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Relevante Daten zur Risikostratifizierung, Erstlinientherapie und Rezidivtherapie des DLBCL
Jatros
Autor:
Dr. Michael Panny
3. Medizinische Abteilung<br> Hanusch-Krankenhaus der Wiener Gebietskrankenkasse, Wien E-Mail: michael.panny@wgkk.at
30
Min. Lesezeit
28.02.2019
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<p class="article-intro">Am ASH 2018 wurden relevante Daten zur Risikostratifizierung und Erstlinientherapie sowie ermutigende Daten in der bisher frustranen Rezidivtherapie des diffusen großzelligen B-Zell-Lymphoms (DLBCL) präsentiert. Für die Praxis am relevantesten erscheinen eine Therapiedeeskalation bei der (seltenen) Gruppe der jungen Niedrigrisikopatienten und erste Langzeit- sowie Real-World-Daten der CAR-T-Zell-Therapie.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Für junge Niedrigrisikopatienten sind 4 Zyklen R-CHOP + 2R ausreichend – die Effektivität bleibt bei verminderter Toxizität im Vergleich zu 6x R-CHOP gleich.</li> <li>Bestätigt wurde, dass ein alleiniges Myc-Rearrangement und Double-hit-Lymphome mit anderem Myc-Translokationspartner als IG keine prognostische Relevanz besitzen.</li> <li>Das Effektivitäts- und Toxizitätsprofil der CAR-T-Zell-Therapie bestätigt sich im Langzeitverlauf, in Real-World-Daten und über alle Risikogruppen.</li> </ul> </div> <h2>Definition des Hochrisikokollektivs</h2> <p>Das Kollektiv mit einem hohen Risiko für R-CHOP-Versagen ist in den letzten Jahren zunehmend besser definiert worden. Vor dem Hintergrund des bisher sehr schlechten Outcomes im Rezidiv erscheint dieses Kollektiv für alternative Therapiestrategien in der Erstlinie besonders interessant.<br /> In der Risikostratifizierung für Patienten mit DLBCL konnte in einer großen transatlantischen Kooperation neuerlich gezeigt werden, dass weder Patienten mit singulärer Myc-Translokation noch Patienten mit anderem Myc-Translokationspartner als IG (und/oder Bcl-2-Translokation) eine schlechte Prognose aufweisen. Unter 2383 Patienten wurden 108 Double/Triple-hit- Patienten identifiziert – davon „nur“ 50 % mit einer prognostisch relevanten Myc-IGTranslokation und entsprechend schlechterer Prognose.<br /> Japanische Daten zeigten einerseits eine gute Korrelation des „total metabolic tumor volume“ (TMTV) und Serumspiegeln des löslichen Interleukin-2-Rezeptors (sIL2R) und andererseits eine negative prognostische Bedeutung hoher sIL2R-Spiegel und eines hohen TMTV – beide Methoden sind rasch verfügbar und definieren bereits bei Diagnosestellung ein Hochrisikokollektiv.<br /> In Formalin-fixierten DLBCL-Proben aus prospektiven Studien zeigte sich die prognostische Relevanz des Microenvironments: Die quantitative und qualitative Zusammensetzung des Tumorstromas erlaubt eine Risikostratifizierung unabhängig von IPI, COO-Double-hit- und Double-expressor- Status. Hier zeigt sich ein möglicher Angriffspunkt für immunmodulatorische Substanzen.