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Infektiöse Hepatitis im Visier

<p class="article-intro">Mit Hunderten Millionen Infizierten weltweit stellen die infektiösen Hepatitiden ein globales Problem ungeheurer Dimension dar. Während die Hepatitis C mittlerweile als heilbar angesehen werden kann, sind die Erfolge bei Hepatitis B begrenzt.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Nach wie vor ist die Hepatitis C eines der zentralen Themen der Hepatologie. Die Dimension des Problems ist gewaltig. Weltweit sind vermutlich zwischen 130 und 150 Millionen Menschen mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) infiziert. In der EU-Region der WHO d&uuml;rften rund 15 Millionen Menschen mit Hepatitis C leben. Das sind rund zwei Prozent der Bev&ouml;lkerung.<sup>1</sup> Angesichts solcher Zahlen unterstreicht Philippa Easterbrook vom Global Hepatitis Programme der WHO die Bedeutung von Screening-Ma&szlig;nahmen in Bezug auf die verschiedenen Formen der infekti&ouml;sen Hepatitis. Die WHO unterst&uuml;tzt L&auml;nder der Dritten Welt und Schwellenl&auml;nder in diesen Bem&uuml;hungen und hat einen Preis f&uuml;r besonders interessante Screening-Projekte ausgeschrieben. Pr&auml;miert wurde unter anderem ein Programm zur Erkennung von HBV- und HCV-Infektionen in der inneren Mongolei, einem Land mit besonders hoher Hepatitispr&auml;valenz. Ebenfalls ausgezeichnet wurde ein Programm zur F&ouml;rderung der Hepatitisawareness unter indischen Drogenkonsumenten.</p> <h2>Hepatitis C: gute Ansprechraten bei Second-Line-Therapie</h2> <p>Da es in den vergangenen Jahren gelungen ist, durch antivirale Therapien bei einem sehr hohen Prozentsatz der Patienten vollst&auml;ndige Heilung zu erreichen, steht man nun vor den letzten Herausforderungen. Dabei geht es in erster Linie um jene Patienten, die nicht auf die insgesamt sehr gut wirksamen Therapien ansprechen.<br /> Dar&uuml;ber hinaus wird mit Blick auf Nebenwirkungen und Kosten eine Verk&uuml;rzung der Therapie angestrebt. Beides k&ouml;nnte mit einer Personalisierung der Therapie erreicht werden, wie aktuelle Daten zeigen. Im Rahmen einer deutschen Studie wurde anhand einer Datenbankanalyse demonstriert, dass Patienten, die zuvor auf eine antivirale Therapie nicht angesprochen hatten, erfolgreich mit Kombinationen der gegenw&auml;rtig verf&uuml;gbaren, direkt wirksamen antiviralen Medikamente behandelt werden k&ouml;nnen.<sup>2</sup> Es wurden insgesamt 310 Pati&shy;enten identifiziert, die zuvor auf ein Interferon-freies Regime nicht angesprochen hatten. Resistenzen (&bdquo;resistance associated variants&ldquo;, RAV) wurden vor allem bei Patienten gefunden, die mit HCV Genotyp 1 infiziert waren. Erwartungsgem&auml;&szlig; wurde bei Genotyp 1 insgesamt h&auml;ufiger eine Zweitlinientherapie erforderlich. Die meisten Patienten hatten initial die Kombination Simeprevir und Sofosbuvir erhalten. Ein zweiter Therapieversuch erfolgte mit den Kombinationen Ledipasvir und Sofosbuvir oder Paritaprevir, Ombitasvir und Dasabuvir. Bei Infektion mit Genotyp 3 erfolgte der zweite Behandlungsversuch mit der Kombination Sofosbuvir, Daclatasvir &plusmn; Ribavirin. Die Ergebnisse waren insgesamt sehr erfreulich bei allen Patienten mit Genotyp 3 und bei 90 % der Patienten mit Genotyp 1 wurde anhaltendes virologisches Ansprechen (SVR12) erreicht. &bdquo;Das Konzept der therapieresistenten Hepatitis C scheint &uuml;berholt zu sein. Vielmehr d&uuml;rfte ein Nichtansprechen auf die Therapie nur zeigen, dass wir nicht die richtige Medikamentenkombination gew&auml;hlt haben. Es geht darum, die richtige Kombination f&uuml;r den individuellen Patienten zu finden&ldquo;, kommentiert Prof. Dr. Frank Tacke, Mitglied des Governing Board der Europ&auml;ischen Lebergesellschaft, EASL.<br /> <br /> Eine ebenfalls f&uuml;r die klinische Praxis wichtige Arbeit pr&auml;sentierte k&uuml;rzlich eine Gruppe aus den USA.<sup>3</sup> Sie untersuchte, ob HCV-infizierte Patienten, die eine Lebertransplantation ben&ouml;tigen, einen Nachteil haben, wenn ihnen die Leber eines HCV-positiven Donors implantiert wird. Diese Verstorbenen w&uuml;rden sonst aufgrund der Virusinfektion als Organspender ausfallen. Angesichts der ausgezeichneten Ansprechraten bei antiviralen Therapien wird immer wieder versucht, die Lebern dieser Spender f&uuml;r HCV-Patienten zu verwenden. Die Transplantationen HCV-positiver Lebern f&uuml;r HCV-positive Patienten haben sich, so Prof. Dr. Zobair Younossi vom Inova Fairfax Hospital, seit 1995 auf fast 10 % verdreifacht. Damit sind mittlerweile gen&uuml;gend Daten verf&uuml;gbar, um verl&auml;ssliche Aussagen &uuml;ber die Prognose zu machen. In den Jahren 1995 bis 2013 erhielten in den USA 33.668 Hepatitis-C-Patienten eine Lebertransplantation. Davon erhielten 5,7 % eine HCV-positive Leber. Das Follow-up dieser Patienten ergab, dass der HCV-Status der Leber weder einen Einfluss auf das kurz- oder langfristige &Uuml;berleben der Patienten noch auf die Gefahr eines Organverlustes hatte. Dazu Prof. Younossi: &bdquo;Wir k&ouml;nnen heute die Infektion auch nach der Transplantation gut behandeln. Das ist angesichts der hohen Zahlen von Patienten auf den Transplantationslisten eine wichtige Information.