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Fertilität und Schwangerschaft bei systemischen Autoimmunerkrankungen
Jatros
Autor:
PD Dr. Ruth Fritsch-Stork, PhD
1. Abteilung für Innere Medizin<br> Hanusch-Krankenhaus, Wien<br> Prof. für Rheumatologie an der Sigmund Freud Privatuniversität<br> E-Mail: ruth.fritsch-stork@wgkk.at
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28.03.2019
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<p class="article-intro">In den letzten Jahrzehnten haben frühere Erkennung und bessere Behandlungsmöglichkeiten zu einer Verringerung der Morbidität und Mortalität geführt. Erstreckt sich diese Verbesserung jedoch auch auf den oft dringenden Wunsch der Patientinnen, Kinder zu bekommen? Im Allgemeinen ja, aber es besteht noch immer ein erhöhtes Risiko für Komplikationen, weswegen zeitgerecht mit den Patientinnen über ihre Familienplanung diskutiert werden sollte.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Konzeption sollte nur bei geringer Krankheitsaktivität erfolgen.</li> <li>Eine rechtzeitige Umstellung der Medikamente sollte frühzeitig geschehen.</li> <li>Bei SLE-Patientinnen und Trägerinnen von SSA- oder SSBAntikörpern ist eine Therapie mit Hydroxychloroquin während der gesamten Schwangerschaft nötig.</li> <li>Bei Patientinnen mit Antiphospholipid- Antikörpern sollte Thrombo-ASS gegeben werden; bei einem vorangegangenen thrombotischen/obstetrischen Event sollten LMWH dazugegeben werden.</li> </ul> </div> <p>Die häufigsten systemischen Autoimmunerkrankungen sind der systemische Lupus erythematodes (SLE) und der Morbus Sjögren (SS).<sup>1, 2</sup> Beide Krankheitsbilder haben eine höhere Prävalenz bei Frauen (w:m = 9:1) und manifestieren sich meist zwischen dem 20. bis 40. Lebensjahr; somit ergibt sich zwangsläufig das Thema der Familienplanung bei diesen Patientinnen.<br /> Bei beiden Erkrankungen kann es zum Auftreten von thrombogenen Antiphospholipid- Antikörpern (APL = Antikardiolipid- AK u./o. Anti-β2GP1-AK u./o. Lupusantikoagulans) kommen; die Kombination aus diesen Laborveränderungen und einem durchgemachten thrombotischen Ereignis bzw. Schwangerschaftskomplikationen ergibt die Diagnose Antiphospholipidsyndrom (APLAS = APL und ein klinisches Ereignis [arterielle und/oder venöse Thrombose und/oder Schwangerschaftskomplikationen]).<sup>3</sup><br /> Die Diagnose der genannten Autoimmunerkrankungen wurde oft als Kontraindikation für Schwangerschaften gesehen, und die Patientinnen wurden damit in ihrer Lebensplanung deutlich (negativ) beeinflusst. In den letzten Dezennien hat der medizinische Fortschritt auch auf diesem Gebiet zu positiven Entwicklungen geführt. So ist z. B. die Fehlgeburtenrate bei SLE-Patientinnen von durchschnittlich ca. 43 % in Zeitraum 1960–1965 auf 17 % zwischen 2000 und 2003 gesunken.<sup>4</sup> Ein Teil des Erfolges liegt in der Erkennung stets deutlicher werdender Risikoprofile – z. B. dem Bewusstsein, dass eine Schwangerschaft in einer ruhigen Phase der Erkrankungen begonnen werden sollte –, ein anderer in der Formulierung von Empfehlungen internationaler Fachgesellschaften.<sup>5</sup> Unter Berücksichtigung derselben kann eine gute medizinische Begleitung in, vor, während und nach der Schwangerschaft erfolgen.