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Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom

Relevante Daten zur Risikostratifizierung, Erstlinientherapie und Rezidivtherapie des DLBCL

<p class="article-intro">Am ASH 2018 wurden relevante Daten zur Risikostratifizierung und Erstlinientherapie sowie ermutigende Daten in der bisher frustranen Rezidivtherapie des diffusen großzelligen B-Zell-Lymphoms (DLBCL) präsentiert. Für die Praxis am relevantesten erscheinen eine Therapiedeeskalation bei der (seltenen) Gruppe der jungen Niedrigrisikopatienten und erste Langzeit- sowie Real-World-Daten der CAR-T-Zell-Therapie.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>F&uuml;r junge Niedrigrisikopatienten sind 4 Zyklen R-CHOP + 2R ausreichend &ndash; die Effektivit&auml;t bleibt bei verminderter Toxizit&auml;t im Vergleich zu 6x R-CHOP gleich.</li> <li>Best&auml;tigt wurde, dass ein alleiniges Myc-Rearrangement und Double-hit-Lymphome mit anderem Myc-Translokationspartner als IG keine prognostische Relevanz besitzen.</li> <li>Das Effektivit&auml;ts- und Toxizit&auml;tsprofil der CAR-T-Zell-Therapie best&auml;tigt sich im Langzeitverlauf, in Real-World-Daten und &uuml;ber alle Risikogruppen.</li> </ul> </div> <h2>Definition des Hochrisikokollektivs</h2> <p>Das Kollektiv mit einem hohen Risiko f&uuml;r R-CHOP-Versagen ist in den letzten Jahren zunehmend besser definiert worden. Vor dem Hintergrund des bisher sehr schlechten Outcomes im Rezidiv erscheint dieses Kollektiv f&uuml;r alternative Therapiestrategien in der Erstlinie besonders interessant.<br /> In der Risikostratifizierung f&uuml;r Patienten mit DLBCL konnte in einer gro&szlig;en transatlantischen Kooperation neuerlich gezeigt werden, dass weder Patienten mit singul&auml;rer Myc-Translokation noch Patienten mit anderem Myc-Translokationspartner als IG (und/oder Bcl-2-Translokation) eine schlechte Prognose aufweisen. Unter 2383 Patienten wurden 108 Double/Triple-hit- Patienten identifiziert &ndash; davon &bdquo;nur&ldquo; 50 % mit einer prognostisch relevanten Myc-IGTranslokation und entsprechend schlechterer Prognose.<br /> Japanische Daten zeigten einerseits eine gute Korrelation des &bdquo;total metabolic tumor volume&ldquo; (TMTV) und Serumspiegeln des l&ouml;slichen Interleukin-2-Rezeptors (sIL2R) und andererseits eine negative prognostische Bedeutung hoher sIL2R-Spiegel und eines hohen TMTV &ndash; beide Methoden sind rasch verf&uuml;gbar und definieren bereits bei Diagnosestellung ein Hochrisikokollektiv.<br /> In Formalin-fixierten DLBCL-Proben aus prospektiven Studien zeigte sich die prognostische Relevanz des Microenvironments: Die quantitative und qualitative Zusammensetzung des Tumorstromas erlaubt eine Risikostratifizierung unabh&auml;ngig von IPI, COO-Double-hit- und Double-expressor- Status. Hier zeigt sich ein m&ouml;glicher Angriffspunkt f&uuml;r immunmodulatorische Substanzen.</p> <h2>Junge Niedrigrisikopatienten: 4x R-CHOP + 2x R ausreichend</h2> <p>Die deutsche FLYER-Studie f&uuml;r junge DLBCL-Patienten (18&ndash;60 Jahre) mit guter Prognose (z.B.: aaIPI 0 ohne Bulk &gt;7,5cm) untersuchte die Effektivit&auml;t von 4 Zyklen CHOP + 6 Gaben Rituximab versus Standardtherapie 6x R-CHOP. 592 Patienten wurden randomisiert, 588 ausgewertet (295 6x R-CHOP, 293 4x R-CHOP + 2R). Die 3-Jahres-EFS-Rate war mit 89 % in beiden Kohorten gleich, die 3-Jahres-OSRate betrug 99 % f&uuml;r Patienten mit 4x R/ CHOP + 2x R und 98 % f&uuml;r Patienten mit 6x R-CHOP, ebenso ohne signifikanten Unterschied. Nicht h&auml;matologische Grad- 3/4-Nebenwirkungen konnten in der Gruppe mit 4 Zyklen um ein Drittel reduziert werden. F&uuml;r diese seltene Subgruppe konnte somit eine neue Standardtherapie etabliert werden.