&ldquo;</p> <h2>Hepatitis B: Daten zu neuen Therapiekandidaten</h2> <p>Erfolgsraten, wie man sie bei der Hepatitis C mittlerweile gewohnt ist, werden bei der chronischen Hepatitis B bei Weitem noch nicht erreicht. Zwar gelingt es gut, die Viruslast mithilfe von Nukleosid-/Nukleotidanaloga (NUC) zu reduzieren, doch m&uuml;ssen diese lebenslang eingenommen werden und das Risiko von Komplikationen wie Leberzirrhose und Leberzellkarzinom bleibt erh&ouml;ht. Ein Verlust des HBV-Oberfl&auml;chenantigens (HBsAg) wird nur bei einer kleinen Minderheit der Patienten erreicht.<br /> <br /> V&ouml;llig neue Strategien in der Behandlung der chronischen HBV-Infektion werden daher dringend ben&ouml;tigt. Rezent wurden Daten zu Medikamenten mit innovativen Wirkmechanismen, die sich in fr&uuml;hen Phasen der klinischen Erprobung befinden, vorgestellt. Daten aus der Phase 1b gibt es zum ersten Vertreter der &bdquo;capsid assembly inhibitors&ldquo;, die den Aufbau des Capsids und damit den Vermehrungszyklus des Virus st&ouml;ren sollen. F&uuml;r eine Substanz namens NVR 3-778 konnte bislang in einer kleinen &bdquo;Proof of concept&ldquo;-Studie antivirale Wirkung gezeigt werden. Die nun vor&shy;gestellten Daten zeigen, dass NVR 3-778 in Kombination mit pegyliertem Interferon die Viruslast deutlicher reduziert, als dies mit einer der beiden Substanzen alleine erreicht wird.<sup>4</sup> Studienautor Dr. Man-Fung Yuen vom Queen Mary Hospital der University of Hongkong bezeichnet die Ergebnisse als vielversprechend. Die Therapie wurde in allen untersuchten Dosierungen gut vertragen, die Wirksamkeit war in Kombination mit Interferon besser als in s&auml;mtlichen Monotherapiearmen. Neben der Viruslast wurde auch der bedeutendste Replikationsmarker HBeAg (ein genetisch und strukturell mit dem nicht aus dem Serum nachweisbaren Core-Protein von HBV verwandtes Protein) unter der Therapie reduziert.<br /> <br /> Auch zum &bdquo;gene silencing&ldquo; durch &bdquo;small interfering&ldquo; RNA (siRNA) wurden zuletzt neue Daten pr&auml;sentiert. Ziel dieses Eingriffs in den Vermehrungszyklus des Virus ist die Reduktion des Oberfl&auml;chenantigens HBsAg. Diese stellt einerseits einen ehrgeizigen Endpunkt in der Therapie der HBV-Infektion dar, k&ouml;nnte andererseits aber auch die Chance bieten, dass es zu einer Erholung der T-Zell-Aktivit&auml;t gegen das Virus kommt, wenn es gelingt, die HBsAg-Last zu reduzieren. Neue Phase-II-Daten gibt es nun f&uuml;r die siRNA ARC-520, f&uuml;r die eine Reduktion der Expression viraler Antigene bei Patienten mit chronischer HBV-Infektion nachgewiesen werden konnte.<sup>5</sup></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> World Health Organization. Global Alert and Response &ndash; Hepatitis C. Available from: <a href="http://www.who.int/csr/disease/hepatitis/whocdscsrlyo2003/en/index3.html" target="_blank">http://www.who.int/csr/disease/hepatitis/whocdscsrlyo2003/en/index3.html</a>. Last accessed: March 2016<br /><strong>2</strong> Vermehren J et al: Retreatment of patients who failed DAA-combination therapies: real-world experience from a large hepatitis C resistance database. ILC 2016; Abstract PS103<br /><strong>3</strong> Younossi Z et al: Long-term outcomes in liver transplant recipients transplanted from HCV-positive donors. ILC 2016; Abstract PS040<br /><strong>4</strong> Yuen MF et al: NVR 3-778, a first-in-class HBV core inhibitor, alone and in combination with peg-interferon (PegIFN), in treatment-na&iuml;ve HBeAg-positive patients: early reductions in HBV DNA and HBeAg. ILC 2016; Abstract LB06<br /><strong>5</strong> Yuen MF et al: Differential reductions in viral antigens expressed from cccDNA vs. integrated DNA in treatment na&iuml;ve HBeAg positive and negative patients with chronic HBV after RNA interference therapy with ARC-520. ILC 2016; Poster Thu-193<br /><br /></p> </div> </p>
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