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20. GOTS-Treffen Österreich
Jatros
Autor:
Dr. Rainer Fiala
Abteilung für Orthopädie und orthopädische Chirurgie Klinikum Wels-Grieskirchen
30
Min. Lesezeit
11.05.2017
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<p class="article-intro">Unter dem Motto „Herausforderung Sportmedizin“ wurde die Jubiläumsveranstaltung der österreichischen Sektion der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin mit einem interessanten und abwechslungsreichen Programm gebührend gefeiert.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Das Konferenzhotel Aldiana Salzkammergut in Bad Mitterndorf bewährte sich erneut als freundlicher und gemütlicher Austragungsort für das GOTS-Treffen Österreich und lockte vom 16. bis 19. März 2017 zahlreiche nationale und internationale Sportärzte sowie Physiotherapeuten zur interdisziplinären Fortbildung.</p> <p>Das Ziel der Sportmedizin ist die optimierte Versorgung von Sportlerinnen und Sportlern aller Leistungsniveaus gemäß dem GOTS-Motto „Hochleistungsmedizin für Sportler“. Ein hochmotivierter Athlet bietet zwar die idealen Patientenvoraussetzungen für gute Zusammenarbeit und Therapieumsetzung, jedoch wird die Sportmedizin des Bewegungsapparates regelmäßig unter hohem zeitlichem Druck und unter dem Blick der Öffentlichkeit auf die Probe gestellt. Der olympische Leitspruch „Höher, schneller, weiter“ erfordert Bewegungsausmaße in Grenzbereichen, die ein hohes Risiko für Verletzungen und Reverletzungen bergen. Somit wurde der Fokus dieser Veranstaltung auf die größten Herausforderungen der Sportmedizin des Bewegungsapparates gerichtet, nämlich auf den Umgang mit therapeutischen Misserfolgen und die „return to sport evaluation“. Renommierte österreichische Sportärzte und internationale Experten referierten zum Thema der optimierten sportmedizinischen Behandlung von Reverletzungen des Knie-, Schulter- und Sprunggelenks und gaben Einblicke in neueste Testbatterien für eine zeitlich sichere Rückkehr in den Sport.</p> <p>Nach einleitenden Worten von GOTS-Österreich-Vizepräsident Dr. Gerhard Ober­thaler (Salzburg) erfolgte ein einstimmender geschichtlicher Rückblick auf die Sportmedizin durch Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer (Krems), welcher vor Kurzem zum GOTS-Präsidenten der Schirmgesellschaft Österreich-Deutschland-Schweiz ernannt worden war. Weiters rekapitulierten ehemalige Vizepräsidenten der GOTS Österreich, Dr. Klaus Dann (Wien) und Dr. Karl-Heinz Kristen (Wien), die Highlights aus der nun 20-jährigen GOTS-Aktivität in Österreich als feierliche Eröffnung der Veranstaltung.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1703_Weblinks_s41.jpg" alt="" width="1454" height="948" /></p> <h2>Kniegelenk</h2> <p>Die Kongresstage wurden in Vormittags- und Nachmittagseinheiten gegliedert, wobei jeweils ein spezifisches Gelenk oder Thema adressiert wurde.<br />Die erste Vormittagseinheit hatte den Themenschwerpunkt „Fehlschläge in der Versorgung von Sportlern am Knie“. Den Beginn machte der geladene Ehrengast Prof. Dr. Peter Angele (Regensburg), amtierender Präsident der Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie (AGA) mit überregionalem Ruf in Klinik und Wissenschaft auf dem Gebiet der regenerativen Gelenktherapie. In seinem Vortrag argumentierte er die Notwendigkeit einer genauen Problemanalyse bei insuffizientem vorderem Kreuzband (VKB) in Bezug auf Tunnelposition, Beinachse und Beschaffenheit des hinteren Kreuzbandes. Die erhobenen Daten sind essenziell für die optimierte Planung einer einzeitigen versus zweizeitigen Revisions-VKB-Plastik. Darauf aufbauend unterstrich Prim. Univ.