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Neue Entwicklungen in der Lymphomtherapie

<p class="article-intro">Am diesjährigen ASCO-Kongress wurden auf dem Gebiet der Lymphombehandlung keine neuen Therapiestandards definiert. Die präsentierten Daten unterstützen die derzeit gängigen Therapiekonzepte in der Behandlung indolenter und aggressiver Lymphome und deuten an, welches Potenzial insbesondere neue zellbasierte Ansätze in Zukunft bieten könnten.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Ibrutinib ist in der Therapie von vorbehandelten CLL-Patienten und CLL-Patienten mit ung&uuml;nstiger Zytogenetik effektiv und f&uuml;hrt bei l&auml;ngerer Therapiedauer zu einem R&uuml;ckgang der meisten Nebenwirkungen.</li> <li>Rituximab/Bendamustin kann weiterhin als pr&auml;ferierte Option in der Erstlinientherapie indolenter B-Zell-Lymphome angesehen werden. Besonderes Augenmerk sollte im Verlauf auf das Auftreten von Zweitmalignomen gelegt werden.</li> <li>Eine Rituximab-Erhaltungstherapie nach Rituximab/Bendamustin- Induktion ist bei indolenten Lymphomen weiterhin kein Standard und beruht auf einem individuellen Entscheid.</li> <li>Umprogrammierte T-Zellen (CAR-T-Zellen) sind ein hoffnungsvoller Ansatz in der Behandlung des rezidivierten bzw. refrakt&auml;ren DLBCL.</li> </ul> </div> <h2>Therapie indolenter Lymphome</h2> <p>In der CLL-Behandlung gibt es mit dem Einsatz molekular gezielt wirkender Medikamente wie BTK oder PI3K-Inhibitoren neue Therapieoptionen. Insbesondere der BTK-Inhibitor Ibrutinib weist eine hohe Wirksamkeit auch bei Vorliegen einer ung&uuml;nstigen genetischen Konstellation (del 11q&ndash;, del 17p) auf.<br /> Aktuell wurden die Langzeitdaten bez&uuml;glich Wirksamkeit und Nebenwirkungen von Ibrutinib bei vorbehandelten CLLPatienten aus der RESONATE-Studie vorgestellt (Abstract #272).<sup>1</sup> In dieser Studie wurde in dem entsprechenden Kollektiv der Einsatz von Ibrutinib versus Ofatumumab getestet. Bereits in der Originalpublikation konnte eine signifikante &Uuml;berlegenheit sowohl bezogen auf das progressionsfreie &Uuml;berleben (PFS) als auch auf das Gesamt&uuml;berleben (OS) gezeigt werden. Die nun pr&auml;sentierten Langzeitdaten best&auml;tigen die Wirksamkeit mit einer 3-Jahres-OS-Rate von 74 % und einer Gesamtansprechrate (ORR) von 91 % unter Ibrutinib.<br /> F&uuml;r den klinischen Alltag erfreulich ist die Beobachtung, dass Nebenwirkungen, insbesondere Neutropenien, Pneumonien und Infektionen, im ersten Jahr am st&auml;rksten ausgepr&auml;gt waren und &uuml;ber die Beobachtungszeit (4 Jahre) sukzessive abnahmen. Lediglich die arterielle Hypertonie und das neu aufgetretene Vorhofflimmern bleiben &uuml;ber die Zeit konstant. Insgesamt zeigten sich keine neuen Nebenwirkungen. Damit ist Ibrutinib in der genannten Indikation weiterhin eine sehr wertvolle Substanz.</p> <h2>Langzeitergebnisse aus BRIGHT und STiL</h2> <p>Bei den indolenten Lymphomen wurden die Langzeitdaten zweier gut bekannter Studien, der BRIGHT- (5-Jahres-Follow- up)<sup>2</sup> und der STiL-Studie (9-Jahres- Follow-up),<sup>3</sup> vorgestellt. In beiden wurde der Einsatz von Rituximab plus Bendamustin (R-Benda) im Vergleich zu R-CHOP respektive R-CVP in der Erstlinientherapie getestet.