Basalinsuline zur Injektion 1x pro Woche
Bericht:
Reno Barth
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Mit Insulin Icodec ist das erste Basalinsulin zur einmal wöchentlich zu verabreichenden Injektion in Europa zugelassen. Mit Insulin Efsitora hat ein zweites Langzeitinsulin eine Phase-III-Studie erfolgreich durchlaufen. Auf dem EASD-Kongress 2024 wurden aktuelle Daten und Auswertungender klinischen Studien zu diesen beiden Insulinen vorgestellt.
Keypoints
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Basalinsuline zur Applikation einmal wöchentlich sind bereits zugelassen bzw. stehen kurz vor der Zulassung.
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In der Indikation Typ-2-Diabetes zeigen die einmalwöchentlichverabreichten Insuline keine Nachteile im Vergleich zu täglichen Injektionen.
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In der Indikation Typ-1-Diabetes ist das Hypoglykämierisiko mit den wöchentlichen Insulinen etwas erhöht – was eine Folge noch nicht ausreichend etablierter Titrationsschemata sein könnte.
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Es besteht die Hoffnung, dass seltenere Injektionen beieiner Insulintherapie bei Menschen mit Typ-2-Diabetes die schlechte Adhärenz verbessern könnte.
Seit der Zulassung tierischer Insuline in den 1920er-Jahren hat sich die Insulintherapie über rund 60 Jahre kontinuierlich und langsam entwickelt. Seit der Zulassung der ersten rekombinanten Humaninsuline um das Jahr 1990 gab es in immer kürzeren Zeitabständen zahlreiche Insulinoptionen. Neben sehr schnell anflutenden Insulinanaloga werden zunehmend auch Basalinsuline für größere Spritzabstände entwickelt. Mit dem bereits zugelassenen Insulin Icodec und dem vor der Zulassung stehenden Insulin Efsitora könnten nun Insuline zur Injektion einmal wöchentlich den diabetologischen Alltag verändern. „Diese beiden Moleküle waren die einzigen Kandidaten aus einem großen Pool, die die vorklinische und klinische Entwicklung erfolgreich durchlaufen haben“, so Dr. Stefano Del Prato, School of Medicine und Chef der Section Diabetes, Universität Pisa, Italien. Es besteht ein hoher Bedarf an Insulinen mit langen Spritzabständen. So zeigen Studiendaten, dass rund 30% der Patienten mit Typ-2-Diabetes (T2D), die ein Basalinsulin benötigen, diese Therapie verweigern.1 Wird eine Insulintherapie begonnen, ist die Adhärenz eingeschränktund HbA1c-Ziele werden zu selten erreicht.2,3 Insulin Icodec und Insulin Efsitora wurden in den umfangreichen Phase-III-Studienprogrammen ONWARDS und QWINT sowohl in Typ-1-Diabetes(T1D)- als auch in Typ-2-Diabetes(T2D)-Populationen untersucht.
Phase-III-Studiendaten zu Insulin Efsitora bei Typ-2-Diabetes
Das Phase-III-Studienprogramm QWINT untersucht die Wirksamkeit und Sicherheit von Efsitora in T1D- wie auch in T2D-Populationen. Die T2D-Daten (QWINT-2) präsentierte Dr. Carol Wysham, MultiCare Rockwood Center for Diabetes and Endocrinology, Spokane, USA. Verglichen wurden Wirksamkeit und Sicherheit von Efsitora (1x wöchentlich) und Insulin Degludec (1x täglich) in einer Population von Patienten, die zuvor nie mit Insulin behandelt worden waren und unter mehreren oralen Antidiabetika ihre glykämischen Ziele nicht erreichten. Insgesamt wurden 928 Teilnehmer randomisiert mit Efsitora (n=466) oder Degludec (n=462) behandelt. Primärer Endpunkt der „Non-inferiority“-Studie war die Veränderung des HbA1c vom Ausgangswert bis zur 52. Woche. Zu den sekundären und sicherheitsrelevanten Endpunkten gehörten die Veränderung des HbA1c in den Subgruppen der Patienten, die GLP-1-Rezeptor-Agonisten (GLP-1-RA) einnahmen bzw. nicht einnahmen, die „time in range“ (TIR) in den Wochen 48 bis 52 sowie hypoglykämische Episoden.
