der Patienten eine normale arterielle Sättigung vorliegt.8 Die D-Dimere sind aufgrund der gesteigerten Fibrinolyse in der Regel erhöht. Aufgrund der hohen Sensitivität (95–99%) und der geringen Spezifität (46–53%) wird die Messung der D-Dimere bei niedriger bis mittlerer Vortestwahrscheinlichkeit empfohlen, was einen sicheren Ausschluss einer LE ermöglicht. Die Richtlinien von 2019 erwähnen die altersadaptierte Anwendung des D-Dimer-Cut-off-Werts, wobei ein Wert von Alter×μg/l für Patienten >50 Jahre empfohlen wird. Alternativ kann der Cut-off-Wert auch anhand der klinischen Vortestwahrscheinlichkeit angepasst werden.9 Dabei kann eine LE ausgeschlossen werden, wenn der Wertunter 1000ng/ml liegt bzw. beim Vorliegen eines Wells-Kriteriums unter 500ng/ml.
Die transthorakale Echokardiografie (TTE) zeigt neben der Druckbelastung und der Funktion des RV weitere potenzielle Pathologien und ist für die Risikoabschätzung und die Behandlungsentscheidung, insbesondere bei hämodynamisch instabilen Patienten, essenziell. So sind ggf. eine funktionelle Trikuspidalklappeninsuffizienz mit erhöhtem RV/RA-Gradienten (akut jedoch selten >3,8m/s), das D-Shaping des linken Ventrikels, eine gestaute Vena cava oder sogar ein rechtsventrikulärer flottierender Thrombus erkennbar.
Zur Diagnosesicherung und zur Abschätzung der Thrombuslast ist ein bildgebendes Verfahren unumgänglich. Dabei hat die Computertomografie die invasive Pulmonalisangiografie (mit einer Mortalität von bis zu 0,5%) als Goldstandard abgelöst und ist bei geringer bis mittlerer Vortestwahrscheinlichkeit besonders hilfreich (negativer prädikativer Wert 96% bzw. 89%). Bei schwerer Niereninsuffizienz, Hyperthyreose oder Schwangerschaft kann alternativ eine SPECT-low-dose-CT-Untersuchung zur Diagnosesicherung eingesetzt werden. Das MRI findet bei der Diagnose der LE keine Bedeutung (niedrige Sensibilität, aufwendig).
Risikoabschätzung
Für die Risikoabschätzung ist primär die Identifikation der High-Risk- und der Intermediate-High-Risk-Patienten mit deutlich erhöhter 30-Tages-Mortalität von Bedeutung. Die neuen Richtlinien empfehlen eine Kombination aus den folgenden Parametern: hämodynamischer Instabilität, PESI III–IV bzw. sPESI >1, Zeichen einer Rechtsherzbelastung sowie einer Troponinerhöhung (Tab. 3).
Tab. 3: Risikostratifizierung in Bezug auf die 30-Tages-Mortalität nach akuter Lungenembolie
Die verwendete PESI-Klassifikation («pulmonary embolism severity index») beinhaltet patientenbezogene (Alter, Krebserkrankung, chronische Herzinsuffizienz, chronisches Lungenleiden) sowie situationsbezogene (Herzfrequenz >110/min, systolischer Blutdruck <100mmHg, Atemfrequenz >30/min, sPO2 <90%) Parameter und wird im klinischen Setting häufig in der vereinfachten Form angewendet. Bereits ab einem Punkt im vereinfachten PESI-Score (sPESI) beträgt die 30-Tages-Mortalität >10,9%.
Im klinischen Alltag kann die Behandlung aber nicht allein auf Scores abgestützt werden. Eine interdisziplinäre Beurteilung wird gemäss den neusten Richtlinien mit einer Klasse-IIa-Indikation klar empfohlen.9
Zeichen der Rechtsherzbelastung sind in einem 4-Kammer-Blick in der CT, bei welchem der RV/LV-Index >0,9 liegt, und noch viel besser in der TTE erkennbar. Bei gleichzeitig erhöhtem Troponin liegt eine Intermediate-High-Risk-Situation vor. Die Bestimmung des BNP («brain natriuretic peptide») kann zusätzliche prognostische Information liefern, wurde aber in den bisherigen Studien nicht zur Entscheidungsfindung bezüglich der Therapie verwendet.
Therapie bei Versagen des rechten Ventrikels
Die hämodynamische Instabilität ist primär auf die eingeschränkte Rechtsherzfunktion zurückzuführen. Bei Hypoxämie (SpO2 <90%) wird die Sauerstoffgabe, falls nötig mittels Sauerstoffmaske oder High-Flow-Oxygenierung, empfohlen.