</p> <h2>Vor der Schwangerschaft</h2> <p><strong>Fertilität</strong><br /> Als Infertilität wird das fehlende Eintreten einer Schwangerschaft nach 12 Monaten trotz regelmäßigen Geschlechtsverkehrs ohne Verhütung definiert. Als (Surrogat-) Marker hierfür können die Familiengröße und Biomarker wie das AMH (Anti-Müller-Hormon, von den Granulosazellen wachsender Follikel – Primordialfollikel bis Antralfollikel – sezerniert, unabhängig vom Menstruationszyklus) oder die Anzahl der Antralfollikel („antral follicle count“, AFC) bestimmt werden. Bei Patientinnen mit APL/APLAS sind diese Marker vergleichbar mit Gesunden und es wird eine normale Fertilität angenommen.<sup>6, 7</sup> Auch für Sjögren-Patientinnen gibt es in der Literatur keinen Hinweis auf eine verminderte Fertilität, wobei die Datenlage gering ist.<br /> Bei SLE sind die Studien etwas nuancierter: Prinzipiell wird von einer normalen Fertilität ausgegangen, auch wenn in kleinen Studien niedrigere Werte für AFC/ AMH gefunden wurden.<sup>8</sup> Wichtige Ausnahme ist eine Vorbehandlung mit Cyclophosphamid (CXC), die eine vorzeitige ovarielle Insuffizienz (vor dem 40. Lebensjahr) bzw. eine reduzierte ovarielle Reserve verursachen kann. Dieses Risiko erhöht sich mit steigendem Alter bei Therapie und mit steigender Dosis, wenn auch kein genauer Schwellenwert besteht. Die im Euro- Lupus-Schema angewandte Dosis von 3 g innerhalb von 3 Monaten beeinträchtigt die ovarielle Reserve nach heutigem Wissensstand nicht negativ.<sup>9</sup> Zum Erhalt der Fertilität bei höher dosiertem CXC werden oft GnRH-Analoga gegeben, wobei dies vor allem für Tumorpatientinnen erprobt ist. Auch wenn die Daten bei SLE-Patientinnen spärlich sind<sup>10, 11</sup> und die Nebenwirkungen (menopauseähnliche Beschwerden) erheblich sein können, wird eine solche Therapie empfohlen (Beginn wenn möglich 3 Wochen vor dem CXC-Start).<sup>5</sup></p> <p><strong>Kontrazeption</strong><br /> Da die Fertilität in den meisten Fällen nicht beeinträchtigt ist, die Schwangerschaft allerdings nur in einer ruhigen Phase begonnen werden sollte, ist eine adäquate Verhütung vonnöten. Unbedenklich sind Barrieremethoden und IUD (Spiralen). Kondome sind medizinisch für diese Patientengruppe ungefährlich, haben jedoch den Nachteil einer hohen Unsicherheit (Pearl Index, PI: 2 %–18 %, abhängig von der richtigen Anwendung).<sup>12</sup><br /> Ebenfalls bei allen Patientinnen anwendbar sind Kupfer- oder Gestagenspiralen, welche beide effektiv sind (PI 0,8 % bzw. 0,2 %) und keine erhöhte Thromboseneigung mit sich bringen. Somit sind sie auch bei Patientinnen mit APL anwendbar. Bei antikoagulierten (APLAS-)Patientinnen ist zur Vermeidung größeren Blutverlustes durch Hypermenorrhö die Hormonspirale der Kupferspirale überlegen.<br /> Nur für Patientinnen in ruhiger Krankheitsphase ohne thrombogene Risikofaktoren geeignet ist die hormonelle Kontrazeption (als Pille, transdermales Pflaster oder Vaginalring) durch Östrogen/ Progesteron-Kombinationen oder Gestagen-Monopräparate (PI: 0,3 %–9 %, abhängig von der richtigen Anwendung). Sie können SLE- oder Sjögren-Patientinnen ohne Thromboserisiko gegeben werden.<sup>5</sup> Diesbezüglich wurde bei SLE-Patientinnen in ruhiger Krankheitsphase und ohne APL in zwei unabhängigen randomisierten Studien keine Erhöhung der Zahl der Krankheitsschübe beobachtet.