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Lungenbeteiligung bei entzündlicher oder rheumatologischer Arthritis
Bericht:
Dr. Felicitas Witte
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Bei mehr als jedem dritten Patienten mit Psoriasis- oder rheumatoider Arthritis fanden Forscher von der Universitätsklinik in Bonn im Rahmen einer aktuellen Studie auch Lungenveränderungen.1 Viele der Patienten hatten noch keine Symptome. Die Autoren der Studie empfehlen daher ein internationales Screening-Programm, um die Diagnose und potenziell das Voranschreiten von Lungenkrankheiten verbessern zu können.
Die EULAR wies bereits 2016 darauf hin, wie wichtig es sei, strukturiert nach extraartikulären Manifestationen von entzündlichen rheumatischen Krankheiten zu suchen, um diese frühzeitig behandeln zu können. Dabei ging es vor allem um ischämische kardiovaskuläre Krankheiten, maligne Tumoren, Infektionen, gastrointestinale Erkrankungen, Osteoporose und Depression.2 Extraartikuläre Manifestationen sind maßgeblich für die erhöhte Morbidität und Mortalität dieser Erkrankungen verantwortlich. Die EULAR führte in ihren Empfehlungen aber keine Screening-Empfehlungen für eine Lungenbeteiligung auf, obwohl Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) und mit Psoriasis-Arthritis (PsA) ein erhöhtes Risiko dafür haben.3,4 Bei Patienten mit RA ist eine Lungenbeteiligung eine der häufigsten extraartikulären Manifestationen.5 Sie ist eine der häufigsten Todesursachen bei einer deutlich erhöhten Mortalität im Vergleich zu RA-Patienten ohne Lungenbeteiligung.6–8 Die Lungenbeteiligung äußert sich am häufigsten als interstitielle Lungenerkrankung (ILD). Das Lebenszeit-Risiko für Patienten mit RA, eine ILD zu entwickeln, beträgt zwischen 6 und 15%.9–13
Eine Lungenbeteiligung kann sich bei Patienten mit RA auf verschiedene Weise äußern, unter anderem als obstruktive Lungenerkrankung, organisierte Pneumonie, Pleurabeteiligung, Medikamenten-induzierte Lungenerkrankung und intrapulmonale Rheumaknoten, was aber heute sehr selten ist.14 Zu Psoriasis-Arthritis und Lungenbeteiligung gibt es weniger Daten.
Forscher um den Rheumatologen Prof. Valentin Schäfer, Leiter der Sektion Rheumatologie im Universitätsklinikum Bonn, haben kürzlich Prävalenz, Manifestationsformen und Risikofaktoren einer pulmonalen Beteiligung bei 26 Patienten mit neu diagnostizierter RA und 24 Patienten mit neu diagnostizierter PsA in einer Querschnittsstudie analysiert.1 Ob eine Lungenbeteiligung vorlag, wurde mittels Röntgen-Thorax-Aufnahmen ermittelt. Als Vergleichsgruppe dienten 26 Personen ohne rheumatologische Erkrankung beziehungsweise ohne entsprechende Symptome.
Rund jeder dritte RA-Patient weist eine Lungenbeteiligung auf
Eine Lungenbeteiligung ließ sich bei 17 von 46 Patienten (37%) nachweisen. Vier der 50 Patienten wurden nicht in die Analyse mit einbezogen, weil sie entweder Kontraindikationen hatten, weil keine Zustimmung zur Durchführung des Röntgen-Thorax vorlag oder die Befunde nicht auswertbar waren. Bei 29 Patienten (63%) fand sich keine Lungenbeteiligung. Sechs der 17 Patienten mit Lungenbeteiligung, also jeder dritte, hatten Symptome, die übrigen elf waren asymptomatisch. Von den 29 Patienten ohne Lungenbeteiligung hatten neun Symptome, also auch jeder dritte, und 20 Patienten nicht. Eine Lungenbeteiligung im Röntgen-Thorax war assoziiert mit höherem Lebensalter, erhöhtem Rheumafaktor und erhöhtem CRP. Rauchen, Krankheitsaktivität oder Antikörper-Status zeigten keinen Zusammenhang mit der Lungenbeteiligung.
Ein Screening, so das Fazit der Autoren, könnte eine frühzeitige Therapie ermöglichen, um so das Voranschreiten der Lungenerkrankungen zu bremsen. Die Studie hat jedoch einige Limitierungen. Die Teilnehmerzahl war mit 50 zu gering, um valide Schlüsse ziehen und die Ergebnisse auf alle Patienten mit RA oder PsA übertragen zu können. Die Autoren schlossen auch keine vorbestehenden Lungenerkrankungen aus, um den Alltag in der Praxis möglichst genau wiederzugeben. Außerdem wurden die Patienten mittels Röntgen-Thorax untersucht und nicht – wie es beispielsweise die amerikanische Leitlinie15 empfiehlt – mittels hochauflösender Computertomografie. Auch auf die Problematik von Überdiagnosen und nachfolgenden Übertherapien gingen die Autoren nicht ein. Inwiefern Patienten mit RA und PsA von einem systematischen Lungen-Screening profitieren, wie der Nutzen im Verhältnis zum Risiko und zu den Kosten ist, werden weitere Studien belegen müssen.
Literatur:
1 Schäfer VS et al.: Rheumatol Int 2024; 44: 1975-86 2 Baillet A et al.: Ann Rheum Dis 2016; 75: 965-73 3 West S: Clinical overview of rheumatoid arthritis. In: Fischer A, Lee JS (eds.): Lung Disease in Rheumatoid Arthritis. Cham: Springer International Publishing, 2018. 1-18 4 Kristen Demoruelle M et al.: Cham: Springer International Publishing, 2018. 45-58 5 Kelly C et al.: Best Pract Res Clin Rheumatol 2016; 30(5): 870-88 6 Chen J et al.: Clin Dev Immunol 2013: 406927 7 Esposito AJ et al.: Clin Chest Med 2019; 40: 545-60 8 Biederer J et al.: Eur Radiol 2004; 14: 272-80 9 Turesson C et al.: Scand J Rheumatol 2004; 33: 65-72 10 Bongartz T et al.: Arthritis Rheum 2020; 62: 1583-91 11Shaw M et al.: Eur Respir Rev 2015; 24: 1-16 12 Bendstrup E et al.: J Clin Med 2019; 8: 2038 13 Dejcman D et al.: Curr Rheumatol Rev 2021; 17: 17-28 14 Johnson SR et al.: Arthritis Rheumatol 2024; 76: 1182-1200
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