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Varianten, Therapieoptionen und Sport

Koronaranomalien und Muskelbrücken

<p class="article-intro">Koronaranomalien, und nicht etwa die koronare Herzkrankheit, zählen bei jungen Athleten zu den häufigsten Ursachen des plötzlichen Herztodes. Die Bedeutung der Koronaranomalien und Myokardbrücken für die Sporttauglichkeit und für den plötzlichen Herztod während des Sports sowie mögliche Therapieoptionen sollen daher im folgenden Artikel besprochen werden.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Koronaranomalien sind mit pl&ouml;tzlichem Herztod bei Athleten vergesellschaftet.</li> <li>Koronaranomalien werden oft bei jungen, asymptomatischen Patienten ohne Auff&auml;lligkeiten im Ruhe-EKG, in der Echokardiografie und oftmals auch im Belastungstest gefunden.</li> <li>Ein Screening ist echokardiografisch m&ouml;glich, die prim&auml;re Diagnostik obliegt jedoch dem Koronar-CT, welches eine Einteilung in maligne und benigne Koronaranomalien erlaubt.</li> <li>Sporttauglichkeit ist bei benignen Koronaranomalien gegeben, bei malignen Koronaranomalien in Abh&auml;ngigkeit von Isch&auml;mie (ermittelt via SPECT/PET), Symptomen und Anatomie entsprechend dem europ&auml;ischen Positionspapier.<sup>10</sup></li> </ul> </div> <p>Als Koronaranomalien werden Verl&auml;ufe der Koronararterien mit abnormem Ursprung, Verlauf oder Ende oder mit einer Anomalie der intrinsischen Koronaranatomie definiert, welche mit einer Pr&auml;valenz von ca. 1 % beobachtet werden.<sup>1</sup> Abgegrenzt werden m&uuml;ssen Koronaranomalien von Normvarianten wie Myokard- oder Muskelbr&uuml;cken, welche bei fast 50 % der Menschen vorkommen.<sup>2</sup></p> <h2>Klassifikation und Diagnose</h2> <p>Es existieren verschiedene Klassifikationen der Koronaranomalien. Zum einen k&ouml;nnen sie nach Lokalisation der Anomalie unterschieden werden, wobei zwischen Anomalien des Gef&auml;&szlig;ursprunges und -verlaufes, Anomalien der intrinsischen Koronaranatomie und Anomalien des Gef&auml;&szlig;endes differenziert wird. Zum anderen k&ouml;nnen die Koronaranomalien anhand ihrer h&auml;modynamischen Relevanz in maligne und benigne Formen unterteilt werden (Abb. 1). Maligne Koronaranomalien gehen dabei von einer einzigen Koronararterie aus (&bdquo;single coronary artery&ldquo;) oder entspringen dem gegen&uuml;berliegenden Sinus Valsalva und verlaufen zwischen Truncus pulmonalis und Aorta, also interarteriell (ACAOS &ndash; &bdquo;anomalous coronary arteries originating from the opposite site of the sinus of Valsalva with an interarterial course&ldquo;). Da diese oft unmittelbar nach dem Ostium kurzstreckig intramural entlang der Aorta verlaufen, wird der intramurale Abschnitt und nicht der interarterielle Verlauf zwischen Aorta und Truncus pulmonalis als Ursache der Minderdurchblutung angenommen. Dazu kommt, dass der kleinere und ovale Gef&auml;&szlig;querschnitt anf&auml;lliger f&uuml;r eine Kompression im Rahmen der erh&ouml;hten Arbeitslast, beispielsweise bei exzessiver sportlicher Bet&auml;tigung, ist. Ebenfalls zu den malignen Koronaranomalien geh&ouml;ren die Koronarfisteln sowie das Bland-White-Garland-Syndrom (linke Koronararterie entspringt der Pulmonalarterie oder m&uuml;ndet als Vene in die Pulmonalarterie und drainiert somit das Blut des linksventrikul&auml;ren Myokards dorthin). So kann im Rahmen eines Steal-Ph&auml;nomens ges&auml;ttigtes Blut vom Herz wegflie&szlig;en, was zu einer Reduktion des myokardialen Blutflusses f&uuml;hrt.