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Aktuelle Themen der klinischen Forschung
Jatros Digital
30
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15.10.2018
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<p class="article-intro">Am letzten Kongresstag präsentierten Dr. Jackie Palace, Oxford, und Prof. Martin Stangel, Hannover, ihre „Clinical Highlights“ des ECTRIMS 2018. Diagnosekriterien, Familienplanung und Umweltfaktoren zählten zu den aus ihrer Sicht besonders relevanten Themenbereichen – ein Auszug aus dieser Session.</p>
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<p class="article-content"><p>Dr. Palace hob zuerst all jene Arbeiten hervor, welche die Evaluierung der neuen McDonald-Kriterien zum Gegenstand hatten. Insgesamt zeigten sie, dass die neuen Kriterien sensitiver sind und eine frühere Diagnose ermöglichen. Dies betrifft alle Altersgruppen. So verzeichneten zum Beispiel Yael Hacohen et al. eine Steigerung der Sensitivität bei Kindern mit multipler Sklerose auf 84 % gegenüber den Kriterien von 2010 mit 46,8 % .<sup>1</sup> Die Anzahl der unidentifizierten MS-Fälle wird also durch die neuen Kriterien sicher gesenkt. Demgegenüber ist die Spezifität etwas geringer.</p> <h2>Schwangerschaft und Stillzeit</h2> <p>Das Thema Familienplanung erachtet Palace als besonders wichtig für die klinische Praxis. Eine Fülle an eingereichten Abstracts befasste sich mit Kinderwunsch, Schwangerschaft und Stillen. Die wichtigsten Erkenntnisse aus diesen Arbeiten lassen sich wie folgt zusammenfassen: Die meisten MS-Medikamente sind nicht teratogen, wobei für neuere Medikamente und „small molecules“ noch keine Erfahrungen vorliegen. Glatirameracetat und Interferone sind bis zur Konzeption und wahrscheinlich auch darüber hinaus sicher. Postpartale Schübe führen bei den meisten Müttern nicht zu einem erhöhten Risiko für dauerhafte Beeinträchtigungen. Bei hochaktiver Erkrankung und geplanter Schwangerschaft kann ein depletierender Antikörper mit lang anhaltender Wirkung, z.B. Cladribin, in Betracht gezogen werden. Patientinnen, die auf Natalizumab eingestellt sind, können bis Woche 34 weiter damit behandelt werden. <br /><br /> Vom Stillen sollte man nicht abraten, nur um die Medikation wiederaufnehmen zu können, denn es hat sich herausgestellt, dass Stillen für Patientinnen mit moderater MS sogar einen Benefit in Form einer Reduktion der Anzahl und Schwere der Schübe bedeutet. Wenn eine Frau nicht stillen möchte, sollte mit der MS-Therapie rasch (7–14 Tage nach der Geburt) wieder begonnen werden.<br /><br /> Da die jeweiligen Fachinformationen der Medikamente äußerst vorsichtig bezüglich Schwangerschaft und Stillzeit formuliert sind, empfiehlt Palace, bei den Herstellern aktuelle Informationen über Fälle von Schwangerschaften unter Medikation einzuholen.</p> <h2>Kognitive Progression durch Rauchen und Vitamin-D-Mangel</h2> <p>Für Prof. Stangel waren vor allem Arbeiten relevant, die den Einfluss von Umweltfaktoren auf die Progression der MS untersuchten, weil diese zum Teil beeinflussbar sind und daher eine Chance bieten, die Progression der Erkrankung zu bremsen. Er erwähnte unter anderem die Studie von Marianna Cortese et al., die untersuchte, inwieweit sich Vitamin-D-Mangel, Rauchen und EBV auf die kognitive Entwicklung von MS-Patienten auswirken. Für Vitamin D und Rauchen konnte eine Assoziation gefunden werden; die Daten sprechen sogar für einen dosisabhängigen Zusammenhang mit kognitiven Einbußen und neuronalen Schäden.<sup>2</sup> Insgesamt könne MS-Patienten jedenfalls geraten werden, das Rauchen aufzugeben, Übergewicht zu reduzieren und einen Vitamin-D-Mangel auszugleichen, so Stangel zusammenfassend.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: „Clinical highlights“, ECTRIMS 2018; Plenary Session 2
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<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><em><strong>1</strong> Hacohen Y et al.: Improved performance of the 2017 McDonald criteria for diagnosis of multiple sclerosis in children irrespective of age. ECTRIMS 2018: #142 </em><br /><em><strong>2</strong> Cortese M et al.: Vitamin D, smoking, EBV and long-term cognitive performance among CIS patients: 11-year follow-up of BENEFIT. ECTRIMS 2018: #321</em></p>
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