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Vorhofseptumdefekt und persistierendes Foramen ovale

ASD- und PFO-Verschluss – Update 2019

<p class="article-intro">Für den Verschluss eines Vorhofseptumdefektes bestehen laut den ESC-Guidelines aus dem Jahre 2010 klare Empfehlungen bei Patienten mit Zeichen einer Rechtsherzbelastung und wirksamem Shunt und fehlender signifikanter pulmonaler Hypertension unabhängig vom Vorhandensein von Symptomen. Bei Patienten ≤ 60. Lebensjahr mit ischämischem zerebrovaskulärem Ereignis (nichtlakunärem Infarkt) und PFO mit großem Shunt bzw. gleichzeitigem ASA gibt es zunehmende Evidenz für den perkutanen PFO-Verschluss zur Verhinderung eines Schlaganfallrezidivs.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <p><strong>ASD-Verschluss</strong></p> <ul> <li>Bei Rechtsherzbelastung/ Qp : Qs &ge; 1,5 : 1</li> <li>PVR &lt; 5 Wood-Einheiten</li> <li>Unabh&auml;ngig von Symptomen</li> <li>Bevorzugt interventionell (ASD II)</li> </ul> <p><strong>PFO-Verschluss</strong></p> <ul> <li>Ausschluss anderer Schlaganfallursachen</li> <li>Bei nichtlakun&auml;ren Infarkten</li> <li>&le; 60. Lebensjahr</li> <li>PFO mit gro&szlig;em Shunt oder ASA</li> </ul> </div> <p>W&auml;hrend der Verschluss eines Vorhofseptumdefektes laut den ESC Guidelines von 2010 unver&auml;ndert bei signifikantem Links-rechts-Shunt indiziert ist, gibt es nun auch f&uuml;r den Verschluss eines persistierenden Foramen ovale bei ausgew&auml;hlten Patienten mit kryptogenem Schlaganfall zunehmende Evidenz.</p> <h2>Vorhofseptumdefekt</h2> <p>Ein Vorhofseptumdefekt (Atriumseptumdefekt, ASD) betrifft etwa 25 % aller angeborenen Vitien im Erwachsenenalter. Voneinander unterschieden werden der Ostium-secundum-Defekt (ASD II), der mit einem Anteil von 70&ndash;80 % die h&auml;ufigste Form ist, der Ostium-primum-Defekt (ASD I), der Sinus-venosus-Defekt und, noch seltener, der Sinus-coronarius-Defekt.<sup>1</sup><br />Beim symptomatischen, aber auch beim asymptomatischen Patienten mit Zeichen einer Rechtsherzbelastung bzw. signifikantem Links-rechts-Shunt (Shuntratio von Qp : Qs &ge; 1,5 : 1) und einem pulmonalen Gef&auml;&szlig;widerstand (PVR) &lt; 5 Wood-Einheiten besteht die Indikation zur Durchf&uuml;hrung eines ASD-Verschlusses.<sup>2</sup> Ein ASDVerschluss f&uuml;hrt nicht nur im Kindes- und Jugendalter, sondern auch im Erwachsenenalter &gt; 40. Lebensjahr zu einer deutlichen Verbesserung der klinischen Symptomatik und einer Abnahme der Rechtsherzbelastungszeichen.<sup>3</sup> Besteht bereits eine pulmonale Hypertension, ist ein ASD-Verschluss in Abh&auml;ngigkeit von den pulmonalen Gef&auml;&szlig;widerst&auml;nden in selektionierten F&auml;llen m&ouml;glich, besteht jedoch eine Shuntumkehr, ist ein ASD-Verschluss kontraindiziert.<sup>2</sup></p> <p><strong>Welcher Eingriff bei welchem Patienten?