CPAP bei Schlafapnoe: Wie geht es weiter?
Bericht: Reno Barth
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Schlafapnoe erhöht das kardiovaskuläre Risiko erheblich. Leider konnte für die nächtliche Überdruckbeatmung (CPAP) kein Effekt auf dieses Risiko demonstriert werden. Allerdings zeigt ein Blick auf die Studien ein komplexes Bild mit ausgeprägter Heterogenität der Schlafapnoe-Population auf der einen und methodischen Schwächen der Studien auf der anderen Seite.
Das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (OSA) ist mit einer Vielzahl von Risikofaktoren sowie mit einer substanziellen Erhöhung des kardiovaskulären Risikos assoziiert. Es kommt bei den Betroffenen zu einem Anstieg von Markern systemischer Inflammation, zu zunehmender Insulinresistenz, chronischer Sympathikusaktivierung, Druckschwankungen im Thorax, die unter anderem Arrhythmien begünstigen und direkt auf das Myokard wirken können sowie zu einer verstärkten Thromboseneigung.1 Eine Reihe von Risikofaktoren, die die Wirkung des OSA auf das Herz-Kreislauf-System verstärken, wurde beschrieben, darunter vor allem die hypoxische Belastung und damit die Zeit, die pro Nacht mit weniger als 90 Prozent Sauerstoffsättigung verbracht wird oder die nächtlichen Puls-Veränderungen.2 Dies zeigt sich in retrospektiven Studien einerseits in einer dosisabhängigen Assoziation der Schlafapnoe mit tödlichen und nicht tödlichen kardiovaskulären Ereignissen, darüber hinaus aber auch in einem ausgeprägten protektiven Effekt nächtlicher Überdruckbeatmung mittels CPAP („continuous positive airway pressure“).3 „Obwohl das Daten aus nicht kontrollierten Studien sind, würden wir heute keinem unserer Patienten diese Behandlung vorenthalten“, sagt dazu Prof. Dr. Anita Simonds vom britischen National Heart & Lung Institute. Metaanalysen der verfügbaren Literatur zeigen Auswirkungen von OSA insbesondere auf die Inzidenz von Hypertonie sowie Risikoerhöhungen praktisch aller kardiovaskulären Endpunkte. Leider sieht die Studienlage zur Prävention mit CPAP deutlich schlechter aus.
Die Ergebnisse randomisierter, kontrollierter Studien sind durchgehend neutral oder nicht signifikant.4 Ein Problem dieser Studien liege im kurzen Follow-up, so Simonds, das schlicht und einfach nicht ausreiche, um signifikante Effekte auf harte klinische Endpunkte zu zeigen, während in den Studien die weichen sekundären Endpunkte wie Tagesmüdigkeit in der Regel sehr wohl positiv beeinflusst wurden. Aus diesem Grund wurden aus den relevanten Studien in der Sekundärprävention auch die ausgeprägt schläfrigen Patienten aus ethischen Gründen ausgeschlossen, da man ihnen die Behandlung nicht vorenthalten wollte. Folglich wurden nur Patienten mit weniger ausgeprägter Schlafapnoe untersucht.
Ein weiteres Problem stellt die Adhärenz dar. So fand eine rezente Metaanalyse in der Gesamtpopulation keine Risikoreduktion durch CPAP. Betrachtete man jedoch die Subgruppe der adhärenten Patienten, so erreichten die Effekte Signifikanz.5 Zusammenfassend ließe sich sagen, so Simonds, dass eine Reduktion des kardiovaskulären Risikos mit CPAP nur erreichbar ist, wenn die Patienten ihr Device auch tatsächlich für mindestens vier Stunden benützen. In der untersuchten Gesamtpopulation konnten hingegen keine Effekte von CPAP gezeigt werden. Damit ergeben sich zahlreiche Fragen für die Forschung der nächsten Jahre. Diese beginnt bei der Definition von Phänotypen des Schlafapnoe-Syndroms. So zeigt eine Post-hoc-Analyse, dass OSA-Patienten mit zerebrovaskulärer Erkrankung, sofern sie adhärent sind, eine Patientengruppe darstellen, die besonders von CPAP profitiert. Ebenfalls logische Kandidaten für die Prävention mit CPAP sind Patienten mit deutlicher hypoxischer Last. Hier konnte eine dosisabhängige Relation mit kardiovaskulären Ereignissen und Gesamtmortalität nachgewiesen werden.6 Als weitere Subpopulation mit besonders ausgeprägtem kardiovaskulärem Risiko konnten Patienten identifiziert werden, bei denen die Schlafapnoe zu besonders deutlichen Veränderungen der Herzfrequenz führt. CAPA-Studien zeigen, dass die Beatmung diesen Effekt mildert und sich das auch auf die Ereignisraten auswirken dürfte.7 In einer rezenten Studie gelang es, eine Patientenpopulation mit besonders gutem Ansprechen auf CPAP zu definieren, nämlich jüngere Patienten mit hoher hypoxischer Last, Adipositas, hohem Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) sowie generell hohem kardiovaskulärem Risiko.8 Darüber hinaus weist Simonds auf ein weiteres Problem der klinischen Studien zu CPAP hin: Nur rund 20 Prozent der Patienten, mit denen man im klinischen Alltag zu tun hat, erfüllen die Einschlusskriterien der Studien. Paradoxerweise sind dies oft die am stärksten belasteten Patienten, bei denen die Chancen auf einen Benefit am höchsten wären. Daher sollte die Evidenz aus Real-World-Studien und Registern in der Praxis nicht ignoriert werden. Nicht zuletzt müsse man auch berücksichtigen, dass man es mit einer sehr heterogenen Population zu tun habe.
Quelle:
State of the art session: “Sleep and breathing disorders”; “Appraisal and critical review of the effects of PAP treatment on cardiovascular endpoints”, Vortrag von Prof. Dr. Anita Simonds, UK, am 6. September 2022 am ERS 2022
Literatur:
1) Cowie MR et al.: J Am Coll Cardiol 2021; 78(6): 608-24
2) Yasir M et al.: Front Neurol 2022; 13: 801167
3) Marin JM et al.: Lancet 2005; 365(9464): 1046-53
4) Resano-Barrio MP et al.: Eur Cardiol 2020; 15: e65
5) Abuzaid AS et al.: Am J Cardiol 2017; 120(4): 693-9
6) Trzepizur W et al.: Am J Respir Crit Care Med 2022; 205(1): 108-117
7) Arzarbazin A et al.: Am J Respir Crit Care Med 2021; 203(12): 1546-55
8) Xu P-H et al.: Thorax 2022; 0: 1-9
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