</p> <h2>CAR-T-Zell-Therapie: Langzeiteffektivit&auml;t, Real-World-Daten und Daten zu Hochrisikopatienten</h2> <p>Eine Vielzahl an ermutigenden Daten gab es zur CAR-T-Zell-Therapie bei aggressiven Lymphomen im Rezidiv. F&uuml;r dieses Patientenkollektiv war bisher lediglich bei 10&ndash;15 % eine Heilung m&ouml;glich &ndash; mit der Option CAR-T wird an dem Dogma des DLBCL als &bdquo;one-shot cancer&ldquo; ger&uuml;ttelt. So zeigte sich im Follow-up des ZUMA-1-Trials eine 2-Jahres-PFS-Rate von 39 % bei relapsierten/refrakt&auml;ren Patienten mit einem Plateau nach 6 Monaten, nur 10 (von 101) Patienten rezidivierten nach mehr als 6 Monaten Follow-up.<br /> Erstmals wurden Real-World-Daten f&uuml;r eine CAR-T-Zell-Therapie pr&auml;sentiert, die in der Indikation als SOC verabreicht wurde. Es zeigten sich bei 124 Patienten eine &auml;hnliche Effektivit&auml;t und ein &auml;hnliches Toxizit&auml;tsprofil wie in der Zulassungsstudie: Neurotoxizit&auml;t (&ge;Grad 3) 33 % , CRS (&ge;Grad 3) 7 % , ORR nach 3 Monaten 81 % , CR nach 3 Monaten 57 % . 43 % dieser Patienten w&auml;ren nicht f&uuml;r eine Teilnahme an der ZUMA-1-Studie geeignet gewesen.<br /> Wichtig erscheint auch die Effektivit&auml;t bei Patienten mit besonders schlechter Prognose im Rezidiv, eine Subgruppenanalyse der ZUMA-1-Studie zeigte f&uuml;r Double-hit-Lymphome und Double-expressor- Lymphome f&uuml;r ca. die H&auml;lfte der Patienten (18/37 Patienten) eine anhaltende CR nach 1 Jahr und somit keinen signifikanten Unterschied zu den anderen Patienten.</p> <h2>Neue Substanzen und Kombinationen</h2> <p>Leider wurde auch mit der Zugabe des BTK-Inhibitors Ibrutinib zur Standard- R-CHOP-Therapie neuerlich eine negative Phase-III-Studie in der Erstlinie pr&auml;sentiert. In Phase-I/II-Daten zeigten sich u.a. vielversprechende Resultate f&uuml;r die neuen bispezifischen Antik&ouml;rper Venetoclax und Lenalidomid jeweils in Kombination mit Chemoimmuntherapie sowie chemotherapiefreien Schemata: Im Phoenix Trial, einer Phase-III-Studie, wurden 838 Patienten mit non-GCB-DLBCL 1:1 randomisiert in Ibrutinib + R-CHOP versus Placebo + R-CHOP. ORR-Rate (89,3 % vs. 93,1 % ) und CR-Raten (67,3 % vs. 68 % ) waren im Ibrutinib- und im Placebo-Arm in der ITT-Population gleich. Bei &auml;lteren Patienten (&gt;60 Jahre) erhielten nur 69 % alle 6 geplanten Zyklen R-CHOP, in der Placebo-Gruppe 91 % . J&uuml;ngere Patienten (&lt;60 Jahre) erhielten sowohl im Ibrutinib- Arm als auch im Placebo-Arm in 90,4 % bzw. 91,1 % alle 6 geplanten Zyklen RCHOP. In dieser j&uuml;ngeren Patientengruppe zeigte sich eine signifikante Risikoreduktion in EFS (30 % ), PFS (33 % ) und OS (43 % ) zugunsten der Ibrutinib+R-CHOPKohorte. Die Kombination Ibrutinib + R-CHOP erscheint zu toxisch f&uuml;r Patienten &gt;60 Jahre, bei j&uuml;ngeren Patienten scheint es einen geringen Vorteil f&uuml;r Ibrutinib/R- CHOP in non-GCB-DLBCL zu geben.