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20-Jahre-Jubiläum

<p class="article-intro">Univ.-Prof. Dr. Hubert Pehamberger überblickt wie kein anderer österreichischer Hautarzt die dermatologische Szene. Als Vorstand der Universitätsklinik für Dermatologie der Medizinischen Universität Wien sowie Mitbegründer und Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für klinisch-experimentelle Onkologie steht er für eine interdisziplinäre und fachübergreifende Kooperation im onkologischen Bereich. Als Herausgeber eines dermatologischen Fortbildungsjournals kennt er auch die Medienlandschaft. Anlässlich „20 Jahre JATROS Dermatologie & Plastische Chirurgie“ konnten wir Prof. Pehamberger für ein Gespräch gewinnen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Welches sind die Meilensteine der Dermatologie in den letzten 20 Jahren?<br /> H. Pehamberger:</strong> In der Dermatologie gibt es zwei wesentliche Spezialisierungen, die sich in den letzten Jahrzehnten herauskristallisiert und gewaltige therapeutische Erfolge erzielt haben, das sind die Dermatoonkologie und die entz&uuml;ndlichen Hauterkrankungen. Als bedeutenden Meilenstein m&ouml;chte ich die Biologika hervorheben, die eine Wende in der Therapie der Psoriasis eingeleitet und den Durchbruch in der Behandlung geschafft haben. Wurden Psoriasispatienten fr&uuml;her noch f&uuml;r Wochen station&auml;r aufgenommen und mit mehr oder weniger gutem, k&uuml;rzer oder l&auml;nger anhaltendem Erfolg behandelt oder langwierig bestrahlt, reicht heute oft eine Infusion oder eine Tablette, um erscheinungsfrei zu werden und dies auch &uuml;ber einen l&auml;ngeren Zeitraum zu bleiben. Die immunologische Gentherapie, zum Beispiel bei Epidermolysis bullosa, die unter anderem durch Helmut Hintner Aufmerksamkeit auf sich zog, ist ein weiterer Meilenstein. Mein Herz schl&auml;gt bekanntlich f&uuml;r die onkologischen Hauterkrankungen. Hier sind insbesondere in der Behandlung des Melanoms mit den Antik&ouml;rpern und den Kinaseinhibitoren gewaltige therapeutische Fortschritte erzielt worden.<br /><br /><strong> Wie hat sich das Fach generell ver&auml;ndert?<br /> H. Pehamberger:</strong> Das Fach hat sich insofern ver&auml;ndert, als man in zunehmendem Ma&szlig;e von vorwiegend station&auml;ren Behandlungen zu ambulanten Therapien &uuml;bergegangen ist. Viele Erkrankungen wie die Psoriasis und das Melanom k&ouml;nnen heute tagesklinisch behandelt werden, wobei man aber trotzdem ein Pl&auml;doyer f&uuml;r die Erhaltung der Betten auf der Dermatologie halten muss. In den deutschsprachigen L&auml;ndern wird im Gegensatz zum angloamerikanischen Raum die Dermatologie noch so betrieben, wie sie im Lehrbuch steht, mit all ihren Subspezialit&auml;ten: allgemeine Dermatologie, Allergologie, Dermatochirurgie, Dermatoonkologie, Immundermatologie, Photobiologie, Phlebologie bis hin zur HIV-Erkrankung. Ich habe mich immer bem&uuml;ht, das Fach als Einheit und Gesamtheit zu behalten und das Filetieren zu verhindern. Ein Allergologe kann sich mit einem Dermatochirurgen heute kaum mehr fachlich unterhalten. F&uuml;r die Ausbildung ist aber die Breite des Faches wichtig, wenngleich in der Dermatologie wie auch in allen anderen F&auml;chern eine interdisziplin&auml;re Behandlung der Patienten essenziell ist. Den Lupus erythematodes werden wir gemeinsam mit dem Rheumatologen behandeln, HIV gemeinsam mit dem Infektiologen, schwierige dermatochirurgische F&auml;lle mit den Chirurgen. Innerhalb der EU gibt es einen eigenen Facharzt f&uuml;r Allergologie, nicht aber in &Ouml;sterreich. Es kommt nat&uuml;rlich auch darauf an, wo die Kompetenzen liegen; &Uuml;berschneidungen gibt es immer, das Wichtigste ist jedoch die interdisziplin&auml;re Patientenbetreuung.