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Kardiales Remodelling bei Vorhofflimmern
Leading Opinions
Autor:
Dr. med. Fabian Plank, PhD
Univ.-Klinik für Innere Medizin III<br> Kardiologie und Angiologie<br> Medizinische Universität Innsbruck<br> E-Mail: fabian.plank@tirol-kliniken.at
Autor:
Christoph Beyer (cand. med.)
30
Min. Lesezeit
12.07.2018
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<p class="article-intro">Die klinische Leistungseinschränkung durch (lange) bestehendes Vorhofflimmern wurde ausführlich untersucht und ist für Ärzte in der Patientenbetreuung täglich nachvollziehbar. Wie sich diese atriale Arrhythmie auf den strukturellen Aufbau des Herzens auswirkt und welche prognostischen Folgen dieser Umbau für den medikamentösen und/oder elektrophysiologischen Therapieerfolg hat, ist ein grosses Thema aktueller Forschung.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Strukturelles Vorhof-Remodelling bei lange bestehendem Vorhofflimmern geht mit einem (immunmediierten) fibrotischen Umbau und einer Regulation gewisser Ionenkanäle des linken Vorhofs einher.</li> <li>«Late enhancement» im MRT hat sich als valide Methode etabliert, um die Fibrose entsprechend der Utah Classification in 4 Abstufungen einzuteilen.</li> <li>Echokardiografischer «strain» und anatomische Kriterien in der Computertomografie zeigen vielversprechende Ergebnisse.</li> </ul> </div> <p>Vorhofflimmern (VHF) ist die häufigste kardiale Arrhythmie mit einer weltweiten Prävalenz von 1,5–2 % und ist mit einer sozioökonomischen Herausforderung verbunden. Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, an VHF zu erkranken, wodurch eine Verdopplung der Patientenzahl in den nächsten Dekaden zu erwarten ist.</p> <h2>Atriales Remodelling</h2> <p>Jedes neu aufgetretene Vorhofflimmern benötigt ein vulnerables, atriales Substrat, das in Verbindung mit diversen Komorbiditäten die Wahrscheinlichkeit seiner Genese und Persistenz erhöht. Neben der Identifikation von genomischen Regionen,<sup>1, 2</sup> die bereits 1997 von Ramon Brugada beschrieben wurden, stehen vor allem modifizierbare Faktoren im Zentrum der Therapie (Abb. 1).<br /> Ektope Zentren mit tachykarden Impulsen wie auch lokale Reentry-Kreise sind Folgen des atrialen Umbaus und zugleich Trigger für neue Episoden. Durch atriale Dilatation kommt es zu einer vermehrten Fibrosierung, die zu einer verschlechterten Funktion der Zellmembran (Sarkolemm) und der Zell-Zell-Kanäle (Connexin) und somit zur Verlangsamung der Leitungsbahnen führt. Zusätzlich bietet ein grösserer Vorhof mehr Möglichkeiten für das Entstehen und die Ausdehnung von Reentry- Kreisen.<br /> Neben den Änderungen der elektrophysiologischen Eigenschaften durch lange bestehendes VHF (Degradation von L-Typ- Ca<sup>2+</sup>-Kanälen<sup>3</sup> und spannungsgesteuerten K<sup>+</sup>-Kanälen<sup>4</sup>, Hochregulation von ausgleichenden K<sup>+</sup>-Kanälen<sup>5</sup>) führt der strukturelle atriale Umbau zu einer Zunahme der interstitiellen Fibrosierung.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Innere_1803_Weblinks_s60_abb1.jpg" alt="" width="2215" height="1304" /></p> <h2>Bildgebende Korrelate</h2> <p>Die zellulären Regulationsmechanismen dieser Fibrosierung sind noch nicht vollständig geklärt, die klinische Relevanz konnte jedoch in mehreren bildgebenden Studien nachgewiesen werden. Als gut etablierte Methode hat sich das Utah Staging System eingeführt. Ähnlich dem pathologischen «late enhancement» des Myokards im Rahmen einer Myokarditis oder Amyloidose wurde eine verzögerte Auswaschung der LA-Wand 2009 erstmals von Oakes et al. mit atrialer Fibrosierung korreliert.<sup>6</sup> Die weitere Stratifizierung der Utah University unterscheidet zwischen minimaler (Stufe I, =5 % ), milder (II, >5–=20), moderater (III, >20–=35) und extensiver (IV, >35 % ) Fibrosierung des linken Vorhofs. Neben der klinischen Korrelation zwischen einer erhöhten Rezidiv- und Schlaganfallrate und steigenden Utah- Stufen konnte die Verbindung mit der Histologie auch in Post-mortem-Studien gezeigt werden.