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Das angioimmunoblastische T-Zell-Lymphom – eine diagnostische Herausforderung

<p class="article-intro">Das angioimmunoblastische T-Zell-Lymphom (AITL) repräsentiert 2 % aller Non-Hodgkin-Lymphome. Eines der führenden Frühsymptome ist das Auftreten eines makulopapulösen Exanthems, welches histopathologisch meist unspezifisch ist. Die Möglichkeit des Vorliegens eines AITL sollte bei derartigen Exanthemen bei gleichzeitiger Lymphadenopathie mit B-Symptomatik immer in Betracht gezogen werden.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Angioimmunoblastisches T-Zell-Lymphom</h2> <p>Das AITL ist ein seltenes, aggressives Lymphom, das von den follikul&auml;ren T-Helferzellen ausgeht. Es repr&auml;sentiert 1&ndash;2 % aller Non-Hodgkin-Lymphome, betrifft in erster Linie die &auml;ltere Bev&ouml;lkerung und zeigt eine 5-Jahres-&Uuml;berlebensrate von weniger als 30 % . Die klinische Symptomatik des AITL umfasst sehr h&auml;ufig Fieber, Exanthem, &Ouml;deme, generalisierte Lymphadenopathie, Hepatosplenomegalie, An&auml;mie und Hypergammaglobulin&auml;mie.<sup>1</sup> <br />&Auml;tiopathogenetisch liegt dem AITL in der Regel eine Infektion mit lymphotrop-onkogenen Viren, in erster Linie mit EBV, zugrunde. In den allermeisten F&auml;llen wird die Diagnose eines AITL aufgrund der initial oft unspezifischen Pr&auml;sentation verz&ouml;gert gestellt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Patienten, welche sich an der Klinik vorstellen, meist bereits mehrfache Vortherapien mit Antibiotika und/oder NSAR erhalten haben. Somit kommt es aufgrund der sehr &auml;hnlichen klinischen Symptome oft zur Fehldiagnose eines DRESS (&bdquo;drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms&ldquo;).<sup>2</sup></p> <h2>Fallbericht</h2> <p>Der folgende Fallbericht unterstreicht die Relevanz der Differenzialdiagnose eines AITL unter bestimmten Befundkon&shy;-&shy;st&shy;ellationen. Bei unserem Patienten handelte es sich um einen bisher gesunden 57-j&auml;hrigen Mann, der sich mit einem seit 4 Wochen bestehenden juckenden, stammzentrierten, teilweise konfluierenden, makulopapul&ouml;sen Exanthem pr&auml;sentierte (Abb. 1). Im klinischen Status fielen au&szlig;erdem eine Lymphadenopathie aller hautnahen Lymphknotenstationen, ein Enanthem der Mundschleimhaut und ein moderates faziales &Ouml;dem auf. Dar&uuml;ber hinaus bestanden anamnestisch seit 6 Wochen anhaltende t&auml;gliche Fiebersch&uuml;be bis 40&deg;C und Arthralgien. Der Patient gab an, sich vor Fieberbeginn wiederholt in oststeirischen W&auml;ldern aufgehalten zu haben, was uns differenzialdiagnostisch entfernt an eine Hantavirus-Infektion denken lie&szlig;. Die Virusnukleins&auml;uren f&uuml;r Puumala, Dobrava und Saaremaa waren jedoch negativ. Anamnestisch auff&auml;llig war au&szlig;erdem, dass vom Hausarzt eine Woche vor Beginn des Exanthems aufgrund von Halsschmerzen kurzfristig Clarithromycin verordnet worden war. Differenzialdiagnostisch wurde daher auch ein DRESS-Syndrom in Betracht gezogen und eine kurzfristige perorale Steroidtherapie durchgef&uuml;hrt. Aufgrund laborchemisch erh&ouml;hter Entz&uuml;ndungsparameter wurde an ein parainfekti&ouml;ses Exanthem mit unklarem Fokus gedacht. Das Fieber zeigte jedoch trotz Gabe multipler Antibiotika (Doxycyclin, Moxifloxacin, Ampicillin/Sulbactam) einen anhaltend intermittierenden Verlauf mit Temperaturen bis 40&deg;C und das Exanthem persistierte. <br />Es wurde eine Probebiopsie aus l&auml;sioneller