<p class="article-intro">Die konventionelle transrektale Prostatastanzbiopsie gilt heute noch weitläufig als Standard in der Diagnostik des Prostatakarzinoms. Jedoch ist dieses Vorgehen nicht zuletzt aufgrund einer steigenden Häufigkeit von Infektkomplikationen zusehends kritisch zu beurteilen.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Prostatabiopsie ist essenziell in der Diagnostik des Prostatakarzinoms.</li> <li>Steigende Raten an postinterventionellen infektiösen Komplikationen nach transrektaler Prostatastanzbiopsie machen eine Neubewertung dieses Ansatzes notwendig.</li> <li>Alleinige fusionsgezielte Biopsien sind der systematischen transperinealen Sättigungsbiopsie unterlegen.</li> <li>Die Kombination des perinealen Zuganges mit der mpMRT/TRUS-navigierten Fusions- und Templatebiopsie bietet die höchste Patientensicherheit in puncto Infektrisiko und Prostatakarzinomdetektion.</li> </ul> </div> <p>Hinsichtlich Tumordiagnostik besitzt die konventionelle transrektale Prostatastanzbiopsie im Vergleich zu neueren Ansätzen eine eingeschränkte Sensitivität und Spezifität. Diese kurze Übersicht diskutiert die Vorteile des perinealen Zuganges gegenüber der transrektalen Prostatabiopsie und stellt die vielversprechende Option der perinealen mpMRT/ TRUS-navigierten Fusionsbiopsie der Prostata vor.</p> <h2>Biopsie der Prostata: transrektal vs. transperineal</h2> <p>Die Prostatabiopsie (PBx) erfolgt klassischerweise mittels transrektalen Ultraschalls (TRUS) über den Enddarm. Jedoch besteht bei der transrektalen Prostatabiopsie (TRBx) zunehmend das Risiko einer postbioptischen Infektion.<sup>1</sup> Lundström et al. konnten in einer nationalen schwedischen Kohorte an 51 321 transrektal biopsierten Männern eine Infektionsrate von 6 % nachweisen.<sup>2</sup> Eine Arbeitsgruppe aus Kanada berichtete über einen Anstieg der Wahrscheinlichkeit einer Hospitalisation auf das Vierfache nach einer TRBx zwischen 1996 und 2005.<sup>3</sup> Die Prophylaxe und Prävention von Infektionen durch die rektale Keimflora sind insbesondere vor dem Hintergrund wichtig, dass bereits Resistenzraten von bis zu 30 % gegen die am häufigsten zur Prophylaxe angewandten Fluorchinolone bestehen.<br /> Bei der transperinealen PBx (TPBx) wird die Prostata direkt durch die Haut des Perineums biopsiert und so das potenziell gefährliche und auch gefährdete Rektum komplett umgangen. Die Rate einer Bakteriämie nach PBx kann so entscheidend minimiert werden.<sup>4</sup> Die Infektrate nach TPBx liegt deutlich unter 1 % .<sup>5–7</sup> Bezüglich anderer postbioptischer Komplikationen wie Hämaturie, Harnverhalt oder Hämatospermie konnten in einer Metaanalyse keine signifikanten Unterschiede zwischen transrektale Bx (TRBx) und TPBx festgestellt werden.<sup>8</sup> Die Vermeidung von potenziell lebensbedrohlichen Komplikationen sowie die Entstehung relevanter zusätzlicher Therapiekosten sollten nach Ansicht der Autoren zu einem Umdenken zugunsten der TPBx führen.<br /> Die TPBx wird mithilfe einer Schablone, eines sogenannten Templates (TTPBx), und meistens in einer kurzen Narkose durchgeführt. Dieses Vorgehen erlaubt es, die Probenentnahme korrekt zu dokumentieren. Zudem wird die Genauigkeit der TPBx erhöht. Viele Spezialisten scheuen jedoch dieses Vorgehen. Gründe hierfür sind möglicherweise Materialkosten (Template, Halterung, Stepper etc.), aber auch die Notwendigkeit einer Allgemeinanästhesie. Die Prostatakarzinomdetektionsraten der sogenannten freihändigen perinealen Prostatabiopsie sind mit 33,5 % mit denen der TRBx (33 % ) vergleichbar.<sup>8</sup> Im Gegensatz dazu können mit der TTPBx bis zu 68 % der Prostatakarzinome entdeckt und die Genauigkeit der Risikostratifizierung erhöht werden.<sup>9</sup> Die TTPBx besitzt des Weiteren einen hohen Stellenwert für eine mögliche fokale Therapie des Prostatakarzinoms. Gerade bei fokalen Behandlungsmodalitäten (z.B. HIFU) ist die genaue Lokalisation des PCa von grösster Bedeutung.