© Getty Images

Herzinsuffizienz – Niere und Leber

<p class="article-intro">Die Organfunktionen von Herz, Niere und Leber sind häufig miteinander vergesellschaftet und beeinflussen sich gegenseitig. Der Artikel beschäftigt sich deshalb mit Sekundärschäden und Begleiterkrankungen der Niere und der Leber im Rahmen einer Herzinsuffizienz und erörtert mögliche Therapieoptionen zur Behandlung der gegenseitigen Beeinflussung.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>&Uuml;berw&auml;sserung mit erh&ouml;htem zentralem Venendruck geht mit dem Fortschreiten einer Niereninsuffizienz oder Leberfunktionsst&ouml;rung einher.</li> <li>Die Pathologien der drei Organe Herz, Niere und Leber sind eng miteinander &uuml;ber das Renin-Angiotensin- Aldosteron-System verkn&uuml;pft.</li> <li>Konsequente Behandlung von Risikofaktoren vermindert Progression von Herzinsuffizienz, Nierenfunktionsst&ouml;rung und Leberfunktionsst&ouml;rung.</li> <li>Eine Nierenfunktionsst&ouml;rung und eine Leberfunktionsst&ouml;rung k&ouml;nnen zur Progression einer Herzinsuffizienz wesentlich beitragen.</li> </ul> </div> <h2>Herz und Niere</h2> <p>Herz- und Nierenfunktion beeinflussen sich gegenseitig &ndash; wie dies abl&auml;uft, soll im Folgenden anhand des kardiorenalen Syndroms verdeutlicht werden. Das kardiorenale Syndrom gliedert sich in 5 Typen, die zum Teil auch flie&szlig;end aufeinander Einfluss nehmen (Abb. 1). Beim Typ I des kardiorenalen Syndroms kommt es infolge einer akuten Herzinsuffizienz, z.B. im Rahmen eines kardiogenen Schocks, zu einer Abnahme des Schlagvolumens mit Vorw&auml;rts- und R&uuml;ckw&auml;rtsversagen des Herzens bei konsekutiver Verschlechterung der Nierenfunktion. Bez&uuml;glich des R&uuml;ckw&auml;rtsversagens konnte gezeigt werden, dass ein erh&ouml;hter zentraler Venendruck (ZVD) direkt mit einer Verschlechterung der eGFR assoziiert ist.<sup>1</sup> Auch Patientendaten aus unserem eigenen Kollektiv konnten zeigen, dass ein erh&ouml;hter ZVD einen unabh&auml;ngigen Pr&auml;diktor f&uuml;r eine weitere Verschlechterung der Nierenfunktion darstellt.<sup>2</sup> Pathophysiologisch kommt es hierbei in der Bowman&rsquo;schen Kapsel zu einem verminderten Netto-Filtrationsdruck aufgrund einer Drucksteigerung in den gestauten Vas afferens der Glomeruli. Deshalb sollte bei &uuml;berw&auml;sserten Patienten mit erh&ouml;htem ZVD und klinischen Zeichen einer zentralen Venenstauung (gef&uuml;llte Halsvenen, hepatojugul&auml;rer Reflux, sonografischer Nachweis der Leberstauung) eine Dekongestion mittels forcierter Diurese oder, falls dies nicht effektiver ist, mittels H&auml;modiafiltration angestrebt werden. Die zus&auml;tzliche Gabe des Kalziumsensitizers Levosimendan erscheint bei schwer herzinsuffizienten Patienten sinnvoll, um eine Steigerung der Diurese und eGFR zu bewirken.<sup>3</sup> Bei unzureichendem Ansprechen und &Uuml;berw&auml;sserung trotz i.v. Diuretika, Hyperkali&auml;mie &gt;6,5mmol/l, Azidose mit pH &lt;7,2 oder erh&ouml;hten Laborwerten f&uuml;r Harnstoff &gt;25mmol/l (150mg/dl) und Kreatinin &gt;3,4mg/dl sollte vorzeitig ein Nierenersatzverfahren erwogen werden. Beim kardiorenalen Syndrom Typ II f&uuml;hrt eine chronische Herzinsuffizienz zur Verschlechterung einer oft vergesellschafteten Niereninsuffizienz. Pathophysiologisch f&uuml;hrt die Abnahme des Schlagvolumens zur Perfusionsminderung