-Doz. Dr. Thomas Müllner (Wien) die strikte anatomische Rekonstruktion eines normalen VKB bei rezidivierender Knieinstabilität nach wiederholten VKB-Operationen, wobei zuallererst mögliche übersehene Begleitverletzungen ausgeschlossen werden müssen. Als Transplantat der Wahl bei solchen Revisionseingriffen wurde ein Achillessehnen-Allograft genannt. Danach widmete sich Dr. Erich Altenburger (Wien) dem heiklen Thema der Kniegelenksinfektion nach VKB-Plastik und betonte die heterogene klinische Präsentation dieser schweren Komplikation. Eine schnelle und konsequente chirurgische/antimikrobielle Therapie ist grundlegend, da der hyaline Knorpel bereits nach 24–48 Stunden irreversible Schäden erleidet. Dr. Florian Dirisamer (Puchenau) betonte die Wichtigkeit der Versagensanalyse nach Meniskusnahtversagen für die effiziente Planung einer Reoperation mit den Zielen Schmerzreduktion, Funktionserhalt und Chondroprotektion. Abschließend beleuchtete Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer (Krems) die ausgiebige Analyse nach Fehlschlägen einer operativen Knorpeltherapie hinsichtlich patienten-, gelenk- und defektspezifischer Faktoren für die weitere operative Planung. Als Moderator dieser Vormittagseinheit leitete Prof. Dr. Nehrer anschließend eine Frage- und Diskussionsrunde mit reger Beteiligung des Auditoriums. Danach erfolgte ein Location-Wechsel auf die Schöni-Alm für weitere Fallbesprechungen im Rahmen des „Alpine Meeting“. Die Mittagspause beinhaltete auch einen spannenden Knie-Workshop und ein alpines Sicherheitstraining.</p> <h2>Return to Sports</h2> <p>Die erste Nachmittagseinheit trug den Titel „Herausforderung Return to Sports“. In zwei Vorträgen erläuterte Priv.-Doz. Dr. Thore Zantop (Straubing) die Verletzungsmechanismen einer VKB-Ruptur unter Berücksichtigung von erhöhter Vulnerabilität bei übersäuerten Spielern; er verkündete die ernüchternde Nachricht, dass ein „return to sports“ auf „pre-injury level“ – wenn überhaupt – oft erst nach zwei Jahren möglich ist. Seine eindrucksvollen Methoden der 3D-Bewegungsanalysen zur Darstellung der Knieinstabilität im rehabilitativen Verlauf wurden präsentiert. Im Einklang mit diesen Visualisationstechniken präsentierte Assoc. Prof. Dr. Christian Fink (Innsbruck) eine Testbatterie für den Wiedereinstieg in den Sport mit der Voraussetzung eines Wiedererlangens von neuromuskulären Kontrollmechanismen. Dr. Adalbert Selhofer (Salzburg) argumentierte die Rumpfstabilität als wichtigsten Faktor zur Vermeidung einer VKB-Läsion und ein Kraftdefizit der ischiocruralen Muskulatur mit verringerter exzentrischer Kraft als Prädiktor für Muskelverletzungen. Zuletzt erläuterte FH-Prof. Ing. MMag. Dr. Anton Sabo (Wien) Neuerungen in der Ski- und Bindungsentwicklung im Hinblick auf Verletzungsprophylaxe und schilderte die Schwierigkeiten, den vielfältigen Anforderungen verschiedenster Ansprüche unter optimalem Preis-Leistungs-Verhältnis gerecht zu werden. Die Fragerunde sowie der GOTS-Konsensus wurden von Dr. Gerhard Oberthaler (Salzburg) geleitet. Die Bestimmung des geeigneten Zeitpunkts für den Wiedereintritt in den Sport stellt für Athleten und Sportärzte eine große Herausforderung dar, um Folgeverletzungen zu vermeiden und das Erreichen des „pre-injury level“ zu ermöglichen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1703_Weblinks_s42.jpg" alt="" width="1454" height="876" /></p> <h2>Schultergelenk</h2> <p>Die zweite Vormittagseinheit befasste sich mit Fehlschlägen in der Versorgung von Sportlern an der Schulter. Im ersten Vortrag betonte OA Dr. Michael Hexel (Wien) die Notwendigkeit einer realistischen Erwartungshaltung bei Sportlern mit erneuter Instabilität nach Schulter­operation, wobei eine Re-OP gut überlegt werden sollte und allgemein häufig ein Karriereende droht. Dr. Rolf-Michael Krifter (Judenburg) wies auf die lediglich geringe Anzahl an Re-OP-Möglichkeiten nach SLAP-Repair und Bizepstenodeseversagen hin, wobei die Auswahl einer geeigneten, individuell angepassten Option von größter Wichtigkeit ist. Im Rahmen von zwei Vorträgen erläuterte PD Dr. Knut Beitzel (München) das funktionelle Dreieck der Schulter und erinnerte daran, dass eine falsche präoperative Patientenselektion die häufigste Ursache für ACG-Reinstabilitäten darstellt. Des Weiteren präsentierte er ein aufbauendes Rehabilitationsregime anhand einer komplexen Testbatterie, um Sportler nach Schulterstabilisierung erneut wettkampffähig zu machen. Danach befasste sich Dr. Leo Pauzenberger (Wien) mit der Schultergelenksinfektion nach Rotatorenmanschettennaht mit häufig subklinischem Verlauf. Als häufigster Erreger wird Propionibacterium acnes identifiziert, wobei eine perioperative antibiotische Prophylaxe das Infektionsrisiko signifikant senkt und die aggressive Behandlung des Infektes den Goldstandard darstellt. Nachdem sich die Referenten den Fragen und Kommentaren des Auditoriums souverän gestellt hatten, fasste Dr. Klaus Dann (Wien) im GOTS-Konsensus die wichtigsten Eckdaten der postoperativen Reinstabilität und Infektion zusammen.