</p> <h2>mpMR T der Prostata und MR T-TRUS-navigierte PBx</h2> <p>In der konventionellen PBx werden weiterhin häufig klinisch signifikante PCa übersehen oder nicht signifikantes PCa diagnostiziert (Stichwort Überdiagnose).<sup>10</sup> Idealerweise sollten der Patient und der behandelnde Arzt nach der ersten Prostatabiopsie Gewissheit haben. Eine der wichtigsten Neuerungen der jüngsten Zeit in der Prostatakarzinomdiagnostik ist die sogenannte mpMRT/TRUS-navigierte Fusionsbiopsie. Diese kann transrektal und perineal erfolgen, wobei der perineale Zugang aufgrund des reduzierten Infektionsrisikos Vorteile bietet. Bei der mpMRT/ TRUS-navigierten Fusionsbiopsie wird das Potenzial der besten Bildgebung für die Prostata (multiparametrisches MRT, mp- MRT) mit einer Fusionsbiopsieeinheit kombiniert. Diese Kombination macht es dem Untersucher möglich, zielgerichtet und nachvollziehbar karzinomsuspekte Regionen in der Prostata zu biopsieren. Eine neuere Metaanalyse berichtet, dass durch die mpMRT/TRUS-navigierte Fusionsbiopsie ein signifikantes PCa mit höherer Wahrscheinlichkeit im Vergleich zu einer systemischen PBx nachgewiesen werden kann.<sup>11</sup><br /> Mittlerweile sind einige Systeme für die Durchführung einer MRT/TRUS-navigierten PBx auf dem Markt.<sup>12</sup> Sie alle haben sowohl Vorteile als auch Nachteile, wobei nicht alle Systeme die Möglichkeit einer TPBx bieten. Die grösste Schwachstelle der MRT/TRUS-navigierten PBx ist die Abhängigkeit der Ergebnisse von der Interpretation der mpMRT-Bilder. Eine Studie zeigte, dass ein Drittel der Gleason- 7-PCa übersehen wurde, wenn die MRI-Befunde mit der endgültigen Pathologie nach radikaler Prostatektomie verglichen wurden.<sup>13</sup> Gemäss anderen Untersuchungen haben bis zu 20 % der Männer mit einem unauffälligen mpMRT der Prostata jedoch ein signifikantes PCa, dass durch systematische PBx entdeckt wird.<sup>14</sup> Auch die Weiterentwicklung des Interpretationsalgorithmus für die mpMRT der Prostata (PI-RADS v.2) kann die Erfahrung eines Radiologen nicht ersetzen. Die moderate Interobserver-Variabilität birgt die Gefahr, dass die Befundung mit bedeutenden Unterschieden reproduzierbar sein kann.<sup>15</sup> Da bei einer MRT/TRUSnavigierten PBx noch bis zu 58 % der PCa im dorsolateralen Bereich der Prostata übersehen werden,<sup>16</sup> wird zusätzlich die systemische PBx empfohlen.<sup>14</sup> Neben dem erhöhten Infektrisiko einer transrektalen PBx im Vergleich zur TPBx werden Tumoren im anterioren Bereich der Prostata bei der transrektalen PBx häufiger übersehen.<sup>16</sup> Daher erscheint die Kombination aus TTPBx und MRT/TRUS-Navigation sowohl hinsichtlich des Infektrisikos als auch der Detektionsrate als sehr sicheres und präzises diagnostisches Verfahren.<br /> Neben der zielgeführten Biopsie könnte das mpMRT der Prostata in naher Zukunft auch dazu führen, dass weniger Prostatabiopsien durchgeführt werden müssen. So konnte in der vor Kurzem publizierten PROMIS-Studie gezeigt werden, dass eine mpMRT die Notwendigkeit einer Biopsie der Prostata um ein Viertel reduzieren kann.<sup>17</sup> Die Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) empfehlen aktuell die Durchführung der mpMRT erst, wenn die erste randomisierte Biopsie negativ war und der Verdacht auf ein Prostatakarzinom weiterhin besteht (Evidenzgrad A).<sup>18</sup></p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Trotz aller Weiterentwicklungen in der Prostatakarzinomdiagnostik ist eine PBx weiterhin unabdingbar. Das mpMRT ist auf dem besten Weg, sich als Standard in der Diagnostik des Prostatakarzinoms vor der Biopsie zu etablieren. Die Autoren sind überzeugt, dass sich die Kombination der perinealen mpMRT-navigierten Fusionsbiopsie der Prostata und ergänzend der TTPBx in Zukunft als Standard in der Prostatakarzinomdiagnostik durchsetzen wird. Der transrektale Zugang wird aufgrund der zunehmenden Resistenzentwicklung von Darmkeimen und der damit verbundenen Zunahme an Infektkomplikationen weiterhin an Bedeutung verlieren.