</p> <h2>Junge Niedrigrisikopatienten: 4x R-CHOP + 2x R ausreichend</h2> <p>Die deutsche FLYER-Studie für junge DLBCL-Patienten (18–60 Jahre) mit guter Prognose (z.B.: aaIPI 0 ohne Bulk >7,5cm) untersuchte die Effektivität von 4 Zyklen CHOP + 6 Gaben Rituximab versus Standardtherapie 6x R-CHOP. 592 Patienten wurden randomisiert, 588 ausgewertet (295 6x R-CHOP, 293 4x R-CHOP + 2R). Die 3-Jahres-EFS-Rate war mit 89 % in beiden Kohorten gleich, die 3-Jahres-OSRate betrug 99 % für Patienten mit 4x R/ CHOP + 2x R und 98 % für Patienten mit 6x R-CHOP, ebenso ohne signifikanten Unterschied. Nicht hämatologische Grad- 3/4-Nebenwirkungen konnten in der Gruppe mit 4 Zyklen um ein Drittel reduziert werden. Für diese seltene Subgruppe konnte somit eine neue Standardtherapie etabliert werden.</p> <h2>CAR-T-Zell-Therapie: Langzeiteffektivität, Real-World-Daten und Daten zu Hochrisikopatienten</h2> <p>Eine Vielzahl an ermutigenden Daten gab es zur CAR-T-Zell-Therapie bei aggressiven Lymphomen im Rezidiv. Für dieses Patientenkollektiv war bisher lediglich bei 10–15 % eine Heilung möglich – mit der Option CAR-T wird an dem Dogma des DLBCL als „one-shot cancer“ gerüttelt. So zeigte sich im Follow-up des ZUMA-1-Trials eine 2-Jahres-PFS-Rate von 39 % bei relapsierten/refraktären Patienten mit einem Plateau nach 6 Monaten, nur 10 (von 101) Patienten rezidivierten nach mehr als 6 Monaten Follow-up.<br /> Erstmals wurden Real-World-Daten für eine CAR-T-Zell-Therapie präsentiert, die in der Indikation als SOC verabreicht wurde. Es zeigten sich bei 124 Patienten eine ähnliche Effektivität und ein ähnliches Toxizitätsprofil wie in der Zulassungsstudie: Neurotoxizität (≥Grad 3) 33 % , CRS (≥Grad 3) 7 % , ORR nach 3 Monaten 81 % , CR nach 3 Monaten 57 % . 43 % dieser Patienten wären nicht für eine Teilnahme an der ZUMA-1-Studie geeignet gewesen.<br /> Wichtig erscheint auch die Effektivität bei Patienten mit besonders schlechter Prognose im Rezidiv, eine Subgruppenanalyse der ZUMA-1-Studie zeigte für Double-hit-Lymphome und Double-expressor- Lymphome für ca. die Hälfte der Patienten (18/37 Patienten) eine anhaltende CR nach 1 Jahr und somit keinen signifikanten Unterschied zu den anderen Patienten.</p> <h2>Neue Substanzen und Kombinationen</h2> <p>Leider wurde auch mit der Zugabe des BTK-Inhibitors Ibrutinib zur Standard- R-CHOP-Therapie neuerlich eine negative Phase-III-Studie in der Erstlinie präsentiert. In Phase-I/II-Daten zeigten sich u.a. vielversprechende Resultate für die neuen bispezifischen Antikörper Venetoclax und Lenalidomid jeweils in Kombination mit Chemoimmuntherapie sowie chemotherapiefreien Schemata: Im Phoenix Trial, einer Phase-III-Studie, wurden 838 Patienten mit non-GCB-DLBCL 1:1 randomisiert in Ibrutinib + R-CHOP versus Placebo + R-CHOP. ORR-Rate (89,3 % vs. 93,1 % ) und CR-Raten (67,3 % vs. 68 % ) waren im Ibrutinib- und im Placebo-Arm in der ITT-Population gleich. Bei älteren Patienten (>60 Jahre) erhielten nur 69 % alle 6 geplanten Zyklen R-CHOP, in der Placebo-Gruppe 91 % . Jüngere Patienten (<60 Jahre) erhielten sowohl im Ibrutinib- Arm als auch im Placebo-Arm in 90,4 % bzw. 91,1 % alle 6 geplanten Zyklen RCHOP. In dieser jüngeren Patientengruppe zeigte sich eine signifikante Risikoreduktion in EFS (30 % ), PFS (33 % ) und OS (43 % ) zugunsten der Ibrutinib+R-CHOPKohorte. Die Kombination Ibrutinib + R-CHOP erscheint zu toxisch für Patienten >60 Jahre, bei jüngeren Patienten scheint es einen geringen Vorteil für Ibrutinib/R- CHOP in non-GCB-DLBCL zu geben.