Haut vom rechten Oberarm entnommen. Die Histopathologie zeigte ein unspezifisches, m&auml;&szlig;ig dichtes perivaskul&auml;res Rundzellinfiltrat in der oberen Dermis mit einzelnen ektatischen Gef&auml;&szlig;en (Abb. 2). Weitere Befunde umfassten eine infektiologische Abkl&auml;rung, bei der Klebsiella pneumoniae im Rachenabstrich gefunden wurde. Wiederholte Blutkulturen waren negativ. Eine umfassende Infektionsserologie erbrachte keinen Hinweis auf eine frische Infektion, weder im Sinne einer STI (&bdquo;sexually transmitted infection&ldquo;) noch betreffend Zecken-&uuml;bertragene Erkrankungen, sowie weitere Bakterienspezies und Viren. Wohl aber wurde in einer PCR-Untersuchung des Serums EBV-spezifische DNA nachgewiesen. Es wurden anhaltend erh&ouml;hte CRP-Werte gemessen (bis 12,5mg/dl). Weitere erh&ouml;hte Laborwerte umfassten LDH (317U/l), Beta-2-Mikroglobulin (5,3mg/l) und freie Kappa- und Lambda-Leichtketten (51,0mg/l bzw. 67,6mg/l). In der Elektrophorese imponierte eine Hypergammaglobulin&auml;mie (abs. 15,7g/l, rel. 27 % ).<br />In einer sonografischen und computertomografischen Untersuchung des Abdomens zeigten sich multilokul&auml;r (abdominell, axill&auml;r, inguinal, zervikal) pathologisch vergr&ouml;&szlig;erte Lymphknoten sowie eine Splenomegalie und ein geringer Aszites. In Zusammenschau dieser Befunde erh&auml;rtete sich der Verdacht auf eine h&auml;matoonkologische Grunderkrankung. Wir f&uuml;hrten eine Lymphknotenexstirpation im Bereich der linken Leiste durch. Histopathologisch zeigte sich, dass die Lymphknotenarchitektur kapsel&uuml;bergreifend zerst&ouml;rt war, es fand sich ein knotiges Infiltrat mit teils atrophen Keimzentren. In der verbreiterten Parakortikalzone lagen blastenartige Zellen und &bdquo;clear cells&ldquo; sowie Histiozyten. Die Gef&auml;&szlig;e waren betr&auml;chtlich vermehrt und verzweigt mit hohem Endothel. Immunhistochemisch konnten au&szlig;erhalb der atrophen Keimzentren PD1<sup>+</sup>-, CD3<sup>+</sup>- und CD30<sup>+</sup>-T-Zellen nachgewiesen werden. Somit konnte die definitive Diagnose eines AITL gestellt werden. Die weitere Betreuung des Patienten wurde durch die Onkologie unseres Klinikums durchgef&uuml;hrt. Dabei ergab sich auch eine Knochenmarksbeteiligung mit 10 % , sodass ein Stadium IVB mit Hochrisiko-Prognose vorlag. Es wurde eine CHOEP-Polychemotherapie (Cyclophosphamid, Doxorubicin, Etoposid, Vincristin, Prednison) mit Zugabe von Pegfilgrastim initiiert. Beim letzten Follow-up hatte der Patient 4 Zyklen der Chemotherapie erhalten. Das urspr&uuml;ngliche Exanthem war nach 2 Zyklen verschwunden. Als typische Komplikation des AITL hat der Patient bisher eine einmalig transfusionspflichtige An&auml;mie entwickelt. Sein ECOG-Status lag zuletzt bei 1.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Derma_1802_Weblinks_s32.jpg" alt="" width="2151" height="680" /></p> <h2>Diskussion</h2> <p>Das AITL ist ein seltenes, aggressives Lymphom und in erster Linie bei der &auml;lteren Bev&ouml;lkerung zu finden. Unspezifische Hautmanifestationen findet man bei bis zu 50 % aller Patienten. Meist findet man die Exantheme in der Fr&uuml;hphase der Erkrankung. Die typischerweise auftretende makulopapul&ouml;se Morphe f&uuml;hrt oft zur Verdachtsdiagnose eines Arzneimittel- oder Virusexanthems. Histopathologisch kommen hier zun&auml;chst ein unspezifisches Bild mit perivaskul&auml;ren Infiltraten mit Lymphozyten (mit zytologischen Atypien) und Eosinophilen und eine Kapillarhyperplasie zur Darstellung. Erst im weiteren Verlauf, wenn sich die Klinik von der makulopapul&ouml;sen zu einer nodul&auml;ren Morphe wandelt, findet man histologisch eine Aggregation follikul&auml;rer T-Helferzellen, was dann den Verdacht auf ein Lymphom begr&uuml;ndet, aber keinesfalls diagnostisch ist. In einer Arbeit von Botros et al.