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Pharmakologische Therapie bei entzündlichen rheumatischen Erkrankungen
DAM
Autor:
Mag. pharm. Sonja Habib-Mayer, aHPh
Apothekerin/Klinische Pharmazie<br> Krankenhausapotheke<br> Neuromed Campus<br> Kepler Universitätsklinikum GmbH, Linz<br> E-Mail: sonja.habib-mayer@kepleruniklinikum.at
30
Min. Lesezeit
30.05.2018
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<p class="article-intro">Die möglichst frühe Diagnose der rheumatoiden Arthritis (RA) als häufigste rheumatische Erkrankung und der rasche Beginn einer Therapie mit krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs) sind neben anderen Therapieformen wie physikalischer Medizin, Physiotherapie und Ergotherapie wichtig, um eine schnelle Krankheitsremission zu erreichen und funktionelle Dauerschäden der Gelenke zu vermeiden.</p>
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<p class="article-content"><p>Idealerweise ist vor dem Start der immunmodulierenden Therapie der Impfstatus zu vervollständigen (Abb. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_DAM_Allgemeinm_1804_Weblinks_dam_1804_s28_abb1.jpg" alt="" width="1600" height="2255" /></p> <h2>NSAR und Glukokortikoide</h2> <p>Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) können bei aktiver RA als Bedarfsmedikamente eine Schmerzlinderung herbeiführen, kurz wirksame Glukokortikoide wie Prednisolon bilden die „Brückentherapie“ zu den „disease-modifying antirheumatic drugs“ (DMARDs). Sie sollten in ausreichender Dosierung (10–30mg/d) gestartet, nach 8 Wochen heruntertitriert (5mg/d) und innerhalb von 3–6 Monaten ausgeschlichen werden. Eine gemeinsame Nebenwirkung von NSAR und Glukokortikoiden ist der ulzerogene Effekt auf den Gastrointestinaltrakt: Durch die gleichzeitige Einnahme von NSAR und Glukokortikoiden steigt das Ulkusrisiko um das 15-Fache! Deshalb ist der prophylaktische Einsatz eines Protonenpumpeninhibitors (PPI) angezeigt. Metabolische Effekte wie Hyperglykämie, Hyperlipidämie und Hypertonie sind weitere häufige unerwünschte Wirkungen. Der Patient muss zu Beginn einer Glukokortikoidtherapie auch über eventuell auftretende ZNS-Nebenwirkungen wie Schlaflosigkeit, innere Unruhe und Verwirrtheit (besonders bei älteren Patienten) aufgeklärt werden. Antipsychotika können ihre Wirkung einbüßen und der durch Glukokortikoide verursachte und durch Komedikation mit Diuretika und/oder Laxanzien getriggerte Kaliumverlust (Kalium- Monitoring!) führt unter Umständen zu Herzrhythmusstörungen und steigert die Toxizität von Digitalisglykosiden. Rifampicin, Phenytoin oder Primidon verringern durch Induktion des Leberenzyms CYP3A4 die Wirkung von Prednisolon.</p> <h2>Basismedikation</h2> <p>Langzeiterfahrungen, eine Ansprechrate von 70 % und die relativ gute Verträglichkeit machen den Folsäureantagonisten Methotrexat (MTX) in niedriger Dosierung (durchschnittlich 15mg/Woche, s.c., p.o. oder i.m.) zum Basismedikament in der Therapie der RA. 24–48 Stunden nach MTX-Gabe muss die Folsäure-Rescue erfolgen, die regelmäßige Kontrolle von Blutbild, Nieren- und Leberwerten wird empfohlen. Die Komedikation mit NSAR oder Antibiotika reduziert die renale Clearance, Vitaminpräparate mit Folsäure können die Wirkung von MTX verringern. Bedingt durch die teratogene Wirkung von MTX muss eine sichere Schwangerschaftsverhütung bis mindestens 3 Monate nach dem Therapieende gewährleistet sein.<br /> Als Alternative, bei Kontraindikation gegen MTX, können wahlweise Leflunomid oder Sulfasalazin eingesetzt werden. Sulfasalazin gilt im Gegensatz zu MTX und Leflunomid als sicher in der Schwangerschaft. Bei Leflunomid ist die lange Halbwertszeit von 1–4 Wochen zu beachten (das Ausschwemmen kann mit Cholestyramin beschleunigt werden). Die Komedikation mit Amoxicillin/Clavulansäure, Clarithromycin, NSAR, Valproinsäure, MTX oder Alkohol steigert die Hepatotoxizität von Leflunomid. Sulfasalazin behindert die Resorption von Folsäure und Digoxin, Eisen und einige Antibiotika beeinträchtigen im Gegenzug die Resorption von Sulfasalazin (Tab. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_DAM_Allgemeinm_1804_Weblinks_dam_1804_s29_tab1.jpg" alt="" width="2150" height="1342" /></p> <h2>Einsatz von Biologika</h2> <p>Einen bedeutenden Fortschritt in der Therapie der RA stellen die Biologika dar. Als sogenannte „targeting therapy“ ermöglichen sie bei Versagen der Ersttherapie oder ungünstiger Prognose ein rasches Ansprechen innerhalb von Tagen bis Wochen. Sie hemmen entweder den Tumornekrosefaktor alpha (TNF-α), blockieren die Wirkung von Interleukin (IL) 1 und IL-6 sowie des T-Zell-Kostimulators oder wirken als Anti-B-Zell-Antikörper. Die oral verfügbaren Januskinase(JAK)- Inhibitoren stellen bei unzureichender Wirksamkeit der csDMARDs/boDMARDs eine weitere Therapieoption dar. Sie fangen als „small molecules“ die Zytokinsignale nicht im Extrazellulärraum ab wie die Biologika, sondern wirken intrazellulär und blockieren die Entstehung bzw. Wirkung mehrerer Zytokine. Sie können als Monotherapie oder in Kombination mit MTX eingesetzt werden. Generell sind mit Ausnahme des JAK-Inhibitors Tofacitinib keine pharmakokinetischen Interaktionen mit anderen Medikamenten über das CYP450-Enzymsystem oder mit P-Glykoprotein bekannt. Die Wirkung von Tofacitinib wird durch die zeitgleiche Gabe von Rifampicin durch CYP3A-Induktion verringert (Reduktion der AUC um 84 % ).<br /> Der Eingriff der Biologika in das Immunsystem geht generell mit Nebenwirkungen wie der Reaktivierung von Infekten bei Fehlen von infekttypischen Zeichen und einem geringfügig erhöhten Malignomrisiko einher. Die Starttherapie bei RA erfolgt entweder mit TNF-α- Blockern, Abatacept oder Tocilicumab. Tocilicumab ist in der Effektivität Etanercept überlegen. Nach neuester Erkenntnis wird das Sicherheitsrisiko der Biologika als gering eingeschätzt. Bedingt durch den steigenden Kostendruck im Gesundheitssystem wird die Versorgungswirklichkeit zunehmend durch Biosimilars bestimmt werden.</p></p>
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