Vorgehen bei ambulant erworbener, schwerer infektiöser Pneumonie
Autor:
Reno Barth
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Im Rahmen des ERS-Kongresses 2023 wurde die erste internationale Leitlinie für das Management ambulant erworbener, schwerer infektiöser Pneumonien vorgestellt. Ziel der Guideline ist es, dem Kliniker praxisnahe Tools in die Hand zu geben, die beispielsweise die Wahl des Antibiotikums erleichtern. Bei vielen Fragen ist allerdings die Evidenz nach wie vor sehr begrenzt.
Als gemeinsames Projekt der European Respiratory Society (ERS), der European Society of Intensive Care Medicine (ESICM), der European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID) und der Latin American Thoracic Association (ALAT) wurde in diesem Jahr die erste internationale Leitlinie zum Management ambulant erworbener, schwerer infektiöser Pneumonien („severe community-acquired pneumonia“) publiziert.1 Es handelt sich dabei um eine häufige und in mehrfacher Hinsicht ungewöhnliche Erkrankung, so Erstautor Prof. Dr. Ignacio Martin-Loeches, Dublin, Irland. So zeigt die infektiöse Lungenentzündung in verschiedenen Stadien der Erkrankung sehr unterschiedliche Gesichter. Während die Mortalität im ambulanten Bereich und auf der Normalstation gering ist, steigt sie auf der Intensivstation auf rund 40 %. Das Hauptproblem, mit dem die Intensivmediziner dabei konfrontiert sind, ist kein pulmologisches, sondern meist eine generalisierte Sepsis, so Martin-Loeches. Auf der Intensivstation ist die Kombination von Schock und Beatmungspflicht der stärkste Risikofaktor für Mortalität. Für die Erstellung der neuen Guideline wurden in Form von acht PICO-Fragen fünf Themenbereiche abgehandelt, nämlich Diagnose, Biomarker, Stratifikation nach Schweregrad, antibiotische Therapie und koadjuvante Therapien.
Diagnostik stellt auch heute noch ein Problem dar
Ein wesentliches Problem, selbst auf den Intensivstationen, ist der hohe Anteil an Patienten mit inadäquater Diagnose. Dies liege zu einem nicht unwesentlichen Teil an häufigen Koinfektionen mit zum Teil recht ungewöhnlichen Pathogenen. Molekulare Diagnostik kann hier Abhilfe schaffen, steht jedoch nach wie vor nicht in allen Ländern und auf allen Stationen zur Verfügung. Ein entscheidender Vorteil der molekularen Diagnostik liege im Zeitgewinn, so Martin-Loeches. Soll ein Erreger auf konventionelle Weise identifiziert werden, so muss von Entnahme der Probe bis zur definitiven Diagnose mit einer Zeitspanne von 96 Stunden gerechnet werden. Biomarker können sehr viel schneller zu einer wirksamen antibiotischen Therapie führen. Dabei gelte das Prinzip SMART: Sensitiv/Specific, Measurable, Available/Affordable, Responsive und Timely.2 Dabei handle es sich allerdings um ein Ziel, das gegenwärtig nicht immer erreicht werden kann, so Martin-Loeches.
Ein wichtiger Biomarker ist Procalcitonin (PCT), das derzeit als empfindlichster Test zur Diagnostik und Verlaufsbeurteilung einer Sepsis gilt. Leider wurden die diversen Studien zu diesem Thema mit sehr unterschiedlichen Cut-off-Werten durchgeführt, was die Anwendung im klinischen Alltag erschwert. PCT wird insbesondere zur Identifikation von Therapieversagen sowie zur Bestimmung der Dauer der antibiotischen Therapie empfohlen. Bemerkenswerterweise ist die Datenlage zum CRP-Wert deutlich schwächer, wie Martin-Loeches ausführt, weshalb die Bestimmung von CRP in der neuen Guideline nicht explizit empfohlen wird.
Risikoscore für resistente und atypische Pathogene
Die Stratifikation nach Schweregrad erfolgt anhand unterschiedlicher Scores, wobei Martin-Loeches den CAP-CURB-65 Score hervorhob, da dieser auf den Gesamtzustand des Patienten und nicht allein auf die Lunge fokussiert und eine schwere Pneumonie kein auf die Lunge begrenztes Ereignis sei, sondern den gesamten Organismus betreffe.3 Martin-Loeches betonte jedoch, dass auf das Thema der Scores nicht in aller Tiefe eingegangen wurde, da sich diesbezüglich die Praxis in unterschiedlichen Zentren durchaus unterscheidet.
Hinsichtlich der antibiotischen Therapie wird für die meisten Patienten eine Kombination eines Beta-Lactam/Beta-Lactamase-Inhibitors oder eines Cephalosporins der dritten Generation mit einem Makrolidantibiotikum empfohlen. Bei refraktärem septischem Schock und ausgeprägter inflammatorischer Reaktion können zusätzlich Kortikosteroide eingesetzt werden. Hinsichtlich der Wahl eines bestimmten Makrolids reichte die Evidenz nicht für Empfehlungen aus. Hinsichtlich des Risikos für Resistenzen und atypische Erreger wurde ein Score zur Abschätzung im klinischen Alltag entwickelt. Für die nahe Zukunft wird die Zulassung neuer Substanzen erwartet, die die Therapie in diesen schwierigen Fällen bedeutend erleichtern sollten.4
Quelle:
Guideline Session: „Management of adults with spontaneous pneumothorax/what’s new in the management of severe community-acquired pneumonia“, am ERS 2023, 11. September 2023
Literatur:
1 Martin-Loeches I et al.: Eur Respir J 2023; 61: 2200735 2 Nora D et al.: Ann Transl Med 2017; 5(10): 208 3 Lim WS et al.: Thorax 2003; 58(5): 377-82 4 Martin-Loeches I et al.: Curr Opin Infect Dis 2022; 35(2): 133-9
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