<sup>13, 14</sup> Bei Vorliegen von thrombogenen Risikofaktoren, wie z. B. APL oder APLAS, Alter ≥ 40, BMI ≥ 30, Thrombosen in der Familien- oder eigenen Anamnese oder Rauchen, ist eine Hormontherapie aufgrund des gesteigerten Thromboserisikos bei Einnahme von Östrogenen kontraindiziert. Die 3-Monats- Spritze mit einem Gestagen erhöht bei lang dauernder Anwendung die Osteoporosegefahr, weswegen diese Form der Antikonzeption bei Patientinnen, die z. B. durch Glukokortikoide schon ein erhöhtes Osteoporoserisiko haben, eher nicht anzuraten ist.<sup>15</sup><br /> Falls ein ungeschützter Geschlechtsverkehr stattgefunden hat, kann die „Pille danach“ (ein hoch dosiertes Hormonpräparat – Levonorgestrel oder Ulipristalacetat) am besten 12 bis 24 Stunden nach dem Verkehr eingenommen werden (Wirksamkeit 90 %; NW: Kopf- und Bauchschmerzen, Übelkeit). Da der Einfluss von Levonorgestrel auf die Blutgerinnung nicht deutlich ist, sollten Patientinnen mit Risikofaktoren (s. o.) lieber Ulipristalacetat verwenden.</p> <h2>Checkliste von Risikofaktoren vor der Schwangerschaft</h2> <p><strong>Allgemeine Maßnahmen</strong><br /> Die für jede Schwangerschaft bei gesunden Frauen etablierten Maßnahmen sollten natürlich auch bei Patientinnen mit einer Autoimmunerkrankung ergriffen werden. Dies gilt besonders für die Substitution von Vitamin D und Folsäure und die Erhebung des Impfstatus, wobei ein ungenügender Titer durch Impfung vor Eintritt der Schwangerschaft behoben werden sollte. Ein Sonderfall sind Röteln, die zu einer Rötelnembryopathie führen können. Die Rötelnimpfung ist eine Lebendimpfung, welche gemeinhin unter immunsuppressiver Therapie nicht gegeben werden sollte. Im kürzlich publizierten Konsensuspapier österreichischer Experten wird diesbezüglich bei Azathioprin, Methotrexat, Cyclosporin und Tacrolimus zu einem Absetzen der Medikation 3 Monate vor der Impfung geraten, bei Rituximab ist der Zeitrahmen 12 Monate.<sup>16</sup> Allgemein kann einen Monat nach der Impfung die Therapie (wieder) begonnen werden. Eine Ausnahme ist Hydroxychloroquin, welches man nicht absetzen muss.<sup>16</sup></p> <p><strong>Spezielle Maßnahmen</strong><br /> Zusätzlich sollte man bei SLE-/Sjögren- und/oder APLAS-Patientinnen auf das Auftreten von Komplikationen gefasst sein. Diese Komplikationen kann man in krankheitsspezifische (bei der Mutter z. B. SLE-Schub, beim Kind z. B. neonataler Lupus) und krankheitsunspezifische Komplikationen einteilen. Zu Letzteren zählen ein höheres Risiko für die Mortalität der Mutter/des Kindes, intrauterine Wachstumsverzögerung (IUGR)/SGA („small for gestational age“), Frühgeburtlichkeit und eine erhöhte Wahrscheinlichkeit des Auftretens von hypertensiven Erkrankungen der Schwangerschaft wie Gestationshypertonie (nach der abgeschlossenen 20. SSW auftretender RR ≥ 140/90 mmHg ohne Proteinurie bei einer zuvor normotensiven Schwangeren), Präeklampsie (Gestose, Gestationshypertonie und Proteinurie ≥ 300mg/24 h oder > 30 mg/mmol Protein-Kreatinin-Ratio im Spontanurin, die nach der abgeschlossenen 20. SSW aufgetreten sind), Eklampsie (im Rahmen einer Präeklampsie auftretende tonisch-klonische Krampfanfälle, die keiner anderen Ursache zugeordnet werden können), HELLP-Syndrom, chronische Hypertonie (präkonzeptionell oder vor der 20. SSW diagnostizierte Hypertonie ≥ 140/90 mmHg) und Pfropfeklampsie (Propfgestose, chronische Hypertonie und neu aufgetretene/sich verschlechternde Proteinurie nach der 20. SSW). Für genauere Information siehe S1-Leitlinie: Diagnostik und Therapie hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen.