
Der Stellenwert moderner Wundauflagen in der Brandverletztenbehandlung
Autorin:
Dr. Ina Nietzschmann
BG-Klinik Bergmannstrost Halle/Saale
Brandverletzenzentrum
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Es gibt mittlerweile eine Vielzahl von Wundauflagen, die sich für die Behandlung von Verbrennungen anbieten und hier sogar ihren Ersteinsatz haben, um später Verwendung bei der chronischen Wunde zu finden. Entscheidend ist die Beurteilung der Verbrennung in ihrem Ausmaß und ihrer Tiefe sowie Lokalisation, um zwischen konservativer und operativer Therapie zu differenzieren.
Die Indikation für die Aufnahme auf ein Brandverletztenzentrum besteht beim Erwachsenen bei Verbrennungen 2. Grades von >10 % verbrannter Körperoberfläche (KOF) und bei Verbrennungen 3. Grades bzw. beim Kind bei >5 % KOF bei Verbrennungen 2. Grades und bei Verbrennungen 3. Grades. Ferner bei Verbrennungen an Lokalisationen wie Hände, Füße, Gesicht, Genitalien und Gelenkbereich und in Kombination mit Inhalationstraumata oder weiteren Begleitverletzungen sowie bei Elektrounfällen und chemischen Verletzungen (siehe Tab. 1). Wann setzen wir Wundauflagen in der Praxis ein? Wir verwenden sie bei Verbrennungen von Grad 2a, 2a/bund zur temporären Deckung von Verbrennungen 3. Gradeszur Konditionierung.
Für uns sollten Wundauflagen folgende Anforderungen erfüllen: möglichst einmalige Applikation, sauerstoffdurchlässig, aber undurchlässig für Bakterien, gute Adhärenz an das Wundbett, aber keine Verklebung, schmerzarme Verbandswechsel, Schmerzreduzierung, hohe Aufnahmekapazität bei Exsudat und Stimulation der Wundheilung.
Im Folgenden stellen wir die von uns verwendeten Wundauflagen und Externa im Einzelnen näher vor.
Flaminal
Abb. 1: 2b-gradigeGesichtsverbrennungnach Flaminal-Anwendung
Wir verwenden Flaminal bei tieferen Verbrennungen vom Grad 2b–3bzw. bei Mischbildern vorzugweise im Gesichtsbereich. Entsprechend der Verbrennungswunde wird Flaminal hydro (leicht exsudative Wunden) oder Flaminal forte (stark exsudative Wunden) eingesetzt. Neben dem unterschiedlichen Alginatgehalt (er ist bei Flaminal hydro niedriger und bei Flaminal forte höher) spielt die Wirkung durch das Enzymsystem (Glukoseoxidase, Laktoperoxidase, Glukose, Guajacol) auf die Brandwunde eine entscheidende Rolle. Es bietet einen antimikrobiellen Schutz, vermindert die übermäßige Proteasetätigkeit und hält die Wunde sauber und feucht. Nach Auflösung des oberflächlichen Verbrennungsschorfs muss allerdings das Behandlungsregime gewechselt werden. Wir verwenden im Anschluss vorzugsweise Macrogol (Abb. 1).
Polyhexanid-Macrogol
Polyhexanid-Macrogol-Salbe lassen wir uns in der Apotheke in einer bestimmten Zusammensetzung (100g enthalten 0,5g Polyhexanid-Lösung 20%, 9,5g Aqua und 45g Macrogol 300) anmischen. Polyhexanid hat eine intrazelluläre antimikrobielle Wirkung (Interaktion mit negativ geladenen Phospholipiden, welche Hauptbestandteil der Membranen gramnegativer und grampositiver Bakterien, z.B. MRSA,sind), eine Wirksamkeit gegen Biofilme (signifikante Reduktion von Pseudomonas aeruginosa), fördert die Durchblutung durch Erhöhung der Kapillardichte bzw. des Arteriolendurchmessers, fördert die Wundheilung durch Stimulation des Zellmetabolismus von Fibroblasten und behindert trotz antiinfektiver Wirksamkeit nicht die Reepithelisierung. Polyhexanid-Macrogol verwenden wir bis zur Abheilung der Brandwunde
Hydrokolloid
Abb. 2: Hydrokolloid-Auflage auf einer gesunden Hand
Hydrokolloid ist ein selbsthaftender Wundverband, der 3–5 Tage belassen werden kann und mit welchem die Patienten auch ambulant problemlos weiterbehandelt werden können. Durch Bildung eines feuchten Wundmilieus wird die Epithelisierung angeregt. Schmerzhafte Verbandswechsel werden reduziert. Nachteilesind die Geruchsbelästigung durch evtl. austretendes Wundsekret und dasseine Wundbeurteilung über die Dauer der Applikation nicht möglich ist. Ferner eignet sich Hydrokolloid nur für kleinflächige Anwendungen. Wir verwenden es ausschließlich für Verbrennungen vom Grad2a (Abb. 2).