</p> <h2>Fuß und Sprunggelenk</h2> <p>Die zweite und somit letzte Nachmittagseinheit lief unter dem Titel „Fehlschläge in der Versorgung von Sportlern am Sprunggelenk und der Achillessehne“. Zunächst wurde das Sprunggelenk als häufigstes verletztes Gelenk von PD Dr. Manuel Sabeti (Wien) thematisch behandelt. Nach Erläuterung der Anatomie des medialen/lateralen Bandkomplexes und der Syndesmose wurden „Lege artis“-Operationstechniken bei chronischer Sprunggelenksinstabilität dargestellt. Anschließend explorierte Dr. Karl-Heinz Kristen (Wien) die anatomischen Gegebenheiten bei Achillessehnenruptur sowie die darauf folgenden Schwierigkeiten bei der geeigneten Therapieplanung. Dr. Karin Pieber (Wien) präsentierte patientenbasierte Fragebögen und funktionelle Tests für „Return to sports“-Entscheidungsprozesse nach OSG-Instabilität und hob die Wichtigkeit des Seitenvergleichs hervor. Nach einer wiederum wertvollen Diskussions- und Frage-Session, geleitet von Dr. Bernd Hiller (Salzburg), wurde im GOTS-Konsensus erneut die Komplexität der Behandlung des Sprunggelenks mit hoher Rezidivrate nach erstmaligem Supinationstrauma erwähnt, wobei eine patienten- und sportadaptierte Therapie notwendig ist, um einen sicheren Wiedereintritt in den sportlichen Wettkampf zu ermöglichen.</p> <h2>Weitere Highlights</h2> <p>Den krönenden Abschluss des Nachmittags bildete die Premiere einer Einheit namens „Uuups – der unerwartete Behandlungsverlauf“, in der unter der Moderation von Doz. Dr. Gerald Gruber (Graz) von Kongressteilnehmern vier unglücklich und folgenschwer verlaufene Patientenfälle präsentiert wurden, mit darauf folgender interdisziplinärer Diskussion zur zukünftigen Vermeidung eines ähnlichen Outcomes.<br />Während des gesamten Kongresses konnten die Teilnehmer im Rahmen der Industrieausstellung Informationen über die neuesten sportmedizinischen Produkte einholen. Die Firma Arthrex präsentierte dem Auditorium röntgentransparente Platten für die osteosynthetische Versorgung und neueste Entwicklungen von TightRopes. Weiters wurde der alljährliche „Otto Bock GOTS Österreich Nachwuchsförderpreis“ für eine gelungene wissenschaftliche Arbeit verliehen. Er ging an Emil Petsovits für seine Arbeit „Ist eine klinische pathologische Fußveränderung in den Maximaldruckwerten eindeutig erkennbar?“. Stefan Nehrer rief auch heuer wieder junge Nachwuchstalente auf, ihre Bachelor- oder Masterarbeiten einzureichen: „Junger Forschergeist wird gefördert und die GOTS möchte junge Menschen auffordern, innerhalb der Gesellschaft präsent zu sein.“</p> <p>Als Parallelveranstaltung wurde heuer zum zweiten Mal der GOTS-Sportarzt-Zertifikatskurs angeboten, der auch viele Kollegen aus Deutschland und der Schweiz anlockte.<br />Auf sportlicher Seite wurde das schon zur Tradition gewordene GOTS-Ski-/Snowboardrennen trotz suboptimaler Wetterbedingungen durchgeführt; die tapferen Teilnehmer wurden bei der abendlichen Siegerehrung gebührend gefeiert. <br />Als Ehrengast durfte der Hochleistungssportler Matthias Walkner (MX3-Weltmeister 2012, Rallye-Weltmeister Motorrad 2015) begrüßt werden. Anhand des packenden Dokumentarfilms „One Track Back“ erzählte er die Geschichte seiner Motorsportkarriere und wie er nach komplizierter Oberschenkelfraktur bei der Rallye Dakar 2016 heuer ein erstaunliches Comeback mit 2. Gesamtrang feiern konnte.<br />Zusammenfassend ist zu sagen, dass das 20. GOTS-Treffen Österreich ein enormer Erfolg und von höchster akademischer und sportlicher Wertigkeit war. An dieser Stelle herzlichen Dank an die Referenten und Teilnehmer, das GOTS-Team und alle Freunde der GOTS, sowie an die seit über 20 Jahren unterstützend wirksamen Sponsoren! Eine erneute Austragung im nächsten Jahr kann mit Vorfreude erwartet werden.</p></p>
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