<br /> F&uuml;r beide Studien konnte bisher eine &Auml;quivalenz bzw. &Uuml;berlegenheit von RBenda bezogen auf das PFS gegen&uuml;ber RCHOP/ R-CVP gezeigt werden. Die Langzeitdaten unterst&uuml;tzen diese Aussage sowohl f&uuml;r die STiL- als auch f&uuml;r die BRIGHT-Studie, auch wenn in Letzterer der PFS-Unterschied deutlich geringer ausf&auml;llt. Als Erkl&auml;rung wurde angef&uuml;hrt, dass knapp 50 % aller Patienten in dieser Studie eine nicht im Studienprotokoll vorgesehene Rituximab-Erhaltungstherapie bekommen hatten. In beiden Studien konnte bisher kein Unterschied im OS zwischen den Behandlungsarmen gefunden werden (BRIGHT-Studie: 5-Jahres-OS f&uuml;r R-Benda 81,6 % vs. 85 % ).<br /> Neu war die Beobachtung, dass in der BRIGHT-Studie Zweitmalignome im RBenda- Arm h&auml;ufiger auftraten (42 [19 % ] vs. 19 [11 % ] Patienten; p=0,022). Dies betraf insbesondere kutane Malignome, d.h. Basalzell- oder Plattenepithelkarzinome der Haut. Es ist spekulativ, zu sagen, dass die Kombination aus einem Purinnukleotidanalogum und Rituximab-Erhaltungstherapie (und damit eine funktionelle Beeinflussung von T- und B-Zellen &uuml;ber einen l&auml;ngeren Zeitraum) daf&uuml;r verantwortlich ist.<br /> Als Schlussfolgerung aus beiden Studien ergibt sich, dass aufgrund der Wirksamkeit (vornehmlich in Bezug auf das PFS) R-Benda weiterhin als leicht &uuml;berlegenes Regime anzusehen ist. Aufgrund des in der BRIGHT-Studie gesehenen h&auml;ufigeren Auftretens an Zweitmalignomen sollte jedoch eine engmaschige Kontrolle der Patienten erfolgen. Der Stellenwert einer Rituximab-Erhaltungstherapie nach R-Benda-Induktion ist insgesamt betrachtet weiterhin nicht belegt und beruht damit auf einer individuellen Entscheidung.</p> <h2>Therapie aggressiver Lymphome</h2> <p>Bei den aggressiven Lymphomen ging die deutsche DSHNL-Studiengruppe der Frage nach, ob DLBCL-Patienten im Alter &uuml;ber 60 Jahre mit Bulk-Manifestation bei Diagnosestellung von einer konsolidierenden Bestrahlung nach Beendigung der Immunchemotherapie und bei PET-Negativit&auml;t des initialen Bulks profitieren.<sup>4</sup> Es handelt sich jedoch nicht um eine prospektiv randomisierte Fragestellung, sondern um eine geplante Interimsanalyse im Rahmen der OPTIMAL&gt;60-Studie. Das analysierte Patientenkollektiv wurde mit einem historischen Kollektiv der RICOVER- 60-Studie verglichen. In einer vorangegangenen DSHNL-Studie hatte die Arbeitsgruppe gezeigt, dass ein komplettes Weglassen der konsolidierenden Strahlentherapie bei initialer Bulk-Situation (gr&ouml;sster Befall &gt;7,5cm) mit einem deutlich k&uuml;rzeren PFS und OS einhergeht.<br /> Bei der nun gew&auml;hlten Strategie wurde bei Patienten mit PET-negativem Befund nach Ende der Immunchemotherapie die Bestrahlung weggelassen und damit eine Reduktion der Zahl der zu bestrahlenden Patienten um 42 % erreicht. In dem bereits erw&auml;hnten Vergleich mit dem historischen Kollektiv zeigte sich kein signifikanter Unterschied in der 2-Jahres-PFS-Rate (79 % zu 75 % ) und der 2-Jahres-OS-Rate (88 % zu 78 % ).<br /> Basierend auf dieser Studie kann nun dar&uuml;ber diskutiert werden, ob bei einzelnen Patienten bei Erreichen einer PETNegativit&auml;t zum Therapieende die konsolidierende Radiotherapie eines initial vorhandenen Bulks weggelassen werden kann. Aufgrund der methodischen Schw&auml;che der Studie (z.B. Vergleich mit einem historischen Kollektiv, kein zentraler PETReview) kann daraus sicherlich keine generelle Empfehlung abgeleitet werden. Zudem sollte beachtet werden, dass die DSHNHL-Gruppe in ihren Studien weiterhin R-CHOP-14 und nicht das gel&auml;ufigere R-CHOP-21 verwendet. Damit ist die &Uuml;bertragung auf die Situation bei RCHOP- 21-Therapien und deutlich gr&ouml;sserem zeitlichem Abstand zwischen dem Beginn der Therapie und der einsetzenden Strahlentherapie schwierig.