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GOLD: aktualisierte Empfehlungen für das Management der COPD
Jatros
30
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05.10.2017
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<p class="article-intro">Die Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) gibt in unregelmäßigen Abständen evidenzbasierte Empfehlungen zu Diagnose und Management der COPD heraus. Im Rahmen des ERS-Kongresses 2017 erläuterten Mitglieder des GOLD-Komitees das neueste Update der Guideline.<sup>1</sup></p>
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<p class="article-content"><p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1705_Weblinks_s6_titel.jpg" alt="" width="2352" height="1636" /></p> <p>GOLD wurde 1997 in einer Kooperation des National Heart, Lung, and Blood Institute sowie des National Institute of Health der USA und der Weltgesundheitsorganisation gegründet. Die „strategy documents“, wie GOLD ihre Leitlinien nennt, werden von internationalen Expertenkomitees erstellt. Kürzlich wurden neue Empfehlungen publiziert. Dabei hat sich in den zentralen Punkten der Diagnostik nichts geändert. Nach wie vor ist der Nachweis einer persistierenden Atemwegsobstruktion mit einem postbronchodilatatorisch ermittelten FEV<sub>1</sub>/FVC-Quotienten unter 0,70 für die Diagnose erforderlich. Angesichts der verfügbaren Evidenz empfiehlt GOLD, so Dr. Gerard Criner vom Temple Lung Center in Philadelphia, kein Screening der Allgemeinbevölkerung mittels Spirometrie. Sehr wohl empfohlen wird jedoch eine Strategie des „active case finding“ – mit anderen Worten Spirometrie für Personen mit erhöhtem Risiko, also nach längerer Zeit von Tabakkonsum oder Exposition gegenüber Schadstoffen. Selbstverständlich soll auch bei symptomatischen Patienten eine Spirometrie durchgeführt werden. Leitsymptom der COPD ist in aller Regel die Dyspnoe. „Husten ist häufig das erste Symptom, das Patienten bemerken, wobei ein produktiver Husten bei rund einem Drittel der Patienten vorhanden ist“, so Criner. „Große Mengen an Sputum können ein Hinweis auf Bronchiektasen sein.“ Allgemeinsymptome wie Kachexie und Fatigue sind häufig, treten in aller Regel jedoch erst in weit fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung auf.</p> <h2>Das System der Schweregrade bleibt unverändert</h2> <p>Anhand der Spirometrie wird nicht nur die Diagnose gestellt, sondern auch die Schwere der Atemwegsobstruktion ermittelt. Regelmäßige Kontrollen sind wichtig, da sie therapeutische Entscheidungen anleiten können und auch bei der Identifikation von Patienten mit ungünstigen Verläufen („rapid decliners“) hilfreich sind. Aus der Messung des FEV<sub>1</sub>/FVC-Quotienten ergibt sich auch die Einstufung nach dem Grad-System von GOLD. Dieses wurde aus den älteren GOLD-Dokumenten unverändert übernommen. „Der Grund dafür ist, dass es funktioniert. Wir halten dieses Schema für einen sinnvollen Weg, Atemwegsobstruktion zu beschreiben“, sagt Criner. Die Schweregrade werden wie folgt definiert:<br /> GOLD 1 (leicht): FEV<sub>1</sub> ab 80 % des Sollwertes<br /> GOLD 2 (mittelschwer): FEV<sub>1</sub> zwischen 50 und 80 % des Sollwertes<br /> GOLD 4 (schwer): FEV<sub>1</sub> zwischen 30 und 50 % des Sollwertes<br /> GOLD 4 (sehr schwer): FEV<sub>1</sub> unter 30 % des Sollwertes<br /><br /> Eine Quantifizierung der Dyspnoe kann entweder mit der Modified MRC Dyspnea Scale oder dem COPD Assessment Test (CAT) vorgenommen werden. Exazerbationen werden anhand der Häufigkeit und der Schwere beschrieben. Die Rolle von Komorbiditäten wird zunehmend besser verstanden. Diese beeinflussen nicht nur die Prognose, sondern auch die Verträglichkeit von Medikamenten und können daher eine therapielimitierende Rolle spielen.