</strong><br />Neben dem operativen ASD-Verschluss, der bei Ostium-primum-, Sinus-venosusund Sinus-coronarius-Defekten die Therapiestrategie der Wahl darstellt, besteht beim ASD II bei Vorhandensein entsprechender anatomischer Voraussetzungen (Defektgr&ouml;&szlig;e, ausreichender Randsaum) die M&ouml;glichkeit eines interventionellen Verschlusses (Abb. 1) mit einer, bei entsprechender Patientenselektion, hohen Erfolgsquote und niedriger Komplikationsrate. Vergleichsstudien zeigen sehr gute Ergebnisse des interventionellen Verschlusses verglichen mit operativem Verschluss hinsichtlich des Residualshunts bei deutlich weniger Komplikationen.<sup>4</sup> Vor allem bei Patienten &gt; 40. Lebensjahr ist aber mit einer h&ouml;heren Rate an Vorhofflimmern nach einem ASD-Verschluss zu rechnen, und zwar unabh&auml;ngig davon, ob dieser interventionell oder chirurgisch durchgef&uuml;hrt wurde.<sup>5, 6</sup></p> <h2>Persistierendes Foramen ovale</h2> <p>Im Gegensatz zum ASD besteht beim persistierenden Foramen ovale (PFO) kein Septumdefekt im eigentlichen Sinne. Die Pr&auml;valenz eines PFO bei Schlaganfallpatienten vor dem 55. Lebensjahr liegt je nach Studienlage im Bereich von 40 % bis 54 %, wenn keine andere Schlaganfallursache oder Risikofaktoren f&uuml;r zerebrovaskul&auml;re Ereignisse bestehen.<sup>7</sup> Zumeist sind Patienten mit einem PFO asymptomatisch. Die bedeutendste klinische Manifestation stellt jedoch das Auftreten einer paradoxen Embolie bedingt durch einen vor&uuml;bergehenden Rechts-links-Shunt dar. Der kausale Zusammenhang zwischen einem PFO und dem Auftreten eines isch&auml;mischen Insults ist nicht immer klar. Als Hilfestellung beim Absch&auml;tzen, wann das Eintreten eines durch ein PFO bedingten Schlaganfalls wahrscheinlich ist, kann unter anderem der &bdquo;Risk of Paradoxical Embolism&ldquo;(RoPE)- Score herangezogen werden (Tab. 1).<sup>8</sup> Bei einem Score &lt; 7 muss eine sorgf&auml;ltige Risiko- Nutzen-Abw&auml;gung hinsichtlich der Durchf&uuml;hrung eines PFO-Verschlusses erfolgen. Bei allen Patienten mit &bdquo;embolic stroke of unknown source&ldquo; (ESUS) m&uuml;ssen andere Ursachen, insbesondere auch Vorhofflimmern, ausgeschlossen werden, bevor ein PFO-assoziierter Schlaganfall angenommen werden kann. Das bedeutet, dass eine sorgf&auml;ltige neurologische Untersuchung inklusive einer zerebralen Bildgebung unabdingbar ist.</p> <p><strong>Evidenz f&uuml;r den interventionellen PFO-Verschluss</strong><br /> F&uuml;r den interventionellen PFO-Verschluss9 mithilfe von Devices (Abb. 2) gibt es erst seit der Publikation von Ergebnissen randomisierter Studien aus dem Jahre 2017 zunehmende Evidenz.</p> <p><strong>CLOSE-Studie</strong><br /> In der CLOSE-Studie<sup>10</sup> wurden 663 Patienten mit rezentem isch&auml;mischem Insult und entweder gro&szlig;em Shunt (mehr als 30 Mikrobubbles in der Echokontraststudie) oder PFO in Kombination mit einem Vorhofseptumaneurysma (ASA) zwischen dem 16. und 60. Lebensjahr in drei Gruppen randomisiert. Verglichen wurde perkutaner PFO-Verschluss (wobei 11 verschiedene Devices zum Einsatz kamen) plus Pl&auml;ttchenhemmer vs. Pl&auml;ttchenhemmer allein vs. orale Antikoagulation. Das mittlere Follow-up betrug 5,3 Jahre. Als prim&auml;rer Endpunkt wurde das Auftreten eines Schlaganfalles gew&auml;hlt. In der Verschlussgruppe traten verglichen mit alleiniger Pl&auml;ttchenhemmertherapie signifikant weniger Schlaganf&auml;lle auf. Beim Vergleich zwischen oraler Antikoagulation und Pl&auml;ttchenhemmer war die Schlaganfallh&auml;ufigkeit zwar in der Antikoagulationsgruppe numerisch niedriger, statistische Signifikanz wurde jedoch nicht erreicht. Die Rate an Vorhofflimmern war in der Verschlussgruppe signifikant h&ouml;her verglichen mit der Pl&auml;ttchenhemmergruppe.