</p> <h2>Neue Therapiemodalit&auml;ten mit adoptivem T-Zell-Transfer</h2> <p>Zuletzt m&ouml;chte ich noch kurz auf Neuentwicklungen eingehen. Hier ist sicherlich wie auch schon in den vorhergehenden Jahren die Immuntherapie als neuer Therapiepfeiler zu nennen. Neben dem Einsatz sog. Checkpoint-Blockade-Inhibitoren wird die Anwendung umprogrammierter T-Zellen (CAR-T-Zellen) in den n&auml;chsten Jahren Einzug in den klinischen Alltag finden.<br /> Die drei grossen amerikanischen Studiengruppen haben daher ihre aktualisierten Daten am Kongress vorgestellt. Vielleicht am weitesten fortgeschritten ist die ZUMA-1-Studie.<sup>5</sup> In dieser Studie wurden vornehmlich Patienten mit rezidiviertem respektive refrakt&auml;rem DLBCL eingeschlossen. Unter den inzwischen mehr als 110 behandelten Patienten liegt die Gesamtansprechrate bei 82 % . 54 % aller Patienten erreichen eine komplette Remission (CR). Die mediane Dauer des Ansprechens (DOR) betr&auml;gt 8,1 Monate und ist im CR-Arm noch nicht erreicht. Wie bereits bei den vorhergegangenen Pr&auml;sentationen zeigt sich, dass Patienten, die l&auml;nger als 6 Monate auf die Therapie ansprechen, eine grosse Chance haben, langfristig in Remission zu bleiben. Die Nebenwirkungen (Grad =3) waren haupts&auml;chlich h&auml;matologischer Natur (Neutropenie 66 % , Leukopenie 44 % , An&auml;mie 43 % , febrile Neutropenie 31 % und Thrombozytopenie 24 % ), auch traten transiente Enzephalopathien auf (21 % ). Neue unerw&uuml;nschte Nebenwirkungen sind bisher nicht gemeldet worden.<br /> Als zweiter wichtiger Punkt ist zu nennen, dass bei mehr als 90 % der Patienten in einem Zeitfenster von 17 Tagen ein TZell- Produkt hergestellt und auch verabreicht werden konnte. Damit n&auml;hert sich diese Technik dem Routineeinsatz in der Klinik und wird hoffentlich f&uuml;r unsere Patienten mit rezidivierter respektive refrakt&auml;rer DLBCL-Erkrankung eine relevante Behandlungsoption darstellen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Byrd JC et al.: Long-term efficacy and safety with ibrutinib (ibr) in previously treated chronic lymphocytic leukemia (CLL): up to four years follow-up of the RESONATE study. ASCO Annual Meeting 2017, Abstract 7510 <strong>2</strong> Flinn I et al.: First-line treatment of iNHL or MCL patients with BR or R-CHOP/R-CVP: results of the BRIGHT 5-year follow-up study. ASCO Annual Meeting 2017, Abstract 7500 <strong>3</strong> Rummel MJ et al.: Bendamustine plus rituximab (B-R) versus CHOP plus rituximab (CHOP-R) as first-line treatment in patients with indolent lymphomas: nine-year updated results from the StiL NHL1 study. ASCO Annual Meeting 2017, Abstract 7501 <strong>4</strong> Pfreundschuh M et al.: Radiotherapy to bulky disease PET-negative after immunochemotherapy in elderly DLBCL patients: Results of a planned interim analysis of the first 187 patients with bulky disease treated in the OPTIMAL&gt;60 study of the DSHNHL. ASCO Annual Meeting 2017, Abstract 7506 <strong>5</strong> Locke FL et al.: Clinical and biologic covariates of outcomes in ZUMA-1: a pivotal trial of axicabtagene ciloleucel (axi-cel; KTE-C19) in patients with refractory aggressive non-Hodgkin lymphoma (r-NHL). ASCO Annual Meeting 2017, Abstract 7512</p> </div> </p>
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