<sup>17</sup><br /> Allgemein gilt, dass Komplikationen seltener auftreten, wenn Patientinnen in einer ruhigen Phase der Krankheit schwanger werden. Deswegen wird vor der Konzeption auch eine 6 Monate dauernde Remission/niedrige Krankheitsaktivität unter gleichbleibender Therapie angeraten.<sup>5</sup> Am besten erhebt man schon vor der Schwangerschaft einen validierten Score, für den es auch ein Äquivalent in der Schwangerschaft gibt, z. B. den SLEDAI („SLE disease activity index“, https://qxmd.com/calculate/calculator_ 335/sledai-2k).</p> <p><strong>Medikamentencheck vor/während der Schwangerschaft (Tab. 1)</strong><br /> Viele SLE-/Sjögren-Patientinnen nehmen Immunsuppressiva, allerdings sind auch andere Therapeutika zu beachten: NSAR, Antihypertensiva und Antikoagulanzien.<br /> Bei den Immunsuppressiva/-modulatoren sind prinzipiell Hydroxychloroquin, Azathioprin, Cyclosporin A und Tacrolimus während einer Schwangerschaft „erlaubt“, alle anderen nicht (Tab. 1).<sup>5</sup> Glukokortikoide sollte man wegen des erhöhten Risikos für Gestationsdiabetes und Hypertonie so gering wie möglich einsetzen. Wichtig ist, dass man 6 Monate vor der Konzeption mit einer stabilen Immunsuppression eine niedrige Krankheitsaktivität erreicht. Diesbezüglich ist es in der Praxis oft besser, eine „Low dose“-Prednisontherapie (5 mg/Tag) zu akzeptieren, als durch ein vollständiges Absetzen ein Rezidiv zu verursachen.<br /> NSAR können mehrere negative Auswirkungen in der Schwangerschaft haben. Rund um die Konzeption können sie die Einnistung des Embryos behindern, weswegen bei Schwierigkeiten der Konzeption auf eine NSAR-Therapie in dieser Phase verzichtet werden sollte. Im 3. Trimenon sind NSAR aufgrund ihrer konstriktorischen Wirkung auf den Ductus Botalli mit der möglichen Konsequenz eines neonatalen Lungenhochdrucks kontraindiziert. Prinzipiell können NSAR einen negativen Einfluss auf die fetale Niere mit einem Oligohydramnion als Folgeerscheinung haben. Dies ist jedoch reversibel, weswegen NSAR (nonselektive NSAR oder Celecoxib – für die anderen COX-2-Inhibitoren gibt es zu wenige Daten) prinzipiell im 1. und 2. Trimenon gegeben werden können (www.embryotox.de).<sup>18</sup><br /> Thrombo-ASS kann ohne Einschränkung eingenommen werden. Es wird bei APL-positiven sowie APLAS-Patientinnen vorgeschrieben und bei SLE-Patientinnen zur Verhinderung einer Präeklampsie empfohlen.<br /> Marcoumar- und Sintromeinnahme können in 5 % der exponierten Fälle zu einer Kumarin-Embryopathie (mit nasaler Hypoplasie, Wachstumsstörung, ZNSund Augenschäden) und zu fetalen Blutungen führen. Ein rechtzeitiges Umsteigen auf niedermolekulares Heparin (LMWH) vor der Schwangerschaft ist geboten.<br /> Bei den antihypertensiven Medikamenten sind Alpha-Methyldopa, selektive Beta- 1-Blocker (v. a. Metoprolol) und Nifedipin die Mittel der Wahl, die übrigen sind entweder ungenügend erprobt oder für den Fetus nephrotoxisch.