ILD-Management: Multidisziplinäre Teams machen den Unterschied
Bericht:
Reno Barth
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Die Betreuung von Patienten mit interstitiellen Lungenerkrankungen (ILD) ist komplex, aufwendig und in vielen Fällen rein palliativer Natur. Dabei bestätigen Studiendaten, dass sich die frühe Palliation positiv auf den Krankheitsverlauf auswirkt.
ILD sind eine heterogene Gruppe von rund 200 Erkrankungen mit unterschiedlichen Ursachen, Verläufen und Prognosen. Das Management dieser Erkrankungen ist komplex. An medikamentösen Therapien stehen die antifibrotisch wirksamen Substanzen Nintedanib und Pirfenidon zur Verfügung, die bei der idiopathischen Pulmonalfibrose (IPF) und einigen weiteren ILD wirksam und zugelassen sind. Bei ILD in Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen können immunmodulatorische Therapien (meist „off-label“) zum Einsatz kommen. Dennoch gibt es eine Reihe von Herausforderungen im Umgang mit diesen Erkrankungen, die auf alle ILD zutreffen, wie Prof. Dr. Dr. Francesco Bonella, Spezialist für ILD an der Ruhrlandklinik in Essen, betonte. Dies beträfe nicht zuletzt Fragen der Symptomlinderung und der palliativen Versorgung – nicht nur bei terminaler Erkrankung, sondern bereits früh im Krankheitsverlauf, falls die Betroffenen z.B. unter Atemnot leiden. In diesem Zusammenhang sollen auch Ängste besprochen und die Wünsche der Patienten das Lebensende betreffend erfragt werden.
Multidisziplinäre Betreeung
Als Beispiel für einen Management-Algorithmus führte Bonella die Therapie-empfehlungenbei IPF an, die möglichst früh nach Diagnosestellung eine medikamentöse Intervention fordern, daneben jedoch die Bedeutung eines engmaschigen Monitorings, Behandlung von Komorbiditäten und bestmögliche Symptomkontrolle betonen (Abb. 1).1 Die Betreuung soll durch ein multidisziplinäres Team erfolgen, das neben klinischen Fächern (Pulmologie, Radiologie, Rheumatologie) spezialisierte Pflege und Physiotherapie umfassen sollte. Bonella: „Optimal wären dazu noch Psychologen, Diätologen und Sozialarbeiter, auch niedergelassene Allgemeinmediziner oder Community Nurses können eingebunden werden. In Zukunft könnten auch Genetiker eine Rolle spielen.“
Abb. 1: Multimodale Managementansätze bei idiopathischer Lungenfibrose (modifiziert nach Podolanczu AJ et al. 2023, Raghu R et al. 2018)6, 7
Die verschiedenen ILD-Leitlinien geben keine verbindlichen Empfehlungen für die Zusammensetzung multidisziplinärer Teams, so Bonella. Diese kann allerdings für den weiteren Weg entscheidend sein. Studiendaten zeigen, dass sowohl die Diagnose als auch die Therapie einer ILD davon abhängen, welche Fachrichtungen involviert sind. In manchen Studien kam es nach Eingreifen eines multidisziplinären Teams bei fast der Hälfte der Patienten zu Umstellungen der Therapie.2 In vielen Fällen wird das multidisziplinäre Team auch den Kontakt zum Transplantationsteam herstellen. Dabei müssen Aspekte wie Komorbiditäten, chirurgische Optionen, Sauerstofftherapie, ECMO-Bridging und psychosoziale Betreuung besprochen werden.
Eine Umfrage zeigte, dass ILD-Spezialisten und -Patienten fast identische Anforderungen an eine ideale ILD-Klinik stellen.3 Leider sieht die Realität oft anders aus. So ergab eine Befragung australischer Patienten mit fibrosierenden ILD, dass die Betreuung in einem spezialisierten Zentrum die Ausnahme war und weniger als die Hälfte der Patienten in Kontakt mit Palliativmedizinern standen.Nur jeder vierte Patient erhielt bei Atemlosigkeit Opioide. Bonella betonte, dass palliative Betreuung bei ILD nicht nur bei sterbenden Patienten indiziert ist.Vielmehr zeigen Studiendaten, dass der frühe Einsatz palliativer Methoden, insbesondere bei Atemnot, das Gesamtüberleben von ILD-Patienten signifikant verlängert.4 Für dieses Vorgehen konnte auch Kosteneffektivität gezeigt werden, da unter multidisziplinärer Betreuung im letzten Lebensjahr weniger ungeplante Krankenhausaufenthalte erforderlich werden und mehr Patienten zu Hause sterben können.
Seitens der ERS liegen seit 2023 Guidelines zur palliativen Betreuung von Patienten mit COPD oder ILD vor. Auch diese Leitlinie betont die Bedeutung multidisziplinärer Teams in Assessment und Behandlung der Patienten – wobei es sich um eine eingeschränkte Empfehlung basierend auf schwacher Evidenz handelt.5
Quelle:
Session „Integrated care and novel technologies for interstitial lung diseases. How can service integration and interoperability optimise the interstitial lung disease patient’s journey from diagnosis to end-of-life care?“, ERS 2024 am 10. September 2024, Wien
Literatur:
1 Raghu G et al.: Am J Respir Crit Care Med 2022; 205(9): e18-e47 2 Cottin V et al.: Eur Respir Rev 2022; 31(165): 220003 3 Graney BA et al.: Chest 2021; 159(4): 1517-30 4 Higginson IJ et al.: Lancet Respir Med 2014; 2(12): 979-87 5 Janssen DJA et al.: Eur Respir J 2023; 62(2): 2202014 6 Podolanczu AJ et al.: Eur Respir J 2023; 61: 2200957 7 Raghu R et al.: Am J Respir Crit Care Med 2018; 198(5): e44-e68
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