</p> <p><strong>Inzidenz</strong><br /> Die Inzidenz von Koronaranomalien in der Allgemeinbev&ouml;lkerung liegt zwischen 0,3 und 5,6 %, ein &Uuml;berblick &uuml;ber die H&auml;ufigkeit der verschiedenen Koronaranomalien ist in Tabelle 1 dargestellt.</p> <p><strong>Diagnostik</strong><br /> Die CT-Koronarangiografie ist die prim&auml;re Bildgebung zur Detektion und Charakterisierung der Anatomie der Koronaranomalie mit einer h&ouml;heren Detektionsrate als die invasive Koronarangiografie sowie andere nicht invasive bildgebende Modalit&auml;ten, da die dreidimensionale Darstellung der Koronararterien eine bessere Darstellung des Beginns, des Verlaufes und der Endung der koronaren Gef&auml;&szlig;e erm&ouml;glicht; die CT-Koronarangiografie stellt somit, auch bei immer geringerer assoziierter Strahlenbelastung, den Goldstandard f&uuml;r diese Fragestellung dar. Koronarostien k&ouml;nnen jedoch auch verl&auml;sslich mittels Echokardiografie oder Kardiomagnetresonanztomografie dargestellt werden.<br /> In der Koronar-CT-Untersuchung k&ouml;nnen unter anderem die L&auml;nge des intramuralen Verlaufes der Koronararterie in der Aortenwand, ein schlitzf&ouml;rmiges Ostium (&bdquo;slit-like ostium&ldquo;) oder ein steiler Abgang der Koronararterie (&bdquo;acute angle take-off&ldquo;) gesehen werden, was die Beurteilung von Risiko und Therapieoptionen der Koronaranomalie erm&ouml;glicht.<sup>3</sup> Im Falle der Diagnose einer malignen Koronaranomalie ist eine nachfolgende Myokardperfusions- Untersuchung indiziert. Vorzugsweise wird die koronare Bildgebung mittels SPECT (&bdquo;single photon emission computertomography&ldquo;) oder PET (Positronen-Emissions- Tomografie) durchgef&uuml;hrt, da mit ihnen eine Fusion mit der Herz-CT-Untersuchung m&ouml;glich ist. Mit dieser Hybridbildgebung kann die Koronaranomalie mit einer lokalen Minderdurchblutung korreliert werden, was die Abgrenzung von einer allf&auml;lligen begleitenden koronaren Herzkrankheit erm&ouml;glicht. Eine Belastungsuntersuchung w&auml;hrend der Bildgebung wird idealerweise mittels Ergometrie durchgef&uuml;hrt, also einer k&ouml;rperlichen und nicht pharmakologischen Belastung, da die H&auml;modynamik am ehesten derjenigen bei allt&auml;glicher Belastung mit einhergehender dynamischer Obstruktion und kardialer Minderdurchblutung entspricht. Allerdings f&uuml;hrt eine Koronaranomalie in einer Vielzahl der F&auml;lle nur unter extremer Belastung zu einem pl&ouml;tzlichen Herztod und kann somit in einem Gro&szlig;teil der F&auml;lle ergometrisch nicht reproduziert werden.</p> <h2>Klinische Bedeutung</h2> <p>Bekannterweise besteht eine Assoziation zwischen Koronaranomalien und dem pl&ouml;tzlichen Herztod, welcher leider manchmal als erste klinische Manifestation auftritt.<sup>4</sup> Weitere Erstmanifestationen von Koronaranomalien k&ouml;nnen ein &uuml;berlebter pl&ouml;tzlicher Herztod oder eine sportassoziierte Synkope, aber auch eine Belastungsdyspnoe, Palpitationen oder Angina pectoris sein. Da eine Koronaranomalie potenziell t&ouml;dlich verlaufen kann, wird bei jungen Patienten mit typischen Thoraxschmerzen oder einer Synkope w&auml;hrend des Sports versucht, eine Koronaranomalie mittels kardialer Bildgebung auszuschlie&szlig;en. H&auml;ufiger entdeckt man eine Koronaranomalie jedoch als Zufallsbefund im Rahmen der Abkl&auml;rungen bei koronarer Herzkrankheit (KHK) respektive einer elektrophysiologischen Studie (EPS), insbesondere bei Pulmonalvenenisolation oder vor perkutanem Klappenersatz, mittels Koronar-CT. Im Universit&auml;tsspital Z&uuml;rich liegt die Pr&auml;valenz von Koronaranomalien bei 2,6 %.