Effektivität der Trochanterepiphyseodese zur Vermeidung von Coxa magna et breva
Autorin:
Dr.med. Kira A. Barlow
Abteilung für Orthopädie
Universitäts-Kinderspital beider Basel
E-Mail: kira.barlow@ukbb.ch
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Die Trochanterepiphyseodese ist eine kleine, aber wirkungsvolle Operation, um eine Coxa magna et breva zu vermeiden. Die Operation sollte im richtigen Alter und für die richtige Indikation durchgeführt werden.
Keypoints
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Ein Mismatch des Wachstums der Trochanterapophyse und der Femurkopfepiphyse führt zu einer Coxa magna et breva.
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Die Trochanterepiphyseodese führte bei über 11-jährigen Patienten nicht zum Erfolg.
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Die Coxa magna et breva führt zu einer Glutealinsuffizienz, welche mit Hinken, Schmerzen und vermehrter Ermüdbarkeit einhergeht.
Die Coxa magna et breva tritt bei verschiedenen Erkrankungen wie der Epiphyseolysis capitis femoris, der Hüftdysplasie sowie dem Morbus Perthes auf.1 Grund dafür ist ein erhaltenes Wachstum am Trochanter major und ein alterniertes, gehemmtes oder gestopptes Wachstum im Bereich der Femurkopfepiphysenfuge. Die symptomatische Coxa magna et breva stellt in der Kinderorthopädie eine therapeutische Herausforderung dar. Der übergrosse Trochanter major führt zu einer Glutealinsuffizienz. Die Symptome reichen von Schmerzen, früherer Ermüdung aufgrund des verschlechterten Hebelarms bis zu einem hinkenden Gangbild. Ebenfalls kann ein Impingement zwischen Acetabulum und Trochanter major entstehen.
Die ausgeheilte Deformität ist nur mit komplexen Umstellungsosteotomien wie z.B. der relativen Schenkelhalsverlängerung nach Morscher behandelbar.2 Die Morbididät solcher Operationen ist hoch und die Komplikationen reichen bis zur Femurkopfnekrose. Die ausgeheilte Deformität führt unbehandelt häufig zu einer asymmetrischen Belastung des Knorpels und somit zu einer frühzeitigen Arthrose.
Die Epiphyseodese des Trochanter major kann frühzeitig ein überschiessendes Wachstum des Trochanters und somit die Entstehung der Deformität verhindern oder zumindest vermindern. Technisch gibt es die Möglichkeit der Schraubenepiphyseodese, die Verwendung von Klammern sowie die definitive Ausbohrung der Wachstumsfuge.
Wir analysierten die in unserer Klinik in den letzten 10 Jahren durchgeführten Trochanterepiphyseodesen auf ihre Effektivität. Ziel war es, den besten Zeitpunkt und die beste Methode für diese kleine, aber wirkungsvolle Operation festlegen zu können, um so die Behandlungsergebnisse zu optimieren.
Methoden
Abb. 1: Artikulotrochantäre Distanz (ATD), Trochanter-zu-Trochanter-Distanz (TTD), Trochanter-minor-zu-Gelenk-Distanz («lesser trochanter to articular distance» = LTA), Caput-Collum-Diaphysen-Winkel (CCD). Modifiziert nach McCarthy et al.3
Es erfolgte die Analyse der Patienten, welche in unserer Institution von 2008 bis 2018 eine Trochanterepiphyseodese erhielten. Wir unterteilten die Patienten in drei Altersgruppen zum Zeitpunkt der Operation: acht bis neun Jahre, zehn bis elf Jahre und über 11 Jahre. Zwei unabhängige Untersucher massen die Trochanter-zu-Trochanter-Distanz (TTD), die artikulotrochantäre Distanz (ATD) sowie die Distanz vom Trochanter minor zum Gelenk («lesser trochanter to articular distance» = LTA). Die Messungen wurden prä- und postoperativ sowie nach einem Jahr und bei der letzten dokumentierten Nachkontrolle durchgeführt. Die minimale Follow-up-Zeit betrug ein Jahr. Die kontralaterale Seite wurde ebenfalls ausgemessen und diente als Kontrollgruppe. Das Knochenalter der Patienten sowie die Schraubenposition (zum Beispiel nicht bikortikale Schraubenlage) wurden bei der Auswertung ebenfalls berücksichtigt.
