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BRCA und BRCAness

<p class="article-intro">Durch Umwelteinflüsse, wie zum Beispiel UV-Strahlung oder schädliche Noxen im Tabakrauch, sowie im Rahmen der Zellteilungen und durch Bildung freier Radikale in der Zelle ist die DNA ständig schädigenden Einflüssen ausgesetzt. Dadurch entstehen verschiedenste DNA-Veränderungen wie Basenmodifikationen, Doppelstrang- und Einzelstrangbrüche. Die DNA-Reparatur spielt somit eine wesentliche Rolle für den Erhalt der DNA-Integrität.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>DNA-Reparatur-Defizienz als therapeutisches Ziel</h2> <p>Den Hauptreparaturmechanismus bei Doppelstrangbr&uuml;chen stellt die homologe Rekombinationsreparatur dar. Dabei wird im Rahmen der Reparatur, durch Nutzung der homologen DNA als Grundlage, die originale Sequenz der DNA wiederhergestellt. Insbesondere die Gene BRCA1 und BRCA2 sowie weitere Gene, die mit der Fanconi-An&auml;mie verkn&uuml;pft sind, spielen eine wesentliche Rolle in diesem Prozess. Bei Sch&auml;digung der BRCA-Gene ist dieser Reparaturmechanismus gest&ouml;rt und die Zelle greift auf weniger effektive und somit fehleranf&auml;lligere Reparaturwege, wie Einzelstrangreparatur oder nicht homologe Rekombination (&bdquo;non-homologous endjoining&ldquo;, NHEJ), zur&uuml;ck. Eine wichtige Rolle in diesem &bdquo;alternativen&ldquo; Reparaturprozess, insbesondere bei der Basenexzisionsreparatur (BER) im Rahmen der Einzelstrangreparatur, spielt die Poly(ADPribose)-Polymerase 1 (PARP1).<sup>1,2</sup> Diese Zusammenh&auml;nge f&uuml;hrten zu der Erkenntnis, dass St&ouml;rungen der DNA-Reparatur und insbesondere der homologen Rekombination zur Entstehung verschiedener Tumoren beitragen und therapeutische Optionen bergen. Studien konnten zeigen, dass Medikamente gegen PARP, sogenannte PARP-Inhibitoren, bei Tumoren mit BRCA-Dysfunktion wirksam sind. Die Wirksamkeit beruht auf dem Konzept der synthetischen Letalit&auml;t, welches die genetische Ver&auml;nderung in Krebszellen nutzt, um sie f&uuml;r bestimmte Medikamente anf&auml;lliger zu machen und somit den Zelltod herbeizuf&uuml;hren. Da die Behandlungsmethode beim metastasierten Ovarialkarzinom zu einer signifikanten Verl&auml;ngerung des progressionsfreien Intervalls bei tolerierbaren Nebenwirkungen f&uuml;hrte, wurde Olaparib im Dezember 2014 als Monotherapie zur Behandlung von fortgeschrittenen Ovarialkarzinomen mit nachgewiesener BRCA1/2-Mutation und Platinsensitivit&auml;t zugelassen. Mittlerweile gibt es verschiedene Inhibitoren gegen PARP, die sich in verschiedenen Stadien der Entwicklung und klinischer Studien befinden. Dazu geh&ouml;ren neben Olaparib unter anderem Veliparib, Rucaparib und Niraparib.<sup>1, 2</sup> Die meisten Studien konzentrieren sich auf solide Tumoren mit BRCA1/2- Keimbahnmutationen wie Ovarial- und Brustkrebs, aber auch Prostata- und Pankreaskarzinome. In den neuesten publizierten Studien bez&uuml;glich Niraparib beim Ovarialkazinom konnte wiederum gezeigt werden, dass das progressionsfreie Intervall in der behandelten Gruppe signifikant l&auml;nger war als in der Placebogruppe. Dieser Effekt war am deutlichsten in der Gruppe mit einer Keimbahnmutation der BRCA-Gene (21,0 vs. 5,5 Monate), jedoch auch in der Gruppe ohne BRCA-Mutation, aber mit homologer Rekombinationsreparatur- Defizienz (12,9 vs. 3,8 Monate) und sogar in der Gruppe ohne beides (9,3 vs. 3,9 Monate) sichtbar.