<p class="article-intro">Einige Methoden wurden in den letzten Jahren auf der Suche nach einer minimal invasiven Alternative zur etablierten operativen Standardtherapie der benignen Prostatahyperplasie, der transurethralen Resektion der Prostata (TURP), evaluiert. Die Ergebnisse einer prospektiv randomisierten Studie zur Rezum<sup>TM</sup>-Wasserdampftherapie zeigen vielversprechende Resultate – eine mögliche Therapiealternative?</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Ambulanter Eingriff in Lokalanästhesie</li> <li>Kurze Lernkurve</li> <li>Dauerhafte Verbesserung der Symptome (4 Jahre)</li> <li>Keine Auswirkung auf die sexuelle Funktion</li> <li>Patientenselektion beachten</li> <li>Unabhängige Bestätigung der Datenlage ausstehend</li> </ul> </div> <p>Die transurethrale Resektion der Prostata überzeugt mit über viele Jahre hinweg beobachteten, konsistenten Ergebnissen: einer signifikanten und reproduzierbaren Verbesserung von IPSS (International Prostata Symptom Index), Q<sub>max</sub>, Restharn und Lebensqualität. Wesentlicher Vorteil der TURP ist darüber hinaus ein Therapieeffekt, der dauerhaft über Jahre hinweg anhält und bereits unmittelbar nach dem Eingriff eintritt. Die Komplikationen der TURP sind gut dokumentiert und zum großen Teil passager (perioperative Komplikationen); die Rate an dauerhaften unerwünschten Ereignissen nach TURP bewegt sich im einstelligen Prozentbereich. Alleine die retrograde Ejakulation ist als dauerhafte Nebenwirkung der TURP bei bis zu 90 % der Patienten zu erwarten, kann allerdings auch bei der weitverbreiteten medikamentösen Behandlung mit Alphablockern auftreten.</p> <h2>Ablauf der Wasserdampftherapie</h2> <p>Die Rezum<sup>TM</sup> „water vapor therapy“ basiert auf der transurethralen, sichtgesteuerten Injektion von erhitztem Wasserdampf in die Prostataseitenlappen oder den prostatischen Mittellappen (Abb. 1). Die Erhitzung des Gewebes auf bis zu 70°C basiert auf Konvektion des Wasserdampfes im Interstitium der Transitionalzone und wird durch Bindegewebsschichten auf diese beschränkt. Zur Vermeidung von Perforationen der Injektionsnadel in das periprostatische Gewebe wird ein Mindestadenomvolumen von 30 ml empfohlen, weiters stellt ein peniles Implantat eine Kontraindikation für dieses Verfahren dar.<br /> Durch die Injektion des erhitzten Wasserdampfes wird in den Zellen der prostatischen Transitionalzone ein Apoptosevorgang initiiert, welcher zu einer Volumensverminderung des Adenomgewebes und dadurch in weiterer Folge zu einer Desobstruktion im Bereich der prostatischen Harnröhre führt. Dieser Vorgang ist zeitabhängig. Somit ist, ungleich zur TURP, bei der das resezierte Gewebe schon während des Eingriffes entfernt wird, ein Therapieeffekt nicht unmittelbar im Anschluss an den Eingriff zu erwarten, sondern erst mit einer Latenzzeit von einigen Tagen bzw. Wochen. Der Hersteller empfiehlt an dieser Stelle 1 Tag Katheterliegedauer pro 10 ml behandelten Adenomgewebes. Der Effekt der Behandlung ist mittels bildgebender Verfahren, wie zum Beispiel einer MRT, als Gewebedefekt nachweisbar. Eine fortschreitende Größenreduktion der gesetzten thermalen Läsionen wie auch der Transitionalzone ist bis zu 6 Monate nach dem Eingriff zu erwarten. So lange ist auch mit einer Beurteilung des maximalen Therapieeffektes abzuwarten.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1904_Weblinks_urologik_uro_1904_s32_abb1_marszalek.jpg" alt="" width="550" height="375" /></p> <h2>Ergebnisse randomisierter Studien</h2> <p>Neben einigen Pilotstudien beschreibt eine von McVary publizierte prospektiv randomisierte Studie zu Rezum<sup>TM</sup> am besten die Langzeitergebnisse dieser doch relativ neuen Methode mit einem Followup von 4 Jahren. Hier zeigt sich ein IPSSNadir nach 6 Monaten mit einer Halbierung des Ausgangswertes und einem anhaltenden Effekt bis zum Ende des Nachbeobachtungszeitraumes von 4 Jahren. Ähnliches gilt für die Verbesserung der Lebensqualität. Die maximale Verbesserung des Q<sub>max</sub> im Ausmaß von über 60 % ist nach 3 Monaten zu beobachten. Die Wiederbehandlungsrate nach einer Rezum<sup>TM</sup>- Therapie liegt bei 3 % nach 1 Jahr und steigt auf bis zu 9,6 % nach 4 Jahren. Knapp die Hälfte dieser Patienten (5,2 % ) benötigte eine chirurgische Reintervention, die übrigen Patienten eine medikamentöse Therapie (4,4 % ).<br /> Die Rate der beobachteten Komplikationen liegt im Bereich zwischen 3 % (Harnwegsinfekte, Harnverhalte, Drangbeschwerden) und 16 % (Dysurie und Hämaturie). Insgesamt wurde bei 42,9 % aller Patienten eine Nebenwirkung beobachtet.