</p> <h2>Anpassung: Patientenbewertung abseits der Schweregrade</h2> <p>Das ABCD-Beurteilungsinstrument („combined assessment“) wurde im Vergleich zur GOLD-Leitlinie von 2011 insofern verfeinert, als die spirometrischen Grade von den ABCD-Gruppen getrennt wurden. Dies erlaube einerseits bereits eine Charakterisierung des Patienten vor der Spirometrie (was in Ausnahmefällen wünschenswert sein kann), darüber hinaus aber auch bestimmte Therapieempfehlungen unabhängig vom Ausmaß der Atemwegsobstruktion. Für den geregelten Weg der Diagnostik empfiehlt GOLD, zunächst den Grad der Atemwegsobstruktion zu bestimmen und den Patienten danach anhand seiner Dyspnoe (mMRC) oder seiner Symptome (CAT) zu beschreiben. Abschließend sollen Exazerbationen in der Anamnese dokumentiert werden. In der Praxis bedeutet dies, dass hochsymptomatische Patienten oder Patienten mit häufigen Exazerbationen im Assessment-Tool höher eingestuft werden (Abb. 1).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1705_Weblinks_s6_1.jpg" alt="" width="1417" height="1106" /><br />Hinsichtlich der Differenzialdiagnose unterstreicht die neue GOLD-Leitlinie die Schwierigkeiten, die eine Abgrenzung zum Asthma mit sich bringen kann. In vielen Fällen sei es schlicht unmöglich, „mit den aktuellen bildgebenden und physiologischen Testverfahren“ eine klare Unterscheidung zwischen Asthma und COPD zu treffen. Für davon betroffene Patienten wird ein Management wie beim Asthma empfohlen. Weiters wird ein einmaliges Screening auf Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AATD) bei allen Patienten mit diagnostizierter COPD empfohlen.</p> <h2>Symptome reduzieren und Exazerbationen verhindern</h2> <p>Aus der Einstufung der Patienten nach dem Grad-System und mit dem Assessment-Tool ergeben sich Konsequenzen für die pharmakologische Therapie. Diese folgt grundsätzlich zwei Zielen: der Reduktion von Symptomen und der Reduktion von Risiko. Wobei sich Risiko sowohl auf die Progression der Erkrankung als auch auf die Vermeidung von Exazerbationen auswirkt, wie Prof. Dr. Nicolas Roche von der Université Paris Descartes ausführt. Ein wichtiges Ziel ist selbstverständlich auch die Reduktion von Mortalität. Roche: „Das bedeutet, wir dürfen nicht nur auf das FEV<sub>1</sub> achten. Die Spirometrie ist auch für unsere Patienten nicht das Ziel. Die wollen, dass sich ihre Dyspnoe bessert und dass sie keine Exazerbationen haben.“<br /> Für das medikamentöse Management der COPD stehen grundsätzlich Bronchodilatatoren sowie antiinflammatorische Substanzen zur Verfügung. In beiden Gruppen gibt es inhalative und orale Optionen. Hinzu kommen Medikamente, die bei der Nikotinentwöhnung helfen sollen, sowie Impfungen gegen Influenza und Pneumokokken. Nicolas: „Zu E-Zigaretten hat GOLD keine klare Position, da nicht geklärt ist, ob sie bei der Tabakentwöhnung helfen können. Wirksamkeit und Sicherheit sind nicht klar.“<br /> Die Wahl aus der mittlerweile großen Anzahl verfügbarer Medikamente wird anhand der Schwere der Symptome, des Exazerbationsrisikos, der Nebenwirkungen, der Verfügbarkeit und in vielen Ländern auch der Finanzierbarkeit getroffen. An patientenbezogenen Faktoren sind Komorbiditäten und Präferenzen zu beachten. Von entscheidender Bedeutung ist aber die Fähigkeit des Patienten, ein bestimmtes Device im Alltag zu benützen. Die konkreten Entscheidungen sind individuell und im Hinblick auf die individuelle Präsentation sowie individuelle Risiken zu treffen.2 Roche: „Wir haben auf der einen Seite Kriterien für den zu erwartenden Benefit und auf der anderen Seite Kriterien für die zu erwartenden Risiken und in der Abwägung wird die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Therapie getroffen.