Pharmakologisch kann eine moderate Volumengabe (bis 500ml über 15–30min) die Rechtsherzfunktion unterstützen. Eine Volumenüberladung hat jedoch die Tendenz, den RV weiter zu dilatieren und somit die Funktion weiter einzuschränken, eine exzessive Volumengabe hat sich in experimentellen Studien als kontraproduktiv erwiesen.11 Vielmehr werden Vasopressoren, insbesondere Noradrenalin (0,2–1,0μg/kg/min), zur Steigerung des systemischen Blutdruckes nach Bedarf empfohlen. Bei Patienten im kardiogenen Schock ist Dobutamin (2–20μg/kg/min) mit zusätzlich positiv inotroper Wirkung indiziert. Durch die Gabe von Levosimendan ist eine Verbesserung der RV-Funktion physiologisch denkbar, es liegt jedoch nicht genügend Evidenz vor für eine Empfehlung.
Bei ausgeprägtem Kreislaufversagen und Oxygenisierungsstörung kann eine temporäre extrakorporale Oxygenierung mittels ECMO notwendig sein. Leider fehlen jedoch grosse randomisierte Studien bei dieser selektierten Patientenpopulation. In den meisten publizierten Fällen wurde die ECMO in Kombination mit einer additiven Therapie, z.B. operativer Embolektomie, angewendet.
Abb. 2: Entscheidungspfad für die Therapieoptionen bei einer akuten Lungenembolie
Lysetherapie – indiziert?In welcher Form?
Jahrelang waren die systemische Lyse und die chirurgische Embolektomie die einzigen Optionen für die Behandlung der High-Risk-Patienten. Bei der systemischen Applikation des lysierenden Agens, bei welcher über einen peripheren Venenzugang rekombinanter Plasminogenaktivator (rtPA), Streptokinase oder Urokinase verabreicht wird, werden grosse Mengen des gewählten Medikaments benötigt, um eine lysierende Wirkung in der Thrombusregion zu erreichen. Noch immer stellt dies die Behandlung der Wahl bei hämodynamisch instabilen High-Risk-Patienten dar. Allen Agenzien gemeinsam ist ein stark erhöhtes Risiko für schwere Blutungen (9,9%) und Hirnblutungen (1,7%).12 Dies ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass die Lysetherapie zurückhaltend eingesetzt wird.13
Die Indikation zur systemischen Lysetherapie bei Intermediate-High-Risk-Patienten ist wesentlich umstrittener und wird im klinischen Setting noch seltener angewendet. In der PEITHO-Studie wurde die systemische Lyse mit einer alleinigen oralen Antikoagulation (OAK) bei 1006 Patienten verglichen. Es zeigte sich ein signifikanter Benefit bezüglich Mortalität und hämodynamischer Dekompensation (kombinierter Endpunkt) bei einem Alter <75 Jahren. Bei Patienten >75 Jahre waren die schweren Blutungskomplikationen wiederum signifikant erhöht.14 In der Studie TOPCOAT wurden 83 Patienten randomisiert mit Tenecteplase im Vergleich zur Standardtherapie behandelt. Es zeigte sich wiederum eine signifikante Überlegenheit der systemischen Lysetherapie in Bezug auf den kombinierten Endpunkt (Tod, hämodynamischer Schock, Intubation und persistierend eingeschränkte Rechtsherzfunktion nach 90 Tagen).15 Schwere Blutungen traten, bei der geringen Patientenzahl, keine auf. In einer Metaanalyse von Marti et al. mit insgesamt 2057 Patienten zeigte sich eine signifikante Reduktion der Gesamtmortalität in der Gruppe mit systemischer Lyse, wobei dieser Effekt in der High-Risk-Gruppe am grössten war.12 In der Intermediate- und Low-Risk-Gruppe waren die vermehrten Blutungskomplikationen für den verpassten signifikanten Nutzen der Intervention verantwortlich. Zum Zeitpunkt dieser Studien wurde die Einteilung in Intermediate-High- und Intermediate-Low-Risk noch nicht verwendet.
Bei Intermediate-High-Risk-Patienten hat die perkutane kathetergestützte Lyse in den europäischen Richtlinien einen höheren Stellenwert erhalten. Dabei wird über einen von femoral eingelegten Katheter das lysierende Agens in stark reduzierter Dosis (verschiedene Systeme/Dosierungen vorhanden) lokal verabreicht. Bei den meisten Systemen ist eine mechanische Thrombusfragmentation oder -aspiration möglich. Bei dem in der Schweiz am häufigsten angewendeten EKOS-System besteht das Device aus einem durch Ultraschallwellen vibrierenden Katheter, welcher ein lokal begrenztes Schallfeld erzeugt. Dies führt zu einer physikalischen Auflockerung des Thrombus, wodurch der Plasminogenaktivator besser eindringen kann. Die lokale Lysetherapie führte im ULTIMA Trial (59 Patienten, 1:1-randomisiert) zu einer deutlich schnelleren Abnahme der RV-Dilatation innerhalb von 24h im Vergleich zur alleinigen Heparingabe.16 Durch die lokale Applikation ist eine deutlich geringere Dosis notwendig (15–20μg rtPA über 15–24h), was sich in einem Blutungsrisiko vergleichbar dem einer alleinigen Heparingabe zeigte.16
Dieses Ergebnis wurde auch in der Studie SEATLE II mit 150 interventionellen Lysetherapien bestätigt.17 Bei 150 lokalen Lysen traten in 10% der Fälle transfusionspflichtige Blutungen auf, wobei nur in einem Fall eine Intervention (Hämoptyse mit bronchoskopischer Sanierung) notwendig war. Intrakranielle Blutungen traten keine auf. Die OPTALYSE-PE-Studie zeigte den Nutzen einer lokalen Lysetherapie auch bei kürzerer Dauer (2–6 Stunden), was in der Studie zu einer niedrigeren Rate an schweren Blutungskomplikationen (4%) führte.18
Die guten Ergebnisse aus den bisherigen Studien mit lokaler Lyse haben dazu geführt, dass diese in den neusten Richtlinien der ESC als Klasse-IIa-Indikation empfohlen wird.
