Keine Asthmadiagnose ohne objektive Messwerte
Bericht: Reno Barth
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Studiendaten zeigen häufiger Über-, Unter- oder Fehldiagnosen bei Patienten mit Asthmasymptomen. Dieses Problem kann nur durch objektivierbare Messungen gelöst werden. Dies ist auch in der allgemeinmedizinischen Praxis mit guter Qualität möglich, wie britische Erfahrungen zeigen.
Asthmadiagnosen gestalten sich im klinischen Alltag alles andere als optimal mit einem erheblichen Anteil sowohl an Über- als auch an Unterdiagnosen im jeweils zweistelligen Prozentbereich. Damit bekommen alleine in Großbritannien Hundertausende Menschen falsche Therapien. Dies zeige nicht zuletzt, so Prof. Dr. David Lo von der University of Leicester, dass Tests und objektive Messungen in der Asthmadiagnostik unverzichtbar sind. Die Lage wird zusätzlich dadurch kompliziert, dass unterschiedliche Fachgesellschaften unterschiedliche Algorithmen für die Asthmadiagnostik vertreten und sich damit für den Praktiker die Frage stelle, welchem dieser Algorithmen er folgen solle. Letztlich ginge es jedoch darum, drei Dinge objektiv abzuklären: die (reversible) Atemwegsobstruktion, eine Inflammation der Atemwege sowie die Variabilität der Atemwegsobstruktion über die Zeit. Typischerweise im allgemeinmedizinischen Setting durchgeführte Untersuchungen sind die Spirometrie plus Bestimmung der Reversibilität durch einen Bronchodilatator, die Messung von FeNO („fraction of exhaled nitric oxide“) sowie der Variabilität des Spitzenflusses. Provokationstests werden hingegen üblicherweise im spezialisierten Setting durchgeführt.
Die Spirometrie ist die älteste dieser Untersuchungen und wird mit Variationen und Weiterentwicklungen seit dem 19. Jahrhundert praktiziert. Die Geräte haben sich allerdings „in ihrer Größe und ihren Möglichkeiten“ verändert, so Lo. Die Spirometrie kann durch forcierte exspiratorische Manöver restriktive (forcierte Vitalkapazität; FVC) und obstruktive (forcierte Einsekundenkapazität; FEV1/FVC) Auffälligkeiten der Atemwege erkennen. Wiederholte Durchführung nach Inhalation eines SABA machen reversible Atemwegsobstruktion deutlich. Die Sensitivität ist niedrig bis moderat, die Spezifität moderat bis hoch. Messungen des maximalen exspiratorischen Atemflusses („peak expiratory flow rate“; PEFR) wird seit den 1950er-Jahren durchgeführt und hat eine geringe Sensitivität bei moderater Spezifität. Die Methode ist, so Lo, „low tech“ und billig, hat aber den Vorteil, dass die Messungen beispielsweise von den Patienten zu Hause durchgeführt werden können. Die Messung von FeNO („fraction of exhaled nitric oxide“) wird seit den 1990er-Jahren durchgeführt und ist seit rund 20 Jahren kommerziell für den Einsatz außerhalb des Krankenhauses verfügbar. Die Methode erlaubt die Diagnose atopischer Entzündung und korreliert einigermaßen zuverlässig mit der Eosinophilenzahl in Blut und Sputum. Die Interpretation der Ergebnisse ist einfach, die Sensitivität moderat und die Spezifität moderat bis hoch. Generell bietet derzeit keiner dieser Tests perfekte diagnostische Sicherheit. Lo: „Sie sind gut, um einen Verdacht auf Asthma zu bestätigen, nicht jedoch um Asthma auszuschließen.“
Das britische National Institute for Health and Care Excellence (NICE) führte eine kleine Studie in sieben allgemeinmedizinischen Praxen mit 143 Patienten mit Asthmaverdacht durch und gelangte zu dem Schluss, dass der Einsatz objektiver Methoden den Anteil der positiven Asthmadiagnosen von 10,5 auf 24,5 Prozent erhöhte. Sechs der sieben Testpraxen erklärten, dass sie die getesteten Methoden weiterhin verwenden würden, wenn diese erstattet werden. Die Universität Leicester führte eine ähnliche Studie mit Kindern durch und gelangte zu dem Schluss, dass Spirometrie und FeNO-Messung bei Kindern in einer allgemeinmedizinischen Praxis mit guten Ergebnissen durchgeführt werden können.1 Um die Testqualität nach einer Asthmaattacke zu testen, wurde die Diagnostic-Hub-Pilotstudie ins Leben gerufen. Im Zentrum von Leicester wurde dafür ein Test „Hub“ eingerichtet, an den sich Eltern innerhalb von 48 Stunden nach einem vermuteten Asthmaanfall wenden sollten. Die Kinder wurden im Hub nach den Vorgaben von NICE getestet. Die Ergebnisse werden aktuell noch ausgewertet, zeigen jedoch, so Lo, dass dies in Zukunft ein gangbarer Weg zu einer Asthmadiagnose sein könnte.
Lo: „Die Tests sind nicht perfekt, aber sie sind besser, als nicht zu testen – insbesondere wenn sie kombiniert und zur richtigen Zeit durchgeführt werden. Daten aus Großbritannien und Schweden zeigen, dass der Einsatz dieser Tests in der allgemeinmedizinischen Praxis durch Vermeidung falscher Therapien auch Behandlungskosten reduziert. Als weniger erfolgreich erwies sich die Peak-Flow-Messung zu Hause mit dem Anlegen eines Peak-Flow-Tagebuchs – insbesondere bei Kindern. Eine Pilotstudie zeigte, dass die Compliance bei 75 Prozent liegt, dass Daten jedoch verändert und erfunden würden. Daher sollte nach Möglichkeit auf elektronische Messgeräte zurückgegriffen werden, die die Messdaten selbstständig speichern.“
Quelle:
Primary care session: “Asthma diagnosis: new and old approaches to increase primary care capability”; “New and old tests for asthma diagnosis in primary care: from peak-flow to FeNO”, Vortrag von Prof. Dr. David Lo, UK, am 6. September 2022 am ERS 2022
Literatur:
1) Lo D et al.: Br J Gen Pract 2020; 70(700): e809-e816
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