</p> <h2>Vorteile der Wasserdampftherapie</h2> <p>Als Vorteile des Rezum<sup>TM</sup>-Verfahrens werden der Erhalt der antegraden Ejakulation, eine kurze Katheterliegedauer sowie eine Operationsdauer von nur 10 Minuten angeführt. Der wesentliche Benefit dieser Prozedur liegt jedoch in der Möglichkeit, diese Behandlung in Lokalanästhesie (periprostatischer Block) durchzuführen. Somit eignet sich Rezum<sup>TM</sup> insbesondere für Patienten, die aufgrund von Komorbiditäten einen Eingriff in Allgemeinanästhesie vermeiden müssen. Der Erhalt der antegraden Ejakulation bei diesem Verfahren ist technisch bedingt, da die Wasserdampfinjektionen in die prostatischen Seitenlappen und gegebenenfalls den Mittellappen erfolgen, jedoch eine Manipulation in der Blasenhalsregion unterbleibt. Damit könnten neben der Gruppe der nicht narkosetauglichen Patienten auch jüngere, sexuell aktive Männer, die einer retrograden Ejakulation ablehnend gegenüberstehen bzw. die Nebenwirkungen einer medikamentösen Therapie nicht tolerieren, von dieser Methode profitieren.</p> <h2>Vergleich mit anderen Therapien</h2> <p>Vergleicht man den Effekt der Rezum<sup>TM</sup>-Therapie mit der chirurgischen Standardtherapie, der transurethralen Resektion der Prostata, und den Daten der medikamentösen Kombinationstherapie (MTOPS Trial), dann zeigt sich bei Rezum<sup>TM</sup> eine deutliche IPSS-Verbesserung im Ausmaß der TURP, jedoch eine Q<sub>max</sub>-Verbesserung, welche deutlich hinter dem Effekt der TURP zurückbleibt und eher mit der medikamentösen Kombinationstherapie vergleichbar ist. Ähnliches gilt für die Restharnreduktion. Die Verbesserung der Lebensqualitätsdaten scheint zwischen allen drei Methoden vergleichbar (Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Urologik_Uro_1904_Weblinks_urologik_uro_1904_s33_tab1_marszalek.jpg" alt="" width="550" height="185" /></p> <h2>Erfahrungen aus dem klinischen Alltag</h2> <p>An unserer Abteilung kommt das RezumTM- Verfahren seit 2 Jahren zum Einsatz. In der initialen Evaluierungsphase beschränkten wir die Behandlung auf multimorbide Patienten mit dem Wunsch, eine Alternative zur Dauerharnableitung zu erhalten. Der Therapieendpunkt war dementsprechend ein erfolgreicher Katheterauslassversuch. Abweichend von den Empfehlungen des Herstellers wurde die postinterventionelle Katheterisierung auf 4 Wochen ausgedehnt, da alle Patienten bereits vor dem Eingriff mit einer Dauerharnableitung versorgt waren. Von den 37 behandelten Patienten mit einem durchschnittlichen Alter von 80 Jahren waren 73 % zum Ende des Beobachtungszeitraumes katheterfrei. Alle Eingriffe konnten komplikationsfrei in Lokalanästhesie durchgeführt werden, das mittlere behandelte Adenomvolumen lag bei 50 ml.</p> <h2>Conclusio</h2> <p>Rezum<sup>TM</sup> bietet laut Hersteller einen Erhalt der antegraden Ejakulation, wesentliche Vorteile liegen auch in der Möglichkeit, diesen Eingriff in Lokalanästhesie durchzuführen, sowie in der kurzen Lernkurve. Vergleicht man den Effekt des Verfahrens mit etablierten Behandlungsmethoden, so ist Rezum<sup>TM</sup> nicht unbedingt in Konkurrenz zur TURP zu sehen, sondern eher als Alternative zur medikamentösen Therapie. Stellt man die Kosten des Verfahrens den Kosten der medikamentösen Behandlung oder auch der Dauerkatheterversorgung mit den damit verbundenen Pflege- oder Krankentransportleistungen gegenüber, so scheint es auch kosteneffizient zu sein.<br><br /> Wie bei allen neuen Verfahren, die neben gut evaluierten und etablierten Standardtherapien auf den Markt drängen, ist die Auswahl der geeigneten Patienten ein kardinales Kriterium. Kann einem Patienten ein Standardverfahren aufgrund von Komorbiditäten oder Nebenwirkungsspektrum nicht angeboten werden, mag das Rezum<sup>TM</sup>-Verfahren eine überlegenswerte Alternative zur Dauerharnableitung darstellen. Jüngere und sexuell aktive Patienten, bei denen die Ejakulationsprotektion im Vordergrund der Überlegungen steht, müssen ausführlich über die eingeschränkte Datenlage zu diesem neuen Verfahren aufgeklärt werden, dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die vorliegenden Studien zur Evaluierung des Rezum<sup>TM</sup>-Verfahrens durch den Hersteller unterstützt wurden. Hier ist sicherlich eine unabhängige Bestätigung der prinzipiell vielversprechenden Studienergebnisse gefordert und abzuwarten.</p></p>
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