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Akutes Nierenversagen

Wenn die Niere auf einmal nicht mehr mitmacht

<p class="article-intro">Ein akutes Nierenversagen ist keine banale Geschichte. Jeder Vierte mit vorbestehender chronischer Niereninsuffizienz bleibt dauerhaft an der Dialyse, und die Betroffenen haben ein erhöhtes Sterberisiko. Prof. Dr. med. Thomas Fehr, Chefarzt Innere Medizin am Kantonsspital Graubünden, erklärte am Update Refresher in Zürich, wie man der Ursache auf die Spur kommt und wie man vorbeugen kann.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Gem&auml;ss AKIN/KDIGO-Kriterien liegt eine akute Niereninsuffizienz (ANI) vor, wenn das Kreatinin absolut um 0,3mg/dl oder prozentual um das 1,5-Fache des Ausgangswertes angestiegen ist oder wenn der Patient &uuml;ber mehr als sechs Stunden weniger als 0,5ml/kg KG Urin pro Stunde ausscheidet. Man unterscheidet pr&auml;-, intra- und postrenale Ursachen. In 50 % der F&auml;lle entwickelt sich die ANI wegen einer akuten Tubulusnekrose, am zweith&auml;ufigsten sind pr&auml;renale Ursachen (Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1702_Weblinks_s70_tab1.jpg" alt="" width="1449" height="646" /></p> <h2>Untersuchungen je nach Verdachtsdiagnose</h2> <p>&laquo;Mit einer sorgf&auml;ltigen Anamnese kann man schon einiges herausfinden&raquo;, sagte Fehr. &laquo;Dann muss man gezielt die richtigen Untersuchungen anordnen.&raquo; Eine pr&auml;renale Ursache ist sehr wahrscheinlich, wenn eine orthostatische Hypotonie und eine Tachykardie vorliegen, die Halsvenen im Liegen leer sind und der Hautturgor vermindert ist. In diesen F&auml;llen hilft die Laboruntersuchung: Die glomerul&auml;re Filtrationsrate (GFR) f&auml;llt ab, Harnstoff steigt mehr an als Kreatinin, H&auml;matokrit und Albumin steigen an und die fraktionelle Natrium-Exkretion betr&auml;gt weniger als 1 % .<br /> Denkt man eher an eine intrarenale Ursache, etwa an Erkrankungen der kleinen Blutgef&auml;sse in der Niere oder an eine medikamenteninduzierte Tubulusnekrose, ist es am wichtigsten, Sediment und Proteine im Urin zu bestimmen und in unklaren F&auml;llen eine Nierenbiopsie zu machen. Welche Laboruntersuchungen durchgef&uuml;hrt werden sollten, h&auml;ngt von der vermuteten Ursache ab (Tab. 2). Leidet der Patient beispielsweise an einem Myelom, sind ein Blutbild sowie die Bestimmung von Elektrolyten (Kalium, Kalzium, Phosphat) und Leichtketten wichtig. Sediment- und Proteinbestimmungen im Urin (Tab. 3 und 4) helfen bei der Unterscheidung zwischen glomerul&auml;rer und tubulointerstitieller Ursache.<br /> Vergleichsweise einfach ist die Diagnose bei Verdacht auf postrenale akute Niereninsuffizienz, etwa durch eine vergr&ouml;sserte Prostata oder ein Karzinom. Hier ist die Sonografie die Untersuchung der Wahl. &laquo;Die Sensitivit&auml;t, eine Hydronephrose zu entdecken, ist sehr hoch&raquo;, sagte Fehr. &laquo;Allerdings muss man beachten, dass in den ersten 24 Stunden im Schall meist noch nichts zu sehen ist &ndash; es dauert eine gewisse Zeit, bis die Stauung im Nierenbeckenkelchsystem erkennbar wird.&raquo; Findet man weder eine pr&auml;renale noch eine postrenale Ursache und liegt keine eindeutige akute tubul&auml;re Nekrose vor, empfiehlt der Nephrologe eine Nierenbiopsie.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1702_Weblinks_s70_tab2.jpg" alt="" width="1445" height="1296" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1702_Weblinks_s70_tab3.jpg" alt="" width="1443" height="769" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1702_Weblinks_s70_tab4.jpg" alt="" width="1441" height="809" /></p> <h2>Nierensch&auml;den vermeiden!</h2> <p>Das A und O sei, Patienten mit einem hohen Risiko f&uuml;r eine akute Niereninsuffizienz fr&uuml;hzeitig zu erkennen: etwa Patienten mit Diabetes oder chronischen Krankheiten von Herz, Lunge oder Leber, mit Traumata, zirkulatorischem Schock oder Sepsis oder solche, die nephrotoxische Medikamente nahmen resp. nehmen. &laquo;Man kann eine akute Nierenschw&auml;che in vielen F&auml;llen vermeiden&raquo;, sagte Fehr. Das heisst: nephrotoxische Medikamente bei Risikopatienten vermeiden bzw. absetzen, f&uuml;r ausreichend Volumen und intravasalen Druck sorgen, Alternativen f&uuml;r jodhaltige R&ouml;ntgenkontrastmittel &uuml;berlegen, Kreatinin und Urinmenge &uuml;berwachen.<br /> Eine Nierenersatztherapie ist indiziert bei oligurischem akutem Nierenversagen, bei schwerer Ur&auml;mie oder schweren Elektrolytentgleisungen. &laquo;Ich m&ouml;chte Sie aber daf&uuml;r sensibilisieren, dass es gar nicht so weit kommt&raquo;, sagte Fehr. &laquo;Ein akutes Nierenversagen ist keine harmlose Geschichte. &raquo; So wird jeder vierte Patient mit vorbestehender chronischer Niereninsuffizienz dialysepflichtig bleiben, und die Betroffenen haben ein 2,5-fach erh&ouml;htes Risiko zu sterben.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Update Refresher Innere Medizin, 22. 11. 2016, Zürich </p>
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