Therapie chronischer Schmerzen in der Hausarztpraxis
Autorin:
Dr. med. Christine Pietsch
Palliativ- und Schmerzzentrum
Kantonsspital St. Gallen
E-Mail: christine.pietsch@kssg.ch
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Chronische Schmerzen betreffen bis zu 20% der Bevölkerung und können zu einer erheblichen Einschränkung von Lebensqualität und Alltagsfunktion führen. Die Behandlung gestaltet sich oft anspruchsvoll, vor allem wenn kurzfristig kaum erreichbare Therapieziele gesteckt werden oder unterschiedliche Zielsetzungen von Patientin und Therapeut bestehen.
Keypoints
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Chronische Schmerzen beeinträchtigen das Leben der Patienten auf vielfältige Weise und erfordern eine Behandlung, die somatische, psychische/emotionale und soziale/berufliche Aspekte gemäss dem biopsychosozialen Modell berücksichtigt.
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Die Behandlung chronischer Schmerzen erfordert einen multimodalen therapeutischen Ansatz.
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Der Aufbau eines Behandlernetzwerks mit Austausch der einzelnen Disziplinen untereinander ist hilfreich.
Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen
Schmerzen sind einer der häufigsten Gründe, einen Arzt aufsuchen. In der hausärztlichen Praxis klagen 28 bis 43% der Patienten über Schmerzen.1,2 Fast die Hälfte davon leidet unter chronischen Schmerzen.
Epidemiologische Studien bestätigen die hohe Prävalenz chronischer Schmerzen. So sind chronische Kreuzschmerzen die Hauptursache für verlorene Lebensjahre aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen («years lived with disability», YLD). Weitere, ebenfalls in den Top 10 der YLD vertretene Diagnosen sind Migräne, mit Schmerzen assoziierte muskuloskelettale Erkrankungen wie Arthrose, Arthritis und Nackenschmerzen (Institute for Health Metrics and Evaluation [IHME] 2020).3
In der seit 2022 anwendbaren 11. Version der International Classification of Diseases der WHO (ICD11) werden chronische Schmerzen im Kapitel MG30 erstmals suffizient abgebildet. Nach der neuen Klassifikation sind chronische Schmerzen definiert als Schmerzen, die seit mindestens drei Monaten persistierend oder intermittierend bestehen und meist mit schmerzunterhaltenden psychosozialen Faktoren (s. Tab.1) vergesellschaftet sind.
Chronische Schmerzen werden so erstmals als Krankheit statt als Symptom anerkannt. Wurden vor Einführung des ICD11 chronische Schmerzen in der Praxis häufig mit der psychiatrischen Hilfsdiagnose F45.41 (chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren) abgebildet, können Therapeuten zukünftig auf diese wenig spezifische und stigmatisierende («Störung») Diagnose verzichten. Auch können mit der flächendeckenden Einführung des ICD11 endlich genauere Aussagen zu Häufigkeit und Verteilung chronischer Schmerzerkankungen gemacht werden.
Während akute Schmerzen als Warnsignal auf einen Zustand hinweisen, der eine bestimmte Handlung erfordert, um (zunehmende) Gewebeschädigung zu vermeiden, liegt bei chronischen Schmerzen keine konkret bedrohliche Situation mehr vor. So dient beispielsweise nach Frakturen der Schmerz in den ersten Stunden und Tagen dazu, den betroffenen Körperteil zu schonen, um eine weitere Schädigung zu verhindern. Bei chronischen Schmerzen nach einer Fraktur ist die Heilung hingegen bereits erfolgt und es ist keine Zunahme der Verletzung zu erwarten. Vielmehr hat in diesem Fall das komplexe Zusammenspiel verschiedener Faktoren dazu geführt, dass sich ein sogenanntes «Schmerzgedächtnis» ausgebildet hat und es zu einer Sensibilisierung der beteiligten neuronalen Netzwerke gekommen ist. Diese führt zu einer Senkung der Schmerzschwelle, sodass auch leichte Reize als schmerzverstärkend empfunden werden. Schmerzen können auch ohne entsprechenden Auslöser auftreten. Während chronische sekundäre Schmerzen als Reaktion auf eine Erkrankung oder Verletzung auftreten (z.B. chronische sekundäre muskuloskelettale Schmerzen bei Arthrose), sind chronische primäre Schmerzen durch eine zentrale Sensibilisierung ohne somatisches Korrelat (z.B. Fibromyalgie) entstanden.