<br /><br /><strong> Welche gro&szlig;en Dermatologen haben das Fach in den letzten Jahrzehnten ma&szlig;geblich gepr&auml;gt?<br /> H. Pehamberger:</strong> Ich m&ouml;chte nur zwei Namen nennen: Steven I. Katz, Bethseda Maryland, und Klaus Wolff, der gro&szlig;e &ouml;sterreichische Doyen der Dermatologie. Diese herausragenden Menschen haben in der Zeit, in der ich das Fach &uuml;berblicke, die Dermatologie wesentlich gepr&auml;gt. Steven Katz konzentrierte sich in seinen Forschungen in den USA auf die Immunodermatologie. Der Grandseigneur der Dermatologie &ndash; und mein Lehrer &ndash; Klaus Wolff hat den Ruf der Wiener dermatologischen Klinik weit &uuml;ber die Landesgrenzen und den deutschsprachigen Raum hinausgetragen. 1981 als ordentlicher Professor von Innsbruck an die Dermatologische Universit&auml;tsklinik Wien berufen, &uuml;bernahm er eine intensive Lehrt&auml;tigkeit mit Ausbildung von Generationen von Medizinstudenten und Fach&auml;rzten f&uuml;r Dermatologie. Seine Forschungsleistungen, die zur Kl&auml;rung von Pathomechanismen von Hautkrankheiten und Entwicklung neuer Therapien f&uuml;hrten, sind international anerkannt. Unter seiner Leitung schaffte es die Dermatologische Universit&auml;tsklinik Wien im Ranking unter die f&uuml;nf weltweit besten dermatologischen Universit&auml;tskliniken.<br /><br /><strong> Die Diagnose Melanom war noch in den 80er-Jahren infaust. Heute ist es gut behandelbar. Wie haben sich Therapie und Behandlung in den letzten 20 Jahren entwickelt?<br /> H. Pehamberger:</strong> In der Behandlung des Melanoms hat sich in den letzten f&uuml;nf bis sechs Jahren mehr getan als in den 30 Jahren zuvor. Die &Uuml;berlebenschance betrug fr&uuml;her ein halbes Jahr, mit einer Ansprechrate von f&uuml;nf bis zehn Prozent auf die unzureichend wirkende Chemotherapie beim metastasierten Melanom. Jetzt sind wir bei 70 Prozent signifikantem &Uuml;berleben bis zu f&uuml;nf Jahren und l&auml;nger. Heute wird die Chemotherapie fast nicht mehr eingesetzt. Mit diversen Antik&ouml;rpern und den Kinaseinhibitoren sind zielgerichtete personalisierte Therapien m&ouml;glich. Das Melanom &ndash; ein besonders immunogener Tumor &ndash; war einer der ersten Tumore, bei denen die neuen Therapien zum Einsatz gekommen sind und durchschlagende Erfolge gezeigt haben &ndash; die Wiener Klinik war von Anfang an bei den Entwicklungen mit dabei.<br /><br /><strong> Wie erfolgt die Kooperation mit den internistischen Onkologen?<br /> H. Pehamberger:</strong> Die Diagnose und die Behandlung von Hauttumoren waren immer eine Dom&auml;ne der Dermatologie, denn wir sehen die Patienten ab einer harmlosen Hautl&auml;sion &uuml;ber die Entwicklung zum Melanom und weiter bis zur Metastasierung. Bis auf die Radiatio und die &bdquo;major surgery&ldquo; hat stets der Dermatologe die PatientInnen begleitet und versorgt. Onkologisch haben wir nicht nur das Melanom, sondern auch das Basalzellkarzinom betreut. Als die neuen Therapien gekommen sind, sind die Onkologen hellh&ouml;rig geworden. In den deutschsprachigen L&auml;ndern werden sowohl Patientenbetreuung als auch die klinischen Studien auf der Dermatologie durchgef&uuml;hrt. F&uuml;r das Basaliom, einen aggressiv wachsenden Tumor mit Destruktionen ganzer K&ouml;rperoberfl&auml;chen und Gesichtsh&auml;lften, gibt es jetzt auch mit den Kinaseinhibitoren eine effektive Therapie, die nahezu heilend wirkt.<br /><br /><strong> Die Dermatoskopie wurde an der Universit&auml;tsklinik Wien aufgebaut. Welche Auswirkungen hatte dies auf die Diagnose des Melanoms in der niedergelassenen Praxis?