<br /> Vielversprechend erscheint die Zugabe von Venetoclax zur Chemoimmuntherapie: In einer Phase-I-Studie zeigte sich die Zugabe von Venetoclax 800mg zur Salvage-Therapie mit R-ICE (&bdquo;VICER&ldquo;) als effektive Therapie mit einer metabolen CR bei 69 % der Patienten, 77 % der Patienten erhielten die geplante konsolidierende ASCT. Als relevanteste und zu erwartende Toxizit&auml;t zeigte sich eine Neutropenie (78 % zumindest Grad 3).<br /> In der Phase-II-Studie CAVALLI erwies sich die Zugabe von Venetoclax (800mg) zu R-CHOP insbesondere bei Patienten mit Bcl-2-Positivit&auml;t (FISH oder IHC) und auch bei Double-hit-Patienten als effektive Therapieoption: 208 Patienten erhielten als First Line 3 Zyklen R-CHOP + Venetoclax 800mg und 3 Zyklen R + Venetoclax 800mg. Die CR-Rate war mit einem &auml;hnlichen Kollektiv in der GOYA-Studie nahezu identisch. Bei Bcl-FISH-positiven (70,0 % vs. 47,5 % ) und Double-hit-Patienten (71,4 % vs. 25,0 % ) zeigte sich Venetoclax + R-CHOP im Vergleich &uuml;berlegen &ndash; Phase-III-Studien f&uuml;r dieses Kollektiv sollten angestrebt werden.<br /> Auch in der CAVALLI-Studie zeigte sich erwartungsgem&auml;&szlig; eine entsprechend h&ouml;here Neutropenierate durch die Zugabe von Venetoclax.<br /> In einer prospektiven Studie der HOVON- Gruppe mit Lenalidomid + R-CHOP an 85 Patienten mit Myc-Rearrangement zeigte sich nach einem medianen Followup von 15,9 Monaten eine 1-Jahres-PFSRate von 66 % und eine 1-Jahres-OS-Rate von 85 % bei einem akzeptablen Sicherheitsprofil. Leider handelt es sich aufgrund der Inklusion von Patienten mit Myc &bdquo;single hit&ldquo; und der noch fehlenden Daten zum Myc-Translokationspartner um ein Patientenkollektiv mit unterschiedlichem Risiko f&uuml;r R-CHOP-Versagen &ndash; eine Phase- III-Studie mit R2CHOP f&uuml;r ein Kollektiv mit hohem Risiko f&uuml;r R-CHOP-Versagen (z.B. Double-hit-Lymphome, Double-expressor- Lymphome, Patienten mit Highrisk- NCCN IPI) w&auml;re w&uuml;nschenswert.<br /> In der einarmigen L-Mind-Studie wurden 81 rezidivierte DLBCL-Patienten, die nicht f&uuml;r eine Salvage-Therapie mit autologer Stammzelltransplantation geeignet waren, chemotherapiefrei mit dem Anti- CD19-Antik&ouml;rper MOR208 + Lenalidomid behandelt. Prim&auml;r refrakt&auml;re Patienten wurden nicht inkludiert. Die Therapie war gut vertr&auml;glich, die Lenalidomid- Dosis musste allerdings bei der H&auml;lfte der Patienten reduziert werden. Es zeigten sich eine ORR von 58 % bei einer CR-Rate von 33 % und ein medianes PFS von 16 Monaten.<br /> Beispielhaft f&uuml;r eine Reihe an neuen Substanzen mit aussichtsreichen Daten in Phase-I-Studien sei noch der bispezifische Antik&ouml;rper Mosunetuzumab mit den Targets CD20 und CD3 genannt: In einer Phase-I/Ib-Studie bei rezidivierten/refrakt&auml;ren B-NHL zeigte sich bei 131 Patienten eine gute Tolerabilit&auml;t mit milden, managebaren Nebenwirkungen (haupts&auml;chlich Zytokinfreisetzungssyndrom und Neurotoxizit&auml;t). Die ORR bei 47 Patienten mit r/r DLBCL oder transformiertem follikul&auml;rem Lymphom (trFL) lag bei 34 % . Patienten mit CR hatten lang anhaltende Remissionen (mediane Ansprechdauer nicht erreicht, medianes Follow-up 298 Tage). &Uuml;ber eine anhaltende CR bei fr&uuml;hem Relaps nach CAR-T + Pembrolizumab wurde berichtet. Phase-II-Studien f&uuml;r die Kombination mit Chemotherapie, Polatuzumab und Atezolizumab wurden bereits initiiert.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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