Die Rolle der Echokardiographie in der Diagnose der Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion – HFpEF
Autor:
Dr. med. Stefan Kastl
Leiter des echokardiographischen Labors der
Universitätsklinik für Innere Medizin II, Abteilung Kardiologie
Medizinische Universität Wien
E-Mail: stefan.kastl@meduniwien.ac.at
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Die Diagnose einer Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion (HFpEF) stellt eine besondere Herausforderung in Klinik und Praxis dar. Die Echokardiographie spielt hierbei eine zentrale Rolle und sollte bei euvolämen Patienten die sich mit Dyspnoe präsentieren in jedem Fall durchgeführt werden.
Keypoints
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Die HFpEF hat bei den über 60-jährigen Patienten eine Prävalenz von bis zu 5%.
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Beim älteren Patienten mit Dyspnoe und erhaltener Linksventrikelfunktion muss man an eine HFpEF denken.
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Die Echokardiografie ist die wegweisende diagnostische Untersuchung.
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Bei der Durchführung der Ultraschalluntersuchung sind indizierte Volumina und Parameter der diastolischen Dysfunktion zu bestimmen.
Herzinsuffizienz
Die Herzinsuffizienz (HF) wird schon seit längerem in drei Untergruppen eingeteilt. Herzinsuffizienz mit preserved (EF ≥ 50%), mid-range (EF 40-49%) und reduced (EF <40%) Ejection Fraction (EF). Die Diagnose der HFpEF ist schwierig, da es sich hier um eine komplexe Erkrankung mit unterschiedlichsten Symptomen handelt, welche auch nicht bei allen Patienten gleich ausgeprägt sind. Das wichtigste Merkmal ist jedoch die progrediente Zunahme der Versteifung des linken Ventrikels (LV) und dem damit verbundenen erhöhten enddiastolischen Druck (PCWP) im Linken Vorhof (LA).
In der Klinik präsentieren sich die Patienten mit peripheren Ödemen, Dyspnoe, trockenem Husten oder Müdigkeit. Bei ca. 80% besteht darüberhinaus zusätzlich eine pulmonale Hypertonie (PH), welche mit einer erhöhten Mortalität einhergeht. Die Prävalenz steigt mit dem Alter an. Bei den über 60 jährigen haben ca. 5% eine HFpEF – somit wären in Europa mehrere Millionen Menschen von dieser Diagnose betroffen.1
Die Diagnose stützt sich auf die klinischen Symptome bei erhaltener EF sowie erhöhten NT-proBNP-Werten (≥400pg/ml). Einen besonderen Stellenwert bildet hier die echokardiographische Untersuchung mit Nachweis der diastolischen Dysfunktion bei erhöhtem enddiastolischen Druck im linken Vorhof sowie dem Nachweis von morphologische Veränderungen des linken Vorhofs und des linken Ventrikels.
Echokardiographische Parameter
Im Journal „Cirulation“ wurde eine Arbeit publiziert in der ein einfacher, evidence-based Score beschrieben wird zur Diagnose der HFpEF.2 Neben klinischen Parametern (BMI, Hypertonie, VHF, Alter) spielt hier der echokardiographische Nachweis einer Pulmonalen Hypertonie, mit einem systolischem Pulmonalisdruck von >35mmHg und der Nachweis eines erhöhten Füllungsdrucks (E/e’ >9) eine wesentliche Rolle (Tab. 1).
Tab. 1: Evidenzbasierter Score zur Diagnose der HFpEF (nach Reddy et al.)2
2019 wurde im European Heart Journal ein Consensus Paper der Heart Failure Association der ESC zur Diagnose der HFpEF publiziert.3 Hier wird zwischen Major- und Minor-Kriterien der HFpEF Diagnose unterschieden. Diese beinhalten Biomarker (NT-proBNP) und echokardiographische Parameter (Tab. 2) auf die ich genauer eingehen möchte. Zum einen werden hier funktionelle Parameter herangezogen und zum anderen wird die Morphologie der Herzhöhlen beschrieben (Abb. 1).
Tab. 2: Major- und Minor-Kriterien der HFpEF-Diagnose (nach Lourenço et al.)3
Abb. 1: Funktionelle Parameter und Morphologie
Bei den funktionellen Parametern spielen folgende Parameter eine Rolle:
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Die septale oder laterale e’ velocity: Hiermit wird die frühdiastolische Füllung des linken Ventrikels beschrieben. Aufgrund der anatomischen Verhältnisse sind die medialen Werte geringer (Anulus ist fixiert) im Vergleich zu den lateralen. Bei Konstriktion oder Restriktion ist dieser Parameter in charakteristischer Weise verändert (Anulus Reversus). Ebenso kommt es bei Versteifung des linken Ventrikels zu einer Abnahme der Werte (Beweglichkeit).
