
Salzersatz senkt Schlaganfallinzidenz und Mortalität
Bericht:
Reno Barth
Die in China durchgeführte Salt Substitute and Stroke Study (SSaSS) zeigt eindrucksvolle Reduktionen der Inzidenz von Schlaganfällen sowie der Mortalität durch den Einsatz von Salzersatz, bestehend aus drei Vierteln Natrium- und einem Viertel Kaliumchlorid.1
Die ungünstigen Effekte einer natriumreichen und kaliumarmen Kost sind seit vielen Jahren bekannt. Die Folgen eines hohen Salzkonsums sind hoher Blutdruck, ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko sowie ein erhöhtes Mortalitätsrisiko.2 Die Empfehlung, den Salzkonsum zu reduzieren, scheitert aber oft an der Compliance. Einen neuen Ansatz bietet Salzersatz, also Kochsalz, in dem Natriumchlorid zum Teil durch Kaliumchlorid ersetzt wird. Ein günstiger Effekt von Salzersatz auf den Blutdruck konnte bereits gezeigt werden,3 doch Studien mit klinischen Endpunkten fehlten. Gleichzeitig bestand die Sorge, dass die hohe Kaliumzufuhr bei Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion zu Hyperkaliämie und in der Folge zu gefährlichen kardialen Arrhythmien führen könne. Diese Evidenz-Lücke wurde nun mit der Salt Substitute and Stroke Study (SSaSS) geschlossen.1
Die Studie untersuchte die Auswirkungen von Salzersatz im Vergleich zu echtem Salz auf Schlaganfälle, kardiovaskuläre Ereignisse, Mortalität und klinische Hyperkaliämie. SSaSS war eine offene Cluster-randomisierte Studie, die zwischen April 2014 und Januar 2015 in 600 chinesischen Dörfern Probanden nach Schlaganfall oder im Alter über 60 Jahre mit schlecht kontrolliertem Blutdruck einschloss. Aus jedem der teilnehmenden Dörfer wurden rund 35 Studienteilnehmer rekrutiert, womit sich ein Sample von 20995 Personen ergab. Die Dörfer wurden randomisiert entweder mit Kochsalz oder mit Salzersatz versorgt. Der Salzersatz bestand zu 75% aus Natrium- und zu 25% aus Kaliumchlorid. Die Probanden wurden angewiesen, ihren gesamten Salzverbrauch mit dieser Mischung abzudecken und nach Möglichkeit generell beim Salz zu sparen.
Abb. 1: Salzersatz konnte in der SSaSS-Studie die Mortalität um 12% reduzieren, darüber hinaus auch Schlaganfall um 14% sowie MACE um 13%. Hyperkaliämie trat dabei nicht auf
Über das durchschnittliche Follow-up von 4,74 Jahren kam es zu mehr als 3000 Schlaganfällen und mehr als 5000 schweren kardiovaskulären Ereignissen, mehr als 4000 Menschen starben. Dabei konnte eine Risikoreduktion durch den Salzersatz festgestellt werden. In der Interventionsgruppe ereigneten sich 29,14 Schlaganfälle pro 1000 Patientenjahre im Vergleich zu 33,65 in der Kontrollgruppe (RR: 0,86; 95% CI: 0,77–0,96; p=0,006). Der sekundäre Endpunkt schwere kardiovaskuläre Ereignisse (nicht tödlicher Schlaganfall, nicht tödliches akutes Koronarsyndrom und vaskulärer Tod) wurde in ähnlichem Ausmaß und ebenfalls signifikant reduziert. Ebenso wurde eine signifikante Senkung der Mortalität um 12% beobachtet. Klinisch relevante Hyperkaliämie trat in beiden Armen gleich häufig auf (3,35 vs. 3,30 pro 1000 Patientenjahre). Es traten keine unerwarteten Sicherheitssignale auf.
Studienleiter Prof. Dr. Bruce Neal vom George Institute for Global Health in Sydney unterstreicht den einfachen Ansatz der Studie. Salzersatz ist billig und leicht herzustellen. Gerade in ökonomisch unterprivilegierten Regionen sei es möglich, große Effekte zu erzielen, da gerade in diesen Populationen der Salzkonsum sehr hoch ist, weil Salz unter anderem zur Konservierung von Lebensmitteln eingesetzt wird. Berechnungen für China zeigen, dass durch Salzersatz jährlich 365000 Schlaganfälle und 461000 vorzeitige Todesfälle vermieden werden könnten.4
Quelle:
ESC-Kongress 2021, The Digital Experience, 27.–30.8.2021
Literatur:
1 Tian M et al.: The effect of salt substitute on cardiovascular events and death (SSaSS). N Engl J Med: 10.1056/NEJMoa2105675 2 Cogswell ME et al.: Dietary sodium and cardiovascular disease risk--measurement matters. N Engl J Med 2016; 375: 580-6 3 Aburto NJ et al.: Effect of increased potassium intake on cardiovascular risk factors and disease: systematic review and meta-analyses. BMJ 2013; 346: f1378 4 Marklund M et al.: Estimated population wide benefits and risks in China of lowering sodium through potassium enriched salt substitution: modelling study. BMJ 2020; 369: m824
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