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Ein Fall aus der Abendvisite

Was lange dauerte, wird endlich gut

Ein junges Mädchen stellt sich mit dystrophem Fingernagel und diskretem Gelenksbefall vor, eine Lokaltherapie erbrachte keine wesentliche Änderung. Unter Adalimumab tritt ein nur kurzfristiger Erfolg ein, danach folgt die massive Verschlechterung und im MRI die Bestätigung eines axialen Befalls; die Lebensqualität ist ab nun wesentlich beeinträchtigt. Die Umstellung der Therapie auf Ixekizumab führt zu einem sehr undulierenden Krankheitsverlauf. Erst die Einstellung auf den JAK-Inhibitor Ustekinumab führt schliesslich zum erwünschten Therapieerfolg.

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Abb. 1: Zu Behandlungsstart

Die Patientin ist ein junges Mädchen von elf Jahren mit normalem Entwicklungs- und Allgemeinzustand, die erste Vorstellung erfolgt im November 2022. Anamnestisch wird am behaarten Kopf eine leicht juckende beziehungsweise schuppende Veränderung angegeben, die nach lokaler Steroidbehandlung wieder verschwand. Der eigentliche Grund für den Arztbesuch ist ein seit neun Monaten vollkommen dystropher Nagel des linken Ringfingers, aufgrund dessen schon mehrmals ärztlicher Rat gesucht wurde; eine eindeutige Diagnose wurde allerdings nicht gestellt, und unter der empfohlenen Lokaltherapie war keine wesentliche Verbesserung festzustellen (Abb. 1). Zudem fällt eine leichte Schwellung des Endglieds dieses Ringfingers auf, der zudem druckschmerzhaft ist.

Die Verdachtsdiagnose lautet auf Psoriasis im Sinne einer Acrodermatitis suppurativa mit massiver Nagelbeteiligung und wahrscheinlich Gelenksbefall. Die bis dato gemachten Abstriche für Bakterien und Pilze sind negativ.

Massive Verschlechterung und axialer Befall

Da die bislang eingesetzten Lokaltherapien nicht wirklich fruchteten, die Patientin erstens jung und zweitens stark beeinträchtigt ist, sollte nun auch die Abschwächung des weiteren Krankheitsverlaufs bedacht werden, daher fällt die Wahl der Therapie auf den TNF-alpha-Blocker Adalimumab 40mg. Im Rahmen der ersten Kontrolle Ende Dezember 2022 ist der linke Ringfinger zwar wesentlich besser, der rechte aber nun plötzlich deutlich schlechter. Da der Wirkstoff gut vertragen wird, wird die Therapie nicht sofort abgesetzt, sondern läuft noch einige Wochen weiter. Doch bei der nächsten Kontrolle im Feber 2023 hat sich das Bild wesentlich zum Schlechten gewandelt: Die Patientin ist fast unfähig, aufrecht zu stehen, an der Haut ist eine massive Verschlechterung zu sehen, mit Plaques an Rücken und Kopfhaut; auch der Finger rechts hat sich wieder verschlechtert.

Überweisung und ergänzender Befund: axiale Beteiligung der Arthritis

In Zusammenarbeit mit einem Kinderrheumatologen erfolgt die Überweisung zu einer Magnetresonanztomografie, bei der eine axiale Beteiligung der Arthritis nachgewiesen wird; eine Spondylodiszitis ist unwahrscheinlich, eine Spondylitis kann im Labor nicht ausgeschlossen werden. Eine Änderung des Therapieregimes ist nun unerlässlich, die Patientin erhält den IL-17A-Antikörper Ixekizumab (Anmerkung: Eine weitere Option wäre Methotrexat, das allerdings bei axialer Beteiligung einen nur geringen Stellenwert hat; Ustekinumab funktioniert eher bei Enthesitis; und systemische Steroide sollten angesichts der protrahierten Verschlechterung nicht zum Einsatz kommen).

Extrem undulierender Verlauf

Bei der Kontrolle wenige Wochen später ist ein extrem undulierender Verlauf festzustellen: Der Rücken ist zwar besser, aber Finger und Kopfhaut sind wieder massiv schlechter, die Lebensqualität war aufgrund der Arthritis sehr eingeschränkt. Die Patientin und auch ihre Mutter sind verständlicherweise über den Verlauf frustriert. Die Wahl fällt nun – in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls nicht zufriedenen Kinderrheumatologen – auf den JAK-Inhibitor Upadacitinib 15mg täglich. Der nächste Arztbesuch Mitte Mai zeigt erstmals eine massive Besserung: Der Stamm ist völlig erscheinungsfrei, die Gelenksschmerzen sind weg, auch die Nägel sind viel besser; die junge Patientin gibt an, nun ein «vollkommen normales Leben» führen zu können.

Nebenwirkungen werden keine angegeben, regelmässige Laborkontrollen zeigen keine Auffälligkeiten. Mitte Juni unterzieht sich die Patientin aufgrund rezidivierender Anginen einer Tonsillektomie, für Ende Juli wird ein MR ausgemacht.

Völlige Erscheinungsfreiheit bei guter Verträglichkeit

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Abb. 2: Status im September 2023

Eine weitere Kontrolle Ende September 2023 gibt den immer noch ausgezeichneten Zustand wieder, die Gelenksbeschwerden sind nach wie vor verschwunden, die Haut ist erscheinungsfrei, die Nägel haben sich weiterhin verbessert (Abb. 2).

Auch bei der Kontrolle Ende Dezember 2023 ist die Patientin völlig erscheinungsfrei, als Nebenwirkung ist eine Akne frontal aufgetreten (was nicht unbedingt auf die Behandlung zurückzuführen sein muss, die Patientin ist nun zwölf Jahre alt). Aufgrund ihres sehr guten Zustands nimmt sie das Medikament ab diesem Zeitpunkt nur noch alle zwei Tage ein.


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