Highlights vom ASCO20 Virtual zum kolorektalen Karzinom
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Neben den fachlichen Aspekten gewährte das diesmal rein virtuelle ASCO-Jahres«treffen» in ungewohnter Weise auch Einblicke in persönliche Präferenzen der Redner: So traten manche als «Weisskittel», andere im Anzug vor die Kamera, der Hintergrund der Videos unterschied sich von einer mit Urkunden übersäten Wand über ein schlichtes Büro bis hin zu einem von der ASCO vorgegebenen Hintergrund mit Weltkarte, die Asien ausklammert – gerade bei einer Studie aus Japan bemerkenswert. Aber gerade auch die wissenschaftlichen Daten waren einen zweiten Blick wert.
Keypoints
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Immuntherapie bei dMMR, Cetuximab/Encorafenib bei BRAF-Mutation, Trastuzumab-Deruxtecan bei HER2-Überexpression und 5FU/Panitumumab bei älteren Patienten stellen neue Therapieoptionen bei mKRK-Subgruppen dar.
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In der adjuvanten Therapie des KRK im Stadium III reichen 3 Monate CAPOX (bzw. FOLFOX nur bei Niedrigrisiko) aus.
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Beim lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinom geht der Trend zur totalen neoadjuvanten Therapie.
Metastasiertes kolorektales Karzinom – Therapiefortschritte beidefinierten Subgruppen
Satelliten-instabile KRK, also Tumoren mit einem Defekt der DNA-Mismatch-Reparatur (dMMR), sind mit 15% aller primären KRK nicht selten. Da sie jedoch seltener metastasieren als KRK mit profizienter DNA-MMR (pMMR), machen sie lediglich 5% der metastasierten KRK (mKRK) aus. Diese Tumoren sind hoch immunogen, da sie eine hohe Mutationsfrequenz aufweisen und diese Mutationen häufig zu einem Aminosäureaustausch und somit zur Bildung von Neoantigenen führen. Mehrere Phase-II-Studien hatten bereits die Wirksamkeit von Immuntherapien gezeigt. Thierry André aus Paris stellte nun die Ergebnisse der randomisierten Phase-III-Studie KEYNOTE-117 vor, die an 307 Patienten die Wirksamkeit von Pembrolizumab gegenüber einer Standardchemotherapie bezüglich des progressionsfreien Überlebens (PFS) und der Gesamtansprechrate (ORR) prüfte. Die Primärtumoren waren zu zwei Dritteln im rechten Hemikolon lokalisiert, ein Viertel wies eine BRAF-Mutation, ein Viertel eine RAS-Mutation auf. Interessanterweise profitierte das Patientenkollektiv in den ersten Monaten mehr von der Chemotherapie, ein Drittel der Tumoren schien eine primäre Resistenz gegen die Immuntherapie aufzuweisen. Im längeren Verlauf zeigte sich dann aber eine sehr deutliche Überlegenheit der Immuntherapie mit einer HR von 0,6 und einer ORR von 67% im Vergleich zu 51%. Auch die Dauer des Ansprechens war in der Pembrolizumab-Gruppe deutlich länger. Ob sich bei längerer Nachbeobachtung ein Überlebensvorteil nachweisen lassen wird, ist wegen der Möglichkeit des Cross-over nicht sicher.
Eine andere Subgruppe der mKRK, die ebenfalls etwa 5% ausmacht, weist eine Überexpression von HER2 auf. Nachdem mehrere Studien schon die prinzipielle Wirksamkeit eines HER2-Targeting nachgewiesen hatten, demonstrierte Salvatore Siena aus Mailand nun Daten der Studie DESTINY-CRC01 mit dem Antikörper-Toxin-Konjugat Trastuzumab-Deruxtecan (T-DXd). Die Wirksamkeit beim mKRK beschränkte sich auf die Kohorte mit HER2-3+- bzw. HER2-2+/ISH+-Score. Bei niedrigerem Score war die Substanz im Gegensatz zur vergleichbaren Situation beim Mammakarzinom nicht wirksam. Die Toxizität liess sich im Wesentlichen auf den Topoisomerase-I-Inhibitor Deruxtecan zurückführen und war ähnlich der von Irinotecan. Erstaunlich war die Wirksamkeit, mit einer ORR von 45% in der dritten oder späteren Linie und Ansprechen auch nach vorangegangener HER2-gerichteter Therapie.
