Medikamentöse Optionen sind Highlights mit Zukunftsblick
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Die Adipositas wurde im Juli 2020 vom Deutschen Bundestag als eigenständige Erkrankung anerkannt. Damit sollte sich die Akzeptanz und die Therapie adipöser Patienten ändern. PD Dr. med. Katharina Laubner, Freiburg, gab einen Überblick über Highlights bezüglich der Behandlung der Adipositas.
Mit der Anerkennung der Adipositas als chronischer Erkrankung müssen in Anlehnung an andere chronische Erkrankungen Therapieziele definiert werden, erklärte Laubner. Bei der Adipositas wäre es das Ziel, Komplikationen wie Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) und nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH), Schlafapnoe und Osteoarthritis vorzubeugen. Als Biomarker für das Therapieziel kann der Body-Mass-Index (BMI) fungieren.
Optionen zur Gewichtsreduktion sind zunächst einmal Lebensstilmodifikationen, also Ernährung und vermehrte Bewegung, mit denen durchschnittlich 3–8% Gewichtsreduktion erreicht werden. Das Problem der Ernährungs- und Verhaltenstherapie sei, dass sie nicht nachhaltig sind, bemerkte Laubner. Nach Beendigung der Intervention komme es in der Regel zur erneuten Gewichtszunahme, oft über das Ausgangsgewicht hinaus. Bei Betrachtung der Adipositas als chronische Erkrankung, ist diese Problematik nicht verwunderlich, denn auch andere Erkrankungen, wie beispielsweise Bluthochdruck, verschlechtern sich, wenn die Therapie abgebrochen wird. Eine weitere therapeutische Möglichkeit bieten bariatrische Verfahren. Gute Ergebnisse gibt es mit Schlauchmagen (durchschnittlich 25% Gewichtsverlust) und dem Magen-Bypass (durchschnittlich 32% Gewichtsverlust). Die Gewichtsreduktion mit einer medikamentösen Therapie könnten zwischen Lebensstilmodifikation und bariatrischen Therapien angesetzt werden und diese Lücke füllen, konstatierte Laubner. Noch sind nicht viele Substanzen zugelassen und vor allem sind sie noch nicht erstattungsfähig, aber in näherer Zukunft könnte sich dies ändern.
Medikamentöse Therapieoptionen mit Imageproblem
Die Pharmakotherapie der Adipositas hat in Deutschland – zu Unrecht – ein schlechtes Image, so Laubner. Das käme einerseits von älteren nicht gut verträglichen Präparaten, daher, dass es sich um Selbstzahler-Präparate handele und der eher moderaten Effektivität. Nicht immer sei aber eine starke Gewichtsabnahme notwendig, um die allgemeine Gesundheit zu verbessern, erklärte Laubner. Für eine Verbesserung von Bluthochdruck und Hyperglykämie sind 5% Gewichtsabnahme ausreichend, mit 5–10% Gewichtsreduktion kann bereits eine Prävention von Typ-2-Diabetes, NAFLD, polyzystischem Ovarialsyndrom (PCOS), Dyslipidämie und eine Verbesserung der Lebensqualität erreicht werden. Mit einer Gewichtsabnahme zwischen 10 und 15% kann das Risiko für Belastungsharninkontinenz, kardiovaskuläre Erkrankungen, obstruktive Schlafapnoe (OSAS), gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD), NASH und Knie-Osteoarthritis gesenkt werden.
Neue Substanzen mit hoher Wirksamkeit
An zugelassenen Medikamenten stehen in Deutschland der Lipasehemmer Orlistat sowie die GLP-1-Rezeptoragonisten Liraglutid (3,0mg) und Semaglutid zur Verfügung. Liraglutid wurde im SCALE-Programm klinisch untersucht und bewirkte nach 160 Wochen eine Gewichtsreduktion um 7,1% des Körpergewichts gegenüber 2,7% im Placeboarm.1 Nach Absetzen des Präparats kam es in beiden Studienarmen wieder zu einem Anstieg des Gewichts. Seit dem letzten Jahr ist Liraglutid auch bei Jugendlichen ≥12 Jahre mit Adipositas (≥30kg/m2 und Körpergewicht >60kg) auf Basis der Studie SCALE TEENS zugelassen.2
Die neueste Zulassung hat Semaglutid (2,4mg, s.c.), das im STEP-Studienprogramm untersucht wird und in der STEP 3 Studie einen mittleren Gewichtsverlust um bis zu 17% erreichte.3 Bei etwa einem Drittel der Patienten wurde ein Gewichtsverlust von ≥20% beobachtet. Im Vergleich von Semaglutid versus Liraglutid erwies sich Semaglutid als die effektivere Substanz.4 Des Weiteren kann über synergistische Effekte von Peptidhormonen bei Adipositas und Metabolischem Syndrom, z.B. mit der Entwicklung von GCG- und GIP-Rezeptoragonisten die Wirksamkeit verstärkt werden. Am weitesten fortgeschritten in der klinischen Prüfung ist der duale GIP- und GLP-1-Rezeptoragonist Tirzepatid.
Es gibt einen Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung, das den G-BA beauftragt, ein neues Disease-Management-Programm (DMP) für Adipositas zu entwickeln. Im Rahmen des DMP Adipositas ist insbesondere die leitliniengerechte und bedarfsorientierte Versorgung von Patienten mit Adipositas zu regeln.
Quelle:
„Highlights Diabetes & Stoffwechsel 2022“, 128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), 1. Mai 2022
Literatur:
1 le Roux CW et al. Lancet 2017; 389: 1399-1409
2 Kelly AS et al. N Engl J Med 2020; 382: 2117-2128
3 Wadden TA et al. JAMA 2021; 325:1403-1413
4 Rubino DM et al. JAMA 2022; 327: 138-150
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