“</p> <h2>Diskussion um Rolle der Steroide hält an</h2> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1705_Weblinks_s6_2.jpg" alt="" width="1455" height="945" /></p> <p>Für die meisten inhalativen Medikamente bestehen A-Empfehlungen. Bronchodilatatoren, von denen sowohl Beta-2-Agonisten als auch Antimuskarinika eingesetzt werden, spielen die wesentliche Rolle im Symptommanagement bei COPD. GOLD hält fest, dass lang wirksame Antimuskarinika (LAMA) im Hinblick auf die Vermeidung von Exazerbationen lang wirksamen Beta-2-Agonisten (LABA) vorzuziehen sind. Dies konnte beispielsweise für den Vergleich zwischen Salmeterol und Tiotropium gezeigt werden.<sup>3</sup> Hinsichtlich der Wirksamkeit in Bezug auf die Dyspnoe sind die beiden Substanzgruppen gleichwertig, eine Kombination aus Beta-2-Agonisten und Antimuskarinika ist wirksamer als jede der beiden Komponenten einzeln.<sup>4</sup> Roche: „Man kann mit einem Bronchodilatator beginnen und bei Bedarf einen zweiten dazugeben.“ Hinsichtlich der in Diskussion geratenen inhalativen Kortikosteroide hält GOLD fest, dass die durchaus gegebene Wirksamkeit (in Kombination mit Bronchodilatatoren) Nebenwirkungen, insbesondere einem erhöhten Risiko für Pneumonien, gegenübersteht. Auch hier ist individuelles Abwägen gefragt. Roche verweist allerdings auf die Ergebnisse der FLAME-Studie, die für die Kombination von LAMA und LABA im Vergleich zu ICS plus LABA eine Reduktion des Exazerbationsrisikos gezeigt hat.<sup>5</sup> Hinsichtlich möglicher Dreierkombinationen von LABA, LAMA und ICS hat GOLD noch keine klare Stellung bezogen. „Diese Kombinationen scheinen gegenüber LAMA/LAMA im Hinblick auf die Reduktion von Exazerbationen überlegen zu sein. Allerdings benötigen wir noch weitere Daten aus Studien, mit denen aber schon in sehr naher Zukunft zu rechnen ist“, führt Roche aus.<br />Aus diesen Empfehlungen ergeben sich relativ klare Anweisungen, wie bei Patienten in den einzelnen Kategorien des ABCD-Tools vorzugehen ist. In Gruppe A wird mit einem Bronchodilatator begonnen. Wird damit keine ausreichende Wirksamkeit erreicht, kann auf einen anderen Bronchodilatator umgestiegen oder auch eine Kombination versucht werden. Bei Gruppe B (symptomatische Patienten mit geringem Exazerbationsrisiko) wird ein lang wirksamer Beta-2-Agonist oder ein lang wirksames Antimuskarinikum eingesetzt. Bei persistierenden Symptomen wird auf eine LAMA/LABA-Kombination umgestellt. Die häufig exazerbierenden Patienten in Gruppe C werden initial mit einem LABA und bei persistierenden Symptomen mit LAMA/LABA behandelt. Die Kombination von LABA und ICS ist besonders dann zu empfehlen, wenn die Symptomatik in Richtung einer Asthmakomponente deutet. Dazu Roche: „Sie können das dann nennen, wie Sie wollen.“ Für die hochsymptomatischen, häufig exazerbierenden Patienten in Gruppe D beginnt die Behandlung mit einem LAMA. Bei persistierenden Symptomen sind LAMA/LABA-, LABA/ICS- oder LAMA/LABA/ICS-Kombinationen möglich. Bei ausgewählten Patienten können auch Makrolide oder Roflumilast zum Einsatz kommen.<br />Bericht: Reno Barth</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Session „Latest GOLD Update“, ERS International Congress,
12. September 2017, Mailand
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Die aktuellen GOLD-Empfehlungen sowie ergänzende Materialien können unter http://goldcopd.org/ abgerufen werden. <strong>2</strong> Woodruff PG et al.: Current concepts in targeting chronic obstructive pulmonary disease pharmacotherapy: making progress towards personalised management. Lancet 2015; 385(9979): 1789-98 <strong>3</strong> Vogelmeier C et al.: Tiotropium versus salmeterol for the prevention of exacerbations of COPD. N Engl J Med 2011; 364(12): 1093-3 <strong>4</strong> Bateman ED et al.: Aclidinium bromide and formoterol fumarate as a fixed-dose combination in COPD: pooled analysis of symptoms and exacerbations from two sixmonth, multicentre, randomised studies (ACLIFORM and AUGMENT). Respir Res 2015; 16: 92 <strong>5</strong> Wedzicha JA et al.: Indacaterol-glycopyrronium versus salmeterol-fluticasone for COPD. N Engl J Med 2016; 374(23): 2222-34</p>
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