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Neue Aspekte des kolorektalen Karzinoms in der WHO-Klassifikation 2019

<p class="article-intro">Die fünfte Auflage der «Digestive System Tumours» wurde von der World Health Organization (WHO) 2019 publiziert und im Vergleich zur vierten Auflage erweitert. Beim kolorektalen Karzinom wurde der Fokus vor allem auf die Bedeutung der personalisierten Medizin gelegt und eine Evidenz-basierte erweiterte Berichterstattung vorgeschlagen, die klinische, histopathologische und molekulare prognostische und prädiktive Biomarker beinhaltet. Zusätzlich werden die aktuellen in der Literatur vorgeschlagenen molekularen Klassifikationen aufgeführt.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die WHO-Klassifikation 2019 des kolorektalen Karzinoms hat die Liste der essenziellen und zus&auml;tzlichen prognostischen und pr&auml;diktiven Biomarker erweitert.</li> <li>Die vom &laquo;Cancer Genomic Atlas Network&raquo; und Colorectal Cancer Subtyping Consortium (CRCSC) vorgeschlagenen molekularen Klassifikationen des kolorektalen Karzinoms sind in der aktuellen WHOKlassifikation 2019 publiziert.</li> <li>Ein wichtiger Baustein der personalisierten Medizin ist eine international standardisierte Tumorberichterstattung mit reproduzierbaren prognostischen und pr&auml;diktiven Biomarkern.</li> </ul> </div> <h2>Prognostische und pr&auml;diktive Biomarker des kolorektalen Karzinoms</h2> <p>Das kolorektale Karzinom ist der h&auml;ufigste Tumortyp des Gastrointestinaltraktes und war 2018 mit sch&auml;tzungsweise fast zwei Millionen Neuerkrankungen weltweit der zweith&auml;ufigste Tumortyp bei Frauen und der dritth&auml;ufigste bei M&auml;nnern.<sup>1</sup> Folglich ist der interdisziplin&auml;re Einsatz von prognostischen und pr&auml;diktiven Biomarkern im Zeitalter der personalisierten Medizin von ausserordentlicher Bedeutung. Die von der &laquo;Union internationale contre le cancer (UICC)&raquo; publizierte Tabelle in der 8. Auflage der TNM-Klassifikation 2017 beinhaltet als Tumor-assoziierte essenzielle prognostische Faktoren den TNM-Status sowie den zirkumferenziellen Resektionsrand beim Rektumkarzinom. Die lymphovaskul&auml;re Infiltration, der Tumorgrad, die Perineuralscheideninfiltration, die Perforation, das Tumor Budding sowie der Mikrosatelliten-, RAS- und BRAF-Status werden als zus&auml;tzliche prognostische Faktoren aufgef&uuml;hrt.<sup>2</sup><br /> Im Vergleich zur vierten Auflage der WHO-Klassifikation, in welcher als essenzieller Faktor zum TNM-Status der histologische Subtyp vorgeschlagen wurde, pr&auml;sentiert die f&uuml;nfte Auflage eine Liste von Biomarkern, welche gem&auml;ss Literaturdaten eine prognostische und/oder pr&auml;diktive Rolle haben.<sup>1, 3</sup> Zudem werden bereits etablierte Faktoren, welche in den letzten Jahren Fragen aufgeworfen haben, durchleuchtet.<sup>1</sup><br /> Das Adenokarzinom NOS (&laquo;not otherwise specified&raquo;) ist der h&auml;ufigste histologische Subtyp des kolorektalen Karzinoms, wobei zus&auml;tzlich das muzin&ouml;se und das siegelringzellige Karzinom eine eher ung&uuml;nstige Prognose zeigen. Das muzin&ouml;se Karzinom wird bei &gt;50 % extrazellul&auml;rem Schleim diagnostiziert, w&auml;hrend beim Siegelringzellkarzinom &gt;50 % des Tumors aus Siegelringzellen bestehen muss. Der Tumorgrad wurde bisher aufgrund der glandul&auml;ren Formation in die Tumorgrade G1, G2, G3 und G4 unterteilt. In der neuen WHOKlassifikation werden die Grade G1 und G2 als &laquo;low grade&raquo; und die Grade G3 und G4 als &laquo;high grade&raquo; definiert. Der Low- oder High-Grade-Status wird neu aufgrund der am wenigsten differenzierten Stelle bestimmt.