Bei allen Arten von chronischen Schmerzen ist ein ganzheitlicher Ansatz unumgänglich, um zu verstehen, wie die Schmerzen entstehen, aber auch wie sie therapiert werden können.
Ein noch heute weit verbreiteter Glaubenssatz in Bezug auf Schmerzen ist auf René Descartes zurückzuführen, welcher im 17. Jahrhundert lebte. Er entwickelte die Theorie des cartesianischen Dualismus, welche besagt, dass der «Geist» und die «Materie» getrennt voneinander bestehen. In der Folge erlaubte die Kirche medizinische Eingriffe am Körper, da dieser nun nicht mehr als untrennbar verbunden mit der von Gott gegebenen Seele betrachtet wurde. Die Fortschritte, die in dem Gebiet der Medizin seither erreicht wurden, sind zu grossen Teilen auf diesen Dualismus zurückzuführen. Jedoch erweist sich die Trennung von Seele und Körper («psychisch» und «somatisch») als ein problematisches Konstrukt, gerade in Bezug auf chronische Schmerzen. In der Praxis kann dies beobachtet werden, wenn Patienten vermuten, dass eine Krankheit psychisch bedingt sein muss, weil keine somatischen Ursachen identifiziert werden können oder wenn trotz wiederholter operativer Eingriffe keine Besserung der Schmerzen eintritt und es in der Folge zu der missverständlichen Annahme kommt, die Schmerzen seien nur eingebildet.
Abb. 1: Das Biopsychosoziale Schmerzmodell nach Engel4
Das biopsychosoziale Modell von Engel (1977)4 kann die Entstehung, Aufrechterhaltung aber auch Therapie von chronischen Schmerzen besser erklären als das weiter verbreitete biomechanistische Krankheitsverständnis, das mit dem cartesianischen Dualismus einhergeht.
Gemäss Engels Modell werden chronische Schmerzen durch komplexe Wechselwirkungen zwischen den biologischen, psychologischen und sozialen Kontexten innerhalb und ausserhalb des Individuums verursacht (Abb. 1).
Tab. 1: Schmerzunterhaltende psychosoziale Faktoren (adaptiert nach Kendall NAS et al. 1998 und Shaw WS et al. 2009)12,13
Tab. 2
Neben den somatischen bestehen also auch psychische und soziale Faktoren, welche bei der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen massgeblich beteiligt sind. Die psychosozialen Faktoren werden häufig durch Verwendung der Yellow, Blue und Black Flags gekennzeichnet, wobei Yellow Flags für vorwiegend kognitiv/emotionale Faktoren stehen und Blue/Black Flags für arbeitsplatzbezogene Faktoren (Tab. 1). Weitere, für das Aufrechterhalten des Schmerzerlebnisses wichtige Faktoren können auch in der Interaktion zwischen Ärztin und Patient bestehen (Tab. 2).
Therapie chronischer Schmerzen
In einer grossen europäischen Umfrage unter Patienten mit chronischen Schmerzen gaben 70% der Befragten an, vom Hausarzt betreut zu werden, 28% von anderen Fachdisziplinen und nur 2% von Schmerzspezialistinnen.5 Diese Zahlen sind sicherlich in der Schweiz ähnlich und lassen sich allein schon durch die schiere Menge an Patienten mit chronischen Schmerzen erklären. Die Betreuung von Schmerzpatienten durch die Hausärztin hat Priorität, da diese über wichtige Ressourcen verfügt. So kennt sie meistens den Hintergrund und die Geschichte der Patienten und kann auf ein Betreuer- und Behandlernetzwerk vor Ort zurückgreifen. Für alle Behandler – hausärztlich oder spezialisiert – gilt, dass Patienten mit chronischen Schmerzen in der Regel von einer unimodalen Therapie keine nachhaltige Verbesserung der Beschwerden erreichen. Vielmehr ist ein patientenzentriertes multimodales Regime nach biopsychosozialen Gesichtspunkten, das die wichtigsten für den individuellen Patienten relevanten Faktoren einbezieht, Erfolg versprechend.6
Behandlungsziele: Funktion und Lebensqualität statt Schmerzfreiheit
Wenn möglich, sollten zugrunde liegende somatische Erkrankungen abgeklärt bzw. ausgeschlossen werden. Das betrifft insbesondere interventionsbedürftige Erkrankungen wie z.B. rheumatologische Systemerkrankungen, Tumorleiden oder die Diabetesbehandlung bei einer diabetischen Polyneuropathie.
