Neue Therapieoption bei obstruktiver hypertropher Kardiomyopathie
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Das zunehmende Verständnis von pathophysiologischen Vorgängen und genetischen Einflüssen bei kardiovaskulären Erkrankungen hat zur Entwicklung von «small molecules» geführt, mit denen die Kontraktilität des Herzmuskels direkt beeinflusst werden kann. Mit der Zulassung des «First-in-class» Myosin-Inhibitors Mavacamten steht damit erstmals eine spezifische und zielgerichtete medikamentöse Therapie zur Behandlung bei symptomatischer obstruktiver hypertropher Kardiomyopathie zur Verfügung.
Die hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) ist die häufigste genetische Herzerkrankung.
In 40–60% der Fälle ist die Erkrankung auf eine Mutation in den sarkomerischen Genen zurückzuführen.1 Sarkomere setzen sich aus verschiedenen Proteinen zusammen, wobei die Anzahl an krafterzeugenden Aktin-Myosin-Querverbindungen eine entscheidenen Rolle für die Kontraktilität der Herzmuskelzellen spielt. Die HCM ist die Folge von überschüssigen Aktin-Myosin-Querverbindungen, die zu einer Fehlfunktion der Sarkomere führen.2–6 «Der scheinbare Gewinn an Funktion führt dazu, dass mehr Energie verbraucht wird, um Spannung zu erzeugen», sagte Professor Dr. med. Iacopo Olivotto, Meyers Kinderspital und Careggi Spital der Universität Florenz, Italien, im Rahmen einer von der Firma Bristol-Myers Squibb organisierten Speakertour an Schweizer Spitälern. Das habe verschiedene Konsequenzen, deren Endresultat ein hyperkontraktiler hypertrophischer Phänotyp sei.7 Weitere typische Manifestationen der HCM sind morphologische Mitralklappenabnormalitäten, eine abnormale koronare Mikrozirkulation sowie eine elektrische Instabilität mit einem erhöhten Risiko für Arrhythmien.1
Die HCM ist eine progressive Erkrankung. Möglich sind sowohl asymptomatische milde Verläufe, wie auch schwere Verlaufsformen mit Symptomen wie Dyspnoe, Angina, Palpitationen und Synkope als Ausdruck einer fortschreitenden Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakts, zunehmender Fibrose und Reduktion der linksventrikulären Funktion.1 Die unterschiedlichen Manifestationen und die unspezifischen, zum Teil nur unter Belastung auftretenden Symptome erschweren die Diagnose einer HCM.1,8 «Bei symptomatischen Patienten mit Verdacht auf eine HCM sollte aktiv nach einer Obstruktion im linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT) gesucht werden, gegebenenfalls mittels Stress-Echokardiographie », empfahl der Spezialist.1
Vielversprechende Studienergebnisse
Die klassische medikamentöse Therapie bei symptomatischen Patienten mit einer obstruktiven hypertrophen Kardiomyopathie (HOCM) umfasst Betablocker, Verapamil oder Disopyramid*. Bei Patienten mit einem LVOT-Spitzengradienten ≥50 mmHg und anhaltenden moderaten bis schweren Symptomen (NYHA-Klasse III–IV) kann eine Septumreduktionstherapie in Erwägung gezogen werden.1
Mit dem ersten Myosin-Inhibitor Mavacamten (CAMZYOS®) steht in der Schweiz seit Ende April eine spezifische Behandlung für Patienten mit symptomatischer (NYHA II–III) HOCM zur Verfügung.9 Mavacamten inhibiert spezifisch kardiales Myosin, reduziert damit die Anzahl an Aktin-Myosin-Querverbindungen und führt zu einer Abnahme der Hyperkontraktilität.9
