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Die pathologische Q-Zacke und ihre Differenzialdiagnosen

<p class="article-intro">Unsere Serie EKG befasst sich diesmal mit pathologischen Q-Zacken. Angesichts der zahlreichen Möglichkeiten einer pathologischen Q-Zacke im EKG sind Anamnese und Status des Patienten von entscheidender Bedeutung, um diesem EKG-Zeichen seine diagnostische Relevanz beizumessen.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Die Q-Zacke im Elektrokardiogramm&gt;</h2> <p>Eine Q-Zacke im Elektrokardiogramm (EKG) wird definiert als die initiale negative Auslenkung vor der ersten positiven Zacke des QRS-Komplexes, die, aufgrund ihres ebenso physiologischen Auftretens, gewisse diagnostische Kriterien erf&uuml;llen muss, um als pathologisch identifiziert zu werden. Definitionsgem&auml;&szlig; ist eine physiologische Q-Zacke die initiale Kammererregung des Septum-Myokards, dessen Dauer nicht l&auml;nger als 0,03 s und Tiefe nicht gr&ouml;&szlig;er als ein Viertel der folgenden R-Zacke betr&auml;gt. In den Extremit&auml;tenableitungen, aber auch in V5 und V6 ist diese innerhalb dieser Grenzwerte physiologischen Ursprungs. Zeigt sich jedoch ein Q in den Brustwandableitungen V1&ndash;V4 ist dieses stets als pathologisch zu werten. Auch in den restlichen Ableitungen gilt, dass ein Q immer dann pathologisch ist, wenn dieses die physiologischen Grenzwerte &uuml;bersteigt und somit abnorm tief (&gt; &frac14; der R-Zacke) und/oder abnorm breit (&gt; 0,03 s) ist; benannt nach seinem Erstbeschreiber wird dieses oftmals als Pardee-Q bezeichnet.<sup>1</sup> Abbildung 1 zeigt die Differenzialdiagnose als Flowchart.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1901_Weblinks_jatros_kardio_1901_s44_abb1.jpg" alt="" width="2150" height="1097" /></p> <h2>Myokardinfarkt</h2> <p>Die vermutlich h&auml;ufigste Entit&auml;t, mit der eine pathologische Q-Zacke, mit oder ohne typische EKG-Endstreckenver&auml;nderungen, in Verbindung gebracht wird, ist der Myokardinfarkt (MI). Typischerweise kommt es in den sp&auml;teren Stadien des MI zu einem gro&szlig;en Q, das die aufgrund der Myokardnekrose verz&ouml;gerte oder um die Infarktnarbe umgeleitete elektrische Erregungsausbreitung im EKG anzeigt (Abb. 2). Aufgrund dieser Q-Zacke, die auch nach Jahren elektrokardiografisch nachzuweisen ist, kann das betroffene Areal lokalisiert und die Gr&ouml;&szlig;e des Infarkts abgesch&auml;tzt werden.<sup>2</sup><br /> Das Verschwinden von pathologischen Q-Zacken, insbesondere beim diaphragmalen Infarkt, ist m&ouml;glich (= &bdquo;elektrokardiografische Heilung&ldquo;). Q-Zacken, die im Rahmen eines akuten MI im Erst-EKG auftreten (diese m&uuml;ssen auch nicht unbedingt die Pardee-Kriterien erf&uuml;llen), bedeuten im Vergleich zu prim&auml;r Non-Q-Wave-Infarkten eine erh&ouml;hte Sterblichkeit innerhalb der ersten 30 Tage. Weiters haben Patienten mit Q-Zacke im EKG eine h&ouml;here Rate, eine Herzinsuffizienz w&auml;hrend des station&auml;ren Aufenthaltes zu entwickeln. Ein Grund daf&uuml;r k&ouml;nnte sein, dass bei Non-QWave- Infarkten eine bessere Kollateralisierung des Infarktgebietes besteht. Eine Differenzierung zwischen einem transmuralen oder subendokardialen Infarkt bei Qoder Nicht-Q-Zacken-Infarkt ist jedoch nicht sicher m&ouml;glich.