BRAF-Mutationen lassen sich bei 10–15% der mKRK nachweisen und sind mit einer ungünstigen Prognose assoziiert. Ein Update der BEACON-Studie wurde von Scott Kopetz aus Houston präsentiert. Bei dem dreiarmigen Design wurde eine Irinotecan- und Cetuximab-haltige Therapie mit Cetuximab in Kombination mit dem BRAF-Inhibitor Encorafenib (im 3. Arm zusätzlich mit dem MEK-Inhibitor Binimetinib) verglichen. Die Encorafenib-basierte Therapie zeigte sich in dieser Studie, die 665 Patienten einschloss, als deutlich überlegen mit einem Gesamtüberleben von 9,3 versus 5,9 Monate und einer Ansprechrate von über 20% versus 2%. Die Tripeltherapie mit zusätzlicher Gabe von Binimetinib erhöhte die Toxizität, aber nicht die Wirksamkeit. Die Kombination von Cetuximab mit Encorafenib stellt also eine gute Therapieoption für die zweite oder dritte Behandlungslinie dar.
Ältere Patienten stellen eine grosse Subgruppe der mKRK-Patienten dar, und viele dieser Patienten können aufgrund der schlechten Verträglichkeit nicht mit den bei jüngeren Patienten etablierten Therapieregimen behandelt werden. Die von Sara Lonardi aus Padua vorgestellte PANDA-Studie verglich an 185 im Schnitt fast 80-jährigen Patienten FOLFOX-Panitumumab mit 5-FU-Panitumumab. Wie zu erwarten war die Toxizität des zweiten Regimes deutlich geringer. Interessant war die am PFS gemessene praktisch gleiche Wirksamkeit, sodass 5-FU in Kombination mit Panitumumab eine gute Therapieoption bei älteren Patienten mit RAS-Wildtyp-Tumoren zu sein scheint.
Adjuvante Therapie – weniger ist mehr?
Aus retrospektiven Analysen hatte sich die Hypothese ergeben, dass COX2-Inhibitoren in der Verhütung von Rückfällen bei kolorektalen Karzinomen wirksam sein könnten. Diese Annahme wurde nun in der CALGB/SWOG80702-Studie überprüft. In einem 2x2-faktoriellen Design wurde überprüft, ob eine 3-monatige adjuvante Therapie mit FOLFOX einer 6-monatigen unterlegen ist. Die Ergebnisse dieser Randomisierung waren bereits früher als Teil der IDEA-Kollaboration vorgestellt worden. Nun zeigte Jeffrey A. Meyerhardt die Resultate der zweiten Randomisierung zwischen 400mg Celecoxib und Placebo an 2526 Patienten. Zwar ergab sich eine minime Verlängerung von krankheitsfreiem Überleben (DFS) und Gesamtüberleben (OS), diese Unterschiede waren jedoch statistisch nicht signifikant. Ein genereller Einsatz von COX2-Inhibotoren in der adjuvanten Therapie erscheint also nun obsolet. Lediglich für die Subgruppe von PIK3CA-mutierten Tumoren laufen derzeit noch Studien, deren Ergebnis mit Spannung erwartet wird.
Alberto Sobrero aus Genua gab ein Update der Daten der IDEA-Kollaboration zum Vergleich von 3- und 6-monatiger adjuvanter Oxaliplatin- und Fluoropyrimidin-haltiger Therapie beim KRK im Stadium III. Neu war die Auswertung bezüglich des Gesamtüberlebens bis zu 5 Jahren. Die entsprechende Kaplan-Meier-Kurve war praktisch deckungsgleich! Die Subgruppenanalyse suggerierte, dass Hochrisikopatienten (T4 und/oderN2) lediglich mit CAPOX die verkürzte Dauer ohne Wirkungsverlust in Anspruch nehmen sollten, während für die Niedrigrisikogruppe auch eine 3-monatige FOLFOX-Therapie infrage kommt.