Kontraindikationen der Lysetherapie
Die Kontraindikationen für eine Lysetherapie sind unabhängig davon, ob eine systemische oder eine lokale Lyse geplant ist.
Absolute Kontraindikationen sind: Status nach hämorrhagischem Schlaganfall oder Schlaganfall unbekannten Datums, vorangegangener Schlaganfall vor <6 Monaten, ZNS-Neoplasie, kürzlich stattgefundene grosse Operation oder Schädelhirntrauma (<3 Wochen) sowie aktive Blutung.
Relative Kontraindikationen sind eine transiente ischämische Attacke vor <6 Monaten, orale Antikoagulation, Schwangerschaft und erste Woche post partum, traumatische Reanimation, refraktäre Hypertonie, aktives Leberleiden, infektiöse Endokarditis sowie aktives peptisches Ulkus.
Besonders hervorheben möchten wir dabei die orale Antikoagulation als relativen Risikofaktor. Deshalb sollte die Gabe eines NOAK erst nach vollständig durchgeführter Diagnostik und interdisziplinärer Diskussion erfolgen. Die kathetergestütze Lyse erfolgt unter gleichzeitiger therapeutischer Heparinisierung.
Antikoagulation
Bei Patienten in der High- und Intermediate-High-Risk-Gruppe wird die Etablierung einer Antikoagulation bereits während der Abklärungsphase empfohlen. Dabei wird in dieser Behandlungsphase die initiale Gabe von niedermolekularem Heparin oder unfraktioniertem Heparin empfohlen. Die direkte Gabe eines nicht Vitamin-K-antagonistischen oralen Antikoagulans (NOAK) ist gemäss neusten Phase-III-Studien nicht unterlegen, jedoch wird dadurch die Möglichkeit einer nachfolgenden Lysetherapie eingeschränkt (OAK als relative Kontraindikation einer Lysetherapie). Zur Überbrückung einer kurzen Wartezeit bis zum Entscheid der optimalen Therapie gemäss Risikoklassifizierung ist die Applikation eines Bolus von 5000E Heparin bei stabilen Patienten aus unserer Sicht oft ausreichend und lässt alle Behandlungsoptionen offen.
In der Langzeitbehandlung haben die NOAK die Vitamin-K-Antagonisten (VKA)als Goldstandard in den meisten Fällen abgelöst. Die einfachere Handhabung ohne regelmässige Gerinnungsbestimmungen und die gute Datenlage mit vergleichbarer Wirksamkeit und gleichzeitig signifikant reduzierter Rate an schweren Blutungen waren dabei ausschlaggebend.19 Beim Vorliegen eines Antiphospholipidsyndroms (APS) sind die VKA jedoch weiterhin die beste Langzeittherapie, bei einer Unterlegenheit der NOAK in prospektiven Studien.20
Bezüglich der Dauer der OAK wird bei allen Patienten eine Therapiedauer von mindestens drei Monaten empfohlen. War zum Zeitpunkt des Auftretens der LE ein starker (gem. Tab. 1), nun eliminierter Risikofaktor vorhanden und liegen nach drei Monaten keine Risikofaktoren mehr vor, kann die OAK beendet werden. War die Lungenembolie ein Rezidiv oder liegt ein APS vor, wird eine Fortführung der OAK auf unbestimmte Dauer empfohlen. Einen Knackpunkt bei der Empfehlung zur Langzeit-OAK stellen in der Klinik häufig die Patienten mit erstmaliger Episode ohne identifizierbaren oder mit schwachem/moderatem Risikofaktor dar. Bei diesen Patienten wird gemäss den Richtlinien von 2019 ebenfalls eine Langzeit-OAK auf unbestimmte Dauer empfohlen. Eine Reduktion der Dosis des NOAK ist möglich, falls keine Krebserkrankung vorliegt (z.B. Apixaban 2,5mg 2x/d bzw. Rivaroxaban 10mg 1x/d). In jedem Fall sind eine Abwägung und Adaptation an das individuelle Blutungsrisiko empfehlenswert.
Literatur:
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