Prinzipiell sollte von nicht indizierter Diagnostik Abstand genommen werden, da dadurch unnötige Kosten entstehen und die Gefahr besteht, mit zunehmend verbesserten bildgebenden Verfahren altersentsprechende Normalbefunde als krankheitsrelevant fehlzuinterpretieren. In der Folge kann die Chronifizierung der Schmerzen weiter zunehmen und schlimmstenfalls werden nicht indizierte Interventionen und Eingriffe vorgenommen. Manchmal kann jedoch auch eine Bildgebung helfen, der Patientin Sicherheit und die nötigen Informationen zu verschaffen. Dies sollte jedoch mit allen möglichen Konsequenzen und den Grenzen eines solchen Vorgehens genau mit der Patientin vorbesprochen werden.
Chronische Schmerzen gehen häufig mit einem Kontrollverlust der Betroffenen über den Schmerz und den eigenen Körper einher. Folglich sollten Therapien vorwiegend darauf abzielen, dem Patienten Autonomie zu verschaffen. Hier sind Massnahmen hilfreich, die die Selbstwirksamkeit und Selbstfürsorge fördern.
Die medikamentöse Therapie sollte so sparsam wie möglich und mit einem klaren Ziel verwendet werden, z.B., um Schlaf oder Aktivitäten zu ermöglichen, und sie sollte nach dem WHO-Stufenschema verschrieben werden. Eine Langzeittherapie mit Opioiden sollte nach Möglichkeit vermieden werden. Wie in den Leitlinien zur Langzeitanwendung von Opioiden bei nichttumorbedingten Schmerzen (LONTS)7 empfohlen wird, kann diese nach Ausschöpfen medikamentöser und nichtmedikamentöser Massnahmen erwogen werden, sofern die Patientin von der Therapie profitiert und sorgfältig über den zu erwartenden Nutzen, die Risiken sowie notwendige Verhaltensweisen aufgeklärt wurde. Auch sollte der Therapieerfolg anhand der vorgängig definierten Therapieziele regelmässig überprüft werden.
Weiterhin können je nach zugrunde liegender Erkrankung, Symptomatik oder Komorbidität koanalgetisch wirksame Substanzen wie trizyklische Antidepressiva (Amitriptylin), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (Duloxetin) oder Gabapentinoide (Pregabalin, Gabapentin) erwogen werden.
Körperliche Aktivität ist einer der Hauptpfeiler der Therapie. Mit dieser können somatische, psychische und soziale Aspekte angegangen werden. Häufig kommt es durch die Schmerzen zu einer Minder- oder Fehlbelastung mit nachfolgender muskulärer Dekonditionierung, Dysbalance, Schmerzzunahme und Angst vor Bewegung. Zudem bessert sich durch Bewegung auch das emotionale Befinden. Neben selbstständiger Aktivität wie Eigenübungen, der (an die Beschwerden angepassten) Wiederaufnahme sportlicher Hobbies und Spaziergängen kann Physiotherapie eine sinnvolle Intervention sein. Wichtig ist, dass diese weitestgehend aktiv erfolgt, das heisst in Form von angeleiteten Übungen und einem Heimprogramm. Auf Schmerzen spezialisierte Physiotherapeuten können neben den Übungsanleitungen die Patientinnen auch in bestimmten Verhaltensweisen wie beispielsweise Graded Activity und Pacing schulen.8,9
Ein häufig weniger beachteter, aber hilfreicher Bereich sind die nichtmedikamentösen Interventionen (NMI) wie Wärme, Kälte, Salben oder Patches, TENS, Akupunktur, Aromatherapie etc. Sie sind nebenwirkungsarm und können Schmerzen häufig deutlich lindern. Besonders wirkungsvoll sind Kombinationen der genannten Interventionen, die es der Patientin ermöglichen, situationsgerechte Strategien im Umgang mit den Schmerzen zu entwickeln (Tab. 3).