<sup>3</sup> wurde &bdquo;programmed cell death protein 1&ldquo; (PD-1) als hilfreiche immunhistochemische Erweiterung des Hautbefundes identifiziert. Ist PD-1 reichlich vorhanden, kann dies als wesentlicher Hinweis auf ein AITL gesehen werden. Dies gilt auch f&uuml;r die fr&uuml;he makulopapul&ouml;se Exanthemform, wie sie in unserem Fall vorlag. Bei unserer Hautbiopsie wurde nachtr&auml;glich eine Immunhistochemie f&uuml;r PD-1 durchgef&uuml;hrt und es zeigte sich ein hochpositives Bild (Abb. 3). Es kann daher empfohlen werden, in analogen Situationen hink&uuml;nftig eine PD-1-F&auml;rbung der Hautbiopsie durchzuf&uuml;hren.<br />Von den wichtigsten Differenzialdiagnosen f&uuml;r das AITL ist speziell das DRESS-Syndrom hervorzuheben, welches in seiner Symptomatik sehr dem vorgestellten Kasus &auml;hneln kann, wie auch in einer rezenten Publikation von Mangana demonstriert worden ist.<br />Ein AITL sollte bei Exanthemen, die klinisch einem Arzneimittel- oder Virus&shy;exanthem entsprechen k&ouml;nnten, sich jedoch als therapierefrakt&auml;r erweisen und mit persistierender Lymphadenopathie und weiteren systemischen Symptomen wie hohem Fieber sowie histopathologisch einer perivaskul&auml;ren lymphozyt&auml;ren Dermatitis assoziiert sind, immer in Betracht gezogen werden. Diagnostisch unterst&uuml;tzende Parameter k&ouml;nnen unter anderem erh&ouml;hte Werte von CRP, LDH, Beta-2-Mikroglobulin und freien Kappa- und Lambda-Leichtketten sowie das Vorliegen einer Hypergammaglobulin&auml;mie und/oder einer An&auml;mie sein. Wegweisend ist schlie&szlig;lich ein positives Ergebnis einer EBV(Epstein-Barr-Virus)-PCR. Dieses lymphotrop-onkogene Virus findet man bei 95 % aller AITL-Patienten. Die Rolle des EBV ist noch nicht abschlie&szlig;end gekl&auml;rt. Diskutiert wird, dass durch das Virus m&ouml;glicherweise ein Mikromilieu geschaffen wird, das eine Lymphomprogression vorantreiben kann. Jedenfalls d&uuml;rfte ein dynamisches Verh&auml;ltnis zwischen Lymphom und EBV bestehen, da bei Progression des Lymphoms auch die Viruslast steigt.<sup>4</sup></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> He J et al.: Skin lesions and neutrophilic leukemoid reaction in a patient with angioimmunoblastic T-cell lymphoma: a case report and review of the literature. Clin Case Rep 2015; 3(6): 483-8<strong> 2</strong> Mangana J et al.: Angioimmunoblastic T-cell lymphoma mimicking drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms (DRESS Syndrome). Case Rep Dermatol 2017; 9(1): 74-79 <strong>3</strong>&nbsp;Botros N et al.: Cutaneous manifestations of angioimmunoblastic T-cell lymphoma: clinical and pathological characteristics. Am J Dermatopathol 2015; 37(4): 274-83 <strong>4</strong> Zhou Y et al.: Angioimmunoblastic T-cell lymphoma: histological progression associates with EBV and HHV6B viral load. Br J Haematol 2007; 138(1): 44-53<br /><strong>Danksagung: </strong><br />Die histopathologischen Bilder wurden uns freundlicherweise von Prim. Dr. Wolfgang Stiglbauer, Univ.-Prof. Dr.&nbsp;Andreas&nbsp;Chott und Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Jurecka zur Verf&uuml;gung gestellt.</p> </div> </p>
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