<br /> Ein reduzierter longitudinaler «strain» mit Verlust der spätdiastolischen Füllung ist Eckpfeiler des echokardiografischen Korrelats. Mehrere transthorakale Echostudien konnten eine Wechselwirkung dieser funktionellen Bewegungseinschränkung des linken Vorhofs sowohl mit elektrophysiologischen Maps als auch mit erhöhten Rezidivraten aufzeigen. Verglichen mit dem bestehenden Goldstandard zeigt sich ebenfalls ein guter Zusammenhang mit den 4 Utah-Abstufungen (Abb. 2).<br /> Eine kardiale Computertomografie wird routinemässig vor der VHF-Ablation durchgeführt, um die Anatomie der Lungenvenen zu erheben. Als Teil dieser Routine ist sie somit besonders geeignet, in die Risikostratifizierung einzufliessen. Im Vergleich zur Referenz-Schnittbildgebung – mit dem MRT – weist sie eine deutlich geringere Gewebeauflösung auf und verfügt nicht über die Möglichkeit der Vorhof- Kontrastmittelaufnahme. Von Vorteil ist hingegen die sehr gute räumliche Auflösung, die insbesondere eine Darstellung von morphologischen Strukturen ermöglicht. Eine gute Korrelation mit der Rezidivprädiktion konnte für die Vorhofwanddicke, die Vorhofohrform und deren Trabekulierung gezeigt werden.<br /> Epikardiales Fett wurde kürzlich als neuer Marker für arrhythmogene Substrate, aber auch als Trigger identifiziert. Es konnte gezeigt werden, dass es bei Patienten mit höherem epikardialem Fettanteil (intramural oder periatrial) durch eine Reihe von pathophysiologischen Mechanismen zu einer höheren Rate an VHF kommt.<br /> Eine atriale Infiltration mit Lipiden oder eine konzentrierte periatriale Anreicherung könnte elektrophysiologische Eigenschaften verändern, eine diastolische Dysfunktion promovieren oder auch durch indirekte Mechanismen (wie parakrine Modulatoren myokardialer Inflammation und oxidativen Stress) eine VHF-Genese erhöhen. Epikardiale Volumetrierung hat sowohl im MRT als auch im CT vielversprechende Ergebnisse gezeigt.<sup>7, 8</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Innere_1803_Weblinks_s60_abb2.jpg" alt="" width="1417" height="708" /></p> <h2>Klinische Implikation</h2> <p>Atrialer Umbau wird durch viele Faktoren bedingt und kann durch direkte und indirekte bildgebende Korrelate beschrieben werden. Diese bildgebenden Faktoren sollten immer einen Einfluss auf die Risikoberechnung und die Therapieempfehlung haben. Patienten mit einer ausgeprägten, diffusen Fibrosierung (Utah IV) profitieren wenig von einer Ablationstherapie, da die Rezidivrate überproportional hoch ist. Frühe Phasen des atrialen Remodellings (Utah I–II) zeigen hingegen eine signifikant geringere Rate an Rezidiven post ablatio. Zukünftige Korrelationen beinhalten auch den globalen und perikardialen strukturellen Umbau, wobei vor allem Schnittbildgebungen vielversprechende Ergebnisse liefern.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Brugada R et al.: Identification of a genetic locus for familial atrial fibrillation. N Engl J Med 1997; 336(13): 905-11 <strong>2</strong> Ellinor PT et al.: Locus for atrial fibrillation maps to chromosome 6q14-16. Circulation 2003; 107(23): 2880-3 <strong>3</strong> Christ T et al.: L-type Ca2<sup>+</sup> current downregulation in chronic human atrial fibrillation is associated with increased activity of protein phosphatases. Circulation 2004; 110(17): 2651-7 <strong>4</strong> Yue L et al.: Molecular mechanisms underlying ionic remodeling in a dog model of atrial fibrillation. Circ Res 1999; 84(7): 776-84 <strong>5</strong> Cha TJ et al.: Kir3-based inward rectifier potassium current: potential role in atrial tachycardia remodeling effects on atrial repolarization and arrhythmias. Circulation 2006; 113(14): 1730-7 <strong>6</strong> Oakes RS et al.: Detection and quantification of left atrial structural remodeling with delayed-enhancement magnetic resonance imaging in patients with atrial fibrillation. Circulation 2009; 119(13): 1758-67 <strong>7</strong> Kim J: Influence of sex on the association between epicardial adipose tissue and left atrial transport function in patients with atrial fibrillation: a multislice computed tomography study. J Am Heart Assoc 2017; 6(8): e006077 <strong>8</strong> Nakamori S et al.: Left atrial epicardial fat volume is associated with atrial fibrillation: a Prospective Cardiovascular Magnetic Resonance 3D Dixon Study. J Am Heart Assoc 2018; 7(6): e008232</p>
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