mit Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS), was zu einer Steigerung der Proteinurie, einer vermehrten Aldosteronaussch&uuml;ttung aus der Nebennierenrinde und in der Folge zur Glomerulosklerose f&uuml;hrt (Abb. 1). Hier stellt die intensivierte RAAS-Blockade einen zentralen Schutzmechanismus zur Verminderung der Aggravierung des kardiorenalen Syndroms Typ II dar. Die chronische Herzinsuffizienz sollte gem&auml;&szlig; den neu &uuml;berarbeiteten Leitlinien mit Betablockern, ACE-Hemmern und Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten (MRA) optimiert werden.<sup>4</sup> Auch k&ouml;nnte die neue Therapieform, die Kombination aus Angiotensin-Rezeptor-Blockade und Neprilysin-Hemmung (ARNI), zus&auml;tzliche nephroprotektive Effekte bewirken, da damit die Progression der chronischen Herzinsuffizienz (Tod, station&auml;re Aufnahme) um 20 % im Vergleich mit alleiniger ACE-Hemmung vermindert wird.<sup>5</sup> Bei Linksschenkelblock &gt;130ms ist eine kardiale Resynchronisation mittels CRTAggregat anzuraten. Bei geeigneten Patienten im chronischen NYHA-Stadium III&ndash;IV sollte &uuml;berdies die M&ouml;glichkeit einer Listung zur Herztransplantation oder die Implantation eines linksventrikul&auml;ren Assist-Device diskutiert werden, um irreversible Sekund&auml;rorgansch&auml;den zu vermeiden.<br /> Beim renokardialen Syndrom Typ III steht das akute Nierenversagen im Vordergrund (Abb. 1). Ein solches liegt gem&auml;&szlig; den KDIGO-Leitlinien 2012 vor, wenn der Kreatininwert im Serum innerhalb von 48 Stunden um 0,3mg/dl zunimmt, der Ausgangswert innerhalb von 7 Tagen um das 1,5-Fache ansteigt oder bei verminderter Harnausscheidung von &lt;0,5ml/kg/h in einem Zeitraum &gt;6h.<sup>6</sup> Dem akuten Nierenversagen liegt in ca. 70 % der F&auml;lle eine pr&auml;renale Ursache mit Verminderung des effektiven zirkulierenden Blutvolumens, in 20 % eine intrarenale (akute Glomerulonephritis, akute Nephritis) und in ca. 10 % eine postrenale Ursache zugrunde. H&auml;ufige Ursachen des pr&auml;renalen Nierenversagens sind vor allem Infektionen mit Sepsis, Hypovol&auml;mie oder ein kardiogener Schock mit Hypotonie. Als pr&auml;disponierende Faktoren konnten eine diuretische Therapie, die Gabe von NSAR, Kontrastmittelgabe und die Gabe von nephrotoxischen Antibiotika wie Aminoglykosiden identifiziert werden.<sup>7</sup> Die Therapie richtet sich in erster Linie nach der Grunderkrankung und beinhaltet das Absetzen nephrotoxischer Substanzen, ein ausgeglichenes Fl&uuml;ssigkeitsmanagement mit dem Ziel der Euvol&auml;mie, die Aufrechterhaltung eines mittleren Perfusionsdruckes von 65mmHg z.B. durch Gabe von Noradrenalin bei Sepsis, den Ausgleich einer Azidose sowie bei progredientem Nierenversagen eine Nierenersatztherapie.<sup>6</sup><br /> Das renokardiale Syndrom Typ IV ist durch eine chronische Niereninsuffizienz bedingt, die im weiteren Verlauf die Herzfunktion beeintr&auml;chtigt. Es konnte gezeigt werden, dass mit sinkender eGFR und mit steigender Albuminurie die kardiovaskul&auml;re Mortalit&auml;t deutlich zunimmt (Abb. 2). Aus diesem Grund sollten bei jedem Patienten mit Herzinsuffizienz die eGFR sowie das Ausma&szlig; der Albuminurie bestimmt werden. In Abh&auml;ngigkeit vom Stadium der Niereninsuffizienz konnte auch klar belegt werden, dass die Linksherzhypertrophie deutlich zunimmt.