<br /> H. Pehamberger:</strong> Bei aller Euphorie &uuml;ber die innovativen Behandlungsm&ouml;glichkeiten sind die Fr&uuml;herkennung und die rechtzeitige Exzision des Melanoms das Allerwichtigste. Die fr&uuml;hzeitige Diagnose ist wesentlich, bevor der Tumor metastasiert. Bei Risikogruppen und Menschen mit zahlreichen oder atypischen Muttermalen oder mit Melanom in der Anamnese ist eine halbj&auml;hrliche Untersuchung n&ouml;tig, ansonsten reichen j&auml;hrliche bis zweij&auml;hrliche Kontrollbesuche beim Hautarzt. Die Wiener Hautklinik hat &uuml;ber Jahre hindurch eine Vorreiterrolle in der Entwicklung der Dermatoskopie gespielt. Als wir die ersten wissenschaftlichen Arbeiten 1987 publiziert haben, wurde ich noch von &auml;lteren Haut&auml;rzten milde bel&auml;chelt.1 Heute hat fast jeder niedergelassene Hautarzt ein Auflichtmikroskop in seiner Ordination f&uuml;r Diagnose und Verlaufsbeobachtung von Naevi.<br /><br /><strong> Die &Ouml;GDV-Jahrestagung spannt den Bogen von Forschung zu wichtigen aktuellen Themen in der Dermatologie. Sie selbst waren 2007/2008 Pr&auml;sident. Die Zahl der Mitglieder steht heute bei mehr 1.000. Wie wichtig ist die Gesellschaft in Ihren Augen f&uuml;r die niedergelassenen Dermatologen?<br /> H. Pehamberger:</strong> Es freut mich sehr, dass die &Ouml;GDV bei allen Dermatologen angesehen ist, sie ist eine wissenschaftliche Gesellschaft, die auch die Niedergelassenen einbindet. Mit Hans-J&ouml;rg Rauch wurde auch ein niedergelassener Hautarzt Pr&auml;sident, was ich f&uuml;r sehr wichtig halte.<br /> Ich pers&ouml;nlich w&uuml;rde es bedauern, sollte die Einheit von akademischem Spitalsbereich und niedergelassener Dermatologie durch den sich derzeit konstituierenden Berufsverband getr&uuml;bt werden. In meinen Augen w&auml;re es sehr wichtig, die Einheit aufrechtzuerhalten. Die Gesellschaft war und ist f&uuml;r den niedergelassenen Bereich eine Vertretung mit umfassenden Fortbildungsm&ouml;glichkeiten.<br /><br /><strong> Welches sind Ihre pers&ouml;nlichen Meilensteine in Ihrer Karriere?<br /> H. Pehamberger:</strong> Ich freue mich und bin dankbar, dass es mir m&ouml;glich war, an der Wiener Hautklinik vom Assistenten bis zum Klinikchef die akademische Karriere zu leben, und freue mich nach meinem Ausscheiden aus der Universit&auml;tsklinik auf die neue Herausforderung hier im Rudolfinerhaus, in dem ich seit April 2016 als &auml;rztlicher Direktor t&auml;tig bin.<br /><br /><strong> <em>JATROS Dermatologie &amp; Plastische Chirurgie</em> feiert ihr 20-j&auml;hriges Jubil&auml;um. Inwieweit hat Sie das Magazin in Ihrer beruflichen Laufbahn begleitet? Was sch&auml;tzen Sie an der Zeitschrift?<br /> H. Pehamberger:</strong> Ich halte die Zeitschrift <em>JATROS Dermatologie &amp; Plastische Chirurgie</em> f&uuml;r einen wesentlichen Beitrag zur dermatologischen Fortbildung. In den zwei Jahrzehnten haben die besten nationalen und internationalen Experten Beitr&auml;ge f&uuml;r dieses Journal verfasst.<br /><br /><strong> Ausblick in der Dermatologie: In welchen Bereichen und Indikationen wird sich die Therapie in den n&auml;chsten Jahren ma&szlig;geblich &auml;ndern?<br /> H. Pehamberger:</strong> Ich glaube, dass in der personalisierten Medizin und der Genetik noch weitere Durchbr&uuml;che zu erwarten sind.<br /><br /><strong> Danke f&uuml;r das Gespr&auml;ch!</strong></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Pehamberger H, Steiner A, Wolff K: J Am Acad Dermatol 1987; 17(4): 571-83</p> </div> </p>
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