<br /> Vielversprechend erscheint die Zugabe von Venetoclax zur Chemoimmuntherapie: In einer Phase-I-Studie zeigte sich die Zugabe von Venetoclax 800mg zur Salvage-Therapie mit R-ICE („VICER“) als effektive Therapie mit einer metabolen CR bei 69 % der Patienten, 77 % der Patienten erhielten die geplante konsolidierende ASCT. Als relevanteste und zu erwartende Toxizität zeigte sich eine Neutropenie (78 % zumindest Grad 3).<br /> In der Phase-II-Studie CAVALLI erwies sich die Zugabe von Venetoclax (800mg) zu R-CHOP insbesondere bei Patienten mit Bcl-2-Positivität (FISH oder IHC) und auch bei Double-hit-Patienten als effektive Therapieoption: 208 Patienten erhielten als First Line 3 Zyklen R-CHOP + Venetoclax 800mg und 3 Zyklen R + Venetoclax 800mg. Die CR-Rate war mit einem ähnlichen Kollektiv in der GOYA-Studie nahezu identisch. Bei Bcl-FISH-positiven (70,0 % vs. 47,5 % ) und Double-hit-Patienten (71,4 % vs. 25,0 % ) zeigte sich Venetoclax + R-CHOP im Vergleich überlegen – Phase-III-Studien für dieses Kollektiv sollten angestrebt werden.<br /> Auch in der CAVALLI-Studie zeigte sich erwartungsgemäß eine entsprechend höhere Neutropenierate durch die Zugabe von Venetoclax.<br /> In einer prospektiven Studie der HOVON- Gruppe mit Lenalidomid + R-CHOP an 85 Patienten mit Myc-Rearrangement zeigte sich nach einem medianen Followup von 15,9 Monaten eine 1-Jahres-PFSRate von 66 % und eine 1-Jahres-OS-Rate von 85 % bei einem akzeptablen Sicherheitsprofil. Leider handelt es sich aufgrund der Inklusion von Patienten mit Myc „single hit“ und der noch fehlenden Daten zum Myc-Translokationspartner um ein Patientenkollektiv mit unterschiedlichem Risiko für R-CHOP-Versagen – eine Phase- III-Studie mit R2CHOP für ein Kollektiv mit hohem Risiko für R-CHOP-Versagen (z.B. Double-hit-Lymphome, Double-expressor- Lymphome, Patienten mit Highrisk- NCCN IPI) wäre wünschenswert.<br /> In der einarmigen L-Mind-Studie wurden 81 rezidivierte DLBCL-Patienten, die nicht für eine Salvage-Therapie mit autologer Stammzelltransplantation geeignet waren, chemotherapiefrei mit dem Anti- CD19-Antikörper MOR208 + Lenalidomid behandelt. Primär refraktäre Patienten wurden nicht inkludiert. Die Therapie war gut verträglich, die Lenalidomid- Dosis musste allerdings bei der Hälfte der Patienten reduziert werden. Es zeigten sich eine ORR von 58 % bei einer CR-Rate von 33 % und ein medianes PFS von 16 Monaten.<br /> Beispielhaft für eine Reihe an neuen Substanzen mit aussichtsreichen Daten in Phase-I-Studien sei noch der bispezifische Antikörper Mosunetuzumab mit den Targets CD20 und CD3 genannt: In einer Phase-I/Ib-Studie bei rezidivierten/refraktären B-NHL zeigte sich bei 131 Patienten eine gute Tolerabilität mit milden, managebaren Nebenwirkungen (hauptsächlich Zytokinfreisetzungssyndrom und Neurotoxizität). Die ORR bei 47 Patienten mit r/r DLBCL oder transformiertem follikulärem Lymphom (trFL) lag bei 34 % . Patienten mit CR hatten lang anhaltende Remissionen (mediane Ansprechdauer nicht erreicht, medianes Follow-up 298 Tage). Über eine anhaltende CR bei frühem Relaps nach CAR-T + Pembrolizumab wurde berichtet. Phase-II-Studien für die Kombination mit Chemotherapie, Polatuzumab und Atezolizumab wurden bereits initiiert.</p></p>
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<p>beim Verfasser</p>
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