<sup>3</sup><br /> Die meisten Daten bez&uuml;glich der Effektivit&auml;t von PARP-Inhibitoren liegen f&uuml;r das Ovarialkarzinom vor. Beim Ovarialkarzinom ist der BRCA-Mutationsstatus in der Keimbahn nunmehr ein etablierter Biomarker f&uuml;r das Ansprechen einer PARPInhibitor- Therapie. In der Regel wurde der Mutationsstatus nur bei Patientinnen mit einer famili&auml;ren Belastung oder mit einem zus&auml;tzlichen Mammakarzinom erhoben, wobei sich nunmehr zeigt, dass &uuml;ber 20 % der getesteten Karzinome bei Frauen ohne eine famili&auml;re Vorbelastung Keimbahnmutationen und zus&auml;tzliche 4 % somatische Mutationen aufwiesen.<sup>4</sup> Diese und andere Daten legen nahe, dass jede Frau mit einem Ovarialkarzinom zumindest hinsichtlich einer Ver&auml;nderung in den BRCA-Genen getestet werden sollte.<sup>5</sup><br /> Beim Mammakarzinom ist die Datenlage noch nicht so evident wie beim Ovarialkarzinom und hier m&uuml;ssen erst noch die entsprechenden Studienergebnisse, wie z.B. die der Phase-III-Studie OLYMPIA, abgewartet werden.<sup>1</sup></p> <h2>BRCA1/2-Mutationsfrequenz beim tripelnegativen Mammakarzinom (TNBC)</h2> <p>Beim TNBC war die bisherige Datenlage hinsichtlich der Mutationspr&auml;valenz f&uuml;r BRCA1 und BRCA2 bei Frauen ohne famili&auml;re Belastung unzureichend. 2015 beschrieben Muendlein et al<sup>6</sup> an einer kleinen Fallzahl (100) von unselektierten F&auml;llen aus Deutschland und &Ouml;sterreich eine Mutationsrate von 21 % und schlugen eine generelle Testung von Frauen mit TNBC vor. Diese Mutationsrate konnte in einer erweiterten Arbeit von Rhiem et al<sup>7</sup> an 750 F&auml;llen von in Deutschland an TNBC erkrankten Frauen ohne Familienhistorie best&auml;tigt werden. Weiterhin konnte in dieser Arbeit eine Korrelation der Mutationsh&auml;ufigkeit mit dem Alter der Ersterkrankung gezeigt werden (Tab. 1).<br /> Aufgrund dieser Datenlage erscheint es nun sinnvoll, Frauen mit einem TNBC ohne famili&auml;re Belastung zumindest mit einem Ersterkrankungsalter bis zum 49. Lebensjahr hinsichtlich einer Ver&auml;nderung in den BRCA-Genen zu testen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1701_Weblinks_s54_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="458" /></p> <h2>BRCAness beim tripelnegativen Mammakarzinom</h2> <p>Obige Daten zeigen, dass nicht jedes TNBC eine BRCA-Mutation aufweist, jedoch eine weitere Subpopulation die gleiche Eigenschaft hinsichtlich des Therapieansprechens wie Tumoren mit BRCA-Mutationen hat. Diese Eigenschaft wird als BRCAness bezeichnet und eine Grundeigenschaft ist, dass diese Tumoren eine homologe Rekombinationsreparaturdefizienz (HRD) aufweisen. Ein Problem, nicht nur beim TNBC, ist jedoch, diese BRCAness zu charakterisieren. Neuere Arbeiten<sup>8, 9</sup> legten nun f&uuml;r die Charakterisierung einen &bdquo;multiplex ligation-dependent probe amplification&ldquo;(MLPA)-Test zugrunde.<sup>10</sup> In beiden Arbeiten konnte ein hoher Prozentsatz von 44&ndash;66 % an TNBCF&auml;llen definiert werden, die eine BRCAness aufwiesen und gem&auml;&szlig; einer Arbeit dadurch signifikant von einer anthrazyklinhaltigen<sup>9</sup> oder platinbasierten<sup>8</sup> Chemotherapie profitierten. Jedoch muss auch erw&auml;hnt werden, dass f&uuml;r eine erfolgreiche Durchf&uuml;hrung des Tests eine hohe DNA-Qualit&auml;t und ein hoher Tumorgehalt im Ausgangsmaterial unabdingbar sind.