Tab. 3
Komorbiditäten und Begleiterscheinungen
Depressionen, Angststörungen oder posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) sind Beispiele für Komorbiditäten auf seelischer Ebene, die mit den Schmerzen interagieren können. Es ist wichtig, diese zu erkennen. Eine Zuweisung an Psychiaterinnen oder Psychologen ist in solchen Fällen unbedingt zu empfehlen, kann aber auch generell bei Schmerzpatienten hilfreich sein, um schmerzassoziierte Verhaltensweisen zu adressieren.
Ein häufiges Verhaltensmuster von Schmerzpatientinnen ist das Angst-Vermeidungsverhalten («fear avoidance») aus Sorge vor schwerwiegender Verletzung oder Zunahme der Schmerzen. Andere zeigen eher übermässigen Durchhaltewillen («task persistence»). Hier kann es hilfreich sein, über das Verhaltensmuster aufzuklären und funktionalere Copingstrategien zu erarbeiten.
Ein weiterer Ansatz ist es, die Patienten beim (Wieder-)Aufbau eines strukturierten Tagesablaufes zu unterstützen, da mehr Struktur im Alltag mehr Abwechslung und folglich auch Ablenkung vom Schmerz bedeutet.
Viele Schmerzpatientinnen schlafen schlecht. Schlechter Schlaf und Schmerz verstärken sich wechselseitig. Massnahmen zur Verbesserung des Nachtschlafs, idealerweise über veränderte Verhaltensweisen oder NMI, nötigenfalls aber auch medikamentöse Interventionen, sind in solchen Fällen hilfreich.
Auch Stress und Schmerz interagieren und verstärken sich gegenseitig.10 Schmerzen gehen mit einer Stressreaktion einher und Stress kann allein schon über die resultierende körperliche Anspannung, aber auch über neuroinflammatorische Mechanismen zu einer Schmerzzunahme führen. Für viele Patientinnen sind das Erkennen dieses Zusammenhangs und das Erlernen geeigneter Strategien wie achtsamer Bewegungstherapien (Yoga, Tai-Chi, Heileurhythmie) oder Entspannungsverfahren (progressive Muskelrelaxation, autogenes Training) hilfreich.
Soziale Aspekte
Chronische Schmerzen sind häufig mit existenziellen Sorgen verbunden. Sie können als Folge eines Arbeitsplatzverlustes auftreten oder zu einem solchen führen. Auch Patientinnen, die im Arbeitsleben stehen, sind oft besorgt, aufgrund der Schmerzen Schwierigkeiten am Arbeitsplatz zu bekommen. Folglich kann eine erste Beratung bei beruflichen oder finanziellen Fragen grosse Unterstützung bieten. Wenn abzusehen ist, dass eine Wiederaufnahme der angestammten Arbeit unmöglich ist, kann eine frühzeitige Anmeldung bei der IV vorrangig mit dem Ziel der angepassten Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt erfolgen.
Mitunter kann es hilfreich sein, zwischen Patientinnen und Behörden wie beispielsweise dem Sozialamt zu vermitteln. Auch wenn eine Erwerbstätigkeit auf dem ersten Markt nicht (mehr) möglich sein sollte, sollten die Patienten darin unterstützt werden, einer regelmässigen Tätigkeit nachzugehen, um einen strukturierten Tagesablauf aufrechtzuerhalten, da eine suboptimale Tagesstruktur wiederum verstärkend auf chronische Schmerzen wirkt.