<br /> Zur Bestimmung des Tumorgrades darf die Tumorinvasionsfront jedoch nicht ber&uuml;cksichtigt werden, insbesondere nicht die Faktoren &laquo;Wachstumsmuster (infiltrativ vs. expansiv)&raquo; und &laquo;Tumor Budding&raquo;. Tumor Budding ist definiert als Einzelzellen oder Tumorzellgruppen bis zu vier Zellen an der Tumorinvasionsfront.<sup>4</sup> Es wird gem&auml;ss den Empfehlungen der &laquo;International Tumor Budding Consensus Conference, ITBCC&raquo; in die Budding-Grade BD1 (0&ndash;4 Buds/Hotspot, 0,785 mm<sup>2</sup>), BD2 (5&ndash;9 Buds/Hotspot, 0,785 mm<sup>2</sup>) und BD3 (&ge;10 Buds/Hotspot, 0,785 mm<sup>2</sup>) eingeteilt.<sup>5</sup> Gem&auml;ss ITBCC und der Datenlage in der Literatur wird empfohlen, Tumor Budding in zwei klinischen Szenarien einzusetzen: Beim pT1 kolorektalen Karzinom kann ein fortgeschrittener Tumor-Budding-Grad zusammen mit den bereits etablierten Faktoren (Resektionsstatus, Differenzierung, Angioinvasion, Mikrometer Invasion, Haggitt Level) ein Indikator f&uuml;r eine onkologische Resektion sein.<sup>5</sup> Und beim kolorektalen Karzinom Stadium II kann im Kontext mit den bereits etablierten Risikofaktoren eine adjuvante Therapie in Betracht gezogen werden.<sup>5, 6</sup><br /> Der zirkumferenzielle Resektionsrand, die Qualit&auml;t des Operationspr&auml;parates sowie der Tumorregressionsgrad sind drei weitere Faktoren, die besonders beim Rektumkarzinom eine entscheidende Rolle spielen. Der zirkumferenzielle Resektionsrand und die Qualit&auml;t des Operationspr&auml;parates werden einerseits mit der Einteilung nach M.E.R.C.U.R.Y., andererseits mit der genauen Angabe der Lokalisation und des Abstandes des Tumors zum Resektionsrand bestimmt. Hingegen scheint die Reproduzierbarkeit des Tumorregressionsgrades aufgrund des Fehlens eines standardisierten Evaluationssystems eher suboptimal. Die WHO-Klassifikation f&uuml;hrt vier m&ouml;gliche anwendbare Systeme auf: die Gradierung nach Mandard, AJCC 2010, R&ouml;del oder MSKCC (Memorial Sloan Kettering Cancer Center).<br /> Gem&auml;ss der neuen WHO-Klassifikation sind die RAS-Gene sowie der BRAF- und der Mikrosatelliten-Status etablierte pr&auml;diktive Biomarker. Eine Anti-EGFR-Therapie ist bei Mutationen der Kodon 12, 13, 59, 61, 117 und 146 in den KRAS- und NRAS-Genen ineffektiv. Mutation des <em>BRAF<sup>V600E</sup></em>-Gens kann ebenfalls auf eine ineffektive Anti-EGFR-Therapie hinweisen, jedoch in Kombination mit einem instabilen Mikrosatelliten-Status in Bezug auf eine Chemotherapie pr&auml;diktiv sein. Ein instabiler Mikrosatellitenstatus ist seinerseits ein potenzielles Surrogat f&uuml;r das Ansprechen auf eine Anti-PD-L1-Therapie. Als partiell pr&auml;diktive Biomarker gelten hingegen die RNA-basierte Genexpression, PIK3CA, c-Met und der Immunoscore.<sup>7</sup><br /> Beim metastasierten kolorektalen Karzinom kommt zus&auml;tzlich die &laquo;liquid biopsy analysis&raquo; zur Anwendung, bei welcher im peripheren Blut der Patienten aus zirkulierenden Tumorzellen, Exosomen und zellfreier DNA <em>RAS-</em> und <em>BRAF</em>-Mutationen detektiert werden k&ouml;nnen. Die WHO-Klassifikationen 2010 und 2019 sowie die UICC-Klassifikation 2017 sind als &Uuml;bersicht in Tabelle 1 dargestellt.</p>
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