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State of the Art der adjuvanten endokrinen Therapie des Mammakarzinoms 2018
Jatros
Autor:
Univ.-Prof. PD Dr. Florentia Peintinger
Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Landeskrankenhaus Leoben Institut für Pathologie<br> Medizinische Universität Graz<br> E-Mail: florentia.peintinger@medunigraz.at
30
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27.12.2018
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<p class="article-intro">Fünf Jahre endokrine Therapie ist bei der Behandlung des Mammakarzinoms Standard. Für eine Verlängerung der Therapiedauer ist die Nutzen-Risiko-Abwägung essenziell.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Die Indikation für die endokrine Therapie beim Mammakarzinom ist der positive Hormonrezeptorstatus. Die Effektivität der endokrinen Therapie betrifft sowohl das Gesamtüberleben als auch das rezidivfreie Intervall bei einer Anfärbung von mehr als 10 Prozent der Zellkerne mittels Immunhistochemie.</p> <h2>Adjuvante endokrine Therapie in der Prämenopause</h2> <p>Im Oxford-Overview<sup>1</sup> zeigte sich, dass bei Frauen, die fünf Jahre Tamoxifen erhielten und jünger als 45 Jahre waren, eine statistisch signifikante Reduktion der Mortalität um 10,6 % und eine Reduktion an Rezidiven um 12,6 % nach einer Beobachtungszeit von 15 Jahren auftraten. Daraus ergibt sich ein sogenannter Carryover- Effekt von Tamoxifen mehrere Jahre nach Abschluss der Therapie.<br /> Pan et al.<sup>2</sup> untersuchten die Wahrscheinlichkeit der Fernmetastasierung und der Mortalität nach 20 Jahren Beobachtungszeit nach einem theoretischen Ausschluss anderer Ursachen der Mortalität als das Mammakarzinom. Nach abgeschlossener endokriner Therapie von 5 Jahren betrug das Mortalitätsrisiko bei nodal-positiven Patientinnen (N1–3) 28 % versus 14 % bei nodal-negativen Patientinnen. Das Risiko für eine Fernmetastasierung betrug 31 % versus 22 % , sodass man annehmen kann, dass auch Low-Risk- Mammakarzinome nach 20 Jahren wieder auftreten können.</p> <h2>Verlängerung der endokrinen Therapie in der Prämenopause</h2> <p>Von diesen Beobachtungen ausgehend, untersuchten unter anderem die Studien ATLAS und aTTom den Therapieeffekt von 10 Jahren versus 5 Jahre Tamoxifeneinnahme auf die Mortalität nach einer Beobachtungszeit zwischen 7,6 und 15 Jahren. Nach 10 Jahren Tamoxifen zeigte sich in der ATLAS-Studie eine statistisch signifikante Risikoreduktion sowohl für das Rezidiv als auch für die Mortalität. Die Risikoreduktion betrug jedoch nur 2–3 % .<sup>3</sup> Ähnlich zeigte aTTom eine statistisch signifikante Rezidivrisikoreduktion von 4 % , aber keinen Unterschied bezüglich Mortalität.</p> <h2>Ovarielle Suppression</h2> <p>Die SOFT-Studie untersuchte die Bedeutung der ovariellen Suppression mit Triptorelin alle 28 Tage in Kombination mit Tamoxifen oder mit dem Aromatase- Inhibitor Exemestan im Vergleich zu Tamoxifen alleine. 34 % der Patientinnen hatten einen positiven Lymphknotenstatus. Eine Stratifizierung erfolgte je nach Chemotherapie-Verabreichung. Die erste Auswertung nach einem medianen Follow- up von 5,6 Jahren zeigte keinen Benefit für die untersuchte Gesamtpopulation. Die Therapie mit Tamoxifen alleine über 5 Jahre war ausreichend für Patientinnen mit Low-Risk-Mammakarzinomen (kleine Tumoren, G1, N0, medianes Alter 46 Jahre), die keine Chemotherapie erhalten hatten.<sup>5</sup> Anders bei Patientinnen, die eine Chemotherapie erhielten, zeigte sich ein Benefit für das Mammakarzinom- freie Intervall von 4,5 % versus 7,7 % nach ovarieller Suppression + Tamoxifen versus ovarielle Suppression + Exemestan (Abb. 1). Dementsprechend erfolgte 2016 ein Update der ASCO-Leitlinien, um Patientinnen unter 35 Jahren die ovarielle Suppression + Tamoxifen oder Exemestan anzubieten. Das Update der SOFT-Studie mit einem medianen Followup von 8 Jahren<sup>6</sup> zeigte einen Benefit für die ovarielle Suppression + Tamoxifen im Vergleich zu Tamoxifen alleine sowohl im krankheitsfreien Überleben (DFS) als auch im Gesamtüberleben (OS) – wenn auch einen sehr geringen. Im Speziellen zeigte sich eine Reduktion des DFS um 8,7 % bei sehr jungen Patientinnen (<35 Jahren) mit der ovariellen Suppression + Tamoxifen versus Tamoxifen alleine und um 13,1 % nach Therapie mit der ovariellen Suppression + Exemestan.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1807_Weblinks_jatros_onko_1807_s79_abb1.jpg" alt="" width="450" height="567" /></p> <h2>Ovarielle Suppression + Tamoxifen oder Exemestan</h2> <p>Die kombinierte Auswertung von SOFT (sequenzielle ovarielle Suppression nach Chemotherapie) und TEXT (gleichzeitige ovarielle Suppression) mit einem medianen Follow-up von 9 Jahren wurde im Rahmen des SABCS 2017 vorgestellt. Die adjuvante ovarielle Suppression in Kombination mit Exemestan ergab eine statistisch signifikante Verbesserung der DFSRate von 4 % im Vergleich zur Kombination mit Tamoxifen und eine Reduktion des absoluten Risikos für eine Fernmetastasierung um 2,1 % .