<sup>8</sup> Die Stadieneinteilung der chronischen Niereninsuffizienz sollte gem&auml;&szlig; KDIGO-Leitlinie 2012 mittels Bestimmung der eGFR (insgesamt 5 Stadien) im Serum und des Albumin/Kreatinin- Quotienten aus dem Spontanharn (A1: &lt;30mg/g, A2: 30&ndash;300mg/g, A3: &gt;300mg/g) erfolgen. Dies erm&ouml;glicht eine genaue Risikoabsch&auml;tzung hinsichtlich einer Progression der Nierenerkrankung und zuk&uuml;nftiger kardiovaskul&auml;rer Ereignisse (Abb. 2).<sup>9</sup> Therapeutisch stehen die Beherrschung der Risikofaktoren sowie eine RAAS-Blockade im Vordergrund. Als Richtgr&ouml;&szlig;en k&ouml;nnen bei Albuminurie eine intensivierte Blutdruckeinstellung &lt;130/80mmHg, ein HbA<sub>1c</sub> &lt;7 % , das Vermeiden von NSAR und nephrotoxischen Subtanzen sowie ein LDL-Cholesterin &lt;100mg/dl, bei Vorliegen einer koronaren Herzerkrankung ein LDL-Cholesterin &lt;70mg/dl angestrebt werden. Das kardiorenale Syndrom Typ V tritt im Rahmen von Systemerkrankungen wie Diabetes mellitus, Lupus erythematodes, Sklerodermie oder einer rheumatoiden Arthritis auf und wird gem&auml;&szlig; der Grunderkrankung behandelt.</p> <p>&nbsp;<img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Kardio_1802_Weblinks_jatros_kardio_1802_s9_abb1+2.jpg" alt="" width="1417" height="2242" /></p> <h2>Herz und Leber</h2> <p>Auch die Organfunktionen von Herz und Leber beeinflussen sich gegenseitig. So kann es im Rahmen einer chronischen Lebererkrankung zur Erh&ouml;hung von Troponin und pro-BNP sowie im schlimmsten Fall zur Ausbildung einer zirrhotischen Kardiomyopathie kommen. Andererseits kann es im Rahmen einer akuten Herzinsuffizienz zur hypoxischen Hepatitis der sogenannten Schockleber kommen, welche durch einen raschen Anstieg der Leberfunktionsparameter GPT und GOT gekennzeichnet ist.<sup>10</sup> Die chronische Herzinsuffizienz kann letztlich &uuml;ber das Zwischenstadium einer chronischen Stauungshepatopathie bis zum irreversiblen zirrhotischen Umbau der Leber (Cirrhose cardiaque) f&uuml;hren. H&auml;ufig k&ouml;nnen auch das Gallengangsenzym &gamma;-GT, Bilirubin oder die Leberwerte GPT und GOT im Rahmen einer chronischen Herzinsuffizienz aufgrund der Stauungshepatopathie moderat erh&ouml;ht sein. Auswertungen im eigenen Kollektiv zeigten eine klare Assoziation zwischen erh&ouml;htem ZVD und erh&ouml;hten &gamma;-GT-Werten. Auch die Ausbildung einer nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD), mit einer Pr&auml;valenz von ca. 25 % die h&auml;ufigste Lebererkrankung weltweit, scheint die Herzfunktion ung&uuml;nstig zu beeinflussen.<sup>2</sup> So konnte erst k&uuml;rzlich gezeigt werden, dass das Vorhandensein einer NAFLD bei &auml;lteren Patienten mit bekannter Herzinsuffizienz eine erh&ouml;hte Rehospitalisierungsrate aufgrund einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz zur Folge hatte.<sup>11</sup> Deshalb erscheint es gerade bei Patienten mit Herzinsuffizienz sinnvoll, die Leberwerte &gamma;-GT, Bilirubin, GPT und GOT sowie die Leberfunktion mittels INR, Albumin, Quick-Wert zu bestimmen, um fr&uuml;hzeitig eine NAFLD und andere Leberfunktionsst&ouml;rungen (LFS) erkennen zu k&ouml;nnen. Therapeutisch stehen die optimale Einstellung der Risikofaktoren wie Blutdruck, Diabetes mellitus, Hypercholesterin&auml;mie sowie eine ausgewogene fettarme Ern&auml;hrung im Vordergrund. Des Weiteren kann mit einer leitliniengerechten Optimierung der Herzinsuffizienztherapie eine Progression der LFS vermindert werden. Bei Aszites mit Rechtsherzbelastung hat sich der Einsatz von MRA bew&auml;hrt, bei &Uuml;berw&auml;sserung sollte analog zur Nierenfunktionsst&ouml;rung eine konsequente Dekongestion mittels forcierter Diuretikatherapie angestrebt werden. Nach erfolgter Rekompensation sollte die Diuretikadosis wieder reduziert werden.