<sup>3, 4</sup> Auch die Sp&auml;tkomplikation des MIs, das Herzwandaneurysma, kann h&auml;ufig mit pathologischen Qs in den Extremit&auml;tenableitungen einhergehen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1901_Weblinks_jatros_kardio_1901_s45_abb2.jpg" alt="" width="1417" height="794" /></p> <h2>Nicht isch&auml;mische Ursachen</h2> <p>Bei einer oder mehreren pathologischen Q-Zacken m&uuml;ssen stets auch andere nicht isch&auml;mische Ursachen in Betracht gezogen werden. Bei jedem akuten oder chronischen Prozess, der mit einem Verlust der elektrischen Weiterleitung einhergeht, wie etwa im Rahmen einer Myokarditis, Amyloidose oder Sarkoidose kann ein pathologisches Q resultieren.<br /> Eine weitere h&auml;ufigere Differenzialdiagnose mit einem sogenannten Pseudo-Infarkt- Muster zeigt sich auch bei der hypertrophen Kardiomyopathie, die jedes Stadium eines Infarkts simulieren kann. Beschrieben werden pathologische Qs auch bei Links- oder Rechtshypertrophien sowie bei reduzierter systolischer oder diastolischer Linksventrikelfunktion. Leitungsst&ouml;rungen des Herzens geh&ouml;ren zu weiteren Differenzialdiagnosen der elektrokardiografisch pathologischen Q-Zacken. H&auml;ufigste Ursachen sind hier der Linksschenkelblock, bei dem die initiale Erregung nun von rechts nach links verl&auml;uft und folglich mit QS-Komplexen in den Brustwandableitungen V1&ndash;V4 sowie in II, III, aVF einhergeht, und das Wolff-Parkinson-White(WPW)- Syndrom, das je nach Lokalisation des akzessorischen Leitungsb&uuml;ndels mit Q in den jeweiligen Ableitungen sichtbar sein kann.<sup>2, 5</sup><br /> Q-Zacken k&ouml;nnen aber auch bei Lagetypver&auml;nderungen, die physiologischen (Dextrokardie, Trichterbrust) oder pathologischen Ursprungs sind, auftreten. Hierbei handelt es sich vorwiegend um einen Sagittaltyp, bei der sich die Herzachse aus der Frontalebene herausdreht und mit einem Q in den Extremit&auml;tenableitungen einhergeht. Das bedeutendste Beispiel ist die Pulmonalembolie, bei der es durch die Rechtsherzbelastung zur Drehung der elektrischen Herzachse im Uhrzeigersinn um die L&auml;ngsachse kommt und sich folglich als SIQIII-Typ im EKG pr&auml;sentiert. Erg&auml;nzend ist die ver&auml;nderte Herzposition im Rahmen verschiedenster erworbener Ursache zu erw&auml;hnen. Hierzu z&auml;hlen die Verlagerung des Herzens bei einer Schwangerschaft als Folge eines Zwerchfellhochstandes, die in etwa 30 % mit einer tempor&auml;ren Q-Zacke in Ableitung III einhergeht, sowie die Verschiebung des Mediastinums nach rechts beim linksseitigen Pneumothorax und pathologische Q-Zacken bei einer COPD.<sup>5, 6</sup></p> <h2>Andere Ursachen</h2> <p>Vor jeder weiteren Diagnostik sollte stets an eine Fehlanlage der Elektroden gedacht werden. Kann dies ausgeschlossen werden, ist als N&auml;chstes eine Echokardiografie durchzuf&uuml;hren. Mit dieser k&ouml;nnen bereits eine Reihe von Verdachtsdiagnosen ausgeschlossen werden; in Einzelf&auml;llen m&uuml;ssen weitere nicht invasive und/oder invasive Untersuchungsmethoden durchgef&uuml;hrt werden.<sup>4</sup></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Schuster HP, Trappe HJ: EKG-Kurs f&uuml;r Isabel: Thieme; 2005 <strong>2</strong> Goldberger AL et al.: Goldberger's Clinical Electrocardiography: A Simplified Approach. 8<sup>th</sup> Edition, Elsevier 2017 <strong>3</strong> Goldberg RK, Fenster PE: Significance of the Q wave in acute myocardial infarction. Clinical cardiology. 1985; 8(1): 40-6 <strong>4</strong> Delewi R et al.: Pathological Q waves in myocardial infarction in patients treated by primary PCI. JACC Cardiovascular imaging 2013; 6(3): 324-31 <strong>5</strong> Gertsch M et al.: Das EKG. Auf einen Blick und im Detail. 2. Auflage, Berlin Heidelberg: Springer-Verlag, 2008: <strong>6</strong> Kofler H, Scherf D, Boyd LJ: Klinik und Therapie der Herzkrankheiten und der Gef&auml;&szlig;erkrankungen. Wien: Springer, 2013</p> </div> </p>
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