Epicite hydro
Dabei handelt es sich um eine Wundauflage aus biotechnologisch gewonnener Cellulose und isotonischer Kochsalzlösung mit einem Wasseranteil von mindestens 95%. Epicite hydro ist reißfest und passt sich der Wundform und-tiefe an. Eine Kombination von Epicite hydro mit einer antiseptischen Lösung ist möglich, z.B. indem man es in diese für einige Minuten eintaucht. Wir benutzen Epicite hydro ausschließlich für 2a-gradige Gesichtsverbrennungen. Nach Aufnahme des Patienten in unserem Brandverletztenzentrum wird Epicite hydro aufgelegt und für die nächsten 48 Stunden mit Lavasept/Serasept feucht gehalten. Danach trocknet es ab und Überstände können auch vom Patienten selbst abgeschnitten werden (Abb. 3a und b).
Abb. 3: Epicite hydro bei Auflage bzw. nach Abtrocknung
Suprathel
Suprathel ist ein Epidermisersatz,es handelt sichum eine resorbierbare Membran, bestehend aus einem Copolymer aus Polylactid. Suprathel ist gut an alle Körperregionen anpassbar, insbesondere auch über Gelenken. Nach Aufbringen auf die Brandwunde wird die Membran transparent und löst sich von wiederhergestellten Hautarealen ab. Eine einmalige Applikation ist in der Regel ausreichend. Nach dem Aufnahmeprozedere mit Ganzkörperwaschung, Rasur, Dermabrasio und Lavasept-Feuchtverbänden erfolgt nach 24–48 Stunden eine Reevaluierung zur endgültigen Feststellung der Verbrennungstiefe. Bei Verbrennungen vom Grad 2a/b bzw. 2b besteht für uns die Indikation für Suprathel. Der Patient wird in den Operationssaal verbracht. Hier erfolgt ein tangentiales Débridement mit einer subtilen Blutstillung. Anschließend erfolgt die Suprathelauflage, daraufkommen eine Lage Fettgaze als Distanzhalter und ein Schutzverband. Am Folgetag führen wir einen „second look“ durch und bessern ggf. das Suprathel aus. Anschließend bleibt der Verband für 5–7 Tage verschlossen. Der Patient kann bei weniger großflächigen Verbrennungen in der Zwischenzeit nach Hause entlassen werden.
Kerecis
Kerecis ist eine azelluläre, dermale Matrix mit Omega-3-Fettsäuren und wird aus Vollfischhaut (Kabeljau) gewonnen. Auch hier führen wir nach einer Reevaluierung im Operationssaal ein Débridement des Wundbettes durch. Danach wird Kerecis auf Wundgröße zugeschnitten. Bei Bedarf wird Kerecis gemesht oder fenestriert. Anschließend erfolgt ein Verband mit Distanzgitter, Klammern oder Unterdrucktherapie (VAC) zur Fixation. Im weiteren Verlauf wird die Wunde durch die Transplantation mit Spalthaut verschlossen. Die Indikation besteht für Verbrennungen vom Grad 2a/b und 2b (Abb. 4).
„Biodegradable temporising matrix“
BTM („biodegradable temporising matrix“) besteht aus einem synthetischen Polymer,es enthält keine biologischen Materialien und damit keinen zusätzlichen Nährboden für Bakterien. Wir verwenden sie bei Verbrennungen 3. Grades als Dermisersatz. Im chirurgisch sauber débridierten Wundbett wird BTM eingelegt. Damit ist die Brandwunde physiologisch verschlossen, das Infektionsrisiko mininiert und der Feuchtigkeitsverlust durch Verdunstung reduziert. Die Integration findet durch zelluläre Infiltration über ca. 3 Wochen statt. Danach wird die Versiegelungsmembran entfernt und die Brandwunde durch MEEK oder Spalthaut verschlossen. Die BTM wird abgebaut und nach 12–18 Monaten vollständig resorbiert (Abb. 5).
Fazit
Es gibt eine Vielzahl von Wundauflagen und Hautersatzmaterialien, die bei der Behandlung von Verbrennungen sinnvoll eingesetzt werden können. Wichtig ist die diagnosegerechte Indikationsstellung, um die Wundheilung der Patienten maximal zu unterstützen.
Literatur:
bei der Verfasserin
Das könnte Sie auch interessieren:
Mycoplasma genitalium, Chlamydien, Syphilis
Sexuell übertragbare Infektionen sind weltweit im Ansteigen begriffen, was die Resistenzproblematik verschärft. Dass ein Screening asymptomatischer Personen nicht unbedingt die optimale ...
The use of ultrasonography to guide aesthetic filler injections
The use of aesthetic filler injections has been steadily increasing in recent years. Correspondingly, there has also been an increase in reported complications. Among these, vascular ...
Systemtherapie des HER2-low fortgeschrittenen Mammakarzinoms
HER2-low- und HER2-ultralow-Mammakarzinome stellen besondere Herausforderungen dar, da sie sich sowohl in ihrer Prognose als auch im Therapieansprechen von HER2-positiven und HER2-zero- ...