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Die durchschnittliche E/e’ velocity: Mit dem Verhältnis von E/e’ wird der Füllungsdruck des linken Ventrikels abgeschätzt. e’ dient dabei als Ausgleich des Einflusses der Relaxation auf die Füllung des linken Ventrikels. Es ist jedoch zu beachten, dass gerade bei dekompensierten Patienten eine schlechte Korrelation mit dem limksventrikulären Füllungsdruck in der Literatur beschrieben wird. Er sollte dieser Parameter jedoch beim Vorhandensein einer Aorten- oder MItralklappeninsuffizienz, einer Tachykardie, bei Verkalkungen am Klappenannulus oder beim Vorhandensein von Prothesen der Mitralklappe mit Vorsicht interpretiert werden.
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Die CW-Doppler Geschwindigkeit über der Trikuspidalklappe dient dem Abschätzen des pulmonal-arteriellen Drucks. Ein erhöhter Pulmonalisdruck und eine häufig damit verbundene reduzierte Rechtsventrikelfunktion sind wichtige Prädiktoren der Mortalität bei HFpEF.
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Global longitudinal Strain & frühdiastolische Strain-Rate: Es sind dies im Vergleich zur Doppleruntersuchung winkel-unabhängige Parameter und es besteht eine geringere Untersucher-Abhängigkeit. Es gelingt bereits bei subklinischer Verschlechterung Veränderungen darzustellen. Die Strain Analyse ist jedoch in hohem Maß von einer guten Bildqualität, einer hohen FrameRate sowie von einer rhythmischen Kontraktion abhängig.
Von den morphologischen Kriterien haben folgenden Parameter eine spezielle Bedeutung:
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Das indizierte Volumen des linken Vorhofs: ist ein indirekter Marker des linksventrikulären Füllungsdrucks. Es ist ein guter Marker des chronischen Remodelings des linken Vorhofs. Der Einfluss von z.B. Vorhofflimmern auf die Vorhofsgröße darf hier nicht außer Acht gelassen werden. Dieser Umstand spiegelt sich auch in den höheren Grenzwerten bei Vorhofflimmern wieder.
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Die indizierte Masse des linken Ventrikels (LVMI): dient als Maß der Linksventrikelhypertrophie. Zur genauen Bestimmung sollte eine 4D Echokardiographie durchgeführt werden da diese im Vergleich zu 2D Untersuchung deutliche Vorteile aufweist (bessere Abgrenzbarkeit des Myokards, untersucherunabhängig).
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Die Relative wall thickness (RWT): wird häufig verwendet zur Beschreibung der Geometrie des linken Ventrikels. Sie berechnet sich aus 2x der Dicke der Hinterwand / linksventrikulären enddiastolischen Durchmesser. Hierbei könne unter Einbeziehen des LVMI insgesamt 4 Zustände unterschieden werden (normal, konzentrisches Remodelling, konzentrische Hypertrophie und exzentrische Hypertrophie). Bei der HFpEF sind sowohl konzentrische LVH als auch konzentrisches Remodeling des LV beschrieben.
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Septumhypertrophie: wie zuvor beschrieben spielt die Hypertrophie und das Remodeling des linken Ventrikels eine Rolle bei der Diagnose HFpEF. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass das Fehlen einer LVH eine HFpEF nicht ausschließt.
Weiterführende Untersuchungen
Exercise stress echocardiography
Bei vielen Patienten mit HFpEF kommt es nur unter Belastung zu Symptomen. Dies ist so Aufgrund der höheren Füllungsdrücke unter Belastung. Diese werden benötigt, um eine adäquate Füllung und ein adäquates Schlagvolumen zu garantieren. Führt man eine Echokardiographie unter Belastung (Liege-Ergometer) durch, können unter Umständen eine systolische oder diastolische Dysfunktion dokumentiert werden. Als Parameter werden hier E/e’ sowie die TR-Vmax herangezogen. Oft ist schon eine geringe Belastung (25-50W) ausreichend. Als pathologisch wird ein Anstieg der TR-Vmax auf > 3,4m/s oder eine Zunahme des E/e’ Verhältnis >15 angesehen (Abb. 1).
Rechtsherzkathrter
Die Rechtsherzkatheteruntersuchung sollte Teil der strukturierten Aufarbeitung der Patienten sein und dient auch zum Ausschluss einer präkapillären pulmonalen Hypertonie.
Zusammenfassung
Eine echokardiographische Untersuchung sollte zum Standard gehören bei jedem Patienten, der sich mit Dyspnoe präsentiert und bei dem der Verdacht auf eine Herzinsuffizienz besteht. Die Diagnose HFpEF kann nicht mit Hilfe eines einzelnen Parameters gestellt werden es ist eine Kombination aus Klinik, Biomarkern, funktionellen und morphologischen echokardiographischen Parametern die zur Diagnose führen. In speziellen Fällen kann auch eine Exercise Stress Test oder eine invasive Vermessung der Hämodynamik indiziert sein.
Literatur:
1 Ponikowski P et al.: 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. European Heart Journal 2016; 37, 2129-2200 2 Reddy YNV et al.: A simple, evidence-based approach to help guide diagnosis of heart failure with preserved ejection fraction. Circulation 2018; 138, 86170 3 Lourenço AP et al.: An integrative translational approach to study heart failure with preserved ejection fraction: a position paper from the Working Group on Myocardial Function of the European Society of Cardiology. Eur J Heart Fail 2018; 20 216-27
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