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Aktuelle Standards in der onkoplastischen Brustchirurgie

<p class="article-intro">Die onkoplastische Chirurgie kombiniert bei Mammakarzinompatientinnen onkologische mit plastisch-rekonstruktiven Operationstechniken. Prof. Dr. med. Walter Paul Weber vom Universitätsspital Basel präsentierte auf der diesjährigen St. Gallen Breast Cancer Conference in Wien die aktuellen Standards in der onkoplastischen Chirurgie. Wir sprachen mit ihm über die Vor- und Nachteile dieser Methode, die derzeitige Situation in der Schweiz und die wichtigsten Aufgaben in der Zukunft.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Welche Vorteile bietet die onkoplastische brusterhaltende Chirurgie (OPS) im Vergleich zur konventionellen Brustchirurgie?</strong></p> <p><strong>W. Weber:</strong> Die onkoplastische Chirurgie verfolgt mehrere Ziele: Zum einen versuchen wir, die &auml;sthetischen Resultate im Vergleich zur konventionellen Technik zu verbessern, in der Hoffnung, dass dies auch die Zufriedenheit und die Lebensqualit&auml;t der Patientinnen steigert. Zum anderen ist bei dieser Methode durch die Entfernung gr&ouml;sserer Volumina eine zweite Operation seltener n&ouml;tig, weil tumorbefallene Schnittr&auml;nder weniger h&auml;ufig auftreten. Ein weiterer Vorteil der OPS ist die M&ouml;glichkeit, auch bei grossen Tumoren eine brusterhaltende Operation durchzuf&uuml;hren. Bisher standen in diesen F&auml;llen nur die Mastektomie oder die neoadjuvante Chemotherapie zur Verf&uuml;gung.<br /> Die &auml;sthetischen Resultate werden mit der onkoplastischen Chirurgie in Bezug auf bessere Symmetrie und sch&ouml;ner gelegene Narben klar erreicht. Dies kann entweder mit einer speziellen Software gemessen oder durch Spezialisten beurteilt werden. Bei der Befragung der betroffenen Patientinnen sind diese Unterschiede allerdings in den bisherigen kleinen Studien noch nicht so klar ausgepr&auml;gt. Deshalb ist hier klinische Forschungsarbeit n&ouml;tig, um die Vorteile der onkoplastischen Chirurgie auch aus der Sicht der Patientinnen zu best&auml;tigen.</p> <p><strong>Welche Nachteile gibt es bei der onkoplastischen Chirurgie?</strong></p> <p><strong>W. Weber:</strong> Die Nachteile sind l&auml;ngere Operationsdauer, gr&ouml;ssere chirurgische Eingriffe und dadurch l&auml;ngere Erholungsdauer der Patientinnen. Ausserdem treten h&auml;ufiger Komplikationen wie Wundinfektionen, Wundheilungsst&ouml;rungen, Hautnekrosen, Bildung von Seromen und Nachblutungen auf.<sup>1</sup> Deshalb muss bei der onkoplastischen Chirurgie immer darauf geachtet werden, dass diese Komplikationen rasch entdeckt werden, um sie dementsprechend zu behandeln. Die Komplikationen sind n&auml;mlich alle gut zu behandeln. Da nach einer Krebsoperation h&auml;ufig noch weitere Therapien folgen, ist es wichtig, dass Komplikationen diese Therapien nicht verz&ouml;gern.</p> <p><strong>Welche Daten gibt es zur onkologischen Sicherheit bei dieser Methode?</strong></p> <p><strong>W. Weber:</strong> Man k&ouml;nnte einerseits annehmen, die Sicherheit w&auml;re bei der onkoplastischen Chirurgie im Vergleich zur konventionellen Brustchirurgie besser, weil gr&ouml;ssere Volumina entfernt werden und seltener ein zweites Mal operiert wird. Durch die h&ouml;here Anzahl an Komplikationen k&ouml;nnte man andererseits meinen, dass die onkologische Sicherheit schlechter sei. Beides ist aber nicht der Fall. Studien haben n&auml;mlich gezeigt, dass die onkologische Sicherheit bei OPS genauso gut wie bei der konventionellen Brustchirurgie ist.<sup>2</sup> Die Rezidivraten sind gleich, sowohl die in der Brust als auch jene in der Achselh&ouml;hle oder an anderen Stellen im K&ouml;rper. Auch die &Uuml;berlebensraten sind gleich (Gesamt&uuml;berleben, rezidivfreies &Uuml;berleben, krankheitsfreies &Uuml;berleben). Man muss aber anmerken, dass es sich hier nur um Observationsstudien handelt und dass es keine randomisierten Studien gibt. In Zukunft wird es auch keine randomisierten Studien geben, weil die Patientinnen nat&uuml;rlich mitentscheiden, mit welcher Methode sie operiert werden wollen.</p> <p><strong>Was sind die wichtigsten Techniken in der onkoplastischen Chirurgie?