<sup>6</sup> Diese Ergebnisse können jedoch noch nicht als ein Vorteil für das Gesamtüberleben betrachtet werden.</p> <h2>Adjuvante endokrine Therapie in der Postmenopause</h2> <p>Dowsett et al. zeigten bereits 2009, dass die adjuvante endokrine Therapie mit einem Aromatase-Inhibitor in der Postmenopause verglichen zur Therapie mit Tamoxifen zu einer Verlängerung des DFS führt. Der Carry-over-Effekt der endokrinen Therapie mit dem Aromatase-Inhibitor zeigte sich auch nach Abschluss von 5 Jahren endokriner Therapie mit einem Unterschied von etwa 4 % im Vergleich zu Tamoxifen.<sup>7</sup></p> <h2>Verlängerung der endokrinen Therapie in der Postmenopause</h2> <p>Die Abbildung 2 gibt einen Überblick über Studien, die den Effekt der verlängerten endokrinen Therapie mit einem Aromatase- Inhibitor in der Postmenopause untersucht haben. Die maximale Gesamtdauer der endokrinen Therapie betrug 15 Jahre (MA 17-R). Die maximale Einnahmedauer eines Aromatase-Inhibitors betrug 10 Jahre. Zwischen 42 und 99 % der Patientinnen waren nodal-positiv. Die verlängerte endokrine Therapie zeigte lediglich in MA 17-R einen Benefit für das DFS. Insgesamt konnte man einen Vorteil hinsichtlich des Auftretens eines neuen Primums nachweisen, aber keinen Vorteil für das Gesamtüberleben (Tab. 1). Die Ergebnisse der ABCSG-16-Studie wurden ebenfalls im Rahmen des SABCS 2017 präsentiert. Nach einem medianen Follow-up von 106,2 Monaten konnte kein statistisch signifikanter Unterschied im DFS oder im Gesamtüberleben für Patientinnen gezeigt werden, die 2 versus 5 Jahre Anastrozol nach 4–6 Jahren adjuvanter endokriner Therapie erhalten hatten. Eine Zunahme von Knochenfrakturen wurde nach 5 Jahren Anastrozol verzeichnet (p=0,053).<sup>8</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1807_Weblinks_jatros_onko_1807_s81_abb2_snipt.jpg" alt="" width="450" height="273" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1807_Weblinks_jatros_onko_1807_s81_tab1.jpg" alt="" width="450" height="287" /></p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>5 Jahre endokrine Therapie ist Standard in der Prä- und Postmenopause. Unter Berücksichtigung des Rezidivrisikos, des Nebenwirkungsprofils der endokrinen Therapie, der Komorbidität, der Lebenserwartung und der Lebensqualität können folgende Optionen in Betracht gezogen werden:</p> <p><strong>Prämenopause:</strong></p> <ul> <li>Tamoxifen für 5–10 Jahre</li> <li>Tamoxifen alleine für Low-Risk-Mammakarzinome</li> <li>Ovarielle Suppression + Tamoxifen oder Aromatase-Inhibitor für 5 Jahre</li> </ul> <p><strong>Postmenopause:</strong></p> <ul> <li>Aromatase-Inhibitor upfront</li> <li>sequenziell mit Tamoxifen 2–3 Jahre, gesamt 5–10 Jahre</li> <li>sequenziell mit Tamoxifen 5 Jahre, gesamt 10–15 Jahre</li> </ul></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Early Breast Cancer Trialists’ Collaborative Group (EBCTCG) et al.: Effect of radiotherapy after breast-conserving surgery on 10-year recurrence and 15-year breast cancer death: meta-analysis of individual patient data for 10,801 women in 17 randomised trials. Lancet 2011; 378(9804): 1707-16 <strong>2</strong> Pan H et al.: 20-year risks of breastcancer recurrence after stopping endocrine therapy at 5 years. N Engl J Med 2017; 377(19): 1836-46 <strong>3</strong> Davies C et al.: Long-term effects of continuing adjuvant tamoxifen to 10 years versus stopping at 5 years after diagnosis of oestrogen receptor-positive breast cancer: ATLAS, a randomised trial. Lancet 2013; 381(9869): 805-16 <strong>4</strong> Fleming G et al.: Randomized comparison of adjuvant tamoxifen (T) plus ovarian function suppression (OFS) versus tamoxifen in premenopausal women with hormone receptor-positive (HR+) early breast cancer (BC): update of the SOFT trial. SABCS 2017; Abstr. # GS4-03 <strong>5</strong> Francis PA et al.: Adjuvant ovarian suppression in premenopausal breast cancer. N Engl J Med 2014; 372(5): 436-46 <strong>6</strong> Francis PA et al.: Randomized comparison of adjuvant aromatase inhibitor exemestane (E) plus ovarian function suppression (OFS) vs tamoxifen (T) plus OFS in premenopausal women with hormone receptor positive (HR+) early breast cancer (BC): Update of the combined TEXT and SOFT trials. SABCS 2017; Abstr. # GS4-02 <strong>7</strong> Dowsett M et al.: Meta-analysis of breast cancer outcomes in adjuvant trials of aromatase inhibitors versus tamoxifen. J Clin Oncol 2010; 28(3): 509-18 <strong>8</strong> Gnant M et al.: A prospective randomized multi-center phase-III trial of additional 2 versus additional 5 years of anastrozole after initial 5 years of adjuvant endocrine therapy – results from 3484 postmenopausal women in the ABCSG-16 trial. SABCS 2017; Abstr. # GS3-01</p>
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