Die Zulassungsstudie EXPLORER-HCM war eine randomisierte doppelblinde Phase-III-Studie, die die Behandlung mit Mavacamten (Startdosis 5mg/1x tägl.) versus Placebo bei 251 symptomatischen HOCM-Patienten mit NYHA-Klasse II–III mit oder ohne Hintergrundtherapie verglich.10 Die Behandlungsdauer betrug 30 Wochen. Wie die Ergebnisse zeigten, erreichten mehr als doppelt so viele Patienten unter Mavacamten als unter Placebo mit oder ohne Hintergrundtherapie den primären Endpunkt: eine Zunahme der VO2peak («peak oxygen consumption») um mind. 1.5 ml/kg/min, plus eine Verbesserung um mind. eine NYHA-Klasse oder einen Anstieg der VO2peak um ≥3 ml/kg/min ohne Verschlechterung der NYHA-Klasse (37% vs 17% (+ 19,4%), 95% KI 8–30,1; p=0,0005).10 Auch bezüglich den klinisch relevanten sekundären Endpunkte war der Myosin-Inhibitor Mavacamten der Behandlung mit Placebo mit oder ohne Hintergrundtherapie konsistent signifikant überlegen. Zu diesen gehörten u.a. die Reduktion des LVOT-Gradienten nach Belastung (mittlere Reduktion 48 mmHg unter Mavacamten vs. 11 mmHg unter Placebo), eine Verbesserung der NYHA-Klasse ≥ 1 (+34%, 95%-KI 22 bis 45; p<0·0001) und die Verbesserung der Lebensqualität (KCCQ-CSS† +9,1, 95%-KI 5·5 bis 12·7; p<0·0001).10 Die Behandlung mit Mavacamten führte in der explorativen Analyse zu einer Reduktion der kardialer Biomarkern «high-sensitivity cardiac troponin I» (hs-cTnI) und NT-pro BNP (N-terminal pro B-type natriuretic peptide).10 «Trotz der negativ inotropen Wirkung des Myosin-Inhibitors war der Einfluss auf die linksventrikuläre Ejektionsfraktion gering», betonte Prof. Olivotto. Insgesamt war die Sicherheit von Mavacamten mit Placebo vergleichbar: 97% der eingeschlossenen Patienten nahmen bis zum Schluss an der Studie teil. In drei Fällen kam es zu einem Behandlungsabbruch. Bei keinem dieser Fälle war die Ursache eine Reduktion der LVEF oder eine Zunahme von Herzinsuffizienzsymptomen.10
«Nachdem wir gesehen haben, dass wir die Obstruktion managen und die Symptome reduzieren können, war die Frage: Können wir mit Mavacamten auch die Häufigkeit chirurgischer Interventionen vermeiden?» sagte Olivotto. Eine Antwort auf diese Frage lieferte die VALOR-HCM Studie.11 Die randomisierte doppelblinde Phase-III-Studie verglich die Behandlung mit Mavacamten versus Placebo bei 112 HOCM-Patienten mit einer Indikation für eine Septumreduktionstherapie. Wie die Ergebnisse zeigten, erfüllten nach einer 16-wöchigen Behandlungsdauer mit Mavacamten 82% der Patienten die Kriterien für eine chirurgische Therapie nicht mehr, verglichen mit 23% unter Placebo +/- Hintergrundtherapie. Parallel dazu hatte sich die NYHA-Klasse bei 63% der Patienten in der Mavacamtengruppe um ≥1 Klasse und bei 27% um ≥2 Klassen verbessert, im Vergleich zu 21% resp. 2% in der Placebogruppe.11
Offene Fragen im Zusammenhang mit der neuen Therapie
«Wir stehen noch ganz am Anfang der Therapie mit Mavacamten» betonte der Spezialist. Die bisherigen Informationen zur Wirksamkeit sind sehr viel versprechend, aber es sind auch noch viele Fragen offen, beispielsweise zur Langzeitwirkung und der Fortführung der Hintergrundtherapie mit Betablocker oder Kalziumkanalblocker. Auch die genaue Positionierung innerhalb des Therapiealgorithmus steht noch nicht fest. Da Mavacamten noch nicht in die Spezialitätenliste aufgenommen ist, empfahl Prof. Olivotto abschliessend: «Am sinnvollsten scheint mir der Einsatz bei Patienten, deren Symptome sich unter den klassischen Therapiemassnahmen nicht verbessern, das heisst, bevor die Indikation für eine Septumreduktionstherapie gestellt wird.» Bis zur Kassenzulassung lautet so auch die vorläufige Empfehlung für den Einsatz des Medikaments.
* Disopyramid ist in der Schweiz nicht zur Behandlung der HCM mit LVOT zugelassen.
