HCM: neue medikamentöse Therapieoption
Autor:
Dr. med. Christian Ebner
2. Interne Abteilung mit Kardiologie, Angiologie und Interner Intensivstation
Ordensklinikum Elisabethinen, Linz
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Die Behandlung der sarkomerischen hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) erstreckte sich bis dato von der symptomatischen medikamentösen Therapie über den Einsatz von Schrittmacher-/Defibrillatorsystemen bis hin zur Durchführung einer Septumreduktion mittels Myektomie oder Alkoholseptumablation bei obstruktiver Form der HCM und gegebener Symptomatik.1
Keypoints
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Bis dato standen zur medikamentösen Therapie der symptomatischen H(O)CM mit erhaltener LVEF nur Betablocker, Verapamil oder Diltiazem zur Verfügung.
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Mavacamten ist das erste Präparat zur spezifischen Behandlung der sarkomerischen HCM, wobei die Datenlage vor allem beim Einsatz bei der obstruktiven HCM sehr verheissungsvoll ist.
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Sind die Patient:innen trotz Ausreizen der medikamentösen Therapieschiene weiterhin symptomatisch, so sind Septumreduktionsverfahren wie die Myektomie oder Alkoholablation in erfahrenen Zentren sicher und effektiv.
Häufigkeit & pathophysiologischer Hintergrund
Die Häufigkeit der hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) wird auf einen Erkrankungsfall pro 500–1000 Menschen in der Bevölkerung geschätzt. Die Erkrankung ist grossteils durch eine Verdickung (>15mm) des linksventrikulären Myokards gekennzeichnet, wobei andere Ursachen, die zu einer Myokardhypertrophie führen können (wie z.B. arterielle Hypertonie, signifikante Aortenklappenstenose, kardiale Amyloidose, M. Fabry etc.), zuvor auszuschliessen sind, um die Diagnose zu stellen. Es handelt sich dabei um einen meist genetischen Defekt in der Kodierung von sarkomerischen Proteinen, der wiederum zu einer Fehlorganisation der Myozyten führt. Betroffen sind hier die schweren Ketten des Beta-Myosins, das Bindungsprotein C und das TroponinT. Selbige weist einen autosomal-dominanten Vererbungsmodus mit unterschiedlicher Penetranz auf.
Pathophysiologisch unterscheiden wir in 30% der Fälle die nicht obstruktive Form (HNCM) von der obstruktiven Form (HOCM; 70% der Fälle). Ausmass und Lokalisation der Wandverdickung sind dabei hochvariabel.
Symptomatik und medikamentöse Therapieoptionen
Die Symptomatik der Patient:innen ist sehr unterschiedlich und reicht von beschwerdefrei bis zu typischen Herzinsuffizienzsymptomen (Dyspnoe), Neigung zu Arrhythmien (supraventrikuläre oder ventrikuläre bis zum plötzlichen Herztod) oder (prä-)synkopalen Ereignissen. Gerade bei der HOCM bestimmt meist die Myokarddicke des basalen Septumwulstes das Ausmass der Obstruktion im linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT) und die Intensität der Beschwerden. Das Ausmass der Obstruktion gemessen anhand des Gradienten im LVOT (LVOTO) und die Beschwerdesymptomatik bestimmen auch das weitere Management dieser Patient:innen. Bei einem Gradienten ≥30mmHg zwischen linkem Ventrikel und Aorta ascendens sprechen wir von signifikanter, bei ≥50mmHg von hämodynamisch relevanter LVOTO. Leider können diese Gradienten sehr dynamisch imponieren und so sind symptomatische Patient:innen ohne einen durch ein Valsalvamanöver provozierbaren Ruhegradienten von >50mmHg einer Stressechokardiografie während einer Ergometrie zu unterziehen.
Die medikamentöse Therapie der HOCM erstreckte sich bis dato auf eine Gabe von selektiven Betablockern oder alternativ Kalziumantagonisten vom Diltiazem- oder Verapamil-Typ. Bei paroxysmalem Vorhofflimmern kann auch Amiodaron zum Einsatz kommen. Diese Präparate wirken allerdings nicht spezifisch.
Mavacamten – neue Hoffnung in spezifischer Therapie der H(O)CM
Eine neue Substanzklasse in der Behandlung der HOCM bzw. HCM macht jedoch Hoffnung. Es handelt sich dabei um Mavacamten, einen Myosinmodulator. Er unterbindet, durch die Bindung an Myosin, die exzessive Querbrückenverbindung zwischen dem Motorprotein und Aktin und wirkt somit spezifisch am Ort des Geschehens.
Die Phase-II-Studie PIONEER-HCM2 zeigte eine Reduktion des LVOTO-Gradienten unter Belastung sowie eine Verbesserung der Leistungsbreite an einer kleinen Zahl von Patient:innen mit symptomatischer HOCM (NYHA II–III). Die häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen waren die Reduktion der LVEF und Vorhofflimmern.
Eine weitere Phase-II-Studie (MAVERICK-HCM) erfolgte an Patient:innen mit nicht obstruktiver HCM. Hier zeigte sich vor allem eine günstige Beeinflussung von Surrogatparametern wie Abnahme von NT-proBNP und Troponin I. Die häufigsten therapieassoziierten Nebenwirkungen unter Mavacamten waren Palpitationen, Schwindel und Müdigkeit, die allerdings meistens mild (76%) oder moderat (21%) und selbstlimitierend verliefen. Nur bei 12,5% der Verum-Gruppe musste die Therapie wegen (letztendlich reversibler) Reduktion der LVEF <45% abgesetzt werden.