</p> <h2>Fazit</h2> <p>DNA-Reparatur ist ein zentraler Prozess f&uuml;r die Integrit&auml;t genomischer DNA. Klinische Studien mit PARP-Inhibitoren beim Ovarialkarzinom zeigen, dass der BRCA-Mutationsstatus ein etablierter Biomarker f&uuml;r die Effektivit&auml;t der Therapie ist. Aufgrund der Mutationspr&auml;valenz bei nicht famili&auml;ren Ovarialkarzinomen sollte jede Frau mit einem Tumor auf eine Keimbahnmutation hinsichtlich BRCA1/2 getestet werden. Neueste Mutationsfrequenzen beim tripelnegativen Mammakarzinom (TNBC) ohne famili&auml;re Belastung zeigen ebenfalls, dass Frauen, die bis zum vollendeten 49. Lebensjahr daran erkranken, getestet werden sollen. Zur Subklassifizierung von TNBC und zur Entscheidung zwischen platinbasierten Chemotherapien oder dem Einsatz von PARP-Inhibitoren ist nicht nur der BRCAMutationsstatus, sondern auch die Bestimmung der HRD von Vorteil. Die HRD sollte auch beim Ovarialkarzinom bestimmt werden.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Incorvaia L et al: &bdquo;Back to a false normality&rdquo;: New intriguing mechanism of resistance to PARP inhibitors. Oncotarget 2016: DOI:10.18632/oncotarget.14409 [Epub ahead of print] <strong>2</strong> Kristeleit RS et al: Gynecologic cancers: Emerging novel strategies for targeting DNA repair deficiency. Am Soc Clin Oncol Educ Book 2016; 35:e259-68 <strong>3</strong> Mirza MR et al: Niraparib maintenance therapy in platinum- sensitive, recurrent ovarian cancer. N Engl J Med 2016; 375(22): 2154-64 <strong>4</strong> Hahnen E et al: Prevalence of somatic mutations in risk genes including BRCA1/2 in consecutive ovarian cancer patients (AGO-TR-1 study). J Clin Oncol 2016; 34: abstract 5544 <strong>5</strong> George A et al: Delivering widespread BRCA testing and PARP inhibition to patients with ovarian cancer. Nat Rev Clin Oncol 2016: DOI:10.1038/ nrclinonc.2016.191 [Epub ahead of print] <strong>6</strong> Muendlein A et al: Evaluation of BRCA1/2 mutational status among German and Austrian women with triple-negative breast cancer. J Cancer Res Clin Oncol 2015; 141(11): 2005-12 <strong>7</strong> Rhiem K et al: BRCA1/2 mutation prevalence in triple-negative breast cancer patients without family history of breast and ovarian cancer. J Clin Oncol 2016; 34: abstract 1090 <strong>8</strong> Gross E et al: Identification of BRCA1-like triple-negative breast cancers by quantitative multiplex-ligationdependent probe amplification (MLPA) analysis of BRCA1- associated chromosomal regions: a validation study. BMC Cancer 2016; 16(1): 811 <strong>9</strong> Mori H et al: BRCAness as a biomarker for predicting prognosis and response to anthracycline- based adjuvant chemotherapy for patients with triple-negative breast cancer. PLoS One 2016; 11(12): e0167016 <strong>10</strong> Lips EH et al: Quantitative copy number analysis by Multiplex Ligation-dependent Probe Amplifikation (MLPA) of BRCA1-associated breast cancer regions identifies BRCAness. Breast Cancer Res 2011; 13(5): R107<br /><br /> Die Thematik war Teil eines Vortrags, der im Rahmen des 9. COMBATing Breast Cancer &bdquo;Improving Survival&ldquo; vom 11. bis 12. September 2016 in D&uuml;sseldorf gehalten wurde.</p> </div> </p>
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