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1902_Weblinks_jatros_ortho_1902_s89_tab1.jpg" alt="" width="750" height="912" /></p> <h2>Betreuung während der Schwangerschaft</h2> <p>Prinzipiell gibt es krankheitsspezifische und -unspezifische Komplikationen zu beachten (Tab. 2).</p> <p><strong>Krankheitsspezifische Komplikationen</strong></p> <p>Schub der Erkrankung:<br /> Bei SLE ist die Feststellung eines Schubes klinisch bzw. durch Anwendung der verschiedenen Scores (z. B. SLEPDAI während und SLEDAI außerhalb der Schwangerschaft) möglich. Zu beachten ist dabei, dass es physiologischerweise während einer Schwangerschaft zu einer Erhöhung der renalen Clearance durch erhöhtes Blutvolumen sowie zu einer leichten Thrombopenie, Leukozytose und einer Erhöhung des Komplements kommt. Dadurch kann die Erkennung einer Lupusaktivität manchmal schwierig werden. Ohne Einschränkung brauchbar als Indikator der SLE-Aktivität sind der Anti-dsDNAAntikörperspiegel und ein pathologisches Sediment. In 25–65 % kommt es zu Schüben, meist sind diese nur leicht und betreffen vor allem Haut, Gelenke, serologische und hämatologische Manifestationen. Es kann jedoch auch eine SLE-Nephritis auftreten. Der größte Risikofaktor für einen Schub ist die Aktivität der Erkrankung bei Konzeption und in den Monaten davor. Weiters prädisponieren auch (durchgemachte) Nephritis und Thrombopenie zu Schüben während der Schwangerschaft.<sup>19</sup> Die Beibehaltung der Therapie mit Hydroxychloroquin während der gesamten Schwangerschaft schützt vor Schüben. Zur Behandlung des Schubes können nicht fluorierte Kortikosteroide (z. B. Methylprednison) so kurz und niedrig dosiert wie möglich und intravenöse Immunglobuline sowie Calcineurin-Inhibitoren gegeben werden.</p> <p>Dadurch, dass erst vor kurzem Krankheitsaktivitätsscores für M. Sjögren und APLAS definiert wurden, gibt es zu diesen Erkrankungen keine Daten.</p> <p>Neonataler SLE (NL):<br /> Der neonatale Lupus ist ein durch den transplazentaren Transport von mütterlichen Anti-SSA- oder Anti-SSB-Antikörpern (oft mit M. Sjögren oder SLE der Mutter assoziiert, manchmal ist die Antikörperträgerin auch asymptomatisch) verursachter Symptomenkomplex beim Säugling. Dazu können ein typisches Hautbild, erhöhte Leberwerte und Blutveränderungen (alle reversibel) gehören; das gefürchtetste Symptom ist der kongenitale Herzblock (CHB). Dieser manifestiert sich meist zwischen der 16. und 24. Schwangerschaftswoche, kann allerdings auch bis zu ein paar Wochen post partum auftreten. Weil bei 2 % der SSAund/ oder SSB-positiven Mütter ein CHB auftreten kann (bei vorangegangenem NL sind es schon 20 %!), sollten in der relevanten Zeit wöchentliche, danach zumindest zweiwöchentliche Elektrografien des Fötus durchgeführt werden. Der CHB kann von Grad 1 bis 3 reichen und die Progression zum 3. Grad kann innerhalb einer Woche geschehen. Während bei einem CHB 1. oder 2. Grades die Gabe von Dexamethason eine Option ist, hilft bei drittgradigem Block nur noch eine symptomatische Therapie mit Betamimetika. Umso wichtiger ist eine Prophylaxe mit Hydroxychloroquin (Gabe ab Beginn der Schwangerschaft), welches das Risiko um bis zu 50 % senkt.