© PROCEPT BioRobotics

Neue Option in der Therapie der benignen Prostatahyperplasie

Ersetzt die Aquablation der Prostata bald die TUR-P?

Seit Juni 2020 wird die Aquablation der Prostata auch in Österreich angewandt. Der Beginn war etwas schaumgebremst wegen der Covid-19-Pandemie und der damit verbundenen Belastung des Gesundheitssystems. Dennoch war es seither auch hierzulande möglich, Erfahrungen mit dieser Methode zu sammeln.

Keypoints

  • Die funktionellen Ergebnisse der Aquablation – die Reduktion des IPSS, die Zunahme des Qmax und die Abnahme des Restharns – sind mit denen bei TUR-P vergleichbar.

  • 5-Jahres-Daten zeigten einen Vorteil der Aquablation bezüglich der Notwendigkeit einer sekundären BPH-Therapie im weiteren Verlauf.

  • Ein großer Vorteil der Aquablation besteht im statistisch signifikant selteneren Auftreten einer postoperativen retrograden Ejakulation.

  • Die Resektionszeit der Aquablation ist kürzer und konstanter als jene der TUR-P; bei größeren Prostaten empfiehlt sich eine elektrische Kauterisation, wodurch sich ein Hybrideingriff aus Aquablation und TUR-P ergibt.

  • Die Aquablation ist auch assoziiert mit einer steilen Lernkurve.

Technische Beschreibung Grundlagen

© PROCEPT BioRobotics

Abb. 1: Planung mittels Mappingsoftware (zur Verfügung gestellt von PROCEPT BioRobotics)

Primär wurde die Aquablation von Faber et al. 2015 erstmals im Tiermodell angewandt.1 Es handelt sich hierbei um eine roboterassistierte Ablation von Prostatagewebe mittels Hochdruckwasserstrahl unter sonografischer und endoskopischer Kontrolle. Nach Einführen des Handstücks in die Harnröhre und Positionieren der transrektalen Ultraschallsonde (TRUS) wird die Ablation elegant mittels Mappingsoftware geplant (Abb. 1). Der Hochdruckstrahl mit physiologischer Kochsalzlösung wird unter Kontrolle eines Fußschalters aktiviert, und das Computersystem reguliert automatisch die Flussrate sowie die Ausrichtung, um Gewebe entsprechend der Planung zu entfernen.2 Die maximale Eindringtiefe des Wasserstrahls liegt bei 25mm und der Maximalwinkel des Ablationstrichters bei 225°. Eine Abtragung des Gewebes streng ventral der Harnröhre ist somit technisch nicht möglich.

Die Ablation erfolgt von basal nach apikal und der Fortschritt wird vom Operateur mittels Sonografie überwacht (Abb. 2). Ein Abbruch oder eine Korrektur der Planung sind jederzeit möglich. Je nach Größe und Beschaffenheit der Prostata kann durchaus mehr als einen Durchlauf nötig sein, um ein suffizientes Ergebnis zu erreichen.

© PROCEPT BioRobotics

Abb. 2: Schematische Darstellung des Eingriffes (zur Verfügung gestellt von PROCEPT BioRobotics)

Nach Abschluss des Verfahrens wird mittels Kauterisation am Blasenhals oder Traktion durch einen transurethralen Katheter für eine Hämostase gesorgt.3

Funktionelle Ergebnisse

Miktion

Kann diese Methode mit dem herrschenden Goldstandard mithalten oder sogar bessere Ergebnisse erzielen?

Bei der operativen Therapie der benignen Prostatahyperplasie stehen vor allem funktionelle Ergebnisse wie die Verbesserung der Miktionssymptomatik sowie der Erhalt der sexuellen Funktion im Fokus. Die ersten prospektiven Daten hierzu wurden 2017 in der WATER-Studie publiziert.4 In dieser multizentrischen, doppelt verblindeten Nichtunterlegenheitsstudie wurden die Effizienz und Sicherheit der Aquablation mit der transurethralen Resektion der Prostata verglichen. Das Studienkollektiv umfasste 181 Patienten im Alter von 45 bis 80 Jahren mit einem Prostatavolumen zwischen 30ml und 80ml und moderaten bis schweren obstruktiven Miktionsbeschwerden, gemessen an einem IPSS ≥12 und einem maximalen Harnfluss (Qmax) <15ml/s. Nach einem primären Follow-up von 6 Monaten folgte 2018 die Publikation der 1-Jahres-Daten bzw. 2022 die der 5-Jahres-Daten.5,6

Hier erwiesen sich die funktionellen Ergebnisse gemessen an der Reduktion des IPSS, der Zunahme des Qmax und der Abnahme des Restharns mit der TUR-P-Kohorte als vergleichbar. Die zuletzt erschienenen 5-Jahres-Daten zeigten sogar einen Vorteil durch Aquablation bezüglich der Notwendigkeit einer sekundären BPH-Therapie im weiteren Verlauf.6

Sexuelle Funktion

Ein großer Vorteil der Aquablation besteht im statistisch signifikant selteneren Auftreten einer postoperativen retrograden Ejakulation. Im oben erwähnten Studienkollektiv beschrieben 10% der Aquablation-Kohorte 6 Monate postoperativ eine neu aufgetretene Anejakulation. Im Vergleich hierzu war die Rate nach TUR-P bei 36%. Weiters zeigten sich Hinweise darauf, dass die Rate an postoperativer retrograder Ejakulation geringer ausfiel, wenn auf eine abschließende Kauterisation verzichtet werden konnte. Eine mögliche Erklärung hierfür könnte in der vermutlich gewebeschonenderen Konturplanung im Bereich des Colliculus seminalis liegen.4