Die Studie zeigte die Nichtunterlegenheit von Efsitora, da der mittlere HbA1c-Wert in der Efsitora-Gruppe von 8,21% zu Studienbeginn auf 6,97% (absolute Veränderung 1,26%) in Woche 52 undmit Degludec von 8,24% auf 7,05% (absolute Veränderung 1,17%) sank (Abb. 1).4 Die Anwendung von GLP-1-RA hatte keinen Einfluss auf dieses Ergebnis. In beiden Gruppen war Efsitora im Vergleich zu Degludec nicht unterlegen. Der Prozentsatz der Zeit, in der der Glukosespiegel innerhalb des Zielbereichs lag, betrug 64,3% unter Efsitora und 61,2% unter Degludec, womit sich auch im Hinblick auf diesen Endpunkt kein statistisch signifikanter Unterschied ergab. Hinsichtlich Nebenwirkungen und Hypoglykämien traten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen auf. Unter Degludec kam es zu sechs schweren Hypoglykämien, unter Efsitora zu keiner einzigen.4
Abb. 1: Vergleichbare Wirkung von Efsitora und Degludec auf HbA1c (nach Wysham C et al. 2024)4
Wysham weist insbesondere auf die Ergebnisse in der Gruppe mit GLP-1-RA hin. Da diese Substanzen immer häufiger und immer früher im Krankheitsverlauf eingesetzt werden, sei es wichtig, dass sie problemlos mit einmal wöchentlich verabreichtem Basalinsulin kombiniert werden können, ohne damit das Risiko von Hypoglykämien zu erhöhen.
Phase-III-Studiendaten zu Insulin Efsitora bei Typ-1-Diabetes
Phase-III-Daten wurden ebenso zum Einsatz von Efsitora in der Indikation Typ-1-Diabetes präsentiert. In QWINT-5 wurden Personen mit Typ-1-Diabetes eingeschlossen, die unter ihrer laufenden Therapie einen HbA1c-Wert zwischen 7 und 10% aufwiesen. Diese erhielten randomisiert entweder Efsitora (1x wöchentlich) oder Insulin Degludec (1x täglich) als Basalinsulin plus Insulin Lispro als Mahlzeiteninsulin.
„Zum Verständnis der Ergebnisse der Studien und der daraus resultierenden Fragen ist ein Blick auf die Resultate der Phase-II-Studie von Bedeutung“, so Prof. Dr. Richard Bergenstal, Universität von Minnesota, USA. Diese hatte im Vergleich zu Insulin Degludec die Nichtunterlegenheit von Insulin Efsitora sowohl auf die Senkung des HbA1c als auch auf das Hypoglykämierisiko gezeigt. Allerdings waren sowohl HbA1c als auch Nüchternglukose in der Efsitora-Gruppe höher als in der Degludec-Gruppe, und das insbesondere in den ersten Behandlungswochen.5 „Durch die Anpassung des Dosierungsschemas versucht man daher in der Phase-III-Studie bessere glykämische Kontrolle zu erreichen“, so Bergenstal, und dies gelang auch tatsächlich. In der Phase-III-Studie wurden in der Efsitora- und der Degludec-Gruppe praktisch idente Senkungen des HbA1c beobachtet, allerdings um den Preis vermehrter Hypoglykämien, die vor allem in den ersten Behandlungswochen auftraten. Im weiteren Verlauf unterschieden sich die Hypoglykämieraten zwischen den Gruppen nicht mehr.6 Bergenstal weist darauf hin, dass dies mit der aggressiveren Titration zu tun haben könnte, zumal CGM-Daten zeigen, dass in der Efsitora-Gruppe die Nüchternglukose in den ersten Behandlungswochen niedriger war als unter Degludec. „Es scheint, dass die Patienten in der Efsitora-Gruppe in der initialen Phase der Studie zu viel Insulin bekommen haben“, so der Experte. Die Dosierung von Efsitora in der Indikation T1D müsse folglich weiter evaluiert und optimiert werden.