Für viele Menschen mit chronischen Schmerzen verändert sich neben dem Selbstbild auch die Rolle im sozialen Gefüge, also in Familie und Freundeskreis. Insbesondere im Kontext der Familie kann es hilfreich sein, vermittelnd zu unterstützen, um das Verständnis für die Situation der Betroffenen zu fördern, aber auch eine unangemessene oder überzogene Sonderbehandlung zu vermeiden.
Zuweisung zur spezialisierten Schmerztherapie
Wenn die Therapie bei den Primärversorgern zu keinem ausreichenden Erfolg führt, die Alltagsfunktion ab- oder der Leidensdruck zunimmt, ist die Zuweisung zur Schmerzspezialistin indiziert. Weitere Gründe sind in Tabelle 4 zusammengefasst.
Tab. 4
Ein Zentrum für interdisziplinäre Schmerztherapie kann eine interdisziplinäre und interprofessionelle, patientenzentrierte Behandlung anbieten (Tab. 5). Die Patienten werden hier in regelmässigem Austausch mit anderen Disziplinen betreut. Der Austausch erfolgt beispielsweise über ein regelmässig stattfindendes Schmerzboard, an dem alle beteiligten Berufsgruppen teilnehmen. Auch ermöglichen kurze Wege einen raschen bilateralen Austausch. Die Evaluation der Bedürfnisse und Ziele der Patientinnen steht im Vordergrund, um eine zielorientierte Therapieplanung zu ermöglichen.
Tab. 5
Zudem werden spezialisierte Verfahren offeriert. Die interventionelle Schmerztherapie bietet z.B. die kurz- und längerfristige Blockade peripherer oder zentraler Strukturen wie Nervenwurzelblockaden, Facettengelenkinfiltrationen oder Radiofrequenzablationen an.
Daneben liegt das Augenmerk auf multimodalen Therapieansätzen. Sehr effektive Methoden sind ambulante und stationäre mehrwöchige interdisziplinäre, interprofessionelle multimodale Programme, deren nachhaltige Wirkung wissenschaftlich belegt ist.11 Hier werden den Patientinnen verschiedene vorwiegend aktive Interventionen und Strategien aus allen Bereichen des biopsychosozialen Schmerzmodells vorgestellt. So werden die Teilnehmer dabei unterstützt, die individuellen Ziele selbstwirksam, aktiv und nachhaltig zu erreichen.
Fazit
Die Therapie chronischer Schmerzen sollte nicht primär auf Schmerzfreiheit abzielen. Auch wenn es grundsätzlich möglich ist, dass sich die Schmerzen vollständig zurückbilden, so ist dies in der Regel nicht kurz- bis mittelfristig möglich. Stattdessen sollten mit den Patienten schneller erreichbare Therapieziele besprochen und Erfolge regelmässig überprüft werden.
Der Erhalt oder die Wiedererlangung der Funktion im Alltag sowie der Lebensqualität sind in der Regel realistischere Therapieziele als das allgemein formulierte Ziel der «Schmerzlinderung».
Ein multimodaler Ansatz mit dem Aufbau eines Netzwerks von Therapeuten und Unterstützern ist hier optimal.
Literatur:
1 Mäntyselkä P et al.: Pain 2001; 89): 175-80 2 Hasselström J et al.: Eur J Pain 2002; 6: 375-85 3 Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME). 2020. GBD Compare Data Visualization. Seattle, WA. http://vizhub.healthdata.org/gbd-compare 4 Engel GL: Science 1977; 196: 129-36 5 Breivik H et al.: Eur J Pain 2006; 10: 287-333 6 Cohen SP et al.: Lancet 2021; 397: 2082-97 7 Häuser W: Langzeitanwendung von Opioiden bei chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen (LONTS). Deutsche Schmerzgesellschaft (DGSS): 2020. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/145-003.html 8 Hrkać A et al.: BMC Musculoskelet Disord 2022; 23: 966 9 Attali D et al.: Clin J Pain 2023; 39: 426-35 10 Boring BL et al.: Pain Rep 2023; 8: e1068 11 Romeyke T et al.: Glob Adv Health Med 2020; 9: 2164956120948811 12 Kendall NAS et al.: Eur J Pain 1998; 2: 87-9 13 Shaw WS et al.: J Occup Rehabil 2009; 19: 64-80
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