<p class="article-intro">Die Eigenschaften von Bindegewebe wie jenem der Haut werden von extrazellulärer Matrix (EZM) geprägt, die zum Großteil von mesenchymalen Zellen produziert wird. Die Zusammensetzung und Qualität der EZM beeinflusst auch Funktionalität und Vitalität von gewebsspezifischen Stammzellen, wie z.B. mesenchymalen Stammzellen (MSC). Unter pathologischen Bedingungen wie entzündlichen Prozessen, aber auch während des gesunden Alterungsprozesses ändern sich zelluläre Funktionen, dadurch die EZM und somit auch Stammzellnischen. MSC sind von besonderem Interesse, da sie aus unterschiedlichen adulten Geweben entnommen und in vitro vermehrt werden können. Sie werden heutzutage auch in unterschiedlichen klinischen Therapien von Dermatosen eingesetzt.</p>
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<p class="article-content"><p>Während der Embryonalentwicklung vermehren sich Zellen strikt koordiniert und formen Größe, Gestalt und Funktion einzelner Körperteile und Organe. Im gesunden Erwachsenen zeigen Zellen meist ein nur geringes, wenn auch kontrolliertes Vermehrungsverhalten, wodurch Gewebe dennoch kontinulierlich restrukturiert werden. Gewebe werden dennoch kontinuierlich restrukturiert. Die entsprechende Erneuerungsrate ist gewebsspezifisch und kann im Falle von Knochengewebe bis zu 10 Jahre betragen – oder auch nur wenige Tage, wie z.B. bei der Haut.<sup>1</sup> Bei Verletzungen und anschließenden Heilungsverläufen, insbesondere wenn dazu eine Vermehrung von Zellen notwendig ist, können kurzfristig auch zur Embryonalentwicklung vergleichbare Mechanismen wie Zellmigration und Morphogenese stattfinden. Neben beziehungsweise nach der Wundheilung könnten mittels komplexerer Mechanismen, wie sie eben auch in der Embryonalentwicklung ablaufen, ganze Gewebe regenerieren oder beeinträchtigte Funktionen wieder vollständig hergestellt werden. Mit fortschreitendem Alter scheint diese Regenerationsfähigkeit jedoch zu schwinden.<sup>2</sup> Diese Feststellung korreliert mit der Beobachtung, dass sich Zellen (dazu gehören auch Stammzellen wie MSC), wenn sie von unterschiedlichen Spendern entnommen und unter standardisierten Kulturbedingungen vermehrt und differenziert werden, unterschiedlich verhalten.<sup>3</sup> Stammzellen aus adultem Gewebe erfreuen sich also nicht ewiger Jugend, sondern sind ebenfalls dem körperlichen Alterungsprozess unterworfen.</p> <h2>Stammzellen- und Nischenalterung</h2> <p>Das Konzept der Stammzelle sieht vor, dass diese speziellen Zellen in den Geweben nicht einfach „ruhen“. Bei entsprechender Aktivierung, beispielsweise durch eine Verletzung, bringen sie durch asymmetrische Teilung Tochterzellen hervor, die durch schnelle Vermehrungszyklen ausreichend Zellen für den Regenerationsverlauf bilden können. Diese neu gebildeten Zellen müssen aber auch zu typischen Gewebezellen differenzieren und in den Gewebeverband funktionstüchtig integriert werden. Bildung und Integration solcher Zellen gehen oftmals mit lokalen Entzündungen und somit einer Aktivierung des Immunsystems einher.<sup>4</sup> Das gängige Stammzellkonzept geht nun weiter davon aus, dass gewebsständige Stammzellen durch die lokale Nische geschützt, während terminal differenzierte Gewebezellen schadenanfälliger sind. Stammzellen deuten die an anderen Zellen des Gewebes entstandenen Schäden als Signal für ihre eigene Aktivierung. Somit ist der Schutz durch die Nische bei gleichzeitiger Rufbereitschaft für das lebenslange Funktionieren von Stammzellen von entscheidender Bedeutung. Im Falle der Haut sind MSC in der Dermis aufgrund der Exposition weitaus größeren Gefahren ausgesetzt als MSC in tieferen Geweben.<sup>5</sup> Neben systemisch wirksamen Noxen ergibt sich eine besondere Gefahr durch ultraviolette Strahlung (UVA, UVB), die das sogenannte Photoaltern induziert. Diese beschädigt in Zellen viele Biomoleküle, inklusive der DNA, was für die Zellen besonders gefährlich ist. Auch die Integrität der EZM kann nachhaltig gestört werden, da manche Proteine, wie die Gruppe der Elastine, im Erwachsenen kaum nachgebildet werden. Ähnliche Wirkung wie UV-Strahlung haben Zigarettenrauch, Ozon, zyklische Kohlenwasserstoffe, chronische Entzündungen oder allergische Hautreaktionen aufgrund von geänderter Matrixzusammensetzung, denn auch sie beschleunigen die Hautalterung. In diesem Zusammenhang werden in jüngster Zeit auch vermehrt dermale MSC und ihre alterungsbedingten Eigenschaften untersucht.</p> <h2>Therapieansätze</h2> <p>Der direkte Einsatz von MSC für dermatologische Therapieformen wird zurzeit in unterschiedlichen vorklinischen und klinischen Studien erprobt. Dabei kommen sowohl in Kultur vermehrte Zellen als auch gereinigte, während der Kultur von den Zellen mit bestimmten sezernierten Molekülen und Proteinen angereicherte Medien, sogenannte konditionierte Zellkulturüberstände, zum Einsatz. Beide Formulierungen können topisch aufgebracht, aber auch infundiert werden.