<p class="article-intro">Die neoadjuvante Chemotherapie in Kombination mit einer komplettierenden Radiochemo- oder operativen Therapie ist eine Behandlungsoption, die beim lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinom zunehmend angewandt wird. Es fehlen jedoch große Studien, die einen eindeutigen Nutzen dieser Therapiesequenz belegen. Zudem existiert kein einheitliches Schema in Bezug auf die angewandten Therapeutika und deren Dosen. Das Ziel der vorliegenden Studie war der Vergleich der neoadjuvanten Chemotherapieregimes zweier Zentren bezüglich der Wirksamkeit und des Nebenwirkungsprofils.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Key Points</h2> <ul> <li>Die neoadjuvante Chemotherapie ist eine wirksame Möglichkeit, um einen primär inoperablen Tumor zu verkleinern.</li> <li>Derzeit steht kein einheitliches neoadjuvantes Chemotherapieregime für das Zervixkarzinom zur Verfügung.</li> <li>TIP und ddTC zeigen in Bezug auf Ansprechrate und Tumorgrößenreduktion eine vergleichbare Wirksamkeit.</li> <li>Die Wahl des neoadjuvanten Chemotherapieregimes sollte unter Berücksichtigung des Nebenwirkungsprofils erfolgen.</li> </ul> </div> <p>Das Zervixkarzinom ist das dritthäufigste gynäkologische Malignom bei Frauen in Europa und Nordamerika. Obwohl die Inzidenz des Zervixkarzinoms innerhalb der letzten drei Dekaden durch die Implementierung von Screeningprogrammen um etwa die Hälfte reduziert werden konnte, wird es klinisch häufig erst in einem lokal fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Da eine primäre Komplettresektion in diesen Stadien (FIGO[Fédération Internationale de Gynécologie et d’Obstétrique]-Stadium ≥IIb) in einer beträchtlichen Anzahl der Fälle unmöglich erscheint, wird auf eine primäre Operation häufig bewusst verzichtet. Neben der primären Radiochemotherapie könnte die neoadjuvante Chemotherapie mit anschließender radikaler operativer Sanierung eine valide Therapieoption für diese Patientinnen darstellen. Wenn auch in rezenten Studien die Wirksamkeit der neoadjuvanten Chemotherapie vor radikaler Operation nachgewiesen werden konnte,<sup>1</sup> ist bis dato noch kein einheitliches Therapieschema etabliert. Tabelle 1 zeigt die untersuchten Chemotherapieschemata und die jeweiligen Ansprechraten. In der vorliegenden Studie wurden die Therapieschemata der neoadjuvanten Chemotherapieregimes zweier Zentren bezüglich der Wirksamkeit und des Nebenwirkungsprofils verglichen.</p> <h2>Retrospektive Fallserie: ddCT im Vergleich zu TIP</h2> <p>In diese retrospektive vergleichende Fallserie wurden 13 Patientinnen eingeschlossen, bei denen zwischen 2009 und 2013 ein Zervixkarzinom diagnostiziert worden war und die eine neoadjuvante Chemotherapie erhielten und anschließend an der Medizinischen Universität Wien (MUW: n=8) bzw. der Klinik Essen-Mitte (KEM: n=5) operiert worden sind. An der MUW wurde eine dosisdichte Chemotherapie mit Carboplatin AUC 2mg plus Paclitaxel 60mg/m<sup>2</sup> wöchentlich für 6 Wochen (ddCT) verabreicht. An der KEM erfolgte die Gabe von zwei Zyklen einer Kombinationschemotherapie bestehend aus Paclitaxel 175mg/m<sup>2</sup>, Ifosfamid 5g/m<sup>2</sup> und Cisplatin 75mg/m<sup>2</sup> an den Tagen 1–3 alle drei Wochen (TIP). Das Ansprechen auf die neoadjuvante Chemotherapie, das Auftreten von Nebenwirkungen unter der Chemotherapie sowie die Notwendigkeit einer adjuvanten (Radio-, Chemo-)Therapie wurden für beide Zentren evaluiert.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_data_Zeitungen_2015_Jatros_Onko_1503_Weblinks_Seite80.jpg" alt="" width="869" height="467" /></p> <h2>Ergebnisse</h2> <p>In dieser Studie konnte zwischen den beiden neoadjuvanten Chemotherapieregimes (TIP und ddCT) kein signifikanter Unterschied in Bezug auf die Ansprechraten gezeigt werden: Die Rate an Komplettremissionen betrug 20 % bzw. 25 % , die Rate an Partialremissionen lag bei 80 % bzw. 62,5 % und eine stabile Erkrankung wurde bei 0 % bzw. 12,5 % der Patientinnen nachgewiesen. Sowohl in der ddCT- (p<0,0001) als auch in der TIP-Gruppe (p=0,001) wurde eine signifikante Reduktion des maximalen Tumordurchmessers verzeichnet. In der TIP-Gruppe war die Reduktion des Tumordurchmessers etwas ausgeprägter als in der ddCT-Gruppe. Insgesamt waren beide Regimes im neoadjuvanten Setting gut verträglich. In der TIP-Gruppe wurde bei einer Patientin aufgrund von Nebenwirkungen eine Dosisreduktion vorgenommen, während in der ddCT-Gruppe bei einer Patientin aufgrund von Nebenwirkungen die Therapie frühzeitig beendet werden musste. Die beiden Regimes unterschieden sich jedoch bezüglich ihres Nebenwirkungsprofils. Während unter TIP die Hämatotoxizitäten den wesentlichen dosislimitierenden Faktor darstellten, war unter ddCT die Rate der Hepatotoxizitäten ausgeprägter.</p> <h2>Fazit</h2> <p>In dieser retrospektiven Fallserie konnte gezeigt werden, dass TIP und ddTC vergleichbar wirksame neoadjuvante Chemotherapieregimes für das lokal fortgeschrittene Zervixkarzinom darstellen. Die Wahl des jeweiligen Therapieregimes sollte daher insbesondere aufgrund des Nebenwirkungsprofils erfolgen.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Universitätsklinik für Frauenheilkunde<br/>
Abteilung für Allgemeine Gynäkologie und
gynäkologische Onkologie<br/>
Medizinische Universität Wien<br/>
E-Mail: richard.schwameis@meduniwien.ac.at<br/>
Quelle: Wissenschaftliche Tagung der AGO,
16.–18. April 2015, Salzburg
</p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Rydzewska L et al: Neoadjuvant chemotherapy plus surgery versus surgery for cervical cancer. Cochrane Database Syst Rev 2012; 12: CD007406. doi: 10.1002/14651858.CD007406.pub3. PubMed PMID: 23235641</p>
</div>
</p>