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Therapie von Vorhofflimmern und ventrikulären Tachykardien

<p class="article-intro">In der Sitzung mit dem Thema „Personalisierte Medizin versus ‚one size fits all‘“ ging es im Allgemeinen darum, ob sich unser medizinisches Handeln weitgehend an den uns von den Fachgesellschaften vorgegebenen Behandlungsrichtlinien orientieren sollte oder ob wir eher eine personalisierte, auf den individuellen Gegebenheiten jedes Patienten und seinen Komorbiditäten basierte Therapie durchführen sollten. Es stellt sich für uns die Frage: Was akzeptieren und wen behandeln?</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Wie in vielen Disziplinen der inneren Medizin kann auch in der Kardiologie und speziell in der Rhythmologie nicht jede Entscheidung auf der Basis vorgegebener Behandlungspfade getroffen werden.</li> <li>Prinzipiell gilt: Wenn es um die Prognose und damit um die Gef&auml;hrdung von Patien&shy;ten geht, ist meist eine strikte Adh&auml;renz an geltende Guidelines empfehlenswert.</li> <li>Wenn es um die Symptomatik geht, ist eine individualisierte Therapie akzeptabel und meist auch gerechtfertigt.</li> </ul> </div> <p>Im Speziellen war also zu kl&auml;ren, wie die Therapieentscheidung bei zwei h&auml;ufigen rhythmologischen Problemen ausfallen sollte. Grundlage f&uuml;r diese Entscheidung bilden die beiden wichtigsten Therapieziele jedes medizinischen Handelns: 1. eine Verbesserung der Prognose zu erreichen, also ein l&auml;ngeres Leben zu erm&ouml;glichen, indem gef&auml;hr&shy;liche Situationen verhindert werden, oder 2. eine Verbesserung der Symptomatik zu erreichen, also ein besseres Leben zu erm&ouml;glichen (Tab. 1). Wenn eine Handlung zur Verbesserung der Symptomatik &uuml;berlegt wird, muss der subjektive Leidensdruck des Patienten in Relation gesetzt werden zu der Erfolgsaussicht und den Komplikationen einer Therapie. Im Folgenden soll sowohl f&uuml;r Vorhofflimmern als auch f&uuml;r ventrikul&auml;re Rhythmusst&ouml;rungen dargelegt werden, was akzeptiert werden kann und was oder wer behandelt werden sollte.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite39.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Vorhofflimmern und Schlaganfall: &shy;behandeln</h2> <p>Die wesentliche Bedrohung bei Patienten mit Vorhofflimmern stellt der embolische Schlaganfall dar. Das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, h&auml;ngt wesentlich vom Alter des Patienten und von Komorbidit&auml;ten ab, was im CHA<sub>2</sub>DS<sub>2</sub>-VASc-Score abgebildet ist (Abb. 1). Nachdem der Schlaganfall ein bedrohliches Ereignis darstellt, ist ab einem CHA<sub>2</sub>DS<sub>2</sub>-VASc-Score von 2 eine absolute Indikation zur Behandlung gegeben: eine lebenslange, effektive orale Antikoagulation. Nach derzeitigem Wissensstand gibt es f&uuml;r diese Empfehlung auch keine &bdquo;personalisierten&ldquo; Ausnahmen: Gerade alte Patienten, auch mit Sturzrisiko, profitieren von der Antikoagulation. Auch eine effektive Ablationsbehandlung ist derzeit noch kein Grund, bei entsprechendem CHA<sub>2</sub>DS<sub>2</sub>-VASc-Score die Antikoagulation abzusetzen. Vielleicht k&ouml;nnen zuk&uuml;nftige Studien zeigen, dass das unter bestimmten Umst&auml;nden m&ouml;glich ist (Ausschluss auch asymptomatischer Vorhofflimmerepisoden mittels implantierbaren Loop-Rekorders).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite40_1.jpg" alt="" width="367" height="426" /></p> <h2>Vorhofflimmern und Frequenzkontrolle: behandeln</h2> <p>Bei Patienten mit persistierendem oder permanentem Vorhofflimmern ist vor allem eine tachykarde &Uuml;berleitung auf die Kammern verantwortlich f&uuml;r die Symptomatik (Einschr&auml;nkung der k&ouml;rperlichen Belastbarkeit und Palpitationen) und auch f&uuml;r die Prognose (Entwicklung einer Herzinsuffizienz). Somit ist die Frequenzkontrolle, ideal mit einem Betablocker, au&szlig;er Diskussion. Die Frage, wie strikt die Herzfrequenz in Ruhe und unter Belastung kontrolliert sein muss, wird in verschiedenen Studien unterschiedlich beantwortet.</p> <h2>Vorhofflimmern und Rhythmuskontrolle: personalisiert</h2> <p>In der vor mehr als 10 Jahren publizierten AFFIRM-Studie konnte durch den Versuch der Rhythmuskontrolle mittels antiarrhythmischer Medikamente keine Verbesserung der Prognose erreicht werden. Somit gilt bis auf Weiteres die Empfehlung, dass die Entscheidung zur Rhythmuskontrolle wesentlich (ausschlie&szlig;lich) vom Leidensdruck des Patienten abh&auml;ngig ist. Nat&uuml;rlich m&uuml;ssen weitere wesentliche Informationen in die Entscheidung einbezogen werden: Wie aussichtsreich und wie risikoreich ist die Therapie? Patienten mit normofrequentem Vorhofflimmern, das seit Jahren persistiert, die wenig bis keine Beschwerden haben, wird man aufgrund der niedrigeren Erfolgsaussicht einer antiarrhythmischen oder ablativen Therapie eher einen konservativen Weg empfehlen. Patienten mit h&auml;ufigen, symptomatischen Vorhofflimmerepisoden (Abb. 2) haben zumeist einen hohen Leidensdruck; durch die hohe Trigger-Aktivit&auml;t in den Lungenvenen ist die Erfolgsaussicht einer Katheter&shy;ablation (Pulmonalvenenisolation) h&ouml;her und damit der Eingriff auch bei bestehendem Komplikationsrisiko auf jeden Fall zu rechtfertigen. Dass die Ablation die Symptomatik der Patienten viel mehr verbessert als die Therapie mit Antiarrhythmika, konnte in vielen Studien gezeigt werden.