<sup>6</sup> So konnte gezeigt werden, dass konditioniertes Medium von MSC Falten der Haut reduziert und die Feuchtigkeit der Haut auch nach hohen Dosen von UVB-Strahlung erhöht.<sup>7</sup> Die Wirkung wird der komplexen Mischung von aktiven Biomolekülen zugeschrieben, die MSC während der Kultur abgeben. Einige dieser sezernierten Wirkstoffe bringen entzündliche Prozesse nachhaltig zum Abklingen. Wird Wundheilung mittels MSC unterstützt, kommt es zu einer Modulation der Immunreaktionen, wodurch fibrotische Prozesse unterdrückt werden. Des Weiteren werden dermale Strukturen aufgebaut, die wiederum die Regeneration der Epidermis unterstützen. Es ist bekannt, dass MSC-Wachstumsfaktoren spezifisch für die Blutgefäßbildung sezernieren und so Gewebedurchblutung unterstützen (Abb. 1). Sie produzieren außerdem Matrix- Metalloproteasen, die die EZM remodellieren, wodurch Zellproliferation und -migration wiederum gefördert wird.<br /> Aufbauend auf dem Konzept der „Rufbereitschaft“ von Stammzellen wurde die Stimulation von MSC mit proinflammatorischen Faktoren untersucht. Diese können sich positiv auf die Stammzellvitalität und ihre vielseitige Differenzierungskapazität auswirken. Die Zellen werden dabei aktiviert, das Immunsystem nachhaltig zu beeinflussen.<sup>4</sup> Neben vielen anderen kürzlich initiierten Studien ist derzeit eine auf diesem Konzept basierende klinische Phase- I/II-Studie im Gange. Sie soll Ende dieses Jahres abgeschlossen werden (vergleiche laufend ClinicalTrials.gov). Ausgehend von den Erfolg versprechenden Verläufen nach Einsatz von MSC in der Wundheilung,<sup>8–11</sup> versucht man nun zunächst Regionen von photogealterter Haut mittels Laser zu stimulieren. Daraufhin sollen MSC einmalig intravenös infundiert werden. Man erwartet sich davon die zielgerichtete Einwanderung von MSC in die mit Laser gereizten Hautpartien und damit eine neuartige Methode, an gewünschten Stellen MSC bzw. lokal abgegebene Wirkstoffe nicht nur anzureichern, sondern dadurch neues Gewebe aufzubauen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Derma_1701_Weblinks_s14_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="1267" /></p></p>
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<p>• ClinicalTrials: siehe Internet-Link (URL) http://Clinical Trials.gov unter Verwendung des Identifier: NCT01771679 <strong>1</strong> Spalding KL, Bhardwaj RD, Buchholz BA et al: Retrospective birth dating of cells in humans. Cell 2005; 122(1): 133- 43 <strong>2</strong> Yun MH: Changes in regenerative capacity through lifespan. Int J Mol Sci 2015; 16(10): 25392-432. doi: 10.3390/ijms161025392 <strong>3</strong> Schimke MM, Marozin S, Lepperdinger G: Patient-specific age: the other side of the coin in advanced mesenchymal stem cell therapy. Front Physiol 2015; 6: 362. doi: 10.3389/fphys.2015.00362. eCollection 2015 <strong>4</strong> Lepperdinger G: Inflammation and mesenchymal stem cell aging. Curr Opin Immunol 2011; 23(4): 518-24. doi: 10.1016/j.coi.2011.05.007 <strong>5</strong> Kammeyer A, Luiten RM: Oxidation events and skin aging. Ageing Res Rev 2015; 21: 16-29. doi: 10.1016/j.arr.2015.01.001 <strong>6</strong> Isakson M, de Blacam C, Whelan D et al: Mesenchymal stem cells and cutaneous wound healing: current evidence and future potential. Stem Cells Int 2015; 2015: 831095. doi: 10.1155/2015/831095 <strong>7</strong> Liu Q, Luo Z, He S et al: Conditioned serum-free medium from umbilical cord mesenchymal stem cells has anti-photoaging properties. Biotechnol Lett 2013; 35(10): 1707-14. doi: 10.1007/s10529-013-1242-2 <strong>8</strong> Gaur M, Dobke M, Lunyak V: Mesenchymal stem cells from adipose tissue in clinical applications for dermatological indications and skin aging. Int J Mol Sci 2017; 18: 208 <strong>9</strong> Wu SC, Pollak R, Frykberg RG et al: Safety and efficacy of intramuscular human placenta-derived mesenchymal stromal-like cells (cenplacel [PDA-002]) in patients who have a diabetic foot ulcer with peripheral arterial disease. Int Wound J 2017 Jan 30. doi: 10.1111/iwj.12715. [Epub ahead of print] <strong>10</strong> Kemaloglu CA: Nanofat grafting under a split-thickness skin graft for problematic wound management. Nanofat grafting under a split-thickness skin graft for problematic wound management. Springerplus 2016; 5: 138. doi: 10.1186/s40064-016-1808-2 <strong>11</strong> Foubert P, Barillas S, Gonzalez AD et al: Uncultured adipose-derived regenerative cells (ADRCs) seeded in collagen scaffold improves dermal regeneration, enhancing early vascularization and structural organization following thermal burns. Burns 2015; 41(7): 1504-16. doi: 10.1016/j.burns. 2015.05.004</p>
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