</p> <p><strong>RESPECT-Studie</strong><br /> Im Long-Term-Follow-up der RESPECTStudie<sup>11</sup> wurden 980 Patienten mit kryptogenem Schlaganfall zwischen dem 18. und 60. Lebensjahr randomisiert zu perkutanem Verschluss mittels Amplatzer PFO Occluder oder medikament&ouml;ser Therapie, bestehend aus Aspirin, Clopidogrel, Warfarin oder Dipyridamol. Die Drop-out-Rate betrug 20,8 % in der PFO-Verschluss-Gruppe vs. 33,3 % in der medikament&ouml;sen Therapiegruppe. Nach einem mittleren Followup von 5,9 Jahren war der prim&auml;re Endpunkt aus nichtt&ouml;dlichem Schlaganfall, t&ouml;dlichem Schlaganfall oder Tod innerhalb von 45 Tagen in der Interventionsgruppe verglichen mit der Gruppe mit medikament&ouml;ser Therapie signifikant reduziert, vor allem wenn ein substanzieller Shunt (&gt; 20 Mikrobubbles in der Echokontraststudie) oder ein Vorhofseptumaneurysma bestanden.</p> <p><strong>Gore-REDUCE-Studie</strong> <br />In die Studie Gore REDUCE<sup>12</sup> wurden 664 Patienten mit kryptogenem Schlaganfall aufgenommen. Diese wurden in zwei Gruppen randomisiert: in eine Gruppe mit perkutanem PFO-Verschluss mittels Gore Helex bzw. ab dem Jahr 2012 Gore Cardioform Septal Occluder plus Pl&auml;ttchenhemmertherapie versus eine Gruppe unter alleiniger Pl&auml;ttchenhemmer&shy;therapie. 81 % aller Patienten zeigten in der trans&ouml;sophagealen Echokardiografie einen moderaten bzw. gro&szlig;en Rechts-links-Shunt (&gt; 6 bzw. &gt; 25 Mikrobubbles) in Ruhe oder nach Valsalva-Man&ouml;ver. Nach einem mittleren Follow-up von 3,2 Jahren war die Rate an Schlaganfallrezidiven in der Gruppe, in der ein PFO-Verschluss durchgef&uuml;hrt worden war, signifikant niedriger als in der Gruppe unter alleiniger Pl&auml;ttchenhemmertherapie. Nicht signifikant unterschiedlich war die Rate an stummen &ndash; lediglich in der Bildgebung detektierten &ndash; Hirninfarkten. Die Rate an postinterventionellem Vorhofflimmern war jedoch in der Interventionsgruppe signifikant h&ouml;her.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1902_Weblinks_jatros_kardio_1902_s34_abb1_lamm.jpg" alt="" width="330" height="339" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1902_Weblinks_jatros_kardio_1902_s33_tab1_lamm.jpg" alt="" width="300" height="470" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2019_Jatros_Kardio_1902_Weblinks_jatros_kardio_1902_s34_abb2_lamm.jpg" alt="" width="700" height="347" /></p> <h2>Empfehlungen der &ouml;sterreichischen Schlaganfallgesellschaft</h2> <p>Diese rezenten Studiendaten haben dazu gef&uuml;hrt, dass die &ouml;sterreichische Schlaganfallgesellschaft im Jahr 2018 aktualisierte Empfehlungen herausgegeben hat. Die wesentlichen &Auml;nderungen gegen&uuml;ber fr&uuml;heren Empfehlungen sind:<sup>13</sup></p> <ol> <li>Beim zerebrovaskul&auml;r asymptomatischen Patienten ist ein prophylaktischer PFO-Verschluss nicht indiziert.