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Die drei Organe Herz, Niere und Leber beeinflussen sich gegenseitig erheblich und k&ouml;nnen somit zu einer Aggravierung einer bestehenden Herzinsuffizienz, Nieren- oder Leberfunktionsst&ouml;rung beitragen. Wichtig erscheint die Beherrschung m&ouml;glicher Risikofaktoren wie Blutdruck, Diabetes mellitus und Hypercholesterin&auml;mie. Bei Herzinsuffizienz mit R&uuml;ckw&auml;rtsversagen und konsekutiver Stauung sollte eine konsequente Dekongestion mittels forcierter Diurese angestrebt werden. Bei vermindertem Schlagvolumen mit Vorw&auml;rtsversagen und chronischer Herzinsuffizienz stehen die RAAS-Blockade und eine leitliniengerechte Therapie der Herzinsuffizienz im Mittelpunkt der therapeutischen Bestrebungen.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Damman K et al.: Increased central venous pressure is associated with impaired renal function and mortality in a broad spectrum of patients with cardiovascular disease. J Am Coll Cardiol 2009; 53(7): 582-8 <strong>2</strong> Poelzl G et al.: Concomitant renal and hepatic dysfunctions in chronic heart failure: clinical implications and prognostic significance. Eur J Intern Med 2013; 24(2): 177-82 <strong>3</strong> Fedele F et al.: Levosimendan improves renal function in acute decompensated heart failure: possible underlying mechanisms. Eur J Heart Fail 2014; 16(3): 281-8 <strong>4</strong> Ponikowski P et al.: 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure: The Task Force for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure of the European Society of Cardiology (ESC). Developed with the special contribution of the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur Heart J 2016; 37 (27): 2129-2200 <strong>5</strong> McMurray JJ et al.: Angiotensin-neprilysin inhibition versus enalapril in heart failure. The N Engl J Med 2014; 371 (11): 993-1004 <strong>6</strong> KDIGOKAKIW Group: KDIGO Clinical Practice Guideline for Acute Kidney Injury. Kidney Int 2012; (Suppl. 2): 1-138 <strong>7</strong> Hoste EA et al.: Epidemiology of acute kidney injury in critically ill patients: the multinational AKI-EPI study. Intensive Care Med 2015; 41(8): 1411-23 <strong>8</strong> Cai QZ et al.: Longitudinal changes of cardiac structure and function in CKD (CASCADE study). J Am Soc Nephrol 2014; 25(7): 1599-1608 <strong>9</strong> KDIGOKCW Group: KDIGO 2012 Clinical Practice Guideline for the Evaluation and Management of Chronic Kidney Disease. Kidney Inter 2013; (Suppl. 3): 1-150 <strong>10</strong> Moller S, Bernardi M: Interactions of the heart and the liver. Eur Heart J 2013; 34(36): 2804-11 <strong>11</strong> Valbusa F et al.: Nonalcoholic fatty liver disease and increased risk of 1-year all-cause and cardiac hospital readmissions in elderly patients admitted for acute heart failure. PloS ONE 2017; 12(3): e0173398</p> </div> </p>
Back to top