<br /> Ob die Katheterablation bei Patienten mit Vorhofflimmern die Prognose verbessert, kann derzeit noch nicht beantwortet werden. Die CABANA-Studie hat sich die Beantwortung genau dieser Frage zum Ziel gesetzt. Mehr als 2.000 Patienten aus mehr als 100 Zentren werden randomisiert in einen Arm mit Frequenzkontrolle, einen Arm mit Rhythmuskontrolle mittels Antiarrhythmika und einen Arm mit Katheterablation. Die Ergebnisse der Studie werden fr&uuml;hestens 2018 vorgestellt werden. Sollte, wie viele interventionelle Elektrophysiologen hoffen, die Ablation tats&auml;chlich die Prognose verbessern, wird das weitreichende Auswirkungen auf die Kapazit&auml;ten unserer Katheterlabore haben.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite40_2.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Ventrikul&auml;re Tachykardien bei struktureller Herzerkrankung: (be-)handeln</h2> <p>Patienten mit struktureller Herzerkrankung (isch&auml;mische Kardiomyopathie, dilatative Kardiomyopathie) und dokumentierter ventrikul&auml;rer Tachykardie (bereits eine Salve mit 3 breiten Kammerkomplexen und einer Frequenz &gt;100/min ist als solche definiert) haben ein betr&auml;chtliches Risiko, einen pl&ouml;tzlichen Herztod zu erleiden. Bei entsprechender Klinik (Herzinsuffizienz) und reduzierter Linksventrikelfunktion (Auswurffraktion &lt;30&ndash;35 % ) ist daher die Indikation zur ICD-Implantation gegeben. Antiarrhythmika kommen hier nicht zum Einsatz: Kein Medikament au&szlig;er Betablockern ist geeignet, um das Risiko des pl&ouml;tzlichen Herztodes zu reduzieren.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite40_3.jpg" alt="" width="474" height="423" /></p> <h2>Ventrikul&auml;re Arrhythmien ohne strukturelle Herzerkrankung: personalisiert</h2> <p>In den ESC-Guidelines 2015 &uuml;ber das Management von ventrikul&auml;ren Arrhythmien nehmen Patienten ohne strukturelle Herzerkrankung einen breiten Raum ein. Prinzipiell gilt: Wenn kein Hinweis auf eine strukturelle Herzerkrankung besteht, ist die Prognose g&uuml;nstig und die Strategie im Wesentlichen vom Leidensdruck des Patienten abh&auml;ngig. Auch wenn eine ventrikul&auml;re Arrhythmie als Bigeminus auftritt (Abb. 3) und 20 % der Kammerkomplexe im Holter ventrikul&auml;re Extrasystolen sind: Solange der Patient beschwerdefrei ist und solange keine Einschr&auml;nkung der Linksventrikelfunktion besteht (wenn mehr als 30 % der Kammerkomplexe im Holter ventrikul&auml;re Extrasystolen sind, muss damit gerechnet werden), ist die Prognose g&uuml;nstig und die Therapie vom Leidensdruck abh&auml;ngig. Im konkreten Fall war der Patient symptomatisch, Propafenon war ineffektiv, die Ektopie konnte im rechtskoronaren Aortenklappensegel lokalisiert und erfolgreich ablatiert werden. W&auml;re der Patient asymptomatisch, spr&auml;che nichts gegen ein konservatives Vorgehen unter regelm&auml;&szlig;iger klinischer und echokardiografischer Kontrolle. Auch wenn die elektrokardiografische und die klinische Pr&auml;sentation einer isch&auml;mischen und einer faszikul&auml;ren Tachykardie &auml;hnlich sein k&ouml;nnen (Abb. 4): Im Falle der isch&auml;mischen VT ist die Indikation zur ICD-Implantation gegeben, im Falle der faszikul&auml;ren Tachykardie entscheidet die Klinik &uuml;ber die weitere Strategie (konkret konnte eine erfolgreiche Ablation durchgef&uuml;hrt werden).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2016_Jatros_Kardio_1603_Weblinks_Seite41.jpg" alt="" width="" height="" /></p> <h2>Ventrikul&auml;re Arrhythmien und Ionen&shy;kanalerkrankungen: personalisiert</h2> <p>Auch die Strategie bei Patienten mit Ionenkanalerkrankungen (langes QT-Syndrom, Brugada-Syndrom, &bdquo;early repolarization&ldquo;, &bdquo;short QT syndrome&ldquo;) wird in den Guidelines von 2015 detailliert er&ouml;rtert. Gerade seltene Erkrankungen mit unterschiedlicher Prognose lassen sich mit einer &bdquo;One size fits all&ldquo;-Strategie nur unzureichend abbilden, sodass zumeist eine personalisierte Strategie eingeschlagen werden muss.</p></p>
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