Insulin Icodec: keine vermehrten Hypoglykämien bei Belastung
Praxistipp
Die Gabe eines Basalinsulins einmal wöchentlich könnte zukünftig die Therapieadhärenz von Menschen mit Typ-2-Diabetes im Vergleich zu täglichen Insulininjektionen verbessern.Die Zulassung von Insulin Icodec in der Indikation T2D basiert auf den Ergebnissen der Phase-IIIa-Studie ONWARDS-5, in der sich Icodec (1xwöchentlich) im Vergleich zu Insulinanaloga zur täglichen Injektion als überlegen sowohl im Hinblick auf die glykämische Kontrolle als auch auf die „patient-reported outcomes“ erwies.7 In der Indikation T1D wurde Icodec in ONWARDS-6 untersucht, wobei sich im Vergleich zu einmal täglich Insulin Nichtunterlegenheit hinsichtlich des HbA1c zeigte, Hypoglykämien allerdings häufiger auftraten.6 Im Rahmen des EASD-Kongresses 2024 in Madrid präsentierte Univ.-Prof. Dr. Harald Sourij, Medizinische Universität Graz, eine Analyse von ONWARDS-6 im Hinblick auf Hypoglykämien bei Anstrengung („exercise-induced hypoglycaemia“). Die Analyse basierte zum einen auf Tagebucheintragungen der Patienten, zum anderen auf Patientenangaben zur körperlichen Aktivität bei Beginn der Behandlung. Die Auswertung zeigte hinsichtlich des Auftretens von Hypoglykämien keine Unterschiede zwischen Icodec und Insulin Degludec. Die Hypoglykämieraten in beiden Gruppen waren unabhängig vom angegebenen Ausmaß körperlicher Aktivität vergleichbar.8
Analysen der Studien ONWARDS-1–5 liefern das gleiche Ergebnis für den Einsatz von Icodec bei Typ-2-Diabetes. In dieser Indikation kam es insgesamt so selten zu klinisch signifikanten oder schweren Hypoglykämien bei Anstrengung, dass sich die statistische Auswertung der Daten schwierig gestaltete, wie die Autoren dieser Arbeit betonen.9
Quelle:
„Introduction to once-weekly insulins“, Vortrag von Dr. Stefano del Prato; „Efficacy and safety of Efsitora as a weekly basal insulin compared to Insulin degludec in insulin-naïve adults with type 2 diabetes (QWINT-2)“, Vortrag von Dr. Carol Wysham; „Efficacy and safety of insulin Efsitora alfa as a weekly basal Insulin compared with insulin degludec in participants with type 1 diabetes treated with multiple daily injection therapy (QWINT-5)“, Vortrag von Dr. Richard Bergenstal; „No evidence of increased physical activity-related hypoglycaemia with once-weekly insulin icodec vs once-daily basal insulin in type 1 diabetes: ONWARDS 6“, Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Harald Sourij; präsentiert im Rahmen des EASD-Kongress am 10.September 2024 in Madrid
Literatur:
1 Hosomura N et al.: Decline of insulin therapy and delays in insulin initiation in people with uncontrolled diabetes mellitus. Diabet Med 2017; 34(11): 1599-1602 2 Peyrot M et al.: Insulin adherence behaviours and barriers in the multinational global attitudes of patients and physicians in Insulin therapy study. Diabet Med 2012; 29(5): 682-9 3 Blonde L et al.: Probability of achieving glycemic control with basal Insulin in patients with type 2 diabetes in real-world practice in the USA. Diabetes Ther 2018; 9(3): 1347-58 4 Wysham C et al.: Insulin Efsitora versus Degludec in type 2 diabetes without previous Insulin treatment. N Engl J Med 2024: doi: 10.1056/NEJMoa2403953 5 Kazda CM et al.: Novel once-weekly basal Insulin Fc achieved similar glycemic control with a safety profile comparable to Insulin Degludec in patients with type 1 diabetes. Diabetes Care 2023; 46(5): 1052-9 6 Bergenstal RM et al.: Once-weekly Insulin Efsitora alfa versus once-daily Insulin Degludec in adults with type 1 diabetes (QWINT-5): a phase 3 randomised non-inferiority trial. Lancet 2024; 404(10458): 1132-42 7 Bajaj HS et al.: Once-weekly Insulin Icodec compared with daily basal Insulin analogues in type 2 diabetes: participant-level meta-analysis of the ONWARDS 1-5 trials. Diabetes Obes Metab 2024; 26(9): 3810-20 8 Russell-Jones D et al.: Once-weekly Insulin Icodec versus once-daily Insulin Degludec as part of a basal-bolus regimen in individuals with type 1 diabetes (ONWARDS 6): a phase 3a, randomised, open-label, treat-to-target trial. Lancet 2023; 402(10413): 1636-47 9 Sourij H et al.: No evidence of increased physical activity-related hypoglycaemia with once-weekly Insulin Icodec vs once-daily basal Insulin in type 1 diabetes: ONWARDS 6. präsentiert am EASD-Kongress 2024: Abstract No.9
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