Nach kurativ intendierter Resektion von Lebermetastasen stellt sich die Frage einer adjuvanten Therapie. Mehrere Studien, v.a. die EORTC-Studie 40983, hatten einen Vorteil einer solchen Behandlung bezüglich des DFS, jedoch nicht des OS zeigen können. Die japanischeStudie JCOG0603, vorgestellt von Yukihide Kanemitsu aus Tokio, untersucht 12 Zyklen mFOLFOX6 nach Lebermetastasenresektion randomisiert an 300 Patienten. Überraschenderweise zeigte sich zwar eine deutliche Verbesserung der DFS-Rate nach 5 Jahren mit 50% versus 37%, jedoch eine Verschlechterung der Gesamtüberlebensrate mit 71% versus 83%. Erklärungsversuche für dieses verwunderliche Ergebnis sind u.a. eine schlechtere Detektierbarkeit von Lebermetastasen nach Oxaliplatin-haltiger Therapie und die Induktion einer Chemotherapieresistenz durch die adjuvante Therapie.
Totale neoadjuvante Therapie und Organerhalt beim Rektumkarzinom
Die frühere Standardtherapie beim lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinom bestand aus Operation und adjuvanter Radiochemotherapie. Seit Jahren nun werden in verschiedensten Studien die folgenden Aspekte untersucht: Vorziehen der Radiochemotherapie vor die Operation (inzwischen Standard), Verkürzung der Radiotherapie (5 Tage à 5Gy), Vorziehen der adjuvanten Therapie vor die Operation und eine Intensivierung der ursprünglich rein Fluoropyrimidin-haltigen Therapie.
Zwei Phase-III-Studien ergänzen nun das Daten-Mosaik:
Geke Hospers aus Groningen berichtete über den randomisierten Vergleich zwischen der Sequenz «konventionelle Radiochemotherapie – Operation (TME) – adjuvante Chemotherapie» und «5x5Gy Radiotherapie – Chemotherapie – TME». Primärer Endpunkt der an 920 Patienten durchgeführten Studie war das «disease-related treatment failure». Dieses war mit 30% versus 23% bei der klassischen Sequenz höher. Die primäre Ursache lag im geringeren Auftreten von Fernmetastasen. Die 3-Jahres-Gesamtüberlebensrate war vergleichbar zwischen den Behandlungsarmen, die Vegleich nach 3 Jahren erfolgt allerdings für diese Erkrankungssituation wohl zu einem eher zu frühen Zeitpunkt.
Die von Thierry Conroy aus Nancy präsentierten Daten der PRODIGE23-Studie beruhten auf einem randomisierten Vergleich zwischen den Sequenzen «konventionelle Radiochemotherapie – TME - 12x FOLFOX» und «6xmFOLFIRINOX – konventionelle Radiochemotherapie – TME - 6x FOLFOX». Das 3-Jahres-DFS konnte mit der sogenannten totalen neoadjuvanten Therapie von 67% auf 76% gesteigert werden, und das bei eher geringerer Toxizität. Auch die Rate an pathologischen Komplettremissionen konnte verdoppelt werden.
Die Intensivierung der präoperativen Therapie stellt die Voraussetzung für ein Vorgehen dar, das einen gänzlichen Verzicht auf ein operatives Vorgehen im Fall eines sehr guten Ansprechens zum Ziel hat. Die von Julio Garcia-Aguilar aus New York durchgeführte OPRA-Studie untersuchte 2 solche Ansätze an insgesamt 324 Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom. Entweder vor oder nach einer präoperativen Radiochemotherapie wurde eine 4-monatige FOLFOX/CAPOX-Therapie durchgeführt. Bei etwa der Hälfte aller Patienten führte diese Behandlung zu einer kompletten klinischen Remission. Diese Patienten wurden ohne Operation regelmässig weiterverfolgt. Nur bei circa der Hälfte dieser Patienten kam es in den folgenden 3 Jahren zu einem Lokalrezidiv, das operiert werden musste. Dabei schien die Sequenz Radiochemotherapie vor Chemotherapie überlegen zu sein.
Autor:
Prof. Dr. med. Florian Otto
Hämatologie und internistische Onkologie
Tumor- und Brustzentrum ZeTuP, St. Gallen
E-Mail: florian.otto@zetup.ch
Literatur:
beim Verfasser
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