<sup>20</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Ortho_1902_Weblinks_jatros_ortho_1902_s90_tab2.jpg" alt="" width="750" height="538" /></p> <p><strong>Nicht krankheitsspezifische Komplikationen</strong><br /> Sowohl bei SLE als auch bei M. Sjögren und APLAS ist ein höheres Risiko für Mortalität der Mutter/des Kindes, Wachstumsretardierung, Frühgeburtlichkeit und hypertensive Erkrankungen der Schwangerschaft bekannt, wobei dies für den SLE am besten untersucht ist.<sup>19, 21-23</sup> Die Risikofaktoren sind in Tabelle 2 angegeben und inkludieren APL sowie Nierenfunktionsstörung neben den allgemeinen Faktoren wie Hypertonie, Diabetes und Adipositas. Patientinnen sollten bei Vorliegen dieser Risikofaktoren in Risikoschwangerschaftsambulanzen begleitet werden, um ein gutes Monitoring mittels Ultraschall der Arterien, Biometrie des Fötus und Bestimmung von Laborparametern (z. B. sFlt-1/ PlGF = Quotient aus antiangiogenetischer „soluble Fms-like“ Tyrosinkinase 1 und dem proangiogenetischen „placental growth factor“) zu gewährleisten. Bei SLE und Patientinnen mit APL wird eine Prophylaxe mit niedrig dosiertem Aspirin empfohlen, bei Vorliegen eines APLAS sollte auch eine Therapie mit niedermolekularem Heparin (LMWH) erfolgen, je nach Anamnese in prophylaktischer oder therapeutischer Dosis.</p> <h2>Betreuung nach der Schwangerschaft</h2> <p>Oft kommt es nach der Schwangerschaft zu einem Schub, insbesondere bei schon während der Schwangerschaft durchgemachten Schüben, weswegen Patientinnen kurz nach der Geburt und in den ersten 3 Monaten rheumatologisch begutachtet werden sollten. Im Allgemeinen kann man Immunsuppressiva, die während der Schwangerschaft zum Einsatz kommen, auch in der Stillzeit einnehmen (Tab. 1). Aufgrund der thrombogenen Situation im Wochenbett ist es besonders wichtig, bei positiven APL die Antikoagulation mit Aspirin und (zumindest) prophylaktischem LMWH die ersten 3 Monate post partum weiterzuführen.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Insgesamt kann heutzutage bei den meisten schwangeren SLE-, Sjögren- oder APLAS-Patientinnen eine erfolgreiche Schwangerschaft erreicht werden, solange diese geplant ist und von einem erfahrenen Ärzteteam aus Gynäkologen, Rheumatologen und Neonatologen begleitet wird.</p> </div></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Petri M et al.: Derivation and validation of the Systemic Lupus International Collaborating Clinics classification criteria for systemic lupus erythematosus. Arthritis Rheum 2012; 64(8): 2677-86 <strong>2</strong> Shiboski CH et al.: 2016 American College of Rheumatology/European League Against Rheumatism classification criteria for primary Sjögren's syndrome: a consensus and data-driven methodology involving three international patient cohorts. Arthritis Rheumatol 2017; 69(1): 35-45 <strong>3</strong> Miyakis S et al.: International consensus statement on an update of the classification criteria for definite antiphospholipid syndrome (APS). J Thromb Haemost 2006; 4(2): 295-306 <strong>4</strong> Clark CA et al.: Decrease in pregnancy loss rates in patients with systemic lupus erythematosus over a 40-year period. J Rheumatol 2005; 32(9): 1709-12 <strong>5</strong> Andreoli L et al.: EULAR recommendations for women's health and the management of family planning, assisted reproduction, pregnancy and menopause in patients with systemic lupus erythematosus