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Empfundene Stigmatisierung wirkt auf Behinderungsrisiko

Stigmatisierung betrifft fast ein Drittel aller Migränepatient:innen

Menschen mit Migräne fühlen sich häufig stigmatisiert. Das bestätigt auch eine aktuelle bevölkerungsbasierte Querschnittsbeobachtungsstudie bei fast 60000 Personen aus den USA.

Die Studie zeigt auch: Je höher das wahrgenommene Stigma, desto ausgeprägter sind die Behinderung durch die Erkrankung und die subjektive Krankheitslast. Die Lebensqualität nimmt ab, und all das unabhängig von der Zahl der monatlichen Kopfschmerztage.

In der OVERCOME-Studie („ObserVational survey of the Epidemiology, tReatment and Care Of MigrainE“), einer web-basierten Studie mit 59001 US-Bürgern und -Bürgerinnen mit Migräne,1 erfassten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit dem eigens für die Studie entwickelten und validierten Fragebogen MiRS („Migraine-Related Stigma“) die subjektiv wahrgenommene Häufigkeit zweier wichtiger Ausprägungen von Stigma. Diese korrelierten sie mit der jeweiligen krankheitsbedingten Behinderung, der Krankheitslast zwischen Migräneanfällen und der migränespezifischen Lebensqualität. Dabei berücksichtigten sie neben soziodemografischen Faktoren auch die Zahl der monatlichen Migränetage.

MiRS erfragt insgesamt zwölf Merkmale. Acht beziehen sich auf den Eindruck der Befragten, dass andere glaubten, die Betroffenen hätten durch die Migräne einen sekundären Krankheitsgewinn. Beispielsweise würden sie sich so mehr Aufmerksamkeit verschaffen oder entzögen sich ihren Verantwortlichkeiten, sei es bei der Arbeit, in der Familie oder im Sozialleben. Vier Punkte erfassen, dass andere in der Wahrnehmung der Betroffenen die Krankheitslast unterschätzen oder bagatellisieren.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren durchschnittlich 41,3 Jahre alt, 74,9 % waren weiblich. 41,1 % berichteten über mindestens vier Kopfschmerztage pro Monat. Häufig oder sehr häufig mit Stigma konfrontiert fühlten sich 31,7%. Bei weniger als vier monatlichen Kopfschmerztagen waren es 25,5% und bei mindestens 15 Kopfschmerztagen 47,5 %. Verglichen mit den Betroffenen, die sich niemals stigmatisiert fühlten, hatten alle mit Stigma eine deutlich höhere Behinderung beim „Migraine Disability Assessment“ (MIDAS). In der Gruppe mit dem höchsten Stigma war das Behinderungsrisiko mehr als verdoppelt. Auch bei den beiden anderen Outcomes – der mit der „Migraine Interictal Burden Scale-4“ erfassten Krankheitslast im Intervall und der migränespezifischen Lebensqualität – schnitt die Gruppe mit dem höchsten wahrgenommenen Stigma am schlechtesten ab.

Die offenbar negative Rückwirkung auf den Krankheitsverlauf war sowohl bei Migränebetroffenen mit wenigen als auch bei solchen mit vielen Kopfschmerztagen nachweisbar. Die Autorinnen und Autoren werten dies als Hinweis, dass allein die Zahl der Kopfschmerztage die Auswirkungen der Erkrankung nicht vollumfänglich erfasst. Zugleich fordern sie zur Prävention Public-Health-Anstrengungen, um der Stigmatisierung entgegenzuwirken. (red)

Medienmitteilung der DGN vom 26. Jänner 2024

1 Shapiro RE et al.: Migraine-related stigma and its relationship to disability, interictal burden, and quality of life. Neurology 2024; 102 (3): e208074. Epub 2024 Jan 17; https://www.neurology.org/doi/pdf/10.1212/WNL.0000000000208074

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