Mavacamten – der Durchbruch
Aufsehen erregte allerdings dann am ESC-Kongress 2020 die von Olivotto präsentierte EXPLORER-HCM3-Studie. Sie zeigte die Effektivität und Sicherheit von Mavacamten bei Patient:innen mit symptomatischer HOCM (LVOTO-Gradient ≥50mmHg) versus Placebo, wobei die Patient:innen ihre HOCM-Hintergrundtherapie beibehalten konnten. Primärer Studienendpunkt waren eine Zunahme der Leistungsfähigkeit, getestet anhand der VO2max, sowie eine Verbesserung der Symptomatik. Sekundäre Endpunkte waren eine Abnahme der Ruhe- und Belastungsgradienten, die Verbesserung der Lebensqualität (KCCQ) sowie die Abnahme der Serumkonzentrationen von NT-proBNP und hs-Troponin I. Die Ergebnisse waren dann sehr erfolgversprechend. So konnte neben signifikantem Erreichen des primären und der sekundären Endpunkte auch bei knapp einem Drittel der Patient:innen in der Mavacamten-Gruppe (27%) der LVOTO-Gradient auf ≤30mmHg gesenkt werden.
Der nächste Paukenschlag war die Präsentation der Ergebnisse der VALOR-HCM-Studie4 am ACC-Kongress 2022 durch Desai. Bei dieser Studie wurde der Einsatz von Mavacamten bei symptomatischen Patient:innen untersucht, die trotz Einsatz einer medikamentösen Kombinationstherapie (Disopyramid und/oder Kombination aus Betablocker und Kalziumkanalblocker) weiterhin einen LVOT-Gradienten von ≥50mmHg hatten und somit bereits eine Indikation zu einer septalen Reduktionstherapie. Die Patient:innen erhielten entweder 16 Wochen lang Mavacamten in Dosierungen zwischen 2,5mg und 15mg oder Placebo. Nach 16 Wochen wurde den Proband:innen aus der Placebogruppe die Wahl gelassen, auf Mavacamten umzusteigen. Zur septalen Reduktionstherapie konnten sich die Patient:innen zu jeder Zeit entschliessen.
In beiden Gruppen entschlossen sich aber nur jeweils 2 Patienten für eine invasive Intervention und nahezu alle Patient:innen wollten nach 16 Wochen auf Mavacamten wechseln oder dieses beibehalten. In der Mavacamten-Gruppe war dann bei 85,7% nach den Guideline-Kriterien (LVOT-Gradient ≥50mmHg und NYHA III–IV) keine Indikation für eine septale Reduktionstherapie mehr gegeben. Im Gegensatz dazu war in der Placebogruppe bei 69,6% die Indikation noch immer vorhanden. In der Mavacamten-Gruppe kam es zudem zu einer Verbesserung von relevanten Echokardiografieparametern, der Symptomatik und der Lebensqualität. Auch NT-proBNP- und Troponin-I-Werte sanken signifikant unter Mavacamten. Gute Nachrichten gab es auch in Bezug auf die LVEF – sie blieb bei den meisten Patient:innen stabil. Eine Limitierung, worauf auch Desai hinwies, ist allerdings die kurze Therapiedauer.
Auch im Rahmen des ACC-Kongresses 2022 wurden die Ergebnisse der Studie MAVA-LTE (oder EXPLORER-LTE) präsentiert, in die nach Beendigung von EXPLORER-HCM 95% aller Studienpatient:innen – inkl. derer aus der Placebogruppe – überführt wurden. Mavacamten zeigte sich durch Verbesserung der funktionellen Belastungskapazität und der Lebensqualität weiterhin signifikant überlegen. Es kam zu keinem Anstieg von unerwünschten Langzeitereignissen. Das unerwünschte Absinken der LVEF unter 50% passierte nur bei 12 Patient:innen (5,2%).
Mavacamten wurde aufgrund dieser Datenlage Ende April 2022 von der FDA (Food and Drug Administration) zur Behandlung der symptomatischen obstruktiven HCM (NYHA II–III) zugelassen.
Es ist somit erwartbar, dass es durch den Einsatz von Mavacamten zu einer Veränderung der Therapielandschaft der symptomatischen HOCM kommt. Inwieweit dann invasive Eingriffe zur septalen Reduktion letztendlich langfristig vermieden werden können, wird wohl erst der breitere Einsatz dieses Medikaments zeigen (Abb.1). Auch ob eine Behandlung der nicht obstruktiven HCM bzw. einer HFpEF hier günstige Ergebnisse liefern kann, werden aktuell noch laufende Studien erst zeigen müssen.
Abb. 1: Behandlungsschema bei hypertropher Kardiomyopathie mit Ausflusstraktobstruktion. HCM: hypertrophe Kardiomyopathie; LVOTO: Ausflusstraktobstruktion (nach AHA/ACC-HCM-Leitlinien)1
Literatur:
1 Ommen SR et al.: 2020 AHA/ACC Guideline for the diagnosis and treatment of patients with hypertrophic cardiomyopathy: a report of the American College of Cardiology/American Heart Association Joint Committee on Clinical Practice Guidelines. Circulation 2020; 142: e558-631 2 Heitner SB et al.: Mavacamten treatment for obstructive hypertrophic cardiomyopathy: a clinical trial. Ann Intern Med 2019; 170: 741-8 3 Olivotto I et al.; EXPLORER-HCM study investigators: Mavacamten for treatment of symptomatic obstructive hypertrophic cardiomyopathy (EXPLORER-HCM): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2020; 396: 759-69 4 Desai MY et al.: Myosin inhibition in patients with obstructive hypertrophic cardiomyopathy referred for septal reduction therapy. JACC 2022; 80: 95-108
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