Fazit der Arbeit
Abb. 2: Verteilung der Diagnosen in der behandelten Patientenkohorte
18 Patienten wurden operativ versorgt, einer davon zeigte eine bilaterale Beteiligung. Somit standen 19 Hüften für die Analyse zur Verfügung. Der Grund für die drohende Coxa magna et breva war in 15 Fällen ein Morbus Perthes. Die anderen Patienten litten an Epiphyseolysis capitis femoris, avaskulärer Femurkopfnekrose sowie Hüftdysplasie (Abb. 2). Das mittlere Alter zum Zeitpunkt der Operation war 11,3 Jahre, der jüngste Patient war 8 Jahre und drei Monate alt. Die Altersverteilung pro Gruppe war etwa gleich. Die Trochanterhöhe war bei den älteren Patienten zum Zeitpunkt der Operation signifikant grösser als bei den jüngeren Gruppen. Ab einem Alter von 11 Jahren zeigte sich für die Trochanterepiphyseodese kein Erfolg. Unser Fazit ist, dass die Trochanterepiphyseodese höchstens bis zu einem Alter von 11 Jahren angewandt werden sollte und danach nicht mehr effektiv ist (Abb. 3). Das Knochenalter der Patient:innen sollte hierbei berücksichtigt werden.
Abb. 3: Reduktion der ATD auf der operierten Seite (A) im Vergleich zur Reduktion der ATD auf der gesunden, nicht operierten Seite (B), aufgegliedert nach Altersgruppen
Diskussion
International wird die Trochanterepiphyseodese vor allem in der Behandlung des Morbus Perthes eingesetzt. Die Methoden reichen von einer temporären Epiphyseodese mit Implantaten wie der «Eight-Plate» bis hin zur Bohrepiphyseodese. In unserer Patientengruppe erwies sich die Epiphyseodese in einem biologischen Alter von über 11 Jahren nicht mehr als sinnvoll, andere Gruppen beschreiben eine Altersgrenze von 8–10 Jahren (McCarthy und Weiner).3,4 Eine Limitation unserer Studie ist, dass das Knochenalter nicht von allen Patienten erhoben wurde. Bei Morbus Perthes ist generell eine Reduktion des Knochenalters häufig, sodass man davon ausgehen kann, dass sich unsere Resultate trotz des biologisch höheren Alters mit denen in der Literatur decken. Unsere Analyse ist durch die retrospektive Natur limitiert. Dennoch können wir zeigen, dass die Trochanterepiphyseodese effektiv ist und eine klare Rolle in der Behandlung der Coxa magna et breva hat. Wir empfehlen, diese in einem Alter von über 11 Jahren nicht mehr durchzuführen, da kein Effekt mehr zu erwarten ist. Hier sollte auch unbedingt das Knochenalter berücksichtigt werden.
Literatur:
1 Schneidmueller D et al.: Surgical treatment of overgrowth of the greater trochanter in children and adolescents. J Pediatr Orthop 2006; 26(4): 486-90 2 Hasler CC, Morscher EW: Femoral neck lengthening osteotomy after growth disturbance of the proximal femur. J Pediatr Orthop B 1999; 8(4): 271-5 3 McCarthy JJ, Weiner DS: Greater trochanteric epiphysiodesis. Int Orthop 2008; 32(4): 531-4 4 Eidelmann M, Kotlarsky P: Does transepiphyseal drilling and closure of the greater trochanter in early Legg-Calve-Perthes disease improve natural history? Musculoskelet Surg 2023; 107(3): 279-85
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