OP-Dauer

Ein Punkt, in dem die Aquablation sicher ihre Vorteile ausspielen kann, ist die Operationsdauer. Die reine Resektionszeit der Aquablation ist deutlich kürzer als jene der TUR-P und verhält sich viel konstanter. So zeigten Gilling et al., dass sich pro reseziertem ml bei einer TUR-P die Operationsdauer um 0,3 Minuten, bei einer Aquablation jedoch um lediglich 0,04 Minuten verlängerte.4 Diese Ergebnisse spiegeln sich auch in der WATER-II-Studie – einer ergänzenden Sicherheitsstudie zur Aquablation von Prostaten mit einem Volumen zwischen 80ml und 150ml – wider.7 Die durchschnittliche Operationszeit lag hier bei lediglich 37 Minuten.

Die Gesamtdauer des Eingriffs inklusive Planungsphase und Ablation ist somit bei kleineren Prostaten vergleichbar mit einer konventionellen Resektion, bei zunehmendem Volumen zeigt sich ein Vorteil zugunsten der Aquablation.

Blutungsmanagement

In der Erstbeschreibung 2015 wurde nach der Ablation eine Kauterisation mittels Greenlightlaser angeschlossen.1 Von dieser Methode wurde jedoch in weiterer Folge abgesehen, da sie sich verglichen mit der Elektrokauterisation mit Schlinge oder Walze als ineffektiv zeigte.8 Als Alternative zur selektiven Verödung wird eine Blutstillung mittels Kathetertraktion angeführt.

Elterman et al. gingen der Frage des optimalen Blutstillungsmanagements in einer retrospektiven Analyse von 800 durchgeführten Eingriffen nach. Die gesamte Transfusionsrate unter Anwendung der verschiedenen Methoden betrug 3,9%. Bei konsequenter selektiver Kauterisation am Blasenhals konnte sie jedoch auf 1,9% reduziert werden. Der Vorteil dieses Regimes wurde besonders bei größeren Prostatavolumina beschrieben.9

Lernkurve

Die Aquablation ist assoziiert mit einer steilen Lernkurve bezogen auf die Operationsdauer, den Blutverlust, die Komplikationsrate und das funktionelle Outcome gemessen an der IPSS-Reduktion und dem Erhalt der antegraden Ejakulation. Das Auftreten von Clavien-Dindo-Ereignissen Grad ≥2 sowie die Besserung der LUTS gemessen an der IPSS-Reduktion scheinen unabhängig von der Erfahrung des Operateurs zu sein. Im Gegensatz hierzu sind vor allem der Blutverlust und der Erhalt der antegraden Ejakulation mit der Fallzahl korreliert.10

Fazit

Die Aquablation ist eine sichere, in ihren Ergebnissen der TUR-P gleichzusetzende Methode, die ihre Stärken in der operativen Behandlung größerer Prostaten zeigt. In den vorliegenden Studien zeigen sich Hinweise darauf, dass bei Prostaten mit Volumina über 50ml sogar bessere Ergebnisse bezüglich einer Reduktion der LUTS sowie Erhaltung der antegraden Ejakulation erreicht werden.4 Die Operationszeit ist weniger abhängig von der Größe der Prostata und die Lernkurve ist steil.4,7,10

Daten zur Sicherheit und Effizienz dieser Therapie bei gesicherter Diagnose eines Prostatakarzinoms liegen keine vor.

Als Nachteil muss jedoch angeführt werden, dass beim Hämostasemanagement nach erfolgter Aquablation vor allem bei größeren Prostaten eine elektrische Kauterisation empfehlenswert scheint, wodurch sich oftmals ein Hybrideingriff aus Aquablation und TUR-P ergibt.9

Vollständig ersetzt kann die TUR-P von der Aquablation somit aktuell noch nicht werden, die Aquablation ist aber in der richtigen Indikation eine sinnvolle Ergänzung des therapeutischen Spektrums.

1 Faber K et al.: Image-guided robot-assisted prostate ablation using water jet-hydrodissection: initial study of a novel technology for benign prostatic hyperplasia. J Endourol 2015; 29(1): 63-9 2 Tokarski AT et al.: Aquablation of the prostate: a review and update. Can J Urol 2021; 28(S2): 17-21 3 Fiori C et al.: ESUT Lower Tract Group. All you need to know about „Aquablation“ procedure for treatment of benign prostatic obstruction. Minerva Urol Nefrol 2020; 72(2): 152-61 4 Gilling P et al.: A double-blind, randomized, controlled trial of aquablation® vs transurethral resection of the prostate in benign prostatic hyperplasia. J Urol 2018; 199(5): 1252-61 5 Gilling PJ et al.: Randomized controlled trial of aquablation versus transurethral resection of the prostate in benign prostatic hyperplasia: one-year outcomes. Urology 2019 ; 125: 169-73 6 Gilling PJ et al.: Five-year outcomes for aquablation therapy compared to TURP: results from a double-blind, randomized trial in men with LUTS due to BPH. Can J Urol 2022; 29(1): 10960-8 7 Desai M et al.: WATER II (80-150 mL) procedural outcomes. BJU Int. 2019; 123(1):106-12 8 Menon A, Gilling PJ: Aquablation and question of hemostasis. Can J Urol 2021; 28(3): 10691 9 Elterman D et al.: Transfusion rates after 800 aquablation procedures using various haemostasis methods. BJU Int 2020; 125(4):568-72 10 El Hajj A et al.: Learning curve in aquablation: an international multicenter study. World J Urol 2022; 40(3): 773-9

Back to top