and/or antiphospholipid syndrome. Ann Rheum Dis 2017; 76(3): 476-85 <strong>6</strong> Yamakami LY et al.: Ovarian reserve in women with primary antiphospholipid syndrome. Lupus 2014; 23(9): 862-7 <strong>7</strong> Chighizola CB et al.: Antiphospholipid antibodies and infertility: a gene expression study in decidual stromal cells. Isr Med Assoc J 2016; 18(3-4): 146-9 <strong>8</strong> Ulug P et al.: Evaluation of ovarian reserve tests in women with systemic lupus erythematosus. Am J Reprod Immunol 2014; 72(1): 85-8 <strong>9</strong> Tamirou F et al.: Brief report. The Euro-lupus low-dose intravenous cyclophosphamide regimen does not impact the ovarian reserve, as measured by serum levels of anti-Müllerian hormone. Arthritis Rheumatol 2017; 69(6): 1267-71 <strong>10</strong> Blumenfeld Z et al.: Preservation of fertility and ovarian function and minimizing gonadotoxicity in young women with systemic lupus erythematosus treated by chemotherapy. Lupus 2000; 9(6): 401-5 <strong>11</strong> Manger K et al.: Prevention of gonadal toxicity and preservation of gonadal function and fertility in young women with systemic lupus erythematosus treated by cyclophosphamide: the PREGO-Study. Autoimmun Rev 2006; 5(4): 269-72 <strong>12</strong> Trussell J: Contraceptive efficacy. In: Hatcher RA et al. (eds.): Contraceptive Technology. 20th revised edition. New York (NY): Ardent Media, 2011 <strong>13</strong> Petri M et al.: Combined oral contraceptives in women with systemic lupus erythematosus. N Engl J Med 2005; 353(24): 2550-8 <strong>14</strong> Sánchez-Guerrero J et al.: A trial of contraceptive methods in women with systemic lupus erythematosus. N Engl J Med 2005; 353(24): 2539-49 <strong>15</strong> Kyvernitakis I et al.: The impact of depot medroxyprogesterone acetate on fracture risk: a case-control study from the UK. Osteoporos Int 2017; 28(1): 291-7 <strong>16</strong> Wiedermann U et al.: Guidelines for vaccination of immunocompromised individuals. Wien Klin Wochenschr 2016; 128(Suppl 4): 337- 76 <strong>17</strong> 015/018-S1-Leitlinie: Diagnostik und Therapie hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen <strong>18</strong> Götestam Skorpen C et al.: The EULAR points to consider for use of antirheumatic drugs before pregnancy, and during pregnancy and lactation. Ann Rheum Dis 2016; 75(5): 795- 810 <strong>19</strong> Clowse ME et al.: A national study of the complications of lupus in pregnancy. Am J Obstet Gynecol 2008; 199(2): 127.e1-6 <strong>20</strong> Izmirly PM et al.: Evaluation of the risk of anti-SSA/Ro-SSB/La, antibody-associated cardiac manifestations of neonatal lupus in fetuses of mothers with systemic lupus erythematosus exposed to hydroxychloroquine. Ann Rheum Dis 2010; 69(10): 1827-30 <strong>21</strong> Priori R et al.: Outcome of pregnancy in Italian patients with primary Sjögren syndrome. J Rheumatol 2013; 40(7): 1143-7 <strong>22</strong> De Carolis S et al.: The impact of primary Sjogren's syndrome on pregnancy outcome: our series and review of the literature. Autoimmunity Rev 2014; 13: 103-7 <strong>23</strong> Guillermo J et al.: The antiphospholipid syndrome in patients with systemic lupus erythematosus. J Autoimmun 2017; 76: 10-20</p>
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