<sup>5</sup> Bei Verdacht auf eine maligne Koronaranomalie ist eine weiterf&uuml;hrende Abkl&auml;rung der h&auml;modynamischen Relevanz, wie oben beschrieben, empfohlen.<br /> Vor allem bei jungen M&auml;nnern mit regelm&auml;&szlig;igen Spitzenbelastungen, wie z. B. Rekruten, ist die Erkennung von Koronaranomalien wichtig. Eine Studie in den USA zeigte, dass von 158 amerikanischen Athleten mit einem Durchschnittsalter von 17 Jahren, welche an einem pl&ouml;tzlichen Herztod gestorben sind, 30 eine Koronaranomalie hatten (entspricht 19 %).<sup>6</sup> Von Letzteren hatten 80 % einen interarteriellen Verlauf der Koronararterie.<sup>7</sup> In einer weiteren Studie mit &uuml;ber 6,3 Millionen 18-j&auml;hrigen amerikanischen Rekruten wurden w&auml;hrend eines intensiven achtw&ouml;chigen Trainings 64 Todesf&auml;lle beobachtet. Bei einem Drittel entsprang eine linke Koronararterie dem rechten Sinus Valsalva (&bdquo;left ACAOS&ldquo;).<sup>8</sup> In einer entsprechenden Schweizer Studie fanden sich 4 von 69 sportassoziierten F&auml;llen von pl&ouml;tzlichem Herztod bei unter 40-J&auml;hrigen mit einer Koronaranomalie (entspricht 7 %), und somit gleich h&auml;ufig wie Todesf&auml;lle durch arrhythmogene (rechtsventrikul&auml;re) Kardiomyopathie (ARVC) oder Aortendissektion.<sup>9</sup> In die Risikobeurteilung sollte auch mit einflie&szlig;en, dass eine rezidivierende Minderperfusions- Isch&auml;mie distal der Koronaranomalie zu einem fibrotischen Umbau des Myokards f&uuml;hren kann und es hier zur Entwicklung ventrikul&auml;rer Arrhythmien w&auml;hrend Belastung aus dem Narbengewebe kommen kann. Diese Fibroseareale sind mittels Kardio-MRI detektierbar.</p> <h2>Therapie und Sportempfehlungen</h2> <p>Aktuell fehlen zu Therapieempfehlungen prospektiv randomisierte Studien, was die Entscheidung f&uuml;r die Therapie erschwert. Wichtig bei der Beurteilung des Befundes einer malignen Koronaranomalie hinsichtlich Therapie sind dabei die Klinik wie auch Alter, Geschlecht und die sportliche Aktivit&auml;t des Patienten. Vor allem betrifft dies junge M&auml;nner unter wiederholter gr&ouml;&szlig;erer k&ouml;rperlicher Belastung. Das Risiko im Alter scheint hingegen nicht erh&ouml;ht.<br /> Anschlie&szlig;end sollte interdisziplin&auml;r von Kardiologen und Herz-Thorax-Chirurgen eine bestm&ouml;gliche Behandlung im Einzelfall besprochen werden. Die Sporttauglichkeit bei Koronaranomalien wurde in einer k&uuml;rzlich publizierten Empfehlung der Arbeitsgruppe f&uuml;r Sportkardiologie der europ&auml;ischen kardiologischen Gesellschaft beschrieben<sup>10</sup> und ist in Tabelle 2 zusammengefasst.</p> <h2>Myokardbr&uuml;cken</h2> <p>Myokardbr&uuml;cken werden oftmals zuf&auml;llig in der Bildgebung nach abnormem Belastungs- EKG bzw. zur Abkl&auml;rung einer koronaren Herzerkrankung entdeckt. Eine Myokardbr&uuml;cke oder Muskelbr&uuml;cke ist definiert als ein kurzstreckiger intramyokardialer Verlauf einer epikardialen Koronararterie. In Abwesenheit von Symptomen ist keine weitere Diagnostik notwendig. Bei Symptomen, die ein breites Spektrum mit Angina pectoris, Belastungsdyspnoe bzw. Synkope zeigen k&ouml;nnen, ist eine weitere Isch&auml;miediagnostik, analog zu den Koronaranomalien, mit SPECT oder PET unter k&ouml;rperlicher Belastung indiziert. Nur in sehr seltenen F&auml;llen ist bei Myokardbr&uuml;cken eine Isch&auml;mie detektierbar und somit eine Therapie, auch hier meist herzchirurgisch, notwendig. Vorg&auml;ngig kann ein Therapieversuch mit Betablockern unternommen werden.