</li> <li>Nach erstem isch&auml;mischem zerebrovaskul&auml;rem Ereignis und PFO ist eine lebenslange Pl&auml;ttchenhemmertherapie indiziert, sofern keine Indikation f&uuml;r eine orale Antikoagulation besteht.</li> <li>Bei ausgew&auml;hlten Patienten &le; 60. Lebensjahr mit isch&auml;mischem Schlaganfall und gro&szlig;em PFO bzw. ASA reduziert der perkutane Schirmchenverschluss die Rate an Rezidivschlaganf&auml;llen, geht jedoch mit einem h&ouml;heren Risiko an Vorhofflimmern einher.</li> </ol> <p>Besonders zu betonen sind die Notwendigkeit der Patientenselektion und allem voran auch der Ausschluss von anderen Schlaganfallursachen und Vorhandensein von nichtlakun&auml;ren Infarkten in der zerebralen Bildgebung.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Silvestry FE et al.: Guidelines for the echocardiographic assessment of atrial septal defect and patent foramen ovale: From the American Society of Echocardiography and Society for Cardiac Angiography and Interventions. J Am Soc Echocardiogr. 2015; 28(8): 910-58 <strong>2</strong> Baumgartner H et al.: ESC Guidelines for the management of grown-up congenital heart disease (new version 2010). Eur Heart J 2010; 31(23): 2915-57 <strong>3</strong> Humenberger M et al.: Benefit of atrial septal defect closure in adults: impact of age. Eur Heart J 2011; 32(5): 533-60 <strong>4</strong> Butera G et al. Percutaneous versus surgical closure of secundum atrial septal defects: a systematic review and meta-analysis of currently available clinical evidence. EuroIntervention 2011; 7(3): 377-85 <strong>5</strong> Silversides CK et al.: Predictors of atrial arrhythmias after device closure of secundum type atrial septal defects in adults. Am J Cardiol 2008; 101: 683-87 <strong>6</strong> Gatzoulis MA et al.: Atrial arrhythmia after surgical closure of atrial septal defects in adults. N Engl J Med 1999; 340(11): 839-46 <strong>7</strong> Lechat P et al.: Prevalence of patent foramen ovale in patients with stroke. N Engl J Med 1988; 318: 1148-52 <strong>8</strong> Kent DM et al.: An index to identify stroke-related vs incidental patent foramen ovale in cryptogenic stroke. Neurology 2013; 81(7): 619-25 <strong>9</strong> Lamm G et al. Persistierendes Foramen ovale - Ergebnisse nach Verschlu&szlig; mit dem Amplatzer- Okkluder - Ein Singlezentrum-Bericht. Journal f&uuml;r Kardiologie &ndash; Austrian Journal of Cardiology 2007; 14(7- 8): 218-23 <strong>10</strong> Mas JL et al.: Patent foramen ovale closure or anticoagulation vs. antiplatelets after stroke. N Engl J Med 2017; 377(11): 1011-21 <strong>11</strong> Saver JL et al.: Long-term outcomes of patent foramen ovale closure or medical therapy after stroke. N Engl J Med 2017; 377(11): 1022-32 <strong>12</strong> S&oslash;ndergaard L et al.: Patent foramen ovale closure or antiplatelet therapy for cryptogenic stroke. N Engl J Med 2017; 377(11): 1033-42<strong> 13</strong> &Ouml;sterreichische Schlaganfall Gesellschaft: Positionspapier &ndash; Update 2018: Persistierendes Foramen ovale. neurologisch 2018; Supplementum 3: 3-16, www.oegsf.at</p> </div> </p>
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