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Flüssigkeitstherapie mittels NaCl 0,9% – it’s time to say goodbye
Leading Opinions
Autor:
Dr. med. Alexander Kaserer
Institut für Anästhesiologie, <br>Universitätsspital Zürich
Autor:
PD Dr. med. Alain Rudiger
Institut für Anästhesiologie, <br>Universitätsspital Zürich
30
Min. Lesezeit
01.11.2018
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<p class="article-content"><p>Obwohl die Flüssigkeitstherapie eine altbekannte medizinische Behandlung darstellt, wird die optimale Volumensubstitution nach wie vor heiss diskutiert. Lag der Fokus bis vor einiger Zeit noch beim Vergleich von kristalloiden mit kolloidalen Infusionslösungen, hat sich dieser nun zum Vergleich verschiedener Kristalloidlösungen hin verlagert. Die gebräuchlichsten Kristalloidlösungen im klinischen Alltag sind balancierte Vollelektrolytlösungen (z.B.: Ringer-Acetat-Malat oder Ringer-Laktat) sowie die physiologische Kochsalzlösung NaCl 0,9 % . Dabei ist NaCl 0,9 % nach wie vor das am meisten verabreichte Kristalloid, obwohl dessen Anwendung schon länger mit hyperchlorämer metabolischer Azidose, Kaliumanstieg, Nierenschädigungen bis hin zur Dialyse und Erhöhung der Mortalität assoziiert wurde.<sup>1–3</sup> Aufgrund physiologischer Überlegungen sowie der Ergebnisse erster Übersichtsarbeiten postulierte man für die balancierten Elektrolytlösungen ein günstigeres Nebenwirkungsprofil. Seit Längerem wird nun diskutiert, ob balancierte Elektrolytlösungen dem reinen NaCl 0,9 % bezüglich des Outcomes überlegen sind. Zwei prospektive Pilotstudien konnten zwar keinen Unterschied zwischen NaCl 0,9 % und balancierten Lösungen beweisen, was nicht zuletzt auf die mangelnde Power dieser Studien zurückzuführen war.<sup>4, 5</sup> <br />In den beiden oben zusammengefassten grossen, prospektiv randomisierten Studien SMART<sup>6</sup> mit kritisch kranken Intensivpatienten und SALT-ED<sup>7</sup> mit nicht kritisch kranken Patienten in der Notaufnahme war die Inzidenz von persistierenden Nierenfunktionsstörungen sowie einer neuen Nierenersatztherapie jeweils in der Gruppe mit der balancierten Elektrolytlösungen signifikant niedriger als in der Gruppe mit NaCl 0,9 % . Intensivpatienten wiesen zudem eine signifikant geringere Mortalität auf, wenn sie mit balancierten Elektrolytlösungen anstatt mit NaCl 0,9 % behandelt wurden, und dies bereits bei einem Infusionsvolumen von 1000ml. Der absolute Unterschied im primären Outcome der SMART-Studie (persistierende Nierenfunktionsstörung, neue Nierenersatztherapie oder Tod bei Intensivpatienten) scheint mit 1,1 % auf den ersten Blick klein zu sein. Hochgerechnet auf die geschätzten 5 Millionen Patienten, die weltweit pro Jahr auf einer Intensivstation behandelt werden, ergibt sich daraus aber eine beträchtliche Anzahl an Patienten, die vor einer der oben genannten Komplikationen bewahrt werden können, wenn man ihnen anstelle von NaCl 0,9 % eine balancierte Elektrolytlösung verabreicht. Anders formuliert: Allein durch den Wechsel von NaCl 0,9 % auf balancierte Elektrolytlösungen als Flüssigkeitstherapie kann bei einem von 94 Intensivpatienten eine persistierende Nierenschädigung, eine neue Nierenersatztherapie oder der Tod vermieden werden. <br />Die Medikamentenkommission des Universitätsspitals Zürich hat auf Basis dieser Daten und aufgrund von Qualitäts-, Sicherheits- und auch versicherungsrechtlichen Überlegungen beschlossen, per 1. Dezember 2018 im gesamten USZ NaCl 0,9 % als Grundinfusion zu streichen und stattdessen durch das balancierte und bereits im Haus etablierte Ringer-Acetat-Malat (Ringerfundin<sup>®</sup>, Braun) zu ersetzen. Es ist somit Zeit, umzudenken und dem NaCl 0,9 % als Flüssigkeitstherapie Lebewohl zu sagen.<br /><br /> Dr. med. Alexander Kaserer, PD Dr. med. Alain Rudiger <br /><em>Institut für Anästhesiologie, Universitätsspital Zürich</em></p></p>
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<p><strong>1</strong> Raghunathan K et al.: Association between the choice of IV crystalloid and in-hospital mortality among critically ill adults with sepsis. Crit Care Med 2014; 42: 1585-9 <strong>2</strong> Yunos NM et al.: Association between a chlorideliberal vs chloride-restrictive intravenous fluid administration strategy and kidney injury in critically ill adults. JAMA 2012; 308: 1566-72 <strong>3</strong> Yunos NM et al.: The biochemical effects of restricting chloride-rich fluids in intensive care. Crit Care Med 2011; 39: 2419-24 <strong>4</strong> Young P et al.: Effect of a buffered crystalloid solution vs saline on acute kidney injury among patients in the intensive care unit: the SPLIT randomized clinical trial. JAMA 2015; 314: 1701-10 <strong>5</strong> Semler MW et al.: Balanced crystalloids versus saline in the intensive care unit: the SALT randomized trial. Am J Respir Crit Care Med 2017; 195: 1362-72 <strong>6</strong> Semler MW et al.: Balanced crystalloids versus saline in critically ill adults. N Engl J Med 2018; 378: 829-39<strong> 7</strong> Self WH et al.: Balanced crystalloids versus saline in noncritically ill adults. N Engl J Med 2018; 378: 819-28</p>
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