<br /> In oben erw&auml;hntem Positionspapier<sup>10</sup> ist asymptomatischen Sportlern Wettkampfsport erlaubt (Level of Recommendation: Class IIa, Level of Evidence C), bei Nachweis von Isch&auml;mie oder Symptomen wird ein Betablocker als First-Line-Therapie empfohlen. Bei Beschwerdepersistenz trotz Betablocker ist eine Operation zu diskutieren, von Stenting wird abgeraten. Athleten mit Symptomen, deren Anomalie nicht korrigiert ist, wird kein Wettkampfsport und nur dosiert Freizeitsport empfohlen (Level of Recommendation: Class IIa, Level of Evidence C).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1901_Weblinks_jatros_kardio_1901_s26_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="807" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1901_Weblinks_jatros_kardio_1901_s27_tab1+2.jpg" alt="" width="1419" height="2751" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Angelini P: Coronary artery anomalies: an entity in search of an identity. Circulation 2007; 115(10): 1296-305 <strong>2</strong> Ghadri J et al.: Congenital coronary anomalies detected by coronary computed tomography compared to invasive coronary angiography. BMC Cardiovascular Disorders 2014; 14(1): 81 <strong>3</strong> Lorenz EC et al.: A systematic overview of anomalous coronary anatomy and an examination of the association with sudden cardiac death. Rev Cardiovasc Med 2006; 7(4): 205-13 <strong>4</strong> Benz DC, Kaufmann PA: Die Koronaranomalie &ndash; vom Zufallsbefund zum pl&ouml;tzlichen Herztod? Klinik f&uuml;r Nuklearmedizin, Universit&auml;tsspital Z&uuml;rich. Therapeutische Umschau 2016; 73(12): 766-70 <strong>5</strong> Gr&auml;ni C et al.: Prevalence and characteristics of coronary artery anomalies detected by coronary computed tomography angiography in 5634 consecutive patients in a single centre in Switzerland. Swiss Med Wkly 2016; 146: w14294 <strong>6</strong> Maron BJ et al.: Cardiovascular preparticipation screening of competitive athletes. A statement for health professionals from the Sudden Death Committee (clinical cardiology) and Congenital Cardiac Defects Committee (cardiovascular disease in the young), American Heart Association. Circulation 1996; 94(4): 850-6 <strong>7</strong> Maron BJ et al.: Sudden death in young competitive athletes. Clinical, demographic, and pathological profiles. JAMA 1996; 276(3): 199-204 <strong>8</strong> Eckart RE et al.: Sudden death in young adults: a 25-year review of autopsies in military recruits. Ann Intern Med 2004; 141(11): 829-34 <strong>9</strong> Gr&auml;ni C et al.: Sportsrelated sudden cardiac death in Switzerland classified by static and dynamic components of exercise. Eur J Prev Cardiol 2016; 23(11): 1228-36 <strong>10</strong> Borjesson et al.: Recommendations for participation in leisure time of competitive sports in athletes-patients with coronary artery disease: a position statement from the Sports Cardiology Section of the European Association of Preventive Cardiology (EAPC). Eur Heart J 2019; 40(1): 13-8</p> </div> </p>
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