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Loeb S et al.: Complications after prostate biopsy: data from SEER-Medicare. J Urol 2011; 186: 1830-4 <strong>2</strong> Lundström K et al.: Nationwide population based study of infections after transrectal ultrasound guided prostate biopsy. J Urol 2014; 192: 1116-22 <strong>3</strong> Nam R et al.: Increasing hospital admission rates for urological complications after transrectal ultrasound guided prostate biopsy. J Urol 2013; 189: 12-7 <strong>4</strong> Thompson P et al.: The problem of infection after prostatic biopsy: the case for the transperineal approach. Br J Urol 1982; 54: 736-40 <strong>5</strong> Vyas L et al.: Indications, results and safety profile of transperineal sector biopsies (TPSB) of the prostate: a single centre experience of 634 cases. BJU Int 2013; 114: 32-7 <strong>6</strong> Symons J et al.: Outcomes of transperineal template-guided prostate biopsy in 409 patients. BJU Int 2013; 112: 585-93 <strong>7</strong> Grummet J et al.: Sepsis and «superbugs»: Should we favour the transperineal over the transrectal approach for prostate biopsy? BJU Int 2014; 114: 384-8 <strong>8</strong> Shen P et al.: The results of transperineal versus transrectal prostate biopsy: a systematic review and meta-analysis. Asian J Androl 2011; 14: 310-5 <strong>9</strong> Valerio M et al.: The prevalence of clinically significant prostate cancer according to commonly used histological thresholds in men undergoing template prostate mapping biopsies. J Urol 2015; 195: 1403-8 <strong>10</strong> Buzzoni C et al.: Metastatic prostate cancer incidence and prostatespecific antigen testing: new insights from the European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer. Eur Urol 2015; 68: 885-90 <strong>11</strong> Schoots I et al.: Magnetic resonance imaging-targeted biopsy may enhance the diagnostic accuracy of significant prostate cancer detection compared to standard transrectal ultrasound-guided biopsy: a systematic review and meta-analysis. Eur Urol 2014; 68: 438-50 <strong>12</strong> Logan J et al.: Current status of magnetic resonance imaging (MRI) and ultrasonography fusion software platforms for guidance of prostate biopsies. BJU Int 2013; 114: 641-52 <strong>13</strong> Le J et al.: Multifocality and prostate cancer detection by multiparametric magnetic resonance imaging: correlation with whole-mount histopathology. Eur Urol 2014; 67: 569-76 <strong>14</strong> Kuru T et al.: Critical evaluation of magnetic resonance imaging targeted, transrectal ultrasound guided transperineal fusion biopsy for detection of prostate cancer. J Urol 2013; 190: 1380-6 <strong>15</strong> Rosenkrantz A et al.: Interobserver reproducibility of the PI-RADS version 2 lexicon: a multicenter study of six experienced prostate radiologists. Radiology 2016; 280: 793-804 <strong>16</strong> Schouten M et al.: Why and where do we miss significant prostate cancer with multi-parametric magnetic resonance imaging followed by magnetic resonanceguided and transrectal ultrasound-guided biopsy in biopsy- naïve men? Eur Urol 2017; 71: 896-903 <strong>17</strong> Mottet N et al.: EAU-ESTRO-SIOG guidelines on prostate cancer. Part 1: screening, diagnosis, and local treatment with curative intent. Eur Urol 2017; 71: 618-29 <strong>18</strong> Ahmed H et al.: Diagnostic accuracy of multi-parametric MRI and TRUS biopsy in prostate cancer (PROMIS): a paired validating confirmatory study. Lancet 2017; 389: 815-22</p>
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