</strong></p> <p><strong>W. Weber:</strong> Es gibt bereits seit vielen Jahren mehrere Standardtechniken, die im Detail beschrieben sind. Drei Wochen vor der St. Gallen Breast Cancer Conference gab es in Basel die erste Konsensus- Konferenz zur onkoplastischen Chirurgie, die wir organisiert haben. Insgesamt kamen 26 Delegierte der Gesellschaften f&uuml;r Senologie aus der Schweiz, &Ouml;sterreich und Deutschland und einige internationale Experten, alles onkoplastische Chirurgen aus der Gyn&auml;kologie, der allgemeinen und der plastischen Chirurgie. Im Rahmen der Konsensus-Konferenz wurden insgesamt 60 Fragen bearbeitet; eine davon war, ob diese Standardtechniken auch weiterhin empfohlen werden sollen. Das Panel war der Ansicht, dass jede onkoplastische Operation an die einzelne Patientin individuell angepasst werden soll. Wir haben deshalb nur mehr zwei Kategorien vorgeschlagen: die onkoplastische Brustverkleinerung (Reduktionsmammaplastik, Abb. 1) und die onkoplastische Bruststraffung (Mastopexie). Innerhalb dieser beiden Kategorien muss jede Operation an die jeweilige Patientin angepasst werden, und es gibt einige Situationen, in denen Techniken aus beiden Kategorien zur Anwendung kommen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Onko_1703_Weblinks_lo_onko_1703_s15_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="876" /></p> <p><strong>Wie steht es um die Verf&uuml;gbarkeit der onkoplastischen Chirurgie in den verschiedenen Schweizer Spit&auml;lern, aber auch international? Sind entsprechende Experten &uuml;berall verf&uuml;gbar?</strong></p> <p><strong>W. Weber:</strong> Wie vorhin bereits erw&auml;hnt, gibt es die onkoplastischen Techniken schon sehr lange. Diese Techniken wurden aber lange Zeit nur in sehr wenigen, spezialisierten Zentren angeboten, das waren meist 2&ndash;3 Zentren in einem Land. Seit etwa 3&ndash;4 Jahren gibt es einen regelrechten Boom und die Techniken werden vermehrt in der klinischen Routine angewendet. Man kann dies auch an der Vielzahl der Publikationen auf diesem Gebiet in letzter Zeit erkennen. Am Universit&auml;tsspital Basel wurden die onkoplastischen Techniken von Onkochirurgen und plastischen Chirurgen zusammen entwickelt. In der Schweiz werden diese an mehreren Zentren bereits angeboten. Generell kann man sagen, dass Europa hier viel weiter ist als die USA. Die Techniken wurden ja zum Teil in Europa erfunden bzw. entwickelt. In L&auml;ndern wie der Schweiz, &Ouml;sterreich, Deutschland, Italien, Frankreich und England ist die Entwicklung in der onkoplastischen Chirurgie weit vorangeschritten, dementsprechend wird sie dort auch schon an mehreren Zentren angeboten. In manchen L&auml;ndern wie Deutschland und England werden diese Techniken bereits strukturiert im Rahmen der Aus- und Weiterbildung gelehrt.</p> <p><strong>Wie wird die Ausbildung in der onkoplastischen Chirurgie gestaltet und welchen Beitrag leisten Sie dabei?</strong></p> <p><strong>W. Weber:</strong> Bei dem derzeitigen Trend zur onkoplastischen Chirurgie versuchen wir mitzuhelfen, die verschiedenen Aspekte der OPS zu standardisieren. Ein wichtiger Beitrag sind dabei die Ausbildung und die Standardisierung der Operation in den verschiedensten Bereichen. Dabei m&uuml;ssen mehrere Fragen gekl&auml;rt werden: Welche Patientin ist die richtige Patientin f&uuml;r die onkoplastische Chirurgie? Welche onkoplastische Kategorie ist f&uuml;r welche Patientin geeignet? Wie wird die Planung/Durchf&uuml;hrung am besten individualisiert? Und letztendlich: Wie kann man dieses Wissen in der Ausbildung am besten weitergeben? All diese Themen sind jetzt gerade sehr aktuell. Immer mehr Patientinnen wissen, dass es die onkoplastische Chirurgie gibt, sie fragen bei dem behandelnden Arzt danach und &uuml;ben somit einen entsprechenden Druck aus. Deshalb haben sehr viele Spezialisten zurzeit grosses Interesse daran.<br /> Um all diese Standardisierungen zu koordinieren, ist es n&ouml;tig, das Fachwissen aus der ganzen Welt zusammenzutragen. Um uns entsprechend zu vernetzen, haben wir das onkoplastische Brustkonsortium (OPBC) gegr&uuml;ndet.<sup>3</sup> Mithilfe dieser Plattform wollen wir die onkoplastische brusterhaltende Chirurgie neben der konventionellen Brustchirurgie und der Mastektomie als dritten grossen Standard weltweit etablieren, um diese Technik den Patientinnen auf einer breiten Basis anbieten zu k&ouml;nnen.</p> <p><strong>Vielen Dank f&uuml;r das Gespr&auml;ch!</strong></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Haloua MH et al: A systematic review of oncoplastic breast-conserving surgery: current weaknesses and future prospects. Ann Surg 2013; 257(4): 609-20 <strong>2</strong> De La Cruz L et al: Outcomes after oncoplastic breast-conserving surgery in breast cancer patients: a systematic literature review. Ann Surg Oncol 2016; 23(10): 3247-58 <strong>3</strong> www. oncoplasticbc.org</p> </div> </p>
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