†KCCQ-CSS: Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire-Clinical Symptom Score
Quelle:
Vortrag «Novel treatment options for obstructive hypertrophic cardiomyopathy», im Rahmen der von Bristol-Myers Squibb Schweiz organisierten Speakertour, 4. Mai 2023
Literatur:
1 Elliott PM et al.: 2014 ESC Guidelines on diagnosis and management of hypertrophic cardiomyopathy: The task force for the diagnosis and management of hypertrophic cardiomyopathy of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Heart J 2014; 35(39): 2733-79
2 Spudich JA et al.: Three perspectives on the molecular basis of hypercontractility caused by hypertrophic cardiomyopathy mutations. Pflugers Arch 2019; 471: 701-17
3 Trivedi DV et al. Hypertrophic cardiomyopathy and the myosin mesa: viewing an old disease in a new light. Biophys Rev 2018; 10: 27-48
4 Nag S et al.: The myosin mesa and the basis of hypercontractility caused by hypertrophic cardiomyopathy mutations. Nat Struct Mol Biol 2017; 24: 525-33
5 Alamo L et al.: Effects of myosin variants on interacting-heads motif explain distinct hypertrophic and dilated cardiomyopathy phenotypes. eLife 2017; 6: e24634
6 Sequeira V et al.: Energetic drain driving hypertrophic cardiomyopathy. FEBS Lett 2019; 593: 1616-26
7 Belus A et al.: The familial hypertrophic cardiomyopathy-associated myosin mutation R403Q accelerates tension generation and relaxation of human cardiac myofibrils. J Physiol 2008; 586: 3639-44
8 Olivotto I et al.: The many faces of hypertrophic cardiomyopathy: from developmental biology to clinical practice. J Cardiovasc Transl Res 2009; 2(4): 349-67
9 Fachinformation Mavacamten (CAMZYOS®): Abrufbar unter swissmedicinfo.ch. Letzter Zugriff 16. Mai 2023
10 Olivotto I et al.: Mavacamten for treatment of symptomatic obstructive hypertrophic cardiomyopathy (EXPLORER-HCM): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2020; 396 (10253): 759-769
11 Desai MY et al.: Myosin inhibition in patients with obstructive hypertrophic cardiomyopathy referred for septal reduction therapy. J Am Coll Cardiol 2022; 80 (2): 95-108.
Referenzen auf Anfrage erhältlich.
Kurzfachinformation:
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CAMZYOS® (Mavacamten). WWH: Kann Herzinsuffizienz aufgrund systolischer Dysfunktion auslösen. Echokardiografische Untersuchungen der LVEF vor und während Anwendung erforderlich. Behandlungsbeginn bei LVEF <55% nicht empfohlen. Behandlungsunterbruch bei LVEF <50% oder Verschlechterung des klinischen Zustands. Vorsicht bei gleichzeitiger Gabe von bestimmten CYP450-Inhibitoren und -Induktoren wegen Herzinsuffizienzrisiko geboten. I: Behandlung erwachsener Patienten mit symptomatischer (NYHA II-III) obstruktiver hypertropher Kardiomyopathie zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und assoziierter Symptome. D: 2,5 mg, 5 mg, 10 mg oder 15 mg 1x/d. Die empfohlene Initialdosis beträgt 5 mg 1x/d, die Maximaldosis beträgt 15 mg 1x/d. Die Initiierung oder Auftitrierung von CAMZYOS® bei Patienten mit LVEF <55% ist nicht empfohlen. Eine regelmässige Bewertung des LVEF und des LVOT-Gradienten unter Valsalva ist für eine sorgfältige Titration erforderlich, um eine LVEF ≥50% aufrechtzuerhalten und einen angemessenen Ziel-Valsalva-LVOT-Gradienten zu erreichen. Für Titrationshinweise während der Initiierungs- und Erhaltungsphase, Dosisanpassungen bei gleichzeitiger Gabe anderer Arzneimittel und bei Behandlungsunterbruch siehe Fachinformation. Bei LVEF <50% während der Behandlung mit CAMZYOS®, muss die Behandlung unterbrochen werden. KI: Überempfindlichkeit gegen Wirkstoff oder Hilfsstoffe. Schwangerschaft. W/VM: Mavacamten verringert LVEF und kann Herzinsuffizienz durch systolische Dysfunktion auslösen. Asymptomatische LVEF-Reduktion, interkurrente Erkrankungen (z.B schwere Infektionen) und Arrhythmien bei der Dosierung berücksichtigen. Regelmässige Beurteilung des klinischen Zustands vor und während der Behandlung mit CAMZYOS®. IA: Bei Initiierung, Absetzen oder Dosisanpassung einer gleichzeitiger Anwendung mit starkem CYP2C19-Inhibitor wird Dosisanpassung von Mavacamten und/oder zusätzliche klinische Kontrolle empfohlen. Diese sollten in Betracht gezogen werden bei moderatem oder schwachem CYP2C19- oder starkem CYP3A4-Inhibitor. Bei Absetzen oder Dosisreduktion der gleichzeitigen Behandlung mit starkem CYP2C19- oder CYP3A4-Induktor, werden zusätzliche klinische Kontrollen empfohlen. Diese sollten in Betracht gezogen werden bei Initiierung oder Dosiserhöhung des Induktors. Intermittierende Gabe von CYP2C19-Hemmer oder starkem CYP2C19-Induktor oder starkem CYP3A4-Hemmer oder -Induktor nicht empfohlen. UAW: Schwindel, Herzinsuffizienz, systolische Dysfunktion (LVEF < 50%). P: Hartkapseln zu 2,5 mg, 5 mg, 10 mg oder 15 mg: 28. (B). ZI: Bristol-Myers Squibb SA, Hinterbergstrasse 16, 6312 Steinhausen. Ausführliche Informationen siehe Arzneimittel-Fachinformation unter www.swissmedicinfo.ch. (V001)
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