Übernahme einer Ordination
Autorin:
Dr. Elisabeth Weichselberger-Chlap, MA, MBA
Rechtsanwältin, Partnerin LegalPartners
Web: www.LegalPartners.at
E-Mail: office@legalpartners.at
Bei der Übergabe bzw. Übernahme einer Ordination ist eine ganze Reihe von teils zwingend anzuwendenden Bestimmungen zu beachten. So tritt der Erwerber einer Ordination automatisch in alle bestehenden Rechtsverhältnisse ein und haftet neben dem Übergeber für eingegangene Verträge und eventuell sogar für früher begangene Behandlungsfehler.
Es ist ratsam, vor Vertragsunterzeichnung im Rahmen einer Due-Diligence-Prüfung unter anderem Einsicht in die Geschäftsbücher zu nehmen, bestehende (Miet-)Verträge zu prüfen und die Dienstverträge mit den bestehenden Mitarbeitern gut anzusehen. Zudem sollte auch der Übernahmevertrag möglichst umfassende Zusicherungen des Übergebers zum Status quo der Ordination zum Zeitpunkt der Übergabe enthalten sowie eine Regelung zur Haftung im Innenverhältnis.
Schuldbeitritt des Erwerbers
Der Erwerber einer Ordination tritt automatisch in alle bestehenden Rechtsverhältnisse ein und haftet neben dem Übergeber für eingegangene Verträge und eventuell früher begangene Behandlungsfehler. Dies bedeutet, dass sich ein geschädigter Patient de facto aussuchen kann, ob er den Übergeber oder den Erwerber auf Schadenersatz klagt. Diese Haftung kann im Außenverhältnis nicht ausgeschlossen werden. Ein Haftungsausschluss im Innenverhältnis sollte jedoch vereinbart werden, damit sich der Erwerber zumindest gegenüber dem Übergeber schad- und klaglos halten kann.
Der Gesetzgeber sieht vor, dass der Erwerber für alle Schulden haftet, die er bei der Übernahme kannte oder kennen musste. Für Unternehmen, die dem Unternehmensgesetzbuch unterliegen, gibt es eine besondere Haftungsbegrenzung, wenn bestimmte Formerfordernisse eingehalten werden.
Sonderfall: Betriebsübergang nach AVRAG
Beim Übergang eines Betriebs oder Teilbetriebs als sog. „wirtschaftliche Einheit“ nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) ist wichtig zu beachten, dass alle bestehenden Arbeitsverhältnisse automatisch auf den Erwerber übergehen. Dies bedeutet, dass der Erwerber nicht nur die Mitarbeiter übernimmt, sondern auch alle Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen. Kündigungen aufgrund des Betriebsübergangs sind unzulässig und können vor dem Arbeits- und Sozialgericht angefochten werden. Der Erwerber haftet für alle ausstehenden Lohn- und Gehaltszahlungen sowie für Sozialversicherungsbeiträge und Steuerschulden des Veräußerers. Es ist daher ratsam, im Übernahmevertrag eine Klausel aufzunehmen, die sicherstellt, dass keine offenen Forderungen aus den Arbeitsverhältnissen bestehen. Auch die Frage der betrieblichen Altersversorgung und anderer betrieblicher Sozialleistungen sollte im Übernahmevertrag geregelt werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Weitere mögliche Regelungen im Übergabevertrag
Der Kaufgegenstand sollte genau bezeichnet werden, z.B. Ordinationseinrichtung oder Patientenkartei. Der Mietvertrag geht bei Anwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes (MRG) ex lege auf den Erwerber über, wobei der Mietzins nach §12a MRG auf den angemessenen Hauptmietzins angehoben werden kann. Der Kaufpreis und die Zahlungsmodalitäten sollten klar geregelt werden. Bestehende Versicherungen, Telefon- und EDV-Anlagen sollten ebenfalls im Vertrag genannt werden. Eine Gewährleistungsregelung für Sach- oder Rechtsmängel ist wichtig